Kleiner Felhler - großer Schaden

Verkorkste Linoleumpflege - Note mangelhaft

Fußbodenkonstruktionen zählen zu den komplexesten und hochbelastesten Bauteilen - schon kleine Fehler können hier große Auswirkungen haben. Dabei hat jede Baustelle ihre eigenen Tücken. Oft zeigt sich erst anhand der Ursachenforschung im Schadensfall, worauf ein Fußbodenverleger alles achten muss. FussbodenTechnik deckt in Zusammenarbeit mit namhaften Sachverständigen anhand realer Schadensfälle mögliche Fehlerquellen auf. Diesmal geht es um eine mangelhafte Reinigung und Pflege eines Linoleumbelages in einer Schule.

In einem Schulgebäude sind im Rahmen von Umbau- und Sanierungsmaßnahmen in vier jeweils 80qm großen Klassenräumen neue Linoleumbelagsbahnen in hellbeiger Farbe verlegt worden. Da nach der Verlegung keine weiteren Innenausbaumaßnahmen stattfanden, führte der Verleger eine Bauschlussreinigung und Erstpflege des Bodenbelags durch. Für eine schonende maschinelle Reinigung setzte er ein rotes Pad und einen niedrig dosierten Intensivreiniger (pH-Wert < 9) ein. Nach dem Ausspülen und Abtrocknen wurde eine Selbstglanzpolymerdispersion zweimal unverdünnt aufgebracht, die vom Hersteller dieses Pflegemittels für Linoleum freigegeben wurde.

Der für die Schule zuständigen Gemeinde wurde eine Pflegeanleitung des Bodenbelagsherstellers übergeben. Auf deren Grundlage sollte der Hausmeister bzw. seine Pflegekräfte die laufende Reinigung und Pflege durchführen.

Bereits nach 15-monatiger Nutzung stellte man in den Aufstandsbereichen der Schülerstühle streifenförmige Schwarzverfärbungen und festsitzenden Schmutz fest. Zusätzlich wurden Verkratzungen der Belagoberfläche erkannt und der Sachverständige eingeschaltet.

Der für die Unterhaltsreinigung zuständige Hausmeister gab an, dass der Bodenbelag in den 15Monaten zwei- bis dreimal in der Woche gefegt und anschließend im Feuchtewischverfahren gereinigt wurde. Dabei wurde dem Wischwasser ein handelsüblicher Neutralreiniger zugegeben. Weitere Maßnahmen erfolgten nicht. Die Überprüfung der technischen Datenblätter des Neutralreinigers ergab keinen Hinweis darauf, dass er auch für Linoleumbeläge geeignet ist. Auch einen Hinweis auf pflegende und filmbildende Substanzen fehlte.

Schadensbild: Linoleum stark verschmutzt

Obwohl durch ausreichend dimensionierte Gummimatten und Schmutzfangläufer der Schmutzeintrag reduziert wurde, war nahezu in allen Klassenräumen in den Aufstandsflächen der Schulstühle ein erhöhter Verschmutzungsgrad festzustellen. Auffällig waren viele streifenförmige dunkle Verstrichelungen und Schmutzanhaftungen. Bei näherer Betrachtung lagen diese überwiegend im Bereich der Stühle.

Es handelte sich zum einen um streifenförmigen Gummiabrieb und Verstrichelungen der Schuhsohlen, die auf der Linoleumoberfläche auflagen und sich relativ leicht durch Abrubbeln entfernen ließen. Zum anderen gab es dort fest anhaftenden ebenfalls streifenförmigen Kontaktschmutz. Bei mikroskopischer Betrachtung waren dort auch feine Kratzer in der Lino-Oberfläche festzustellen. Nur vereinzelt wurden tiefe Kratzer im Belag festgestellt.

Der Sachverständige führte in der Schule mehrere Reinigungsmaßnahmen durch - mit klarem Wasser und mit einem speziellen Grundreiniger. Dabei reichte schon ein einfaches Wischtuch, um den teils fest anhaftenden Kontaktschmutz zu entfernen. Weitergehende Reinigungsmaßnahmen in Verbindung mit grünen und roten Pads und dem Grundreiniger zeigten, dass sich die fest an der Oberfläche anhaftenden Schmutzansammlungen entfernen ließen.

Mit dem Mikroskop ließen sich feine Kratzer in fast allen Stuhlbereichen nachweisen. In diesen Bereichen und in den Hauptgehbereichen war im Gegensatz zu den Randbereichen kein Pflegemittelfilm mehr nachweisbar. Eine Überprüfung der Kunststoffgleiter unter den Stühlen ergab, dass diese in erheblichem Ausmaße fest anhaftenden Kontaktschmutz und vereinzelt Einkerbungen und hoch stehende Grate aufwiesen. Die Gleiter fühlten sich teilweise wie Schmirgelpapier an und der krustenartig anhaftende Schmutz ließ sich nur mit einem gewissen Kraftaufwand unter Zuhilfenahme von scharfkantigem Werkzeug abkratzen.

Für weitere Prüfmaßnahmen kam ein unversehrtes Bodenbelagstück unterhalb eines zur Seite geschobenen Schrankes zum Einsatz. Dieses wurde mit einem besonders verschmutzten und zerkratzten Teilstück und mit einer unverlegten Rückstellprobe verglichen. Die Laborprüfungen ergaben, dass das unter dem Schrank entnommene Teilstück eine fest anhaftende deutliche Pflegemittelschicht aufwies.

Reinigungsversuche an der verschmutzten Bodenbelagsprobe ergaben eine vollständige Reinigung des Linoleums, auch wenn die Oberfläche feine Kratzer in der so genannten Walzhaut aufwies. Eine sach- und fachgerechte zweimalige Einpflege mit einer freigegebenen Polymerdispersion führte zu einer vollständigen Pflegemittelschicht, die die Verkratzungen vollständig neutralisierte. Einzelne tiefe Verkratzungen waren auch nachträglich als 'verfüllt" erkennbar.

Die unverlegte Probe wurde mit einem externen Prüfinstitut unter Beachtung der DIN-EN 548 'Elastische Bodenbeläge - Spezifikation für Linoleum mit und ohne Muster" und der DIN-EN 685 'Elastische Bodenbeläge - Klassifizierung" im Hinblick auf die Eignung überprüft. Die Bestimmung der Gesamtschichtdicke ergab, dass die Linoleumqualität gemäß der DIN-EN 685 Tabelle 2 in die Verwendungsbereiche 34 (gewerblich sehr stark) und 42 (industriell normal) einzuordnen ist und somit für die Nutzung im Schulbereich geeignet ist.

Ursache: Keine sach- und fachgerechte Reinigung

Auf der Grundlage der vor Ort und im Labor gewonnenen Ergebnisse ist festzuhalten, dass die Beeinträchtigungen des Linoleums ausschließlich in einer nicht sach- und fachgerechten Reinigung und Pflege begründet sind. Sie entsprach nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik und auch nicht der übergebenen Reinigungs- und Pflegeanleitung.

Insbesondere erfolgte bei der Unterhaltsreinigung keine regelmäßige Beseitigung von fest anhaftenden Verschmutzungen sowie die Verwendung eines Reinigungsmittels ohne pflegende Substanzen, wie z.B. ein Wischpflegemittel/eine Polymerwischpflege. Zusätzlich wären unter Berücksichtigung des 15-monatigen Zeitintervalls Zwischenreinigungen, in Teilflächenbereichen eine Pflegefilmsanierung und mindestens ein bis zwei Grundreinigungsmaßnahmen in Verbindung mit einer Neueinpflege erforderlich gewesen.

Zum Umfang einer sach- und fachgerechten Unterhaltsreinigung von Fußbodenflächen gehört auch eine regelmäßige Überprüfung und Reinigung der Aufstandsflächen der Stühle, damit krustenartiger Kontaktschmutz nicht zu Verkratzungen des Belages führt. Im Rahmen einer regelmäßigen Reinigung der Aufstandsflächen hätten diese - im Falle von hoch stehenden Graten und Kanten - ausgewechselt werden müssen. Insgesamt gesehen wurde somit eine nutzungsbedingte Überbeanspruchung des Linoleums festgestellt.

Den Vorhaltungen des Bauherrn gegenüber dem Verleger, einen ungeeigneten Belag verlegt zu haben, konnte widersprochen werden. Da die übergebene Reinigungs- und Pflegeanleitung selbst für Laien nachvollziehbar ist, bleibt es unverständlich, dass der vom Bauherrn beauftragte Hausmeister die Vorgaben der Reinigungs- und Pflegeanleitung missachtete. Es wurde darauf hingewiesen, dass die gewählte helle Farbgebung des Belages bei unvermeidbaren Verschmutzungen und Verstrichelungen von Schuhsohlen als ungünstig im Vergleich zu dunkleren Belägen bezeichnet werden muss.

Verantwortlichkeit: Schuld lag beim Hausmeister

Die Schuld lag beim Hausmeister, der die für die Belagqualität als verbindlich anzusehenden Reinigungs- und Pflegehinweise missachtet hat. Die im Beisein vom Sachverständigen durchgeführte Grundreinigung, Einpflege und Unterhaltsreinigung überzeugte den Bauherrn von den Reinigungsdefiziten des Hausmeisters. Die Mängelrüge gegen den Verleger wurde zurückgezogen.

Der Fall zeigt, wie wichtig die in der DIN 18365 'Bodenbelagarbeiten" beschriebene Übergabe einer schriftlichen Pflegeanleitung ist. Die Anfertigung eines Protokolls ist im Falle eines Rechtsstreits hilfreich für den Verleger, um zu untermauern, dass er seinen Hinweispflichten nachweislich genügt hat.


Der Autor

Helmut Becker ist öbv. Sachverständiger für das Estrich- und Parkettlegerhandwerk sowie für das Bodenlegergewerbe.

IFF-Fußboden-Gutachter
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aus FussbodenTechnik 06/06 (Handwerk)