Aktion "unbehindert-miteinander"

Drei Bettenfachgeschäfte erhalten Auszeichnung

Nicht immer erleben Behinderte in ihrem alltäglichen Leben den Respekt und die Behandlung, die sie wie alle anderen auch verdienen. Um diese Situation zu verbessern, gibt es in Baden-Württemberg die bislang bundesweit einmalige Aktion "unbehindert-miteinander". Sie hat sich auf die Fahne geschrieben, die Unternehmen in Handel und Gastronomie zu zertifizieren, die sich durch einen guten Service für Menschen mit Behinderungen auszeichnen.

Im Oktober letzten Jahres fand die Ehrung der ausgezeichneten Betriebe statt, die sich für die Urkunde und Plakette der Aktion "unbehindert-miteinander" qualifiziert hatten. Insgesamt wurden mehr als 160 Firmen für ihre Leistungen im Umgang mit behinderten Kunden geehrt. In der überwiegenden Zahl waren es Hotels und Gaststätten, aber auch einige wenige Einzelhandelsbetriebe, darunter allein drei Bettenfachgeschäfte. "Vielleicht liegt es daran, dass wir als Bettenfachgeschäfte am Thema einfach dichter dran sind", vermutet Karl-Friedrich Jundt-Schöttle, Inhaber von Betten Jundt in Emmendingen. Gemeinsam mit seinen Kollegen Edith und Henrike Beck vom Bettenhaus Stiegeler in Freiburg und Martin Windmüller vom Betten- und Wäschehaus Windmüller in Backnang wurde er in Fellbach für die Leistungen seines Betriebes mit einer Urkunde geehrt.

Alle Betriebe, die sich für die Aktion beworben hatten, wurden danach von Behinderten anonym getestet. Dabei ging es nicht einmal in erster Linie um entsprechende bauliche Einrichtungen wie einen Fahrstuhl oder einen barrierefreien Zugang zum Geschäft. Viel wichtiger waren der Service der Häuser und der Umgang der Mitarbeiter mit den Kunden. Leider verfallen zum Beispiel viele Mitmenschen in der Kommunikation mit Behinderten, egal ob geistig oder körperlich gehandicapt, in ein plump-vertrauliches Duzen: ein deutliches Zeichen mangelnden Respekts.

Für Henrike Beck ist es eine Selbstverständlichkeit, dass die Mitarbeiter des Hauses behinderte Kunden mit der gleichen Selbstverständlichkeit bedienen wie andere Kunden auch. "Uns ist es egal, ob ein Kunde hell oder dunkel, Hetero oder Homo, behindert oder nicht behindert ist, wir behandeln alle unsere Kunden gleich", ist ihr Credo. Durch die Aktion "König Kunde" des baden-württembergischen Einzelhandelsverbandes ist Beck auch auf "unbehindert-miteinander" aufmerksam gemacht worden und hat die Zertifizierung beantragt. Für die junge Chefin, die das Haus gemeinsam mit ihrer Mutter Edith führt, ist für die erfolgreiche Umsetzung dieser Philosophie entscheidend, dass sie durch die Unternehmensführung auch vorgelebt wird.

Einen sehr ähnlichen Ansatz hat Jundt-Schöttle, der in Emmendingen mit Betten-Jundt und dem Modehaus Blum-Jundt zertifiziert worden ist. "Wir denken bei unserem Handeln stets daran, wie wir unseren Kunden etwas Gutes tun können. Das ist unabhängig davon, ob sie behindert sind oder nicht." Die Ladentür zu öffnen oder Ware zum Wagen zu bringen, gefalle schließlich jedem Kunden. Die Zertifizierung zu erhalten, sei deshalb für seine Häuser, obwohl das Bettenhaus nicht über einen Fahrstuhl verfügt, nicht das Problem gewesen, stellt er fest. Viel wichtiger sei es, diesen Anspruch einer aufmerksamen Kundenbetreuung im Alltag auch wirklich zu leben.

Martin Windmüller wurde durch eine Kundin auf die Aktion aufmerksam gemacht, die einen behinderten, erwachsenen Sohn hat. "Sie meinte, dass wir mit unserem Haus gut in die Ausschreibungsbedingungen passen würden." Womit sie offenkundig Recht hatte. In Backnang gibt es laut Windmüller eine Vielzahl von Instituten für betreutes Wohnen oder anderen Heimen, in denen körperlich oder geistig behinderte Menschen leben. Der Umgang mit diesen Kunden, die meist in Begleitung von Verwandten oder einem Vormund kommen, ist daher bei Windmüller tägliche Übung und nichts Besonderes. Auch für ihn gilt die wichtige Maxime, die betreffenden Kunden nicht als Exoten zu behandeln, sondern wie alle anderen Besucher auch. Als besonderen Service bietet das Unternehmen allen seinen Kunden zum Beispiel innerhalb eines bestimmten Einzugsgebietes einen eigenen Hol- und Bringdienst. Dabei wird vor allem der Transport mit der Ware zurück nach Hause besonders gut angenommen.

Die Zertifizierung der Unternehmen gilt für drei Jahre, danach kann eine erneute Begutachtung beantragt werden. Aber auch Interessenten, die bei der jetzigen Aktion nicht dabei waren, können jederzeit eine Zertifizierung beantragen. Die Aktion wird getragen von der Diakonie Württemberg, dem Einzelhandelsverband Baden-Württemberg, der Dehoga Baden-Württemberg und der Lebenshilfe Baden-Württemberg.
aus Haustex 02/07 (Handel)