OPS-Gesetz in den Niederlanden - Hintergrund und Auswirkungen

Erzwungener Umstieg auf lösemittelfreie Kleber

Niederländische Boden- und Parkettleger haben seit Anfang 2000 keine Wahl mehr: Das sogenannte OPS-Gesetz verpflichtet sie, ausschließlich lösemittelfreie Produkte einzusetzen - für jeden Belag und jede Anwendung. Marc van Roozendaal vom niederländischen Klebstoffhersteller Lecol Chemie berichtet über die Hintergründe und Auswirkungen des Lösemittelverbotes und schildert die Resonanz im Handwerk auf die angebotenen Alternativen.

Seit 1. Januar 2000 ist in den Niederlanden das sogenannte OPS-Gesetz in Kraft, das professionellen Verarbeitern die Verwendung lösemittelhaltiger Produkte in geschlossenen Räumen untersagt. Alle im Innenbereich eingesetzten Werkstoffe mit einem Lösemittelgehalt von mehr als 0,5 % müssen seitdem durch lösemittelfreie Alternativen ersetzen werden.

Betroffen sind sämtliche Gewerbezweige, die mit stark lösemittelhaltigen Produkten in abgeschlossenen Räumen arbeiten - der Do-it-yourself-Bereich bleibt von dem Gesetz allerdings unberührt. Die Regelung gilt außerdem für nahezu alle Anwendungsbereiche. Das heißt im Fußbodenbau: Sämtliche Verlegungen aller Belagarten im Boden- und Wandbereich einschließlich Parkettverlegungen sowie Verlegungen auf Treppen, an Sockeln usw.

Lediglich für Lacke und Parkettversiegelungen ist zumindest ein höherer Lösemittelanteil erlaubt: VOC < 125 g pro Liter.

Was steckt hinter dem Lösemittelverbot?

Den Hintergrund für diese Verbotsregelung bilden Befürchtungen, dass Personen, die im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit häufig organischen Lösemitteln ausgesetzt sind, in Folge dieser Belastung erkranken können. Als typisch gilt eine Erkrankung des Nervensystems, die als 'Organisches Psycho-Syndrom" bezeichnet wird - abgekürzt: OPS - und nach der das Gesetz benannt ist.

Personen, die an OPS erkrankt sind, klagen über Beschwerden wie Müdigkeit, Konzentrationsmangel, Reizbarkeit, Gedächtnisschwund bis zu Persönlichkeitsveränderungen. Im fortgeschrittenen Stadium ist der betroffene Verarbeiter nicht mehr in der Lage, seine Arbeit korrekt auszuführen - was die Berufsgenossenschaften zu einer Verbotsforderung in Sachen Lösemittel veranlaßt hat.

Die Verschlechterung des Gesundheitszustandes erfolgt allerdings über einen langen Zeitraum, was die Diagnose erschwert. Schwierig gestaltet sich auch der Nachweis, ob die Beschwerden tatsächlich auf die Verarbeitung von lösemittelhaltigen Produkten zurückzuführen sind. Hier sind intensive ärztliche Untersuchung erforderlich.

Wie reagiert das Handwerk?

Der Umstieg gestaltet sich zögerlich - gerade im Boden- und Parkettlegergewerbe. Trotz der eindeutigen Verbotsregelung gibt es derzeit noch eine ganze Reihe von Verlegebetrieben, die weiterhin mit lösemittelhaltigen Produkten arbeiten. Exakte Zahlen liegen zwar nicht vor - im Parkettbereich muß man aber wohl noch mit einem Mengenanteil von rund 50% rechnen. Auch das entspricht allerdings bereits einem deutlichen Rückgang: Ende 1999 kamen lösemittelhaltige Parkettklebstoffe noch auf einen mengenmäßigen Anteil von 80%.

Sobald die angekündigten, verstärkten Kontrollen anlaufen und Zuwiderhandlungen konsequent mit Bußgeldern bestraft werden - wie es das Gesetz vorsieht - dürfte sich das Bild jedoch rasch ändern.

Wie werden die Alternativprodukte bewertet?

Generell wird das Arbeiten mit lösemittelfreien Produkten und die daraus resultierende, fast gänzliche Geruchsreduzierung positiv bewertet. Die meisten niederländischen Betriebe haben auch in Sachen Parkettverlegung inzwischen verschiedene Alternativprodukte getestet. Zur Auswahl stehen Dispersionsprodukte, Pulverkleber sowie ein- und zweikomponentige Polyurethanklebstoffe. Vor allem in Punkto Handling und Verarbeitung der lösemittelfreien Produkte gibt es von Verarbeiterseite allerdings auch Kritik, wobei die Beurteilung der einzelnen Alternativen sehr unterschiedlich ausfällt.

1. Dispersionsklebstoffe: Vertraute Verarbeitung, aber lediglich begrenzte Einsatzmöglichkeiten

Dispersionsklebstoffe sind seit vielen Jahren auf dem Markt und haben sich bei den meisten gängigen Bodenbelagsarten bestens bewährt. Das Handling ist dem Verarbeiter absolut vertraut und entspricht zudem weitgehend der bei Lösemittelklebstoffen üblichen Arbeitsweise. Innerhalb ihres Anwendungsspektrums - insbesondere bei textilen und elastischen Belägen - haben sie sich bereits etabliert.

In Sachen Parkettverlegung stellen sie jedoch keine vollwertige Alternative zu lösemittelhaltigen Kunstharzklebstoffen dar, denn die Einsatzmöglichkeiten sind bislang auf eher unproblematische Parkettarten und saugfähige Untergründe begrenzt.

2. Polyurethankleber: Flexibel einsetzbar, aber nur eingeschränkt verarbeiterfreundlich.

Eine aus technischer Sicht überzeugendere Alternative für die Parkettverlegung bieten Polyurethanklebstoffe. Für diese ebenfalls lösemittelfreien Produkte spricht vor allem ihre Flexibilität: Sie eignen sich zur Klebung sämtlicher Parkettarten und -hölzer auf allen Untergründen.

Polyurethanklebstoffe weisen allerdings eine sensibilisierende Wirkung auf und können zu Hautirritationen bzw. Hautallergien führen. In ausgehärtetem Zustand lassen sie sich zudem nur noch mechanisch wieder entfernen. Bei der Verlegung von fertig versiegeltem Parkett ist daher besondere Vorsicht geboten.

Im Handling werden 1K- und 2K-PU-Produkte sehr unterschiedlich bewertet: Bei den zweikomponentigen Gebinden stößt vor allem das notwendige Anrühren und Homogenisieren der beiden Komponenten auf wenig Gegenliebe. Auch in den Niederlanden gilt: "Zeit ist Geld" - der zusätzliche Zeitaufwand wirkt sich kostentreibend aus. Hinzu kommt, daß die angerührte Mischung innerhalb der Topfzeit des Klebstoffs verarbeitet werden muß. Marktüblich sind Topfzeiten von 30 bis 45 Minuten bei Gebindegrößen von 3 bis 6 kg. Das erfordert eine Umstellung in der Arbeitsweise: Das Anpassen und Zuschneiden der Parkettelemente - beispielsweise im Wandbereich und um Türzargen - muß vor dem Anmischen des Klebstoffes erfolgen und nicht erst während der Klebearbeiten, wie beim Lösemittel-Kunstharzklebstoff üblich.

1K-Klebstoffe auf Polyurethan-Basis ermöglichen hingegen eine ähnliche Arbeitsweise wie bei den vertrauten lösemittelhaltigen Produkten und werden daher gegenüber 2K-Produkten eindeutig bevorzugt.

3. Pulverklebstoffe: hoher Arbeitsschutz, aber gewöhnungsbedürftige Verarbeitung

Pulverklebstoffe ähneln in den Verarbeitungseigenschaften den 2K-PU-Produkten: Sie sind praktisch geruchlos, müssen aber vor Beginn der Klebearbeiten angemischt werden. Die Topfzeit liegt in der Regel bei rund 40 Minuten.

Pulverkleber bieten aber auch deutliche Vorteile gegenüber Polyurethanklebstoffen: Sie gelten nicht als sensibilisierend und sind nach der Aushärtung auch von lackierten Holzoberflächen wieder entfernbar.

Das Anwendungsspektrum umfaßt die meisten Parkettarten und -hölzer sowie saugfähige und nichtsaugende Untergründe. Eine Ausnahme bilden lediglich Massivholzdielen in kritischen Holzarten.

Welche Alternative wird sich durchsetzen?

Alternativen zu lösemittelhaltigen Klebstoffen stehen also in großer Zahl und unterschiedlichster Ausprägung zur Verfügung. Bei der Verlegung von textilen und elastischen Bodenbelägen haben sie sich in Form lösemittelfreier Dispersionsprodukte bereits seit Jahren bewährt.

In Punkto Parkettverlegung wird sich der Markt nach derzeitigem Trend wohl vor allem in Richtung 1K-Polyurethanklebstoffe und Pulverkleber verlagern. Welche der beiden Produktgruppen mittelfristig dominieren wird, hängt ganz wesentlich von der weiteren Diskussion über die sensibilisierende Wirkung der Polyurethane ab.

Der bereits beachtliche Rückgang der lösemittelhaltigen Klebstoffe belegt, dass der Umstieg möglich ist. Nur die konservative Haltung der Verarbeiter und die mangelnden behördlichen Kontrollen haben bislang eine vollständige Neuordnung der Marktverhältnisse verhindert. Die Weichen sind allerdings gestellt: Sobald sich der Druck auf den Verarbeiter erhöht, ist mit einem vollständigen Rückgang der Lösemittel-Kunstharzkleber zu rechnen.

Das niederländische OPS-Gesetz könnte zudem Vorbildfunktion für künftige europäische Regelungen übernehmen. Auch für den deutschen Verarbeiter ist es daher sinnvoll, sich frühzeitig mit entsprechenden Alternativen vertraut zu machen.
aus Parkett Magazin 05/01 (Handwerk)