Werner Schnell und Jörg Sieksmeier über Estrich-Zusatzmittel

Das Problem des Parkettlegers mit Schnellestrichen

In welchem Zustand ist der Estrich-Untergrund, wenn ein Parkettleger seine Arbeit beginnen soll? Das Feststellen der Belegreife bleibt ein zentrales Thema der Branche. Zusatzmittel und Abbindebeschleuniger in Estrichen haben dieses Problem verschärft. Auf dem Sachverständigen-Seminar des Zentralverbandes in Kassel beschäftigten sich Dipl.-Ing. Werner Schnell und Ardex-Anwendungstechniker Jörg Sieksmeier mit den Zusammenhängen.

"Den letzten beißen die Hunde" - so lautete eine leicht resignative Einstellung aus den Reihen der Zuhörerschaft. In der Tat ist zunächst der Parkettleger verantwortlich für die Qualität seiner Arbeit. Wie weit darf er sich darauf verlassen, dass alle Vorarbeiten den Stand der Belegreife erreicht haben?

Sich in Sachen Estrich allein auf die zugesicherten Eigenschaften des Herstellers zu berufen, reicht nicht. Der Bodenleger muss die Arbeit des Estrichlegers überprüfen. Hier beginnt sein Problem. Die klassische Carbid-Methode (CM) kann mit modernen Estrichzusätzen nicht Schritt halten. "Es gibt Hunderte von Estrichen", klagt Sachverständiger Norbert Strehle. "Wir können die Feuchtigkeit gar nicht korrekt messen."

Das gilt besonders für solche Schnellestriche, in denen das Wasser kristallin gebunden wird. Obwohl schadlos gemacht, wird es mit der CM-Messung doch erfasst. So stellt sich ein falsches Ergebnis der Restfeuchte ein.

Die Vielzahl der Estrichzusatzmittel ist nicht genormt. Schnellzemente mit Beschleunigern sollen eine rasche Festigkeit erreichen. Ob damit jedoch auch eine schnelle Trocknung einher geht, steht in Frage. Eine bessere Verdichtung des Zements nämlich, so der Verdacht, kann gerade zu einer langsameren Austrocknung führen.

Andere Estrichzusätze wiederum haben als Fließmittel die Aufgabe, den Bedarf an Wasser zu reduzieren.

Über die Prüfung von vier Estrichzusatzmitteln berichtete Werner Schnell. Beim Test im Idealklima (20 Grad C / 65 % rel. LF) zeigte sich in den ersten drei Tagen ein schneller Abfall der Feuchte, dann ein langsamer Fortgang der Austrocknung, die auch nach 28 Tagen noch nicht abgeschlossen war. Der Luftporengehalt der Zusatz-Mischungen lag gegenüber der Null-Mischung (3,2 %) im Bereich zwischen 10, 5 und 11,5 %. Als "Ausbeulung" in den Kapillaren verhindern Luftporen nach Meinung der Fachleute die Austrocknung.

Werner Schnell: "Estrichzusatzstoffe werden oft über- oder falsch eingeschätzt. Bei höherer Verdichtung des Zements ist die Restfeuchte nur begrenzt herausholbar."

Zudem entsprechen die Klimabedingungen am Bau selten den Herstellervorgaben. Schnell: "Wenn Fenster und Türen geschlossen sind, hat man nicht selten drei Wochen lang eine relative Luftfeuchte von 80 %. Dann erreicht der Estrich nie seine Belegreife."

Selbst Jörg Sieksmeier, als Vertreter der Firma Ardex-Chemie für die Industrie sprechen, riet zur Skepsis gegenüber Estrichzusatzmitteln. "Es gibt keine offizielle Definition für den Begriff Schnellestrich. Der Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik sollte Druck auf die Industrie ausüben und eine vernünftige Definition einfordern."

Eine Normung der Estriche hält Werner Schnell jedoch kaum für möglich. Vielmehr müssten schwammige Herstellerangaben präzisiert werden, damit der Estrichleger und in der Folge der Parkettleger auf diese Angaben vertrauen könnten. Probleme könne es allein schon durch die sandigen Zuschläge im Estrich geben. "Viele Zuschläge entsprechen nicht der Norm, denn in der Bundesrepublik haben wir in manchen Regionen ungünstige Sande."

Aus der Praxis wurde über ein Fall berichtet, bei dem in der Mitte des Raumes eine Stelle am Boden ihren Feuchtegehalt tagelang nicht veränderte. Auch hier hatte der Gutachter Estrichzusatzmittel im Verdacht, jedoch nicht die technischen Möglichkeiten, das Geheimnis zu lüften.

Um der Gefahr zu entgehen, durch unerkannte Estrichprobleme und darauf folgende Parkettschäden in die Gewährleistung genommen zu werden, muss der Parkettleger nach Meinung der Sachverständigen seine regulären Möglichkeiten der Prüfung und Untergrundvorbereitung ausschöpfen. Darunter fällt, in Absprache mit dem Bauherrn und Planer, das Aufstellen von Trocknungsgeräten. Kostengünstig sind hier Kondensationstrockner, die auch in geschlossenen Räumen das Wasser auffangen, während Absorbationstrockner aufgrund hoher Temperatur die dreifache Energiemenge verbrauchen. Mitunter reicht der Einsatz der Fußbodenheizung. Dann aber ist die Umwälzung der Luft durch Intervalllüften von entscheidender Bedeutung. Die Messung mit dem CM-Gerät bleibt weiterhin Standard. Mehr kann vom Parkettleger nicht verlangt werden. Zeigt das Gerät zu hohe Feuchtewerte an, sollte das Ergebnis dem Bauherrn mitgeteilt werden. Ob es sich hier um aktive oder kristallin gebundene Feuchtigkeit handelt muss dann der Estrichleger beantworten.
aus Parkett Magazin 05/01 (Handwerk)