Prof. Helmut Bauch über die elektrostatischen Eigenschaften von Laminatböden

Entscheidend ist das Overlay

Antistatik und Ableitfähigkeit sind bei vielen Objekten wichtige Einsatzkriterien. Holz- und Laminatböden erfüllen diese Anforderung nur begrenzt. Prof. Helmut Bauch vom Institut für Holztechnologie in Dresden hat eine umfassende Studie über die elektrostatischen Eigenschaften dieser Beläge erstellt und dabei auch untersucht, wie sie verbessert werden können.

Beim Laufen über Fußböden mit elektrisch isolierender Beschichtung kann ein Mensch seine Körperspannung bis auf 25 kV aufladen. Berührt er anschließend ein geerdetes Teil, werden schmerzhafte Entladungsfunken ausgelöst, die bis zu 2 J Energie erreichen.

Die elektrostatische Aufladung ist also an die Berührung und Trennung zweier Körper gebunden. Maßgebend für die Höhe der Aufladung sind bei reinen Stoffen die Größe der unmittelbaren Berührungsfläche und die Geschwindigkeit des Trennvorganges. Da in der Praxis jedoch heterogene Materialien wie Fußböden und Schuhsohlen aufeinandertreffen, sind diesbezügliche Vorhersagen kaum zu treffen. Vielmehr kommen Gangart, Laufgeschwindigkeit und Umgebungsbedingungen zur Geltung. Eine glatte Oberfläche, hoher Druck und schnelles Trennen vergrößern die Ladungsdichte. Erhöhen sich dagegen relative Luftfeuchtigkeit und Temperatur, steigt die Oberflächenleitfähigkeit und auf den getrennten Körpern verbleiben weniger Ladungen.

Für die Messung und Bewertung der elektrostatischen Eigenschaften von Fußbodenmaterialien gibt es eine Reihe produktspezifischer Normen. Von besonderer Bedeutung ist die DIN IEC 1340-4-1. Sie umfasst sowohl elastische Beläge, Teppiche, wie auch Laminatböden, Fertigparkette und verlegte Fußböden und definiert für die Charakterisierung des elektrostatischen Verhaltens drei Klassen:

- ECF = elektrostatisch leitfähiger,
- DIF = leitfähiger,
- ASF = astatischer Fußboden.

Dem Institut in Dresden ist das nicht ausreichend. Dort werden starre Fußbodenelemente nach einer Arbeitsanweisung geprüft, die alle Anforderungen der DIN IEC 1340-4-1 und DIN EN 1815 (elastische und textile Bodenbeläge) erfüllt und auch der Prüfvorschrift für Fußböden in ESD-Bereichen konform ist.

Eine wichtige Kenngröße ist der elektrische Oberflächenwiderstand. Er bestimmt den Ladungsabbau über die Materialbrücken beim Trennen der "Partner". Zwischen leitfähigen Stoffen sind deshalb praktisch keine merklichen Aufladungen messbar.

Der für eine Klassifizierung als "elektrostatisch leitfähiger Fußboden" (ECF) oder "ableitfähiger Fußboden" (DIF) notwendige niedrige Erdungswiderstand ist mit Holz oder Holzwerkstoff ohne leitfähige Verleimung oder Beschichtung nicht erreichbar.

DPL-Laminatbeschichtungen zeigten bis auf zwei Ausnahmen sehr hohe Aufladungen. Mit UV- oder ESH-Lack, sowie Ölen und Wachsen behandelte Oberflächen führten durchgängig zu Aufladungen unter 2 kV und sind als "Astatischer Fußboden" zu klassifizieren. Unter den Testbelägen war nur eine HPL-Oberfläche. Diese hatte die niedrigste Aufladung aller Proben.

Durch regelmäßige Verwendung von antistatischen Zusätzen in Reinigungsflüssigkeiten, durch Gebrauch von ESD-Schuhen oder durch Steigerung der Luftionenkonzentration mittels Wechselspannungsionisatoren kann dem Problem Abhilfe geschaffen werden.

Weil eine trockene Raumluft, wie sie im Winter auftritt, kritisch wirkt, genügt oft eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit auf 55 bis 60 %, um unangenehme Aufladungen zu unterdrücken.

Einen Unterschied zwischen Klick-Systemen und verleimbaren Systemen wird es nicht geben. Entscheidend ist das Overlay. Dessen Leitfähigkeit sollte gewährleistet sein.

Der Zusatz von Korund zur Erhöhung der Abriebfestigkeit lässt auf Grund der hohen Aufladungsneigung von Aluminiumoxid eine Verschlechterung der elektrostatischen Eigenschaften erwarten.

Für Räume, in denen Explosionsgefahr besteht, existieren gesetzliche Grundlagen mit zulässigen Grenzwerten (z.B. ZH 1/200). Im Wohn- und Bürobereich gibt es keine spezielle Norm. Vorgaben liefert die genannte DIN IEC 1340-1-4.

Die durch Personenaufladung im Wohnbereich auftretenden Entladungsstromspitzen sind so schwach, dass keine unmittelbare Gesundheitsgefahr besteht. Ein Risiko beim Umgang mit im Haushalt in Betracht kommenden brennbaren Flüssigkeiten ist auf astatischen Böden so gut wie ausgeschlossen.

Jedoch ist bei Menschen mit Herzschrittmachern und bei möglichen Schockreaktionen Vorsicht angebracht. Zudem haben Messungen gezeigt, dass in ungünstigen Fällen auf Laminatfußböden Personenspannungen auftreten können, die über der höchsten Prüfspannung für die Störfestigkeit von Computern liegen.
aus Parkett Magazin 04/01 (Bodenbeläge)