Dipl.-Ing Martina Broege über Emissionsverhalten

Meistens riechen ungünstige Materialkombinationen

In 30 bis 50 % aller Fälle sind Fußböden der Anlass für Geruchsbelästigungen oder gesundheitliche Beschwerden. Oft wird dafür dann der Bodenbelag oder der Kleber verantwortlich gemacht. Dabei haben die Emissionen meistens ganz andere Ursachen, wie sich in verschiedenen Prüfverfahren feststellen lässt. Dip.-Ing. Martina Broege vom Institut für Holztechnologie in Dresden hat sich damit beschäftigt.

Wohnqualität wird nicht nur durch das Auge wahrgenommen. Neben der Raumgestaltung hat die Zusammensetzung der Raumluft einen wesentlichen Anteil. Luftfeuchte, Temperatur, Gerüche und der Gehalt an flüchtigen und schwerflüchtigen Verbindungen beeinflussen das Wohlbefinden. Das Institut für Holztechnologie Dresden (IHD) hat unter Dipl.-Ing. Martina Broege die verschiedenen Anforderungen und Prüfverfahren hinsichtlich Emissionen zusammengestellt.

Hauptemissionsquellen können Möbel, Tapeten und Fußböden sein. Deshalb sollen entsprechende Materialien emissionsarm und umweltfreundlich in den Handel gebracht werden. Zur Charakterisierung des Emissionsverhaltens von beschichteten Oberflächen aus Holz und Holzwerkstoffen gibt es seit September 1999 das Umweltzeichen "Emissionsarme Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen" (RAL-ZU 38) . Für die Beurteilung von Verlegewerkstoffen hinsichtlich ihre Emissionen kann das Klassifizierungssystem der Gemeinschaft Emissionskontrollierter Verlegewerkstoffe (GEV) verwendet werden.

Umweltzeichen RAL-ZU 38

Im Innenraum eingesetzte, verwendungsfertige Endprodukte, die zu mehr als 50 Prozent aus Holz oder Holzwerkstoffen bestehen, unterliegen der RAL-ZU 38 als Vergabekriterium des Umweltzeichens "Emissionsarme Produkte aus Holz und Holzwerkstoffen". Darunter fallen auch Laminatböden und Mehrschichtparkett.

In der nebenstehenden Tabelle sind die Anforderungen an Hersteller aufgelistet.

Bei der Prüfung von VOC (flüchtige organische Stoffe, Lösemittel) sind die Produktteile der laufenden Herstellung zu entnehmen und nach der Fertigstellung sofort zu verpacken. Zwischen dem Verpacken der Proben und der Einlagerung in die Prüfkammer dürfen höchstens 7 Tage vergehen.

Als Emissionen aus Laminatfußböden werden zum Beispiel folgende Verbindungen gefunden: Terpene als Holzinhaltsstoffe, Essigsäure, Hexanal und das, in geringen Mengen unschädliche 2-Ethyl-1-hexanol.

Die Palette an Verbindungen, die aus Parkett emittieren können, ist wesentlich größer. Die Primäremissionen stammen hier aus dem Trägermaterial und der Beschichtung. Daneben werden Verbindungen gefunden, die nicht konstitutioneller Bestandteil des Beschichtungsaufbaus sind, z.B. Spaltprodukte von Photoinitiatoren aus UV-härtenden Lacksystemen oder Abbauprodukte aus ungesättigten Fettsäuren natürlicher Öle.

Gemeinschaft Emissionskontrollierter Verlegewerkstoffe (GEV)

Verlegewerkstoffe sind bauchemische Produkte. Zu ihnen zählen Grundierungen, Vorstriche, Spachtelmassen, Estrichwerkstoffe, Klebstoffe und Flächendichtstoffe. Ihre Bewertung nach den Kriterien Arbeits-, Umwelt-, und Verbraucherschutz erfolgt auf der Basis der drei Emissionsklassen des EMICODE (EC 1=sehr emissionsarm, EC 2= emissionsarm, EC 3= nicht emissionsarm).

Die Anforderungen lauten:

- bei der Herstellung müssen alle gesetzlichen Anforderungen hinsichtlich Produktion, Kennzeichnung und Verpackung eingehalten werden.
- Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe werden ohne Zusatz von Lösemitteln (Siedepunkt bis 200 C) hergestellt, z.B. D1-Kleber nach GISCODE.
- Stoffe, die krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend sind oder im Verdacht stehen, dürfen nicht eingesetzt werden.
- 24 Stunden nach Probeeinlagerung müssen folgenden Grenzwerte eingehalten werden:
- K1-Stoffe < 2 g/Kubikmeter, Benzol
- K2-Stoffe < 10 g/Kubikmeter, Acrylamid. Acrylnitrat
- K3-Stoffe < 50 g/Kubikmeter, Vinylacetat, 1,4-Dioxan, Formaldehyd, Acetaldehyd.

Diese Stoffe sind als Verunreinigungen in einzelnen Materialien enthalten.

- 10 Tage nach Probeneinlagerung (Langzeitemission) sind für Bodenbelag-, Parkett- und Fliesenklebstoffe folgende VOC-Emissionswerte einzuhalten:
- EC 1 unter 500 g/Kubikmeter
- EC 2 500 bis 1500 g/Kubikmeter
- EC 3 über 1500 g/Kubikmeter

Ungünstige Material-Kombinationen verursachen Geruchsbelästigungen

In 30 bis 50 % aller Fälle sind Fußböden der Anlass für Geruchsbelästigungen oder gesundheitliche Beschwerden. Ursachen sind dabei aber weniger Primäremissionen aus dem Bodenbelag, noch unsachgemäße Verarbeitung oder Verwendung schädlicher Stoffe.

Viel häufiger haben Feuchtigkeit in Verbindung mit mikrobakteriellem Befall oder VOC-Ausdünstungen und ungünstige Kombinationen von Materialien sowie Umgebungsbedingungen eine Auswirkung. Kommt Feuchtigkeit mit Weichmachern in Berührung entstehen Zersetzungsprodukte. Und gerade lösemittelarme Kleber auf der Basis von Naturstoffen spielen bei Geruchsbelästigungen eine Rolle.

Eine nicht ungewöhnliche Schadensart im Zusammenhang mit wasserlöslichen Dis-persionsklebern tritt auf, wenn der Oberbelag auf einen zu feuchten Estrich aufgetragen wird. Es kann zu einer Verseifung von Polyestern oder Weichmachern durch das wässrige Milieu des basischen Estrichs kommen. Reaktionen führen zur Freisetzung flüchtiger organischer Verbindungen, die zum Teil geruchsintensiv sind und gesundheitliche Beeinträchtigungen hervorrufen können.

Deshalb sollte bei der Verklebung von Bodenbelägen ausschließlich auf sehr emissionsarme Produkte der EMICODE Klasse EC 1 zurückgegriffen werden. Keine Gewähr gegen spätere Beanstandungen bieten dagegen Klebstoffe, die nach GISCODE (Informationssystem der Bau-Berufsgenossenschaft) als "lösemittelfrei" bezeichnet werden. Auch D1-Kleber können zu Emissionen an flüchtigen und schwer flüchtigen Verbindungen führen.

Wie sich jedoch einzelne Bauprodukte oder Bauteile, die nach GEV oder RAL-ZU 38 geprüft wurden, letztlich verhalten und welche Auswirkungen sie auf die Raumluft haben, kann nur im Zusammenhang mit der Prüfung des gesamten Fußbodenaufbaus geklärt werden.
aus Parkett Magazin 04/01 (Handwerk)