Beate Brehmer über Geruchsprobleme bei Versiegelungen

Was tun bei Geruchsreklamationen?

"Der Boden stinkt" - wenn der Kunde Ausdünstungen reklamiert, ist der Handwerker oft ratlos. Was soll er tun, an wen kann er sich wenden, um die Ursachen festzustellen? Lackingenieurin Beate Brehmer, Entwicklungsleiterin bei Eukula, weiß Rat. Sie sprach auf der Sachverständigen-Tagung über Geruchsprobleme bei Versiegelungen und die damit verbundene Bewertung durch den handwerklichen Gutachter.

Beschwerden über Geruchsbelästigungen können verschiedene Motive haben. Eventuell schiebt der Bauherr den "Mangel" vor und spekuliert auf Kosteneinsparung, vielleicht aber kommt auch sein subjektiver Eindruck zum Tragen, weil das "Neue" nicht so riecht, wie er es sich vorgestellt hat. In diesen Fällen hilft entweder finanzielles Entgegenkommen oder diplomatisches Erklärungsgeschick seitens des Handwerkers.

Bedeutsamer ist, wenn ein tatsächlich von jedermann wahrnehmbarer Geruch existiert. Auch hier lässt sich Ärger oft auf niedriger Stufe beheben. Am Beginn steht immer sachliches, diplomatisches Vorgehen. Um dem Endverbraucher die Wirkung einer Parkett-Versiegelung kompetent verständlich zu machen, sollte nicht erst der Sachverständige, sondern bereits der Parkettleger die chemischen Zusammenhänge kennen.

Wichtig: "Lösemittelfrei" heißt nicht frei von flüchtigen Stoffen. Auch die als lösemittelfrei bezeichneten Wasserlacke enthalten zum Beispiel Weichmacher. Zu Gerüchen kommt es dann, wenn flüchtige Stoffe und Lösemittel ihren Siedepunkt erreichen und verdampfen. Die englische Abkürzung TVOC (Total Volatile Organic Compound) umfasst alle leichter und schwerer flüchtigen Stoffe: etwa Lösemittel, Weichmacher und Abspaltprodukte. Ihr Wert wird in g/m3 angegeben.

Mit VOC (Volatile Organic Compound) sind jene flüchtigen Stoffe und Lösemittel gemeint, die bei einem angenäherten Siedepunkt unter 250 Grad Celsius in die Raumluft übergehen. Trifft man auf die Kennzeichnung "Kein VOC", sind immer noch höherflüchtige Lösemittel (Hochsieder, Weichmacher) enthalten, die einen Siedepunkt über 250 Grad Celsius besitzen.

Wie sich TVOC-Stoffe unter normierten Bedingungen verhalten, ist aus einer sogenannten Abklingkurve ersichtlich. Dort wird festgehalten, in welchem Zeitraum und in welcher Konzentration flüchtige Stoffe in die Raumluft verdampfen.Ein Handwerker oder Sachverständiger, der genaue Angaben haben möchte, sollte sich an den jeweiligen Materialhersteller wenden.

Um ungehaltene Kunden zu beruhigen, hat sich in der Praxis oft schon bewährt, den Raum gut zu lüften und den Boden mit Essigwasser zu reinigen. Wurde bei der Versiegelung ein System verwendet, das nicht gemäß TRGS 610/617 empfohlen ist, sollte eine Umstellung in Erwägung gezogen werden. Beate Brehmer: "Am Besten grundsätzlich nur mit Wasserlack versiegeln. Die sind zwar nicht komplett lösemittelfrei, aber die Stoffe sind nach wenigen Tagen verdampft." Helfen diese Maßnahmen nicht, ist eine Raumluftmessung durch anerkannte Fachleute einzuholen.

Beim Raumluftgutachten allerdings rät Beate Brehmer zu Skepsis und zur sorgfältigen Auswahl. "Es gibt in Deutschland nur wenige kompetente Stellen. Hauptfehler werden bei der Probensammlung und der Bewertung gemacht."

Horst Spang ist der Ansicht: "Öko-Institute hauen uns meist in die Pfanne." Norbert Strehle gibt zu bedenken: "Messungen und Gutachter sind oft ein Weg, der nicht mehr zurück in die gütliche Übereinkunft führt, weil die Kosten dafür die des Parkettbodens übersteigen."

Häufig, so die Erfahrung, werde in einem Raumluftgutachten folgendes nicht berücksichtigt:
- Materialmessung von Klebstoffen, Lacken oder auch von Hölzern (VOC-Gehalt, Emissionsrate).
- Luftwechselraten (Austausch der halben Raumluft pro Stunde).
- Momentanwerte der Raumluftmessung (Schadstoffe, die aus der Außenluft stammen).
- Abklingverhalten der flüchtigen Stoffe (Geruch verschwindet nach wenigen Tagen).

Bei der Bewertung schließlich ist entscheidend, woher die in der Raumluft gefundenen Stoffe überhaupt stammen. Das muss nicht die Parkettversieglung sein. Ebenso können Möbel Emissionen abgeben. Auch mikrobiologische Ursachen, Materialunverträglichkeiten oder die Verarbeitungsmethode (Altböden, große Fugen, kein Spachteln) führen zu Ausdünstungen. Textiltapeten oder Deckenputz können wochenlang als "Geruchsspeicher" wirken. Es gilt zu kontrollieren, ob andere handwerkliche Arbeiten (z.B. Maler) ausgeführt wurden, ob ausreichend gelüftet wurde und ob eine zu frühe Nutzung stattgefunden hat. Aber auch in den eigenen Reihen muss mit unsachgemäßer Handhabung gerechnet werden. Horst Spang: "Ein Parkettleger sollte auf seine Mitarbeiter achten, damit die nicht mit irgendwelchen Restmitteln noch eine Restfuge verfüllen, die dann lange riecht."

Beate Brehmer wünscht sich als Industrievertreterin bei der Lösung dieser Probleme mehr Kooperation mit dem Handwerk. Zu häufig erlebt sie rauen Umgangston und gegenseitige Schuldzuweisung. "Wir sollten im Einzelfall gemeinsam nach den Ursachen und Fehlern suchen."

Was die Gewährleistung anbetrifft, stehen "Gerüche" nämlich in einer Grauzone. Mit Ausnahme gefährlicher Stoffe wie Formaldehyd, PCP und Benzol gibt es im Bereich VOC/TVOC keine Grenzwerte. Die TA-Luft, Gefahrenstoffverordnung oder die Arbeitsplatzkonzentration bieten für den privaten Wohnbereich keinen geeigneten Ersatz und auch der Empfehlungs- und Richtwert des UBA Berlin (300 g/cbm) ist vom Sachverständigen nur als grober Anhaltspunkt verwendbar.

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Wer macht Raumluftmessungen?

Dr. Markus Biehler (Stuttgart, Leipzin), Öffentl. bestellter und vereidigter Sachverständiger
Dipl. Ing. Böge (Kiel), Öffentl. bestellter und vereidigter Sachverständiger
TÜV (Rheinland + Nord)
Dekra
WKI, Holzforschungsinstitut Braunschweig
Fresenius Institut (Keine Bewertung, nur Empfehlungen)
aus Parkett Magazin 04/01 (Handwerk)