Lebhafte Diskussion bei der Sachverständigen-Tagung

Wieviel Kleber braucht der Boden?

Aufgeschreckt durch den Sachverständigen Gerhard Gasser, der für über 90-prozentigen Klebstoffauftrag beim Parkettlegen plädiert, beschäftigten sich die in Deutschland aktiven handwerklichen Sachverständigen des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik auf ihrem Seminar in Kassel mit dem Thema: Muss die 40/60-prozentige Klebung aus technischer Sicht in Frage gestellt werden?

Gerhard Gasser war nicht angereist, um seine Position zu vertreten. Er hätte es auch nicht leicht gehabt. "Eine 90-prozentige Verklebung bedeutet nicht, dass sich keine Fugen bilden können", wurde ihm entgegengehalten. Sinn und Zweck sei es schließlich, das Parkett dauerhaft mit dem Unterboden zu verbinden. Da müsse man noch nicht einmal eine 40/60-prozentige Menge festlegen, denn: "Eine Lamelle kann 100-prozentig benetzt sein und hängt trotzdem in der Luft." Es sollte also, so die Meinung vieler, über das Erreichen einer festen Verbindung geredet werden, statt über die Prozentzahl der Klebstoffbenetzung.

Ortwin Baumann warnte die Branche davor, den Klebstoffauftrag im Konkurrenzkampf als Werbeargument zu benutzen: "Niemand sollte rausgehen und beim Kunden sagen: Ich mache das anders und besser!" Wer Bedenken habe, könne die innerhalb des Verbandes äußern. Nach außen hin jedoch müssten einheitliche Methoden vertreten werden.

Der Erfolg einer festen Verklebung des Bodenbelags ist nicht zuletzt abhängig von einem möglichst ebenen Untergrund.

Das wiederum wird leicht zur Kostenfrage. Die Spachtelung mit einer selbstverlaufenden Ausgleichsmasse, betonen die Fachleute, sei eine zusätzliche Leistung mit größerem Materialaufwand und müsse daher auch zusätzlich berechnet werden.

Hohlstellen, war man sich einig, sind trotzdem kaum vermeidbar. Gerade bei Parkett-Elementen von 2,20 oder 2,40 Meter Länge kann selbst eine große Zahnung beim Verkleben die Höhentoleranzen nicht immer ausfüllen. Praktiker sind der Ansicht, dass eine punktförmige oder Streifenverklebung sich bewährt hat. Zusätzlicher Vorteil: "Man bekommt unter dem Parkett ein ähnliches Klima, wie darüber."

Ortwin Baumann verwies auf die "Gelben Richtlinien", die zwar keine Grenzwerte aufstellen wollten, aber als interne Hilfe für Sachverständige ihren Dienst geleistet hätten.

In ihnen wird bei Stabparkett eine 40-prozentige Benetzung für ausreichend befunden. Mosaikparkett dagegen verlange, wie Holzpflaster, eine 80-prozentige Kleberverteilung. Hohl klingende Stellen im Parkett seien kein Mangel, sofern sie sich bei Belastung nicht bewegen würden.

Herangezogen wurde die DIN 18202, die sich mit Toleranzen im Hochbau beschäftigt. "Aufgrund der zulässigen Ebenheitstoleranzen ist eine 100-prozentige Benetzung nicht zu erreichen. Die DIN 18202 gibt nichts anderes als die 40/60-Regelung her. Wenn eine Veränderung angestrebt wird, muss sie innerhalb der 18202 festgelegt werden."

Abschließend erklärte Sönke Stoltenberg für die Gesamtheit der anwesenden Sachverständigen: "Unser Gremium hat beschlossen, dass nichts Wesentliches geändert werden soll."

Damit orientieren sich Deutschlands Parkett-Gutachter weiter an dem Maßstab der 40/60-prozentigen Verklebung des Bodenbelages. Im Hintergrund steht dabei die höchstrichterliche Definition zur vertragsgerechten Leistung: "...wenn sie eine Beschaffenheit aufweist, die für den vertraglich vorausgesetzten oder gewöhnlichen Gebrauch erforderlich ist. Dabei ist es unerheblich, ob eine besonders preisgünstige Ausführung vereinbart worden ist."
aus Parkett Magazin 04/01 (Handwerk)