Karl Remmert über Holztechnologie

Quellen und Schwinden richtig berechnen

Mit Arbeitsblättern, praktischen Versuchen und Berechnungsbeispielen aus der Parkettlegerschule Nord versuchte Karl Remmert auf dem Sachverständigen-Seminar des Zentralverbandes Parkett und Fußbodentechnik das Thema Holztechnologie in Erinnerung zu rufen. "Damit ein Gutachter weiß, was er von den Handwerkern an Wissen auf diesem Gebiet erwarten kann", wie Berufsschullehrer und Diplom-Ingenieur Remmert sich diplomatisch ausdrückte. Tatsächlich aber waren auch viele der anwesenden Experten froh über die kleine "Nachhilfe" in Sachen Quellen und Schwinden.

Holz ist ein hygroskopisches Material. Es passt sich Klimaveränderungen an und ändert mit der Feuchtigkeit sein Volumen. Aus Umgebungsbedingungen von 20 Grad Celsius und 50 % relativer Luftfeuchte ergibt sich eine Holzfeuchte von 9 %. Holz arbeitet vor allem in der Breite, in der Länge dagegen kaum. Der Grund liegt in den langen, schmalen Holzzellen. In Breitenrichtung gibt es wesentlich mehr Zellwände, die sich mit Wasser voll saugen und ihr Volumen verändern können. Es ist daher wichtig zu wissen, wie das verlegte Holz geschnitten ist. Auch die Frage, ob Frühholz (dünne Zellwände) oder Spätholz (dicke Zellwände) verwendet wurde, hat einen Einfluss. Junges Tropenholz etwa, das in seiner Wuchsphase nur ein Ziel hatte - nach oben ans Licht zu gelangen - zeigt später größeren tangentialen und radialen Schwund als älteres Holz. Blickt man von oben auf die Jahresringe, so erlebt man in tangentialer Richtung (Stammaußenseite) ein Schwundmaß von 10 %. In radialer Richtung (Stamminnenseite) beträgt der Schwund dagegen nur 5 %.

Ein Holzklotz mit einem Meter Kantenlänge wird also bei Feuchtigkeitsabgabe in tangentialer Richtung um volle 10 cm kleiner. Als Anhaltswert gilt: Pro 1 % Feuchteänderung erhält man einen tangentialen Schwund von 0,33 % in der Breite und einen radialen Schwund von 0,16 % in der Breite. Um drastische Folgen solcher Holzbewegung zu mildern, werden bei einem Parkettboden Stäbe mit liegenden und stehenden Jahresringen gemischt. Im Mittel ergibt sich dann ein durchschnittliches differentielles Schwundmaß bei 1 % Feuchteänderung von 0,25 %. Das gilt aber nicht für alle Hölzer. Gedanken über das Quellverhalten muss sich ein Parkettleger auch machen, je plastischer und dehnbarer der benutzte Parkettkleber ist. Zudem gibt es in der Fläche stets schwächere Stellen, die sich mehr bewegen als andere. Im Verlauf der Feuchtigkeitsschwankungen, bei denen sich Holz ausdehnt oder zusammenzieht, kommt es zur Fugenbildung.

Ob ein Gutachter allerdings aufgrund von Fugenbreiten auf unsachgemäßes Verlegen des Bodens zurückrechnen könne, war unter den Sachverständigen des Zentralverbandes umstritten. "In der Regel liegt man daneben", warnte Heinz Schwarz. Es gebe in der Kalkulation zu viele Unsicherheitsfaktoren. So sei die Stauchung von Zellen durch Druck und das damit verbundene "behinderte Quellen" ebenso ein Anlass für Fugenbildung, wie das unterschiedliche Quellverhalten der Schichten in manchem Mehrschichtparkett. Klimaschwankungen, das Alter des verwendeten Holzes und plastische Verformungen im Klebstoff kämen noch hinzu. Wenn alle diese Faktoren mit je 10 % Unsicherheit belastet wären, erreiche man in einer Kette von sieben 90 % richtigen Aussagen ein Gesamtergebnis, das nur noch zu 52 % korrekt wäre.

Andere Gutachter betonten, es sei trotzdem gut zu rechnen, da anhand von Zahlenmaterial leichter zu entscheiden sei. "Und wir müssen den Leuten schließlich etwas sagen."
aus Parkett Magazin 04/01 (Handwerk)