Tendence Lifestyle: Erfolgreicher Start des neuen Konzeptes

Lifestyle-Welten statt simpler Produktschau

Der sich verändernde Markt fordert auch die Messegesellschaften zum Umdenken auf; die Frankfurter Messe wagte mit der diesjährigen Tendence einen mutigen Schritt und gliederte die internationale Konsumgütermesse statt nach Produktgruppen in Lifestyle-Welten. Das Konzept kam an - sowohl bei Ausstellern als auch bei Besuchern. Starke Trends in Frankfurt waren einerseits wertige, authentische Materialien in eher schlichter Aufmachung, andererseits indisch inspirierter Bollywood-Kitsch.

Mit neuem Konzept präsentierte sich die diesjährige Konsumgütermesse Tendence, schon erkennbar am neuen Namen Tendence Lifestyle. Noch stärker als bisher will die Veranstaltung ihren Fachbesuchern "Rüstzeug für die lifestyleorientierte Konsumwelt" bieten. Aber: Wo gehobelt wird, fallen Späne - und das tat es auch in Frankfurt. So bot der Wegfall der Halle 10 mit den bekannten Großausstellern aus dem Bereich Glas, Porzellan, Keramik (GPK) und Bestecken wie Rosenthal, Villeroy & Boch, und WMF, um nur einige zu nennen, reichlich Stoff für Diskussionen - zumal die Messeleitung eine einleuchtende Begründung schuldig blieb.

Dennoch gelang der neu konzipierten Fachmesse mit rund 100.000 Besuchern - fast unverändert zum Vorjahr - ein erfolgreicher Neustart. Im Schlussbericht war von "breiter Akzeptanz" und "hoher Entscheidungskompetenz" der Einkäufer die Rede. Die "hohe Internationalität" ist allerdings statistische Auslegungssache, ebenso der "Besucherzuwachs aus dem Ausland". Beides trifft sicher zu auf die Hallen 9 und 8 mit ihrem breiten Angebot für den gedeckten Tisch, Küche und Hausrat, Geschenken und Einrichtungsgegenständen. Dort präsentierte sich die internationale Spitze des Volumengeschäfts und zog entsprechend die Großeinkäufer an. Von den designorientierten Ausstellern und vom Handel oft zu Unrecht profanisiert als "Massenhersteller", denn hier waren etliche bemerkenswerte Neuheiten zu sehen.

Während die Besucherfrequenz nahezu gleich geblieben war, schrumpfte die Ausstellerzahl um fast 600 auf 3.825. Das wurde unter anderem erklärt durch den Wegfall der Dauermieter in Halle 10. "Es gab genug Anfragen nach Fläche, die wir aber lieber für diejenigen frei halten, die nach wie vor im Frühjahr auf der Ambiente ausstellen und die auch zur Tendence Lifestyle zu uns zurück kommen werden, wenn sie dazu wieder die Mittel, die Motivation oder das Bedürfnis haben", sagte Messe-Geschäftsführer Dr. Michael Peters.

Das neue Messekonzept orientiert sich nicht mehr an Einzelprodukten, sondern an Zielgruppen und Lebenswelten. Entsprechend werden dem Handel ganze Konsumlandschaften vorgestellt, gegliedert in die vier Themenwelten Modern Living, Emotion, Joy und Function.

Im Bereich Modern Living zeigten 533 Aussteller Ideen zum zeitgemäßen Einrichten, Dekorieren und Schenken in der gesamten Bandbreite von klassisch-modern über avantgardistisch bis lifestyleorientiert, von reduziert bis verspielt.

Klassisches Design aus allen Produktgruppen, Wohnkonzepte und Landhausstil stellten sich unter Emotion vor - von der Messeleitung als "Lifestyle für Kultur und traditionelle Werte, für Qualität und Eleganz und als Treffpunkt der Anspruchsvollen" beschrieben. Hier waren hochwertige Möbel und Textilien, aber auch Uhren, Gemälde und Objekte für den Garten zu finden. Die Unterteilung in die Kategorien Bel Etage und Country Home oder besser gesagt, die Ver-teilung der Aussteller wurde allerdings als noch "nicht sehr geglückt" empfunden. Die Messe hat die Kritik registriert und will diesen Bereich künftig "schlüssiger und bedarfsgerechter" gestalten.

Geschenkartikel, Papeterie, Schmuck, Buntes und Schrilles, Wertvolles und Handgefertigtes finden sich bei Joy, während Function wie bereits erwähnt das Volumengeschäft bei der Tisch- und Kochkultur abdeckt. Trotz aller Kritik waren die Anbieter von Heim-und Haustextilien insgesamt mit der Tendence Lifestyle zufrieden. Sie bestätigten neue Kontakte, allerdings meist aus Deutschland oder den Nachbarland. Internationaler Besuch wurde vermisst. Dieses Manko bleibt an der Messe hängen.

Die Umstrukturierung der Messe wurde grundsätzlich als positiv empfunden, weil man sich davon Synergie-Effekte mit anderen Produktgruppen erhofft, zum Beispiel GPK. So stimmt Asa Selection sein Porzellan farblich auf dekorative Decken ab, Dibbern zeigte, wie gut sich wertvolles Porzellan in Weiß, mit Golddekor oder in Braun und Türkis mit farbigen, geschliffenen Gläsern und edler Tischwäsche von Le Jacquard Francais verträgt. Rosenthal hat sogar Decken- und Plaids-Spezialist Fraas als Lizenznehmer mit ins Boot genommen und lässt nun hochwertige Naturfaser-Plaids mit markanten Rosenthal-Dessins produzieren. Die romantische, spitzenbesetzte Bettwäsche von Evelyn Kahle harmonierte mit den bestickten Kissen von Anke Drechsel.

Professionelle Präsentation und Dekoration - darauf kommt es an

Junge, internationale Anbieter wie Euro Fashion oder Puylaert machen es vor: Es wird immer wichtiger, den Markt genau zu beobachten und auf seine Bedürfnisse flexibel einzugehen.

Der Verbraucher will fantasievoll angesprochen werden und seine Wünsche rasch und zuverlässig erfüllt bekommen.

Heim- und Haustextilien müssen hochwertig oder handwerklich gefertig sein (wie von Eri Tischwäsche, Zucchi oder Okha Bettwäsche), dem Trend zu Luxus, Wellness und Komfort entsprechen (wie Decken und Plaids von Bugatti/ Ibena, Eagle, Fraas, Steinert, Zoeppritz) oder eigenständige Akzente setzen wie die plakative Dessins von Marimekko, die ihre Produktpalette mit textilen Accessoires und dem Thema Kind & Teeny erweitert und außerdem die Preise angepasst haben. Eine gewisse Überschwenglichkeit mit Spaß an Pomp und orientaler Üppigkeit passt ins aktuelle Farbbild, das geprägt ist von tiefem, warmen Rot/Violett/Braun-Tönen, Orange, Lila, Gold und Grün. Avantgardistisch: Strenges Schwarz-Weiß. Bei den Dessins sah man viele Streifen und großzügige Karos in neuen Farben wie Nachtblau, Burgung und Oliv, daneben Leinen und Halbleinen in Naturfarben.

Das Thema Weihnachten wurde zwar emotional aufgezogen, aber zurückhaltender als im Vorjahr. In diesem Jahr dekoriert die Branche mit Vichy-Karos, Stickerei- und Spitzenmotiven in Rot, Dunkelblau, Grün, Weiß und natürlich Silber und Gold. Bewusst wird mit Naturmaterialien wie Leinen, Wolle und Filz gespielt. Generel zeigten sich die Kunden offen für neue Material-Ideen und raffinierte Details und sind dankbar für professionelle Präsentations-Vorschläge. Sofern sie Markenhandschrift und eine kreative Linie erkennen ließen, wurden sie oft komplett von den Einkäufern übernommen. Eine immer wichtigere Rolle - gerade für Textilien - spielen wertvoll oder originalle aufgemachte Verpackungen, die sich wiederverwenden lasse. Zu sehen etwa bei Möwe, Ibena by Perleberg und Meyer-Mayor.

Die nächste Tendence Lifestyle findet vom 27. bis 31. August 2004 in Frankfurt statt. Die nächste Konsumgütermesse 2004 in Frankfurt ist die Ambiente vom 20. bis 24. Februar 2004, wobei sich auch diese Messe etwas neu positioniert, um das Synergiepotenzial für die Fachbesucher zu erweitern.
aus BTH Heimtex 10/03 (Wirtschaft)