Entwicklungshilfe in Sachen Fußbodentechnik

Bodenexperten helfen in der Mongolei

Andere Länder, andere Bodenverlegung: Als Dieter Wollenweber (WPT) und Klaus Breitkopf (früher Uzin Utz) sich entschieden, in der Mongolei Bodenleger in Sachen Fußbodentechnik zwei Wochen lang zu schulen, wussten sie nicht, worauf sie sich einlassen: Eisige Temperaturen, Ziegelsteine anstelle von Schleifmaschinen und keinerlei Untergrundvorbereitung. Das Projekt lief über die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) in Verbindung mit dem Senioren Experten Service (SES).

Schuld an der Reise von Dieter Wollenweber und Klaus Breitkopf in die Mongolei war Hans Werner Dieckmann. Der frühere Technische Spartenleiter der ehemaligen Forbo-Textilsparte betreut als Entwicklungshelfer eine Teppichfabrik in der mongolischen Stadt Erdenet. Dieckmann war bei seinen verschiedenen Aufenthalten in der Mongolei der schlechte Zustand der meisten Fußböden aufgefallen. Ursache dafür war die ungenügende oder fehlende Untergrundvorbereitung. Seine Idee war es, in der mongolischen Hauptstadt Ulaanbaatar mit nahezu einer Million Einwohnern, das allgemeine Interesse im Bauwesen an dem Thema Untergrundvorbereitung zu wecken. Dieckmann überzeugte Dieter Wollenweber von Bodenbelagshersteller WPT, in Ulaanbaatar eine Bodenlegerschulung durchzuführen. Zunächst war die Rede von 6 jungen Leuten, die trainiert werden sollten. "Dabei war mir klar, das es keine leichte Aufgabe sein würde, zumal viel Ungewissheit darüber herrschte, welche Verhältnisse vor Ort zu erwarten waren", erinnert sich Wollenweber.

Wollenweber konnte Klaus Breitkopf (früher Uzin Utz) als zweiten Experten gewinnen. Da die Fördermittel für einen weiteren Reisenden nicht vorgesehen waren, war man froh, als sich Uzin Utz zur Kostenübernahme für den zweiten Entwicklungshelfer bereit erklärte. Gleichzeitig begeisterte man in Deutschland weitere Sponsoren für das Projekt, da die Ausstattung mit Werkzeugen vor Ort äußerst dürftig ist. "Ohne die Hilfe von Profloor Deutschland, Mersmann, WPT und Uzin Utz hätte unsere Mission nie so erfolgreich laufen können", betonen beide Seniorenexperten.

In Ulaanbaatar war die Überraschung dann groß, als die Entwicklungshelfer erfuhren, dass die mongolischen Partner eine dreitägige Informationsveranstaltung über Fußbodentechnik und sach- und fachgerechte Untergrundvorbereitung geplant hatten. Diese sollte schon drei Tage nach dem Eintreffen beginnen. Dazu Wollenweber: "Die Nachricht traf uns völlig unvorbereitet und zwang uns, sofort zu handeln. Klaus Breitkopf konnte den praktischen Teil und ich den theoretischen Teil vorbereiten. Schnell stand das Konzept."

Die sprachliche Barriere wurde durch die Ehefrau des mongolischen Ansprechpartners Ganaa Gantulga überbrückt. Die guten Deutsch-Kenntnisse und das technische Verständnis von Aibora Galsan waren mitentscheidend für den Erfolg der Veranstaltung mit 40 Teilnehmern. Die Theorie konnte mit modernster Übertragungstechnik in einem Theatersaal vermittelt werden. Für die Praxis stand eine Fußbodenfläche in einem Neubau einer Versicherungsgruppe zur Verfügung. Die Informationsveranstaltung wurde von einem Kameramann mit Videokamera aufgezeichnet und soll im mongolischen Fernsehen gezeigt werden.

Berufsbild Boden- und Parkettleger unbekannt

Das Berufsbild des Boden- oder Parkettlegers ist in der Mongolei unbekannt. Bodenbelagsarbeiten werden von Nichtfachkräften ausgeführt, während man für das Fliesenlegerhandwerk bereits Fachkräfte ausbildet. Der Erfolg der ersten Veranstaltung sprach sich schnell rum. Eine private Berufsschule, in der hauptsächlich sozialschwache Nomadenkinder ausgebildet werden, und die staatliche Bauberufsfachschule zeigten Interesse. "Wir wurden gebeten, den Inhalt in Kurzform nochmals vorzutragen, weil man beurteilen wollte, ob es Sinn machen würde, den Beruf des Bodenlegers als neuen Bauberuf zu fördern", berichtete Wollenweber. Mit der staatlichen Berufsschule will man den Kontakt deshalb unbedingt halten. Breitkopf vermutet: "Die Erweiterung der Berufsbilder um dem Boden- und Parkettleger hat wohl die besten Aussichten, wenn diese Ausbildung der staatlichen Bauberufsfachschule angegliedert würde." Die beiden Seniorenexperten glauben, dass man in der Mongolei vor allem über die Architektenvereinigung das Interesse an einer besseren Qualität des Fußbodens wecken kann.

In den nächsten Jahren wird ein großer Bedarf an Baufachkräften in der Region entstehen, weil ein Bauboom zu erwarten ist. Es gibt Pläne für ein Wohnungsbauprogramm mit 40.000 neuen Wohnungen. Bis zum Jahr 2020 wird der Innenstadtbereich von Ulaanbaatar ausschließlich aus neuen Großbauten bestehen, bei denen ein großer Nachholbedarf in Sachen Fußbodentechnik zu erwarten ist.

Katastrophale Baustellenverhältnisse

Die Baustellenverhältnisse waren in Ulaanbaatar in Bezug auf die Baustellenorganisation und die Qualität der Fußbodenuntergründe durchweg katastrophal. Die klimatischen Bedingungen erschweren die Verlegearbeiten. Die Hauptstadt liegt etwa auf dem Breitengrad von München und auf 1.350 m Höhe. Es herrscht überwiegend trockenes, kontinentales Klima, mit Wintertemperaturen bis - 40 C. Ende Oktober lagen die Temperaturen nachts bei - 10 C und tagsüber um den Nullpunkt. Dementsprechend betrugen die Temperaturen in den Neubauten nur etwa 5 bis 10 C.

Die besichtigten Untergründe wiesen diverse Mängel auf: Von weichen Schichten auf der Rohdecke über total gerissene Glattstriche mit Hohllage bis zu unzureichend gereinigten Flächen mit Mörtelresten und Farbe. Estriche sind unbekannt. In der Regel werden die Mängel nicht beseitigt. Die Folgen sind vielfältige Probleme mit neu verlegten Belägen. "Viele Bauingenieure haben einfach zu wenig Kenntnisse darüber, wie ein sach- und fachgerechter Untergrund für Bodenbeläge auszusehen hat. Zudem ist Fachpersonal Mangelware", berichtet Wollenweber.

Schon bei der Organisation von Bodenbelagsarbeiten entstehen ungeahnte Probleme. Es gibt keinen Großhandel und auch keinen Vollsortimenter. "Baumarkt auf mongolisch" bedeutet, man fährt in einen Ortsteil von Ulaanbaatar, in dem sich kleine Geschäfte befinden, wo Werkzeuge, Baumaterialien und Hilfsstoffe verkauft werden. Eine Beratung findet nicht statt.

Schleifen mit Ziegelsteinen

Das Verlegetraining stieß immer wieder auf Widrigkeiten: Da es keine Schleifmaschine gab, musste der Untergrund teilweise mit Ziegelsteinen per Hand geschliffen werden. "Selbst einen Straßenbesen zu besorgen, war ein Kunststück", erzählt Breitkopf. Aber es ging voran. Die Beschaffung eines neuen Topfstaubsaugers wurde gefeiert. Nicht nur damit haben Wollenweber und Breitkopf einen ersten Anstoß für das Bodenlegerhandwerk geliefert. Der weitere Erfolg wird maßgeblich von den Verantwortlichen vor Ort abhängen.
aus FussbodenTechnik 01/07 (Handwerk)