Teppichhaus Sattler, Waiblingen

Altes Kulturgut bewahren

In den Verkaufsräume von Teppichhaus Sattler in Waiblingen empfängt den Besucher keine Stapelware, sondern ein übergreifendes Gestaltungskonzept, das die wertvollen Knüpfteppiche im anschaulichen Ambiente mit Heim- und Haustextilien zeigt. Das schwäbische Familienunternehmen agiert als Mitglied beim Consulat des Teppichs überzeugend als Nischenanbieter, der sich für den Erhalt des hochwertigen, authentischen Orientteppichs einsetzt.

Ausgesuchte Orientteppiche, geschmackvoll arrangiert mit Gardinenstoffen, Flächenvorhängen, Kleinmöbeln, bunter Tischwäsche, Kissen und modischen Accessoires, kennzeichnen das ganzheitliche Dekorationskonzept, das im Ladengeschäft des schwäbischen Familienunternehmens Sattler im Waiblingen gekonnt und ideenreich umgesetzt wird. Die übergreifende Warenpräsentation soll den Teppich als "individuelles Gestaltungselement" wieder in den Blickpunkt der Kunden rücken, ist das ambitionierte Anliegen von Seniorchef Dieter Sattler und dessen Sohn Peter Sattler, der den 1906 gegründeten Betrieb bereits in der vierten Generation führt.

Das Geschäftsgebäude in der Mayenner Straße, unweit der Waiblinger Fußgängerzone gelegen, ist mit eigenen Parkplätzen und rund 50 Metern Schaufensterfläche ausgestattet. Dort betreiben die Sattlers, zusammen mit sechs Mitarbeitern, unter einem Dach ein Teppichhaus und ein Fachgeschäft für Raumausstattung, das unter dem Namen Raum und Textil firmiert und dem Einkaufsverband Südbund im nahen Backnang angeschlossen ist. Im Erdgeschoss des Eckhauses ist auf rund 200 Quadratmetern Verkaufsfläche das komplette Heimtextilien-Programm versammelt: Deko-, Gardinen- und Möbelstoffe, textile und elastische Bodenbeläge, Laminat und Parkett sowie eine gutsortierte Auswahl an Wohntextilien. Schön gestaltete Dekorationsinseln machen die gesamte Produktpalette anschaulich, auch ausgewählte Knüpfteppiche sind mit von der Partie. Zwischen Freihanddekorationen drapiert, oder unter Polstersessel gelegt, setzten die hochwertigen Teppiche stilgerechte Akzente.

Das 170 Quadratmeter große Untergeschoss ist komplett der Orientware vorbehalten, die an den Wänden reihum besichtigt werden kann und am Boden auf großen Stapeln liegt. Während die Orient-Abteilung ein Drittel des Gesamtumsatzes - der ungenannt bleiben soll - liefert, schlägt die Raumausstattung mit zwei Dritteln zu Buche.

Den Schwerpunkt des hochwertigen und facettenreichen Orient-Sortiments von Sattler bildet das Herkunftsland Iran, insbesondere mit persischen Nomadenteppichen. Der Großteil des Angebots, der rund 50 Prozent zum Teppich-Umsatzes beisteuert, stammt aus dem Fundus der Interessensgemeinschaft Consulat des Teppichs, bei der Dieter Sattler seit zwei Jahren als Mitglied angeschlossen ist. Die andere Hälfte des Programms setzt sich zu etwa 50 Prozent aus klassischer Iranware zusammen, rund 20 Prozent entfallen auf Nepal-Teppiche und zirka 30 Prozent auf Knüpfteppiche aus Indien, Pakistan und afghanische Ware, die im Grenzbereich zu Pakistan gefertigt wird. Separat zu sehen sind die modischen Designer-Teppiche, die über das Südbund-Programm gelistet sind.

Nischensegment Nomaden-Teppiche

"Wir sind in einem Marktsegment tätig, das wir im Sinne des Consulats des Teppichs bedienen" präzisiert der Seniorchef sein Selbstverständnis "als Nischenanbieter, der das Konzept verfolgt, dem Orientteppich wieder eine individuelle Wertigkeit und ein neues Image zu geben." Den Begriff "Wertigkeit" bezieht der gelernte Kaufmann Dieter Sattler nicht auf die Knotenzahl der Ware - "das ist nur noch für den Fachmann ausschlaggebend" - sondern auf die Gestaltungsprinzipien. "Die Ursprünglichkeit des Teppichs soll im Vordergrund stehen. Zurück zur handwerklichen Knüpftradition, weg von der Monotonie des Industrieproduktes", bricht der engagierte Inhaber eine Lanze für den echten Nomadenteppich, der noch mit Tradition behaftet ist. "Dass altes Kulturgut untergeht", ist seine große Sorge.

Das Consulats-Sortiment stammt hauptsächlich aus dem Südiran, wo die Nomadenstämme der Ghaschghais, Luren, Beloutschen, Afscharen und andere, aus handversponnener und mit Pflanzenfarben gefärbter Wolle, ungewöhnliche, fantasievolle Teppiche knüpfen, die sich durch eine moderne, sparsame Musterung auszeichnen. Die vielfach geometrische Dessinierung entspricht nicht den vorgegebenen Ornamenten klassischer Prägung, sondern greift neue, kreative Motive auf, die "aus der normalen Masse herausragen", umreißt Dieter Sattler die Besonderheiten der Teppich-Kollektion, die unter so illustren Namen, wie beispielsweise "Mohn für Lisa", "Hali Khan" oder "Regenbogenknoten" vermarktet wird.

Teppiche aus der Anonymität holen

In den Prospekten sind Nomadenfrauen während der Tätigkeit an ihren horizontalen Knüpfstühlen abgebildet. Nach der Devise "der Teppich erzählt Geschichten" wird er dadurch aus der Anonymität geholt. "Der Käufer möchte wissen, wie sein Teppich entstanden ist, wo er seine Wurzeln hat", glaubt der engagierte Orientteppich-Experte, der schon seit Ende der 50er Jahre in der Branche aktiv ist.

Consulats-Teppiche haben ein stimmiges Preis-Leistungsverhältnis. Beispielsweise kostet ein 2,50 x 3,00 m großer, aufwändig gemusterter Nomadenteppich zwischen 7.000 und 12.000 DM. Alle Teppiche sind Einzelstücke, die zwar auf Bestellung innerhalb einer Lieferzeit von 8 bis 10 Monaten im Grundmuster nachproduziert werden können, aber mit Abweichungen. Zudem besteht für das Consulats-Programm Musterschutz - "soweit man das schützen kann", gibt Dieter Sattler zu bedenken. Er befürchtet, dass eines Tages preisgünstige Kopien von der Kollektion auf den Markt geworfen werden. "Es ist wahrscheinlich, dass die Teppiche irgendwann kopiert werden."

Bedauerlich findet er auch, dass in vielen neuen Wohnungen kein einziger Teppich mehr liegt. "Ein Produkt, das den Verbrauchern jeden Tag nachgeworfen wird, wollen sie nicht mehr", meint der Seniorchef und fügt hinzu: "Wir halten bewusst Abstand zur üblichen Vermarktungsstrategie der Möbelhäuser und Teppich-Giganten. Davon wollen wir uns distanzieren." Interessant in diesem Zusammenhang ist die Wettbewerbssituation in Waiblingen, wo der Teppichmarkt Tratex seit 30 Jahren seinen Stammsitz hat. Doch Dieter Sattler möchte über "dieses abgedroschene Thema" keine Worte mehr verlieren. "Es bringt nur weiter, wenn man etwas anderes versucht," lautet sein konstruktiver Ansatz.

Direkteinkauf in Ursprungsländern

Abgesehen vom Consulat des Teppichs, deren Gründer Clemens-August Spiekermann regelmäßig zu Händler-Reisen einlädt, beziehen Dieter und Peter Sattler ihr übriges Orient-Programm über Importeure, oder machen sich eigenständig in die Herkunftsländer auf, um mittels Direkteinkauf begehrte Einzelstücke aufzustöbern. Gute Kontakte bestehen beispielsweise schon über 30 Jahre zur persischen Kaufmannsfamilie Zollanvari in Shiraz.

Dieter Sattler verhehlt nicht, dass "viel Idealismus" zum Orientteppich-Geschäft dazugehört, "aber es macht Spaß, mit solchen Teppichen umzugehen und die Resonanz bei den Kunden zu spüren, dass sich die Mühe gelohnt hat." Und welches ist sein Lieblingsteppich? "Es ist schon immer ein Hobby von mir gewesen, Unikate zu finden, die von einfachen Leuten für sich selbst gemacht wurden."

Erfolgreiche Verkaufsausstellungen

Das Motto "Direkteinkauf" war das Zugpferd für die großen Verkaufsausstellungen, die Dieter Sattler 25 Jahre lang, regelmäßig in den Herbstferien, in einer Waiblinger Schule durchführte, Begleitprogramm mit Informationen zu allen Provenienzen inklusive. Zwischen 3000 bis 5000 Besucher zählte der Seniorchef pro Ausstellung und sieht bestätigt, dass eine Veranstaltung "außerhalb des Ladengeschäfts offener ist und mehr Publikum anzieht."

Ein etwas anderes Konzept hatte die letzte Aktivität im Jahr 2000. Die Sattlers zeigten ihre Orientteppiche im Haus der Kunst, parallel zu einer Schau über Alt Meisner Porzellan. Nach einer einjährigen Verschnaufpause will man 2002 "im kleineren Rahmen" neu durchstarten. "Wir möchten wegkommen vom traditionellen Begriff "Orient" und mehr die jüngere und mittlere Generation ansprechen." Dieter Sattler schwebt ein Gestaltungsidee "zusammen mit Heimtextilien" vor. "Die jungen Leute fangen mit Fleckerlteppichen oder Designer-Teppichen an und kommen später zwangsläufig zu Teppichen, die mehr Kultur verkörpern", hofft er auf nachwachsende Zielgruppen.

Rund 9000 Konsumenten-Adressen hat das Waiblinger Teppichhaus in seiner Kartei gelistet, "ausschließlich Kunden, die bei uns gekauft haben", bekräftigt der Inhaber, wobei sich potenzielle Orientteppich- und Heimtextil-Interessenten nicht voneinander unterscheiden ließen. "Wir sehen das eher im Zusammenhang". Wer beispielsweise seine Gardinen bei Sattler Raum und Textil erworben hat, stößt auf diesem Weg auf die Knüpfteppiche und findet Gefallen daran. Dieses Beispiel ist aber auch umgekehrt denkbar.

Etwa zwei bis dreimal jährlich werden die Sattler-Kunden mittels Werbebrief angeschrieben und 5000 Exemplare der Südbund-Kundenzeitschrift Wohnen & Mehr verschickt. Hinzu kommen die üblichen Serviceleistungen, wie eine kompetente und ausführliche Beratung der Teppich-Interessenten, die auch in der Kundenwohnung weitergeführt wird. Bei erfolgtem Kauf stellt man ein Ursprungszertifikat aus. Auch Teppichwäsche wird geboten. Einfache Reparaturen macht das Teppichhaus selbst, für schwere Schäden hat man erfahrene Restaurateure an der Hand.


Sattler - das Unternehmen

Teppichhaus Sattler
Mayenner Str. 5
71332 Waiblingen
Tel: 0 71 51/53492

Gründung: 1906 durch Otto Sattler
Inhaber: Dieter und Peter Sattler
Konzept: Teppichhaus und Raumausstatter-Fachgeschäft in gemeinsamen Verkaufsräumen.
Sortiment: Schwerpunkt Iran mit persischen Nomadenteppichen, aber auch klassische Iran-Ware sowie Knüpfteppiche aus Nepal, Indien, Pakistan.
Einkauf: Consulat des Teppichs, Importeure, Direkteinkauf vor Ort.
Werbung: Verkaufsveranstaltungen außer Haus, Teppichreparaturen und - Wäsche, Teppiche zur Ansicht.
Mitgliedschaft: Consulat des Teppichs, Südbund
aus Haustex 04/01 (Handel)