Forbo International SA

High Noon bei Forbo - Vorteil für Pieper


In der Übernahmeschlacht um Forbo wird mit immer härteren Bandagen gekämpft. Was sich in den letzten Monaten in den Chefetagen des Mischkonzerns abspielt, ruft bei Unbeteiligten Kopfschütteln hervor, liefert der Schweizer Wirtschaftspresse reichlich Stoff für Schlagzeilen nach dem Motto "Weißer Ritter gegen Finanzhai" , und lässt die Konkurrenz frohlocken, die keine Gelegenheit auslässt, die momentane Schwäche der angeschlagenen Schweizer auszunutzen. Das erschwert der Mannschaft an der Front das Arbeiten.

Bis dato ist zwar noch ungewiss, welcher der Kontrahenten letztlich die Oberhand bei Forbo erhält - ob sich Großaktionär und seit Ende März auch Verwaltungsrats-Vize Michael Pieper durchsetzt, der das Unternehmen eigenständig erhalten will, oder Finanzinvestor CVC mit seinem Kaufangebot reüssiert - doch scheint sich das Zünglein an der Waage allmählich deutlich Richtung Pieper zu neigen.

Er hat inzwischen mit Rudolf Maag und Tweedy Brown zwei bedeutende Mitaktionäre an der Seite, die zusammen mit ihm 43% der Forbo-Aktien kontrollieren, und er hat auf der außerordentlichen Generalversammlung am 24. März zwei entscheidende Vorteile errungen: zum einen wurde die Stimmrechtsbeschränkung abgeschafft, zum anderen konnte er seine Kandidaten bei den Verwaltungsratswahlen durchsetzen, der jetzt von der Pieper-Equipe dominiert wird. Damit schwinden die Chancen von CVC-Tochter AFB für eine Übernahme....

In der Branche wird heiß diskutiert, welche Alternative letztlich die bessere für Forbo ist: die sogenannte industrielle mit einem Macher Michael Pieper im Hintergrund, der betont, nicht selbst ins operative Geschäft eingreifen zu wollen, sondern den im Februar abgedankten CEO Thies Schneider wieder inthronisiert hat oder die finanzielle mit einem Private Enquity-Haus als Mehrheitseigner. Immerhin hat sich Pieper beim Küchenbau-Konzern Franke als erfolgreicher Unternehmer bewiesen, denn dort gelang es ihm, den Umsatz in den letzten16 Jahren auf 1,5 Mrd. CHF zu verdreifachen. Er ist sicher, Forbo schnell wieder auf Kurs bringen, die Ertragskraft verbessern und damit den Aktienkurs innerhalb von drei bis fünf Jahren verdoppeln zu können.

Skeptische Stimmen stört das starke persönliche Engagement von Pieper, auch befürchten sie, dass bei dieser Lösung Forbo nicht genügend finanzielle Mittel für Restrukturierung, Sanierung und Aufrüstung bereitstehen, damit die Schweizer international in der oberen Liga mitspielen können.

CVC seinerseits sieht keinen Unterschied zwischen industrieller und finanzieller Strategie. "Auch wir wollen Forbo nicht zerschlagen, sondern weltweit weiter ausbauen", betont Christian Wildmoser, der das Zürcher Büro der Briten leitet und verweist darauf, dass sie "über die Ressourcen für die Restrukturierung und Weiterentwicklung aller drei Sparten sowie dringend notwendige Investitionen in Marketing und Vertrieb" verfügen.

Pieper mag wie andere auch den schönen Worten nicht trauen und führt an, dass Finanzinvestoren immer "nur die Rendite auf ihrem Kapital sehen. Wenn diese nicht stimmt, lassen sie Firmen fallen." Wildmoser hält dagegen, dass CVC seit seiner Gründung 1981 über 54 Mrd. USD in 235 Unternehmen investiert habe und im Schnitt fünf Jahre an einer Investition festhalte. "Bei Forbo könnten es eher noch mehr Jahre werden".

Stationen des Übernahmekampfes

22. Februar
Ex-Forbo-Verwaltungsratsmitglied Michael Pieper hat für 170 Mio. CHF seine Anteile an dem Schweizer Konzern auf 26% aufgestockt. Er will den Übernahmeprozess stoppen, weil dieser die Geschäftsführung behindere und die Restrukturierung verzögere - zu diesem Zeitpunkt sind drei Bieter im Rennen, darunter der britische Finanzinvestor CVC. Pieper will auch die Stimmrechtsbeschränkung aufheben, die ihm bei seinem Aktienpaket nur 8% der Stimmen gewährt.

Vorstandsvorsitzender This Schneider tritt überraschend ab. Während der Verwaltungsrat mitteilt, dass Schneider selbst am 17. Februar gekündigt habe, lässt dieser seinerseits verlauten, dass er vom Verwaltungsrat freigestellt worden sei. Auch Schneider hatte sich gegen das Bieterverfahren ausgesprochen, dementierte aber eine diesbezügliche Absprache mit Pieper.

25. Februar
Als Nachfolger für den zurückgetretenen Konzernchef Schneider spricht sich das Forbo-Management für eine "Primus inter pares"-Lösung aus. Damit steht vorübergehend Finanzvorstand Gerold Zenger an der Spitze.

Michael Pieper fordert in einer Mitteilung eine "sofortige, vollständige und bedingungslose Öffnung" von Forbo. Außerdem beantragt er für den Verwaltungsrat die Zuwahl von vier neuen Mitgliedern.

Abends muss Pieper einen Rückschlag hinnehmen: Um 18 h unterschreibt Forbo eine Übernahme-Vereinbarung mit CVC. Danach kann die luxemburgische CVC-Tochter AFB bis am 8. März ein Kaufangebot zum Preis von 260 CHF pro Aktie oder insgesamt rund 700 Mio. CHF unterbreiten. Pikant: Sollte der Akquisitions-Versuch scheitern, erhält CVC von Forbo eine Entschädigung von 800.000 CHF. "Ein Skandal, dass die Firma ihr Geld auf diese Weise verpulvert", echauffierte sich Pieper darüber in der Presse.

4. März
CVC macht über AFB ein öffentliches Kaufangebot für alle ausstehenden Forbo-Aktien und bietet wie angekündigt 260 CHF pro Aktie, fordert allerdings mindestens 66,67% aller Aktien. Die Kaufofferte läuft bis zum 6. April, eine Nachfrist vom 11. bis 22. April wird in Aussicht gestellt. Pieper mit seinem 26%-Paket und der Schweizer Industrielle Rudolf Maag, der weitere 8,1% bz. 220.000 Namensaktien hält, lehnen das Angebot ab, ebenso ein weiterer Großaktionär, die US-Fondgesellschaft Tweedy Browne, die 7% kontrolliert. Die Begründung der Amerikaner: Das Forbo-Papier sei 360 bis 370 CHF wert...

11. März
Maag äußert in einem Interview mit der Basler Zeitung scharfe Kritik an Forbo-Verwaltungsratspräsident Dr. Willy Kissling, der in einem Beirat von CVC vertreten ist. Er habe kein Verständnis dafür, dass der Verwaltungsrat von Forbo eine Finanzgesellschaft berate, statt selber eine erfolgversprechende Strategie für Forbo umzusetzen, sagte Maag - ohne indessen Namen zu nennen.

Forbo kündigt die Schließung von Forbo Nairn im schottischen Kirkcaldy an und nennt als Begründung fehlende Nachfrage und starken Wettbewerbsdruck. Nairn war 1985 von den Schweizern übernommen worden. Das Werk, in dem Linoleum und CV-Beläge produziert wurden, dürfte auch technisch nicht auf dem neuesten Stand gewesen sein, obgleich dort vor nicht allzu langer Zeit in neue Linoleum-Öfen investiert worden war.

21. März
CVC ändert sein Kaufangebot für Forbo in einem entscheidenden Punkt: Es gilt nun bereits bei 50,1% der Aktien - wobei die Finanzgesellschaft insgeheim natürlich 100% anstrebt....

22. März
Forbo veröffentlicht seine Zahlen 2004. Danach stieg zwar der Umsatz um 1,5% auf 1,62 Mrd. CHF, doch ist der Konzern nach drei Jahren mit rapide schmelzenden Gewinnen erstmals in seiner Geschichte tief in die roten Zahlen gerutscht: Nach einem Gewinn von 16,1 Mio. CHF im Jahr zuvor wird für 2004 ein Verlust von 157,4 Mio. CHF ausgewieesn. Das EBIT (Betriebsergebnis vor Steuern) sackte von 60,4 auf -44,5 Mio. CHF. Während alle drei Geschäftsbereiche operativ "ansprechende Resultate" erzielt hätten, führte die im Herbst begonnenen Restrukturierungsmaßnahmen zu Sonderaufwendungen von 161,9 Mio. CHF, die 2004 voll belastet wurde. Aber: "Der größte Teil der Belastungen sei nicht cash-wirksam", beeilte sich Finanzvorstand Zenger eventuelle Sorgen über Liquiditäts-probleme auszuräumen.

24. März
Großer Tag für Michael Pieper: Bei der außerordentlichen Generalversammlung des Forbo-Konzerns, bei der 1.275.448 Namensaktien oder 47,01% des ausgegebenen Aktienkapitals repräsentiert sind, übernimmt er die Macht. Die Aktionäre beschlossen eine Statutenänderung, die die Mindestpreisbestimmung bei einem Pflichtangebot neu festsetzt - danach muss der Preis mindestens dem Börsenkurs entsprechen - und die Änderung der Vinkulierungsbestimmung, sprich der Stimmrechtsbeschränkung. Außerdem werden Pieper und seine Kandidaten Dr. Peter Altorfer, Dr. Albert Gnägi, Hans Beat Gürtler und Dr. Rudolf Huber neu in den Verwaltungsrat gewählt, zugleich Gnägi als neuer Präsident und Piper als neuer Vize bestimmt. Und This Schneider wird per sofort und zu den vorherigen Bedingungen wieder als CEO und als Delegierter des Verwaltungsrats eingesetzt.

Im April, wenn die Kaufofferte von CVC ausläuft, geht es jetzt ums Ganze. BTH Heimtex bleibt dran. Fortsetzung der Geschichte folgt.
aus BTH Heimtex 03/05 (Wirtschaft)