Sind Sie ein Orientteppich-Kenner?

Eine kleine Warenkunde

In unserer letzten Ausgabe hieß es wieder: Fachchinesisch für die Orientbranche. Wir haben in unserem Gewinnspiel nach zehn Fachbegriffen aus der Welt des Orientteppichs gefragt und jeweils vier Lösungsmöglichkeiten angeboten, von denen jeweils nur eine richtig war. Haben Sie alle Begriffe gewusst? Hier folgt die Auflösung.

Mina-Chaneh - Orientteppichmuster

Mina ist das persische Wort für Margerite, Chaneh (das e wird betont) bedeutet Haus. Das Orientteppichmuster Mina-Chaneh, ein Allover ohne Medaillon, steht dementsprechend für ein Haus voller Margeriten oder ein Margeritenbeet. Die zentrale, vielblättrige Blüte wird auch als Juwel interpretiert.

Das auffällige am Mina-Chaneh ist die präzis eingehaltene Vierereinteilung der Musterdetails. Egal, welches Motiv man als Zentrum auswählt, es ist immer umgeben von vier gleichen und gleich weit voneinander entfernen Schwestermotiven.

Es taucht sehr häufig im Weramin auf, weshalb es bisweilen auch als Weramin-Muster bezeichnet wird. Hier erscheint es floraler, naturbelassener als in anderen Provenienzen.

In Persien ist Mina ein weitverbreiteter Mädchenname, so wie auch im Okzident, wo Margret oder Margarete in vielen Ländern hin und wieder zu hören ist.


Ramadan (Ramasan) - Fastenmonat der Muslime

Der jährlich wiederkehrende Fastenmonat Ramadan gehört zu den fünf Säulen des Islam. Seine Einhaltung ist also Pflicht für jeden gläubigen Mulsim. Der Fastenmonat legt dem Muslim auf, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang nicht zu essen, nicht zu trinken, nicht zu rauchen und in dieser Zeit besonders enthaltsam zu leben.

Als dem Mondkalender folgendes, bewegliches Fest verschiebt sich der Ramadan im Laufe der Jahre. Liegt er in den Sommermonaten mit ihren langen, heißen Tagen, fordert er vom Fastenden besondere Disziplin. Kinder, Schwangere und Reisende sind vom Fasten ausgenommen.

Während des Ramadan ruht in der islamischen Welt das öffentliche Leben weitestgehend, so dass Einkäufer gut beraten sind, ihre Geschäftsreisen nicht in diese Zeit zu legen. Das Ende des Fastenmonats, das Ende der Enthaltsamkeit, wird als fröhliches Fest begangen. In Persien heißt es Aidlfetr.


Bachtiar - Orientteppichprovenienz und Volksgemeinschaft im Iran

Die Bachtiaren sind ein altes, weitverzweigtes Volk, das im Südwesten des Iran lebt. Die Sammelbezeichnung ihrer Teppiche lautet Bachtiar oder Bachtiari, wobei das i unserer Präposition von entspricht.

Es gibt zahlreiche Unterprovenienzen mit unterschiedlichen Dessins. Zu den bekanntesten zählen Babaheidar, Beni, Bibibaff, Boldadji (fast ausschließlich als Felderteppich), Dehkord, Henneghoun, Paradombeh, Saman, Schalamsar, Schale-Schotor, Scharekord und Tschahar-Mahal. Trotz ihrer umfangreichen Palette ähneln sich die Bachtiar-Teppiche in ihren Farbkompositionen, in den verschiedenen, handwerklichen Verarbeitungen und im Duktus, der immer floral ist.


Zil-i-Sultan (Sel-e-Sultan) - Orientteppichmusterdetail

Ein Muster namens Zil-i-Sultan wird erst seit Beginn des 19. Jahrhunderts geknüpft. Es zeigt zentral eine Vase mit einem voluminösen Blütenbouquet, das von zwei symmetrisch sich aufrecht gegenüber sitzenden Vögeln flankiert wird. Immer ohne Medaillon Allover gemustert, wird es von einer meist relativ bescheidenen Bordüre eingerahmt.

Dieses nicht sehr häufige aber sehr prägnante Dessin kommt hauptsächlich in den Provenienzen Abadeh, Sarough, Ghiassabad, Ferahan, Ghoum, Bachtiar und Tafresch (selten) vor.

Die Bezeichnung Zil-i-Sultan lässt sich am besten frei übersetzen mit 'Schatten des Sultans". Dies war ein volkstümlicher Ausdruck für den Großwesir, also den Kanzler des Herrschers.

Über die Entstehung des Dessins gibt es zwei Versionen. Einerseits soll es auf den Gouverneur der westpersischen Provinz Feraghan zurückgehen, andererseits wird es einem Kadjaren-Adligen zugeschrieben, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts Statthalter in Isfahan war. Es könnte durchaus sein, dass beide Personen identisch sind.


Viskose - Kunstseidenart

Die fachlich korrekte Bezeichnung für Viskose ist Endlosfilamentgarn. Umgangssprachlich wird sie Kunstseide genannt, ein Begriff, der im Handel zwar gang und gäbe ist, den das Textil-Kennzeichnungsgesetz (TKG) aber nicht kennt. Falsch ausgezeichnet, riskiert der Anbieter unter Umständen eine Abmahnung.

Viskose ist eine der ersten, industriellen Kunstfasern und besteht aus dem Ausgangsmaterial Zellulose. Sie wird aus einer Düse zur einer Endlosfaser gezogen. Als Flor ist Kunstseide nur bedingt tauglich, denn unter Verschleiß verfilzt der Flor, wird dadurch unansehnlich und bricht.

Die sicherste Möglichkeit, Kunstseide von reiner Seide zu unterscheiden, ist die Brennprobe: Glimmende, mehr verkokelnde reine Seide, eine Eiweißverbindung, riecht wie verbranntes Horn. Viskose entwickelt als Zellulose einen weißlichen Rauch und verbreitet den gleichen, stechenden Geruch wie brennendes Papier.


Wagireh - Knüpfvorlage

Ursprünglich wurden alle Teppich ohne jegliche Vorlage geknüpft. Bei den Nomaden und vielen Bauern ist das auch heute noch so. Um die Muster jedoch festzulegen und auch um die technischen Voraussetzungen wie beispielsweise Anzahl der Knoten pro Schussreihe zu erleichtern, bedient man sich so genannter Wagirehs.

Wagirehs sind kleine, geknüpfte Brücken, die an ihren Seiten meist von vier unterschiedlichen Bordüren gerahmt werden. Im Innenfeld geben sie eine Ansammlung verschiedener Musterdetails wieder, die dann auf das im Entstehen befindliche Stück Knoten für Knoten ablesbar übertragen werden.

In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts ging man dann dazu über, Musterpatronen zu erstellen, wie sie in der Weberei üblich sind. Auf diesen Blättern, einer Art Millimeterpapier, ist das Dessin Knoten für Knoten aufgezeichnet. Der Knüpfer kann davon das Muster Reihe für Reihe ablesen und in Flor umsetzten.


Curcuma, auch Kurkurma (Curcuma domestica, Curcuma longa) - gelber Pflanzenfarbstoff

Die deutschen Namen Gelbwurz und Safranwurz weisen eindeutig darauf hin, welche Farbe aus den Wurzelknollen dieses Ingwergewächses gewonnen wird. Curcuma ist zwar im gesamten Vorderen und Mittleren Orient anzutreffen, stammt ursprünglich jedoch aus China und Hinterindien. Sie ist Bestandteil der Currygewürze und wird viel in der Küche verwendet, wo sie den teuren Safran ersetzt. Die Lichtechtheit dieses Farbstoffs auf Wolle gilt als eingeschränkt.


Moharamati - Orientteppichmuster

Das Moharamati-Dessin zeigt Streifen, die immer senkrecht von oben nach unten verlaufen. Es ist nur selten mit einem oder mehreren Mittelmedaillons gestaltet.

Ursprünglich war das Moharamati-Muster vorwiegend in Gashghai- und Abadeh-Knüpfungen zu finden. Später tauchte es auch in den Provenienzen Täbriz, Sarough, Ghoum und in den Knüpfungen der Kurden Westpersiens auf.


Meymey - Ort und iranische Orientteppichprovenienz

Das Djangali genannte Dessin des Meymey ist sehr provenienztypisch, so dass hier einer der wenigen Fälle besteht, wo auf Grund des Musters - allerdings nur in der Kombination mit der Grundfarbe Braunrot oder Dunkelblau - die Provenienz-Zuweisung erfolgen kann.

Das Muster ist unverwechselbar und wird immer von der gleichfalls prägnanten Bordüre gerahmt, einer streng geometrisierten Herati-Bordüre. Meist ist auch das Medaillon traditionell verharrend und zeigt eine Art großvolumiges Blütenkreuz in einem auf die Spitze gestellten, treppenartigem Rhombus. Die kleinteiligen, rhombenartigen und symmetrische angeordneten Blüten im Mittelfeld sollen Orchideen darstellen. Orchideen wachsen im Dschungel - hier liegt der Grund für die Bezeichnung Djangli-Muster.

Es gibt noch drei im Muster völlig identische Knüpfteppiche, die sich allerdings in der Feinheit der Knüpfdichten unterscheiden: Der Djoscheghan ist gröber als der Meymey, Murtschekort und Khosrowabad sind feiner geknüpft. Alle vier werden mit dem Senneh-Knoten geknüpft und stammen aus Zentraliran. Das Knüpfgebiet liegt circa 100 km nördlich von Isfahan. Djangali-Muster finden sich auch im Ghoum, dort in lichteren Farben, und abgewandelt im Bachtiar-Bibibaff wieder.


Lines - Knüpfdichteneinteilung bei chinesischen Teppichen

Der Feinheitsgrad, also die Knüpfdichte, chinesischer Teppich wird in Lines ausgedrückt. Da es in Deutschland üblich ist, die Knotendichte per Quadratmeter anzugeben, ist es erforderlich, von Lines auf Quadratmeter umzurechnen. Hierzu setzt man beispielsweise bei einer 70 Lines-Einstellung folgenden Formel an: 70 x 70 = 4.900 x Faktor 10,764 = 52.744 Knoten pro Quadratmeter.
aus Heimtex Orient 02/01 (Teppiche)