Atelier Susanna Biedermann in Basel

Urwüchsige Nomadenteppiche wurden zur Leidenschaft

Ihre Leidenschaft für urwüchsige Stammesteppiche aus Marokko verdankt die Innenarchitektin Susanna Biedermann ihrem Mentor Richard Hersberger dem bekannten Sammler von Nomadenteppichen. Sie selbst ist zur Sammlerin geworden und betreibt seit einigen Jahren in Basel ein Geschäft, in dem neben ausgesuchten Knüpf- und Webarbeiten aus Marokko auch Stoffe, Kleinmöbel und Accessoires aus allen Herren Länder angeboten werden. In Marrakesch gründete sie ein Zentrum für marokkanische Kultur.

Wer in die Welt der Nomadenteppiche eintaucht, ist für immer gefangen. Die schönsten Stücke werden von Kennern nach der künstlerischen Ausdrucksstärke von Zeichnung, Farbe und Struktur ausgesucht. Die Feinheit der Knüpfung spielt dabei eine sekundäre Rolle. Man spürt mit zunehmender Erfahrung, ob der Teppich lebt und ob er eine Seele hat.

Nomadenteppiche sprechen alle unsere Sinne an. Ihre Farben und Formen entsprechen unseren Vorlieben für Ethno Art und mit ihrer Poesie bringen sie Freude und Atmosphäre in unsere Wohnzimmer, selbst da, wo modernste, sachliche Architektur vorherrscht. Diese Erfahrung hat auch die vielgereiste, international bekannte Innenarchitektin Susanna Biedermann gemacht.

Atelier und Geschäft befinden sich im historischen "Bychtigerhus"

Seit vielen Jahren besitzt sie ein Atelier im Haus zum Klingental in Basel. Das ehemalige "Bychtigerhus" (Beichtvaterhaus) des Klosters Klingental zählt zu den baulichen Kleinodien im Kleinbasel. Es liegt in unmittelbarer Nachbarschaft der Rheingasse, die sonst einen eher zwielichtigen Ruf genießt.

Städte sollten wieder lebendiger werden, viel mehr ihren Bewohnern gehören und nicht nur zum Arbeiten da sein, auch Basels Stadtzentrum auf beiden Seiden des Rheins, meint Susanna Biedermann. Daher gestaltete sie vor ein paar Jahren das Haus zum Klingental mit wenigen baulichen Veränderungen zu einer Kombination aus Atelier und Laden und machte es der Öffentlichkeit zugänglich.

Selbst für Einheimische, die ihre Stadt gut kennen, ist der Hof und der Garten mit Blick auf den Rhein neu und spannend. Das Haus gehörte übrigens einst der Familie Meret Oppenheims.

Ausgefallenes Sortiment an Stoffen, Teppichen, Kleinmöbeln und Accessoires

Durch das Sammeln von Textilien auf vielen und teils ausgedehnten Reisen, durch das Stöbern in den farbigen Quartieren von Paris, wo sie ein weiteres "Pied à Terre" hat, und durch das Entwerfen von Einrichtungen in den letzten 25 Jahren mit vielen Eigenentwürfen hat sich ein besonderes Sortiment an Stoffen, Teppichen, Kleinmöbeln und Accessoires ergeben:

Beispielsweise Nomadenteppiche aus Marokko, Stoffe aus Abaca (Bananenfaser) von den Philippinen, Damast-Decken mit Bou-Bou-Stickereien und Wollstoffe aus dem Senegal, handgewebte Möbelstoffe aus Dakar, handgestickte moderne Shawls aus Kaschmir oder Bambus-Bugholz-Sessel aus Japan. Alles Dinge, die sie gerne mag, die sie quasi für Gleichgesinnte gesucht, entworfen und ausgewählt hat. Zwar kommen die Gegenstände zumeist aus fernen Ländern, haben aber mit Ethno-Welle und Souvenir-Gedanke wenig zu tun.

Mentor war Richrad Hersberger

Ihre Begegnung mit urwüchsigen Stammesteppichen aus Marokko wurde zur Leidenschaft, die sie ihrem Mentor Richard Hersberger verdankt, dem bekannten Sammler und Inhaber der wohl berühmtesten und komplettesten Kollektion. Susanna Biedermann studierte bei Hersberger und arbeitete anschließend einige Zeit in seinem Geschäft, bevor sie sich aufmachte, in anderen Teilen der Welt, in den USA und in Südamerika als Innenarchitektin zu arbeiten. Ihr Dank gilt ihm für sein Wissen und den Enthusiasmus, den er ihr und vielen Kollegen während vieler Jahre immer wieder neu vermittelt hat.

"Bilder für den Boden"

Auch Susanna Biedermann sammelt Nomadenteppiche, "Bilder für den Boden", mit dem Ziel, sie in ihre moderne Innenarchitektur zu integrieren. Sie findet in den Teppichen die Landschaften wieder, die sie faszinieren, und die Geschichten der Menschen, die die Teppiche schufen. Natürlich findet sie die alten Teppiche schöner als die neueren, aber sie sieht durchaus auch den Charme, den ein Teppich hat, in den Muster oder Zeichen aus synthetischen Fäden eingeknüpft wurden, nur weil es auf dem Markt gerade einen solchen Posten zu kaufen gab. Etwa alle sechs Wochen reist sie nach Marokko, um Teppiche einzukaufen. Sie übernimmt auch gerne Aufträge, seltene Stücke aufzuspüren und zu erwerben.

Ab und zu findet sie einen der sehr raren Seidenteppiche. Seide war in Marokko immer Mangelware und wurde eigentlich nur zu Gürtelbändern verarbeitet, und die wiederum später in Teppiche verarbeitet. Sie liebt auch die geflochtenen Ledermatten aus Mauretanien, die ebenfalls mit den Nomaden und Händlern auf ihren Reisen nach Marokko gelangen.

Aufbau eines Kulturzentrums in Marrakesch

Immer wieder zog es Susanna Biedermann in den letzten Jahren nach Marrakesch. Langsam reifte die Idee, auch etwas für dieses Land zu tun. Da bot sich die Gelegenheit, in der Medina, der Altstadt Marrakeschs, ein seit Jahren leerstehendes Haus zu kaufen. Das Architektenpaar Susanna Biedermann und Max Alioth beschloss, ein Zentrum für marokkanische Kultur zu errichten.

Dar Bellarij, Storchenhaus, heißt es und Susanna Biedermann hat es mit der ihr eigenen Beharrlichkeit sorgsam renovieren lassen. Es ist ihr gelungen, mit einfachen Materialien und einem Minimum an Eingriffen die ursprüngliche Schönheit wieder aufleben zu lassen. Das Haus ist ein Funduq (Werkhof) gewesen, wo die Handwerker ihre kleinen Werkstätten hatten. Zudem wurden kranke und verletzte Störche gepflegt, die auf ihrem Flug zwischen Europa und Afrika hier Station machten.

Jetzt bietet es Arbeit für mittlerweile zwölf Personen, die in der Administration tätig sind, Ausstellungen aufbauen und überwachen sowie im Teehaus Gäste bewirten. Zielpublikum des Kulturzentrums sind die Bewohner Marrakeschs, aber auch andere Besucher sind herzlich eingeladen, die wechselnden Ausstellungen zu besuchen oder an Konzerten, Festen, Märchenerzählungen teilzunehmen. Im Herbst dieses Jahres soll im Storchenhaus der Kongress des ICOC (International Conference on Oriental Carpets) abgehalten werden.
aus Heimtex Orient 01/01 (Handel)