Jahreshauptversammlung 2005 der Decor Union in Weimar

"Wer Zukunft haben will, muss umdenken"

Die Decor Union gibt richtig Gas: Die einzige marktstufenübergreifende Kooperation der Branche hat die Weichen für die Zukunft gestellt und in einem Kraftakt gleich mehrere Projekte angeschoben, die sowohl den Mitgliedern Vorteile verschaffen als auch die Position der Verbundgruppe festigen und ausbauen sollen. Dazu gehören die Marketing-Initiative Health & Care, deren Anfangserfolg alle Erwartungen übertrifft und die Neuausrichtung zweier Betriebstypen der modernen Fläche. Ganz nebenbei hat die Decor Union auch noch ein "blendendes Geschäftsjahr 2004" hingelegt. Entsprechend herrschte glänzende Stimmung auf der diesjährigen Hauptversammlung im schönen Weimar.

Zum ersten Mal hatte die Decor Union ihr alljährliches Treffen von einem auf zwei Tage ausgedehnt und zudem vom Stammsitz in Hannover an einen externen Tagungsort verlegt: im Schiller-Jahr 2005 zog es die Verbundgruppe ins schöne Weimar, die Stadt der Dichter und Denker. Die Verlängerung der Jahreshauptversammlung war auch gerechtfertigt - und notwendig: denn neben dem obligatorischen Bericht über das vergangene Geschäftsjahr standen etliche interessante Themen und Vorträge auf dem Programm.

Entsprechend stark war die Resonanz: Beiratsvorsitzender Thomas Mollen und Geschäftsführer Enno Kramer konnten rund 90 Teilnehmer aus dem Kreis der Gesellschafter begrüßen, wobei der Schwerpunkt auf der Einzelhandels-Schiene lag. Sie alle wollten sich offenbar nicht die wichtigen Weichenstellungen in Sachen Vertrieb und Marketing entgehen lassen, mit denen die Decor Union auf die ebenso schnellen wie fundamentalen Veränderungen im Markt reagiert und in die Zukunft vorausdenkt.

Mollen enttäuschte die Anwesenden nicht. In seiner gewohnt ruhigen, fast bedächtigen Art, die manchmal überdeckt, wieviel Agilität und Wachheit in dem Vollblut-Unternehmer steckt, berichtete er zunächst von der Kooperation mit der Objekteurs-Gruppe Objekt-Partner. Unter dem Titel "Die Objekteure" ist aus deren Anschlußhäusern und den bisherigen Decor Objekt-Mitgliedern ein starker Verbund entstanden. Er verfügt mit 70 Unternehmen nicht nur rein zahlenmäßig über veritable Marktbedeutung, sondern mit angesehenen Namen wie Böhmler in München oder Wellhöfer in Gießen auch über bestes Renommee. "Damit hat das Standbein Objekt innerhalb unseres Drei-Säulen-Modells eine weitere Stärkung erfahren", kommentierte Mollen das Zusammenrücken der beiden Parteien.

"Wir wollen in die Champions League"

Für ihn ist das ein folgerichtiger Schritt, um die Position der Decor Union im Markt wie in der Branche weiter zu festigen - und auszubauen. "Wir wollen in die Champions League", gibt er die Marschrichtung an, "und müssen das auch der Industrie eindeutig und nachhaltig klar machen." Das funktioniere allerdings nur "mit einer 100%igen Identifikation" - sprich, auch die Gesellschafter müssen ihren Beitrag dazu leisten: etwa bei der Lieferanten-Auswahl. "Konzentrieren Sie Ihre Umsätze, stärken Sie wenige Anbieter, damit Sie wiederum bei denen an Stärke gewinnen", appellierte Mollen an sein Kollegen.

Parallel ist man in Hannover für weitere Expansionsmöglichkeiten offen. Wobei: "Nicht Wachstum um jeden Preis, sondern qualitatives Wachstum ist unsere Devise", betonte Mollen. Es gehe nicht darum, möglichst viele sich bietende Allianzen einzugehen. "Wir haben vielmehr den weiteren Ausbau der Decor Union zu einem klar strukturierten Systemverbund mit dem Schwerpunktkonzept Einzelhandel, sowie kompetenten Großhändlern, Dienstleistern und Verarbeitern im Auge."

Dann tippte Mollen zwei Projekte an, die nach seiner Überzeugung die Verbundgrupppe "ein ganzes Stück nach vorne" bringen werden: erstens die markstufenübergreifende Marketing-Initiative Health & Care und die Neuausrichtung zweier Betriebstypen der modernen Fläche.

Health & Care mit Zielrichtung Gesundheitsmarkt war im letzten Jahr vorgestellt worden, zur Heimtextil offiziell gestartet und hat inzwischen dermaßen an Fahrt gewonnen, dass alle Beteiligten mehr als zufrieden sind. "Wir haben da Pflöcke eingerammt und Zeichen gesetzt", konstatiert Decor Union-Geschäftsführer Enno Kramer, "die bisherigen Erfolge übertreffen unsere Erwartungen."

Mehr als nur ein Face-Lifting hat die Decor Union ihren Mäx-Kompaktmärkten und den Wohnen & Sparen-Fachmärkten angedeihen lassen. Marktgerecht, bis ins Detail durchdacht und professionell präsentieren sich die überarbeiteten Betriebstypen-Konzepte, bei denen zugleich die Bindung zwischen der Systemzentrale und den Gesellschaftern intensiviert worden ist.

2004 Umsatzplus von 16,2%, bereinigt 2,9% Zuwachs

Im Geschäftsjahr 2004 konnten zwar weder das ambitionierte Ziel von 40% Umsatzsteigerung erreicht, noch das rasante Tempo der ersten fünf Monate mit einem Plus von 29,4% gehalten werden, dennoch können sich die Zahlen sehen lassen: Immerhin kletterte der (Brutto-)Umsatz um 16,2% von 89,5 auf 103,9 Mio. EUR, die Netto-Erlöse nahmen von 83,4 auf 96,9 Mio. EUR zu. Kramer verhehlte bei der Vorlage der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung nicht, dass der Mehr-Umsatz zu großen Teilen aus den Neuzugängen resultiert; doch: "Umsatz ist Umsatz", stellte er lakonisch fest und verwies darauf, dass der bereinigte Zuwachs von 2,9% immer noch deutlich über dem Durchschnitt im Handel liege .

Fazit seines Vergleichs zwischen der Decor Union und der Branche: "Wir konnten uns mit unseren Anschlusshäusern dem fortgesetzten Abschmelzungsprozess im Fachhandel erfolgreich widersetzen." Dafür machte er neben der Akquisition und Integration der neuen Mitglieder vor allem die Ausweitung der Umsatzbasis in vertikaler und horizontaler Richtung verantwortlich. "So kam es zu positiven Konzentrationseffekten".

Die Ergebnisse der einzelnene Warengesellschaften, die unter dem Dach der Holding aufgehängt sind, bewertete Kramer als "ausgesprochen positiv" - mit Ausnahme der Decor Import, die mit den extrem schwierigen Marktverhältnissen bei abgepassten Teppichen zu kämpfen hat. Alle anderen lagen deutlich im Plus: Decor-Vertrieb (Großhandel für Heimtextilien) erhöhte den Umsatz um 14%, Sunro (Einkaufs-und Marketingverbund für Sonnenschutz) um 10,7%, Unidecor (Großhandel für Tapeten und Wandbeläge) um 15,4% und Color-Union (Großhandel für Farben + Lacke) um 18%.

Den Außenumsatz sämtlicher Mitgliedsfirmen bezifferte Kramer auf gut 715 Mio. EUR, davon würden deutlich mehr als zwei Drittel über die Decor Union abgerechnet und geliefert werden.

3,06% des Umsatzes flossen an Rückvergütung an die Mitglieder zurück, im laufenden Jahr könnten es nach einer ersten Hochrechnung geringfügig mehr werden.

Für 2005 sieht die Planung eine moderate Umsatzsteigerung um 7% vor. Beirat und Geschäftsführung sind sich bewusst, dass sich die Fahrt verlangsamen wird, zumal die die eigene Branche berührenden Märkte nach wie vor als "schwierig" eingeschätzt werden. Dabei wird auch für das laufende Jahr ein positives Gesamtergebnis angestrebt, denn: "Wir ernten die Früchte, die wir gesät haben."

Von der "Lust an der Leistung" und dem "Gesundheitsmarkt als Wachstumlokomotive"

Aber es ging in Weimar nicht nur um die Decor Union. Zwei sehr unterschiedliche, gleichwohl beides interessante Vorträge flankierten das Programm.

Die "Lust an der Leistung" brachte der Verhaltenswissenschaftler Dr. Klaus Dehner den Zuhörern nahe. Quintessenz seiner Ausführungen: Motivation heißt "Menschen in Bewegung setzen". Das dürfe ruhig mit Anstrengungen verbunden sein, die durchaus Spaß und Freude auslösen könnten. Als wichtig erachtet Dehner zudem, dass die Arbeit von Mitarbeitern mit Herausforderungen angereichert ist und unbedingt mit Anerkennung und Lob belohnt wird. Als reine Befehlsempfänger seien Mitarbeiter dagegen zu keinen besonderen Leistungen fähig. "Sie brauchen Freiräume für eigene Entscheidungen, um Aufgaben zu lösen, wozu eigene Verantwortung gehört." Auch Teamwork in kleinen Gruppen ist laut Dehner ein Antrieb für Leistung, der Bindung schafft und Sicherheit gibt.

Der Zukunftsforscher Leo A. Nefiodow befasst sich schon seit langem mit den sogenannten langen Wellen der Konjunktur, die jeweils auf bahnbrechenden Innovationen beruhen, die die Wirtschaft ankurbeln. Diese Zyklen, die 1780 mit der Erfindung der Dampfmaschine begonnen werden, sind nach dem russischen Wissenschaftlicher Nikolai Kondratieff benannt, der in den 20er Jahren des vorherigen Jahrhunderts wirkte. Zur Zeit befinden wir uns in dem auslaufenden 5. Kondratieff - und laut Nefiodow ist "die Lokomotive, die uns wieder aus dem Tal herausholt", noch nicht angesprungen. Aber er sieht mehrere Bereiche, die dafür in Frage kommen, unter anderem Umweltschutz/regenerative Energien und Biotechnologie, der aussichtsreichste Kandidat sei allerdings das Thema Gesundheit - ein "Megamarkt mit einem Volumen von aktuell 8 Billionen USD, der in die verschiedensten Branchen ausstrahlt: vom herkömmlichen Gesundheitssektor über Medizin, Ernährung, Wellness und Fitness bis hin zu Architektur, Biotechnologie und Umwelttechnik." Ergo beste Aussichten für das Health & Care-Konzept der Decor Union....
aus BTH Heimtex 09/05 (Wirtschaft)