Neues Design- und Entwicklungszentrum, US-Produktion angelaufen, Kapazität hochgeschraubt

Unilin unter neuer Flagge weiter auf Wachstumskurs

Beim belgischen Laminatbodenhersteller Unilin herrscht auch nach der Übernahme durch den US-Konzern Mohawk - mittlerweile der größte Bodenbelagshersteller der Welt - "business as usual". In Wielsbeke ist man sicher, dass es zunächst keine einschneidenden Veränderungen geben wird - denn "wir bringen Mohawk etwas, das sie selbst nicht haben", sagt Geschäftsführer Frans De Cock, "unsere Laminatböden". In Belgien läuft derweil alles wie geplant: Das neue, imposante Design- und Entwicklungszentrum inklusive Schauraum ist fertiggestellt. Und mit der Inbetriebnahme der eigenen Melaminharz-Produktion geht Unilin einen weiteren Schritt zur konsequenten vertikalen Integration.

Wie ein Paukenschlag erreichte die Nachricht von der Unilin-Übernahme durch den US-Bodenbelagskonzern Mohawk im Sommer den Markt. "Auch wir waren überrascht", offenbart Unilin-Geschäftsführer Frans De Cock mittlerweile. Immerhin habe Mohawk erst sehr spät Kontakt zur Investmentbank Goldman Sachs aufgenommen, die die Suche nach einem Hauptaktionär für Unilin geleitet hatte. Vorher wurden in erster Linie Gespräche mit Finanzinvestoren geführt, nachdem anfänglich auch der amerikanische Bodenbelagsriese Shaw Interesse gezeigt hatte. "Das Angebot von Mohawk war dann aber sehr interessant, außerdem haben wir uns mit einem Industriepartner an der Seite besser gefühlt", erläuterte Finanzdirektor Paul De Cock die Entscheidung. Er wird auch in Zukunft zusammen mit seinem Vater Frans und Bernard Thiers sowie zwei weiteren Geschäftsführern die Geschicke des Unternehmens leiten.

Zudem hatte Mohawk vor einiger Zeit den großen amerikanischen Fliesenhersteller Dal-Tile übernommen und dabei gezeigt, welche Wege bei Akquisitionen möglich sind. Statt alles zu ändern und die neue Tochter komplett in den Gesamtkonzern zu integrieren, blieb bei Dal-Tile zum Beispiel die eigene Vertriebsstruktur erhalten, die mit dem Direktvertrieb von Mohawk nicht konform geht. Eine Option, die auch Unilin zugesichert wurde.

Die Unilin Holding umfasst neben dem großen Laminatboden-Geschäft mit Unilin Decor und Unilin Systems auch Geschäftsbereiche, die in anderen Branchen beheimatet sind. Zu deren Zukunft bemerkt Thiers: "Sie werden auch unter der neuen Muttergesellschaft einen wichtigen Platz im Unternehmen haben. Die Synergien zwischen den Geschäftsbereichen sind so wichtig, dass eine Trennung nicht denkbar ist." Außerdem sei es der Wunsch von Mohawk, auch außerhalb der Fußbodenbranche Aktivitäten zu haben, die stabile Cash-flows generieren.

Unilin bereits jetzt Nr. 1 in den USA

Unilin sieht sich mit seiner Marke Quick Step und einem Marktanteil von 15 % als Nummer 1 auf dem US-Laminatbodenmarkt - auch schon vor der Akquisition durch Mohawk. Am zweistufigen Vertrieb der Marke Quick Step soll sich auch aller Voraussicht nach auch in der neuen Konstellation in Zukunft nichts ändern. Nach wie vor sollen die Kunden über Großhändler bedient werden, die ihrerseits von Unilin direkt vom Zentrallager Thomasville versorgt werden. Inwiefern in Zukunft der Mohawk-eigene Direktvertrieb zusätzlich genutzt werden kann, ist derzeit noch nicht entschieden. Auch über die künftige Rolle von Mohawk in Europa gibt es noch keine klare Richtlinie.

Begeistert zeigt man sich in Belgien von dem Engagement der neuen Mutter am Point of Sale. Paul De Cock: "Mohawk investiert sehr viel in Marketing und Vertrieb. Besonders beeindruckend ist die Präsentation mit komplett integrierten Shops." .

In den eigenen drei Produktionsstätten in den USA, Laminatboden in Thomasville und in Davidson County, Faserplatten mit 250.000 cbm in Mount Gilead fertigt Unilin nach europäischen Standards. Die Produktion sei europäisch und der Verkauf amerikanisch, bringt es die Geschäftsführung auf den Punkt. Man selbst bringe das Know-how in Sachen Technik und Produkt mit den dazugehörigen modernen, europäischen Produktionsanlagen mit. Der Vertrieb haben amerikanische Experten übernommen und den nationalen Bedürfnissen angepasst.

Das US-Geschäft macht - inklusive der Plattenproduktion - bei Unilin Flooring mittlerweile ein Drittel des Gesamtgeschäftes aus. Um dies weiter zu forcieren, hatte man sich bereits vor einiger Zeit entschieden, ein zweites Werk in der Nähe der Produktionsstätte in Thomasville entstehen zu lassen. Nur fünf Kilometer entfernt wurde für 70 Mio. USD vor kurzem das neue Werk Davidson County in Betrieb genommen. Dort steht nun eine komplette Fertigungslinie für Laminatböden mit einer Kapazität von rund 10 Mio. qm, die derzeit langsam hochgefahren wird. Von hier aus soll gemeinsam mit dem kleineren, älteren Werk der US-Markt bedient werden, von dem man sich in den nächsten Jahren mit jährlich rund 15 % weitere deutliche Steigerungen erhofft.

Die übrigen Absatzregionen der Welt werden wie gehabt von den europäischen Produktionen bedient. Zusammen mit dem neuen US-Werk verfügt Unilin nun über Produktionskapazitäten von 55 bis 60 Mio. qm im Jahr. Das tatsächlich verkaufte Volumen wird von Unilin in diesem Jahr auf rund 45 Mio. qm geschätzt.

Nächste US-Fertigungslinie kommt 2006

"Aber das neue US-Werk wurde nicht für eine Linie alleine gebaut", bekräftigt Firmenchef Frans De Cock. Bereits im nächsten Jahr soll den aktuellen Plänen zufolge eine weitere Fertigungslinie errichtet werden, gleichfalls mit einer Jahreskapazität von rund 10 Mio. qm. Das neuerliche Investitionsvolumen beläuft sich, da Infrastruktur und Gebäude bereits vorhanden sind, dann auf ca. 30 bis 35 Mio. USD. Im Werk Davidson County entsteht somit nach und nach eine Produktionsstätte, die mit dem europäischen Hauptwerk in Wielsbeke vergleichbar ist - auch in Sachen vertikaler Integration.

In Belgien jetzt eigene Melamin-Produktion

Bei Unilin legt man großen Wert auf die vertikale Integration der Produktion - die eigenen MDF-Produktionen in Mount Gilead und im französischen Bazeilles sind nur ein Beispiel dafür. Neuester Schritt in diese Richtung ist die eigene Melaminharz-Produktion in Wielsbeke. Hier war in den letzten Monaten für 5,9 Mio. EUR eine Hightech-Anlage zur Herstellung von 100 t Harz pro Tag errichtet worden. So könne man auch bei den Melaminharzen die Qualität des Produktes optimal kontrollieren, ohne abhängig von der Leistung Dritter zu sein, erklärt Bernard Thiers. Weiterer Vorteil: "Wir können die einzelnen Parameter variieren, wodurch sich möglicherweise auch Entwicklungspotenzial für unser Endprodukt Laminatboden ergibt", - wie auch schon mit der hauseigenen Platten-Produktion. So seien beispielsweise dadurch erst die handgeschroppt aussehenden Oberflächen möglich geworden.

Das kreative Herz von Unilin schlägt künftig in der neuen Entwicklungabteilung mit Laboranlagen, einer kleinformatigen Presse und einer Nut-/ Federlinie. Bereits fertiggestellt ist das imposante Designzentrum mit einem Showroom, der in der Branche seinesgleichen sucht. Auf 1.500 qm Fläche erfahren Besucher alles über das Unternehmen Unilin, die Marke Quick Step und das Sortiment.

Bei der Dekorentwicklung setzt Unilin auf eigene Designer. Sämtliche Dekore werden im eigenen Hause entwickelt. Die vier oder fünf Dekordrucker, mit denen Unilin regelmäßig zusammenarbeitet, stehen dabei helfend zur Seite, kümmern sich allerdings vor allem um die technische Umsetzung. Schmalere Formate, Synchronpore, wie handgearbeitet aussehende Oberflächenoptiken und Fugen sind nach wie vor die wichtigsten Trends in der Laminatbodenbranche, meint Bernard Thiers. Und ergänzt: "Echtes Holz ist der schönste Bodenbelag. Aber wir wollen so nah wie möglich herankommen."
aus BTH Heimtex 11/05 (Wirtschaft)