Anker nach strategischer Neuausrichtung mit voller Kraft voraus

Konzentration auf das Kerngeschäft Objekt

Anker, einer der traditionsreichsten Namen der europäischen Teppichbodenindustrie, ist nicht wieder zu erkennen. In den letzten zwei Jahren hat sich das Familienunternehmen vom Muff früherer Zeiten befreit, Stärken und Schwächen analysiert und sich strategisch neu ausgerichtet. Konzentration auf das Kerngeschäft Objekt heißt die Devise. Inzwischen haben die Dürener die Maßnahmen weitgehend abgeschlossen und gehen mit einem wahren Feuerwerk an Neuheiten und professionellem Marketing auf Expansionskurs. Das Ziel sind 30% Umsatzwachstum und eine überproportionale Ergebnisverbesserung in den nächsten drei Jahren. Und die erste Resonanz des Marktes zeigt, dass Anker auf dem richtigen Weg ist.

Biegt man auf das Firmengelände von Anker in Düren ein, erscheint auf den ersten Blick alles unverändert: der freundliche Pförtner, die schönen alten Fabrikgebäude, Industriedenkmäler und Wahrzeichen eines einstmals blühenden Papier-und Textilindustriestandortes. Immerhin galt die heute 90.000 Einwohner zählende Kommune vor dem 1. Weltkrieg mit über 50 Millionären als eine der reichsten Städte Deutschlands.

Bei Anker, 1854 von Leopold Schoeller gegründet und unverändert im Besitz seiner Nachfahren, ist diese Tradition noch zu spüren. Und dennoch hat sich hinter den ehrwürdigen Fassaden in den letzten zwei Jahren viel bewegt. Das Unternehmen hat sich einer grundlegenden Umstrukturierung und Neu-orientierung unterzogen. "Wir haben erkannt, dass unser Heil nicht im Gesundschrumpfen zu suchen ist, sondern in der Konzentration auf die Kernkompetenz Objekt und damit zurück auf einen Wachstumskurs durch Marktsegmentierung und intensive Marktbearbeitung", erklärt Vertriebs-Geschäftsführer Erwin Landherr gegenüber BTH Heimtex. "Denn der Objektmarkt in Deutschland und Europa bietet für Anker noch enormes Potenzial. "

Als ehrgeizige Ziele wurden festgelegt 30% Umsatzzuwachs in den nächsten drei Jahr und eine überproportionale Verbesserung des nach den Minusjahren 2003 bis 2004 inzwischen wieder ausgeglichenen Ergebnisses. Wobei in Düren Wert auf die Feststellung gelegt wird, dass diese Verluste nie die Existenz des Unternehmens bedroht hätten, das finanziell auf sicheren Beinen steht. Dazu wird nicht nur auf die hohe Eigenkapitalquote von über 50% verwiesen, sondern auch darauf, dass die Gewinne immer zu großen Teilen in den Betrieb zurückgeflossen sind: "Bis zu 75% wurden in den 90er Jahren reinvestiert".

Das zweite Halbjahr 2004 war der strategischen Planung gewidmet, die ersten Weichen wurden gestellt, Ende November 2004 verabschiedeten Beirat und Gesellschafter das Vorhaben, gaben die notwendigen Investitionen frei und in der Folgezeit wurden die verschiedenen Maßnahmen konsequent umgesetzt: eine Modernisierung der Produktentwicklung, die Einführung eines Produktmanagements, Eine neue EDV, die Optimierung von Tufterei und Weberei speziell im Hinblick auf Kosten und Flexibilität und die Bereinigung des Beteiligungs-Portfolios.

Die österreichische Tufting-Tochter Durmont, die im Handels- und Automobilbereich aktiv ist, wurde im Zuge eines Management-Buyouts an Geschäftsführer Rudolf Pauli verkauft - eine Entscheidung, die sich im nachhinein für Anker als umso gesünder erwies, weil Durmont inzwischen durch den Ausfall eines großen Automobil-Kunden an den Rand der Pleite geschlittert ist. Auch von Filo Carpet trennte man sich ohne große Bedauern. Mit dem Druckspezialisten mit Schwerpunkt Hotels war es nie richtig gelungen, Synergie-Effekte zu nutzen. Und schließlich wurde die niederländische Vertriebsgesellschaft Hatéma integriert, weil künftig gezielt der Markenname Anker gestärkt und internationalisiert werden soll.

Als künftige strategische Marktsegmente wurden identifiziert das Airline-Geschäft, wo man hinter den dominanten Amerikanern zu den bedeutenden Lieferanten zählt und bis 2010 den Umsatz verdoppeln will, Hotels, die bislang kein Kernsegment waren, da von der früheren Tochter Filo Carpet bedient, der Health & Care-Bereich, wo Anker seit Jahren mit seinen Solution dyed-Qualitäten gut positioniert ist, Banken und Versicherungen und schließlich der Ladenbau.

Unter den einzelnen Märkten hat der heimische Priorität. Hier in Deutschland habe Anker am meisten verloren, räumt die Geschäftsleitung selbstkritisch ein und hier will das Management mit aller Macht zurück auf Wachstumskurs und dabei besonders die Stärken in der Weberei ausspielen. Parallel soll auch der Export intensiviert werden, der aktuell zwischen 16 und 18% der Erlöse ausmacht. Hervorragend eingeführt ist Anker etwa in der Schweiz, wo man die führende Position im Objekt beansprucht, "auch in den anderen Auslandsmärkten wollen wir jetzt aufholen und Gas geben". Ziel ist auch hier eine Verdoppelung der Umsätze bis 2010.

Die ersten Erfolge der neuen Strategie zeichnen sich bereits in den Zahlen ab: Nach einem unbefriedigenden Jahr 2004, das auch ein sehr gutes viertes Quartal mit einem Plus von 12,7% nicht mehr retten konnte - unter dem Strich büßte Anker -5,7% ein und hinkte damit hinter dem Schnitt des Heimtextilien-Verbandes hinterher (-3,3%) - drehten die Dürener in den ersten sieben Monaten 2005 richtig auf und lagen per 31. Juli um 7,3% über dem Vorjahr, wozu beide Produktbereiche - Weben und Tuften - und alle Absatzländer beitrugen. Zum Vergleich: Der Verband stabilisierte sich mit +0,6% auf dem Vorjahresnivau.

Für 2006 haben sich Landherr und sein Kollege Yves Bonne, der als Mitglied der Geschäftsleitung für den Gesamtvertrieb verantwortlich ist, in Deutschland ein "klares Wachstum entgegen dem Markt-trend" in einer Größenordnung von 6 bis 8% vorgenommen. Im Export wird sogar eine Umsatzerhöhung von 10 bis 12% angestrebt, das Industriegeschäft soll "moderat ausgebaut" werden mit Schwerpunkt Weben bzw. Drucken.

Hierzulande setzt das Management große Hoffnungen auf die Segmentarbeit durch die Key Account-Manager sowie die neuen Großhandelskonzepte, mit der diese wichtige Klientel wieder mehr an Anker gebunden werden soll. So wurden eine ganze Reihe Kollektionen aufgelegt, die direkt auf die Bedürfnisse des Großhandels zugeschnitten und "in die sehr vernünftige Margen eingebaut" sind: Health Care für den Gesundheitsbereich, die drei qualitativ und preislich abgestuften Hotelbücher Plaza für das obere Segment, Residence für die Mittelklasse und Hotel Edition 1 als Einstieg sowie das Allroundprogramm Sixpack mit vielseitig einsetzbaren Objekt-Basics zu einem Einheitspreis. Darüber hinaus gibt es auch Exklusiv-Kollektionen wie Casa Nova Business für die Großhandelskooperation Rigromont.

Über regelmäßige Kundenzufriedenheits-Analysen will das Management künftig ausloten, wo noch Verbesserungspotenzial steckt. Aus der ersten wurden bereits Erkenntnisse umgesetzt und die interne Organisation verändert: Die Abteilungen Verkauf und Objekt sind zusammengelegt und Teams mit fester Kunden- und Außendienstzuordnung gebildet worden, so dass die Kunden nur noch einen Ansprechpartner haben. Außerdem wurde die Abteilung Marketing und Produktmanagement neu aufgestellt mit Karl Heinz Werker an der Spitze, unterstützt von Stefanie Keindl-Zimmermann und deren Kolleginnen und Kollegen Botz, Kohlmann und Franken.

Komplett überarbeitet präsentiert sich das Sortiment, in dessen Aktualisierung und Ausbau Anker viel Arbeit, Ideen und Kapital investiert hat. Das Ergebnis überzeugt: Die Dürener haben eine wahre Produktoffensive gestartet, mit der sie nachdrücklich ihre Kompetenz beim Weben und im Objekt demonstrieren und zugleich eine eigene Linie gefunden haben, die ebenso marktgerecht wie eigenständig ist.Dazu wurden zunächst auf Produktionsseite die Voraussetzungen geschaffen mit neuen Webstühlen, die schneller sind als andere oder auf denen neuartige Beläge gefertigt werden können, zugleich wurde um der Flexibilität willen die Tufterei auf Kettbäume umgestellt, "weil uns das auch kleinere Losgrößen ermöglicht". Allein im Webbereich werden 75 neue Positionen vorgestellt, daruner jacquardgemusterte Varianten, andere mit farbigem Fond oder mit Metallic-Garnen. Als Ergänzung zu Klassikern wie Perlon-Rips kommen neue Rips-Typen und ähnlich puristisch gestaltete Webartikel. Für den wachsenden Health Care-Markt wurde ein pflegeleichter Spezialvelours mit extrem dichter Oberfläche entwickelt, der keinerlei Feuchtigkeit aufnimmt und individuell dessinierbar ist.

Diese ganze Aktivitäten werden begleitet von einem umfassenden Marketingkonzept. Dazu gehört die gelungene Neugestaltung des Corporate Designs genauso wie ein Relaunch der Website, Investitionen in Öffentlichkeitsarbeit und Werbung und nicht zuletzt auch die Präsenz auf Messen. Als Krönung ist 2006 ein großes Kundenevent geplant.
aus BTH Heimtex 12/05 (Wirtschaft)