Unternehmensgruppe Freese

Neuer Standort neue Organisation

Die Bremer Freese-Unternehmensgruppe ist in den vergangenen Jahren trotz anhaltender Krise in der deutschen Bauwirtschaft kontinuierlich gewachsen. Dem Bau einer erweiterten, vollautomatischen Produktion am neuen Standort Carl-Benz-Straße folgte ein hochmodernes Lager sowie ein repräsentatives Verwaltungsgebäude. Mit einem frischen Führungsteam sowie einer zeitgemäßen Firmenstruktur hat man nun die Weichen für eine Fortsetzung der Erfolgsgeschichte in der Zukunft gestellt.

Wenn ein Unternehmen in der heutigen Zeit von erheblichen Zuwächsen berichtet, während in nahezu allen Branchen regelmäßig der gefürchtete Begriff der "Rezession" durch die Fachpresse geistert, ist das schon eine kleine Sensation - umso mehr, wenn sich der betreffende Betrieb traditionell zur besonders schwer gebeutelten Baubranche zählt. Die Bremer Unternehmensgruppe Freese ist eine solche "Ausnahmeerscheinung": Der Spezialist für Fußbodenbau und Korrosionsschutz mit Schwerpunkten im Hoch- und Schiffbau verzeichnete auch und gerade in den vergangenen Jahren stetige Umsatzsteigerungen. Das Firmenmotto "Wir machen Boden gut" ist auch betriebswirtschaftlich Programm.

Spezialist und Allrounder in einem

Das Erfolgsrezept der Bremer liegt in einer durchdachten Mannigfaltigkeit bei gleichzeitiger Konzentration auf die angestammten Kernsegmente: Die G. Theodor Freese GmbH (GTF), der das gesamte operative Geschäft obliegt, ist Spezialist und Allrounder zugleich. Der Name steht vor allem für hochwertige Fußbodenkonstruktionen, die komplett von der Oberkante Untergrund bis zur Oberkante Nutzbelag angeboten werden - einschließlich aller erforderlichen Abdichtungs-, Ausgleichs-, Stabilisierungs-, Wärmeschutz- oder Schalldämmmaßnahmen. Als solides Handwerksunternehmen hat sich GTF hier neben der Estrich- und Bodenbelagsverlegung im Wohnungs- sowie im gewerblichen und öffentlichen Hochbau insbesondere im Industriebodenbau eine beachtliche Marktposition erarbeitet.

Eine echte Besonderheit bildet das zusätzliche Engagement im Schiffbau - das als "zweites Standbein" etwa die Hälfte des Umsatzaufkommens von insgesamt rund 40 Millionen Euro beisteuert. Im Schiffbau tritt die Freese-Gruppe nicht nur als Dienstleister auf, sondern auch als innovative Produktschmiede, Hersteller exklusiver Materialien, Lizenzgeber und Fachgroßhandel. Hier konnten sich die Bremer auf vielfältigen Ebenen ein völlig eigenständiges Marktsegment erschließen - denn auf Schiffen werden gerade an den Fußboden ganz besondere Anforderungen gestellt, deren Umsetzung echte Kenner der Materie erfordert.

Einzigartiges Know-how bei Schiffsfußböden

Eine hohe Schall- und Wärmedämmung, eine ausreichende Flexibilität bei gleichzeitig hoher Festigkeit, Langlebigkeit, Schnelligkeit und nicht zuletzt auch Komfort sind nur einige Beispiele für die ebenso vielfältigen wie komplexen Eigenschaften, die von modernen Schiffsfußböden erwartet werden. So herrschen beispielsweise in den gewaltigen Maschinenräumen großer Kreuzfahrtschiffe Lärm und hohe Temperaturen - wovon man aber in den nur wenige Meter entfernten Passagierbereichen oder gar Luxuskabinen nichts spüren darf. Hinzu kommt, dass sich die Stahlkonstruktion des Rumpfes in schwerer See bewegt, was entsprechend abgestimmte Materialien erfordert. Beulen oder grobe Schweißraupen am Rohboden machen einen sorgfältigen Flächenausgleich nötig - bei gleichzeitig strikten Begrenzungen in Aufbauhöhe und Gewicht. Darüber hinaus sind aufgrund des ernormen Termindrucks im Schiffbau besonders schnelle Verfahren gefragt. Außerdem gilt hier ein hoher Qualitätsanspruch - Schäden münden hier eventuell in Regressansprüchen. Alle Produkte müssen zudem strenge Prüfungen bestehen, um die einschlägigen Zulassungen zu erhalten.

"Der Schiffbau stellt ein Fußbodenfachunternehmen vor Herausforderungen, die sich nur als Spezialist mit jahrzehntelanger Erfahrung und entsprechendem Know-how meistern lassen", ist Hans Uwo Freese überzeugt, der über viele Jahre die Geschäfte des Unternehmens führte - bis er mit seinem 66. Geburtstag vor wenigen Monaten in den Aufsichtsrat wechselte. Die Nähe zum Schiffbau hat im Hause nicht nur wegen des ehemals bedeutenden Werfstandortes Bremen Tradition - im Grunde liegen hier die Wurzeln des Unternehmens: Schon Firmengründer Cassen Behrend Freese zählte zu seinen Kunden einige namhafte Reedereien. Der Schiffsingenieur hatte das Unternehmen 1910 als "technisches Geschäft für Schiffs- und Kesselwartung" ins Leben gerufen. Sein Nachfolger und GTF-Namensgeber Gustav Theodor Freese baute 1937 die erste Schiffsfußbodenabteilung auf. Das "Landgeschäft" in Form des Hochbaus kam erst nach dem zweiten Weltkrieg hinzu.

Produktschmiede für innovative Schiffbaumaterialien

Das Know-how im Schiffbau nutzte man in der Folgezeit, um in den hauseigenen Laboren maßgeschneiderte Fußbodenlösungen für Passagier-, Handels- und Marineschiffe zu entwickeln, die heute in der ganzen Welt gefragt sind. Je nach Funktion kommen unterschiedlichste Systeme zum Einsatz: Von magnesitgebundenen Dünnschichtbelägen auf Dämmschicht für Bereiche mit hohen Schall- und Wärmeschutzanforderungen, über die ebenfalls dünnschichtigen und sehr strapazierfähigen Trefotex-Beläge mit Kunstharzzusätzen bis zu wetter- und seewasserfesten Decksbelägen auf Basis von Methacrylat-, Polyurethan- oder Epoxidharzen.

Die meisten dieser Systeme gehen auf selbstentwickelte Rezepturen aus den Freese-Laboratorien zurück und sind patentrechtlich entsprechend geschützt. Bis Ende der 80er Jahre war das Unternehmen weltweit auch noch im Einbau entsprechender Schiffsfußböden aktiv - inzwischen nimmt man zumindest im internationalen Geschäft zunehmend die Rolle eines industriellen Produzenten ein. Das Material wird in Bremen hergestellt und dann weltweit an Werften vertrieben, die mit der handwerklichen Ausführung der Beläge aus Kostengründen oft ortsansässige Spezialbetriebe beauftragen. "Der Schiffbau steht mittlerweile ebenfalls unter einem enormen Kostendruck", berichtet der Aufsichtsratsvorsitzende. "Mit unserer jetzigen Ausrichtung haben wir einen Weg gefunden, auch preislich selbst international weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben, ohne Abstriche in der Qualität machen zu müssen."

Materialproduzent in industriellen Dimensionen

Über mangelnde Nachfrage kann man sich in Bremen jedenfalls nicht beklagen. Als die Produktion am bisherigen Firmenstandort in der Schongauer Straße an ihre Grenzen zu stoßen drohte, begann man vor vier Jahren kurzerhand mit dem Aufbau eines ganz neuen Werkes im jungen Gewerbegebiet an der Carl-Benz-Straße. Es entstand eine hochmoderne, vollautomatisierte Fertigung mit einer Kapazität von bis zu 8.000 Jahrestonnen pro Schicht. "Damit können wir jetzt flexibel jedes Auftragsvolumen realisieren", stellt Freese fest.

Die Anlage kann es sowohl technologisch als auch in punkto Produktionsvolumen durchaus mit den Feinmörtelwerken der spezialisierten Industrie aufnehmen. Die Fertigung erfolgt nach strengen Qualitätskriterien und wird permanent güteüberwacht. Das Unternehmen verfügt über ein zertifiziertes Qualitätsmanagement nach DIN EN ISO 9001. Alles wird auftragsbezogen hergestellt - ein ausgedehntes Fertigwarenlager gibt es nicht. Unmittelbar nach der Abfüllung macht sich die Sackware mit dem Markenlogo des ehemals reinen Handwerksunternehmens auf den Weg zu den Werften rund um den gesamten Globus.

Fachgroßhandel mit globaler Ausrichtung

Die weltweite Vermarktung ihrer exklusiven Schiffbauprodukte leistet die Freese-Gruppe ebenfalls in Eigenregie und fungiert damit auch als internationaler Fachgroßhandel. Die Mitarbeiter der Schiffbauabteilung sind weltweit im Einsatz - beraten Werften und Reedereien, analysieren gemeinsam mit den zuständigen Ingenieuren vor Ort die technischen Anforderungen und Möglichkeiten und bieten in Absprache mit den Produktentwicklern und Technikern in Bremen abgestimmte Lösungen an. "Unsere Vertriebsmitarbeiter sind vor allem technische Berater - in der Regel Diplom-Ingenieure oder Fachleute mit vergleichbarer Qualifikation", berichtet Freese. Unterstützt werden sie durch die Kalkulationsabteilung am Stammsitz, die alle Anfragen ergänzend unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten auswertet.

In Deutschland wird GTF auch regelmäßig noch mit dem Einbau seiner Schiffsfußbodensysteme betraut - im Auftrag zahlreicher renommierter Werften, die regelmäßig durch den Neubau von Kreuzfahrtschiffen in Rekordgröße sowie von Spezialschiffen von sich Reden machen.

Preisgekröntes Korrosionsschutzverfahren

Und noch in einem weiteren Bereich hat sich die Freese-Gruppe international als innovativer Dienstleister einen Namen gemacht: Mit dem sogenannten "Trockeneisstrahlen" bietet man im Schiffbau ein ebenso effektives wie umweltfreundliches Korrosionsschutzverfahren an - ebenfalls eine Eigenentwicklung, die weltweit auf große Nachfrage stößt. "Das Grundprinzip des CO2-Strahlens ist eigentlich schon länger bekannt", räumt Freese ein. "Wir waren jedoch die ersten, die es bis zu Praxisreife geführt haben." Es liefert eine optimale Oberflächenbeschaffenheit für den nachfolgenden Beschichtungsauftrag.
Das Funktionsprinzip: Das heruntergekühlte CO2 wird mit hohem Druck auf die zu bearbeitende Oberfläche gestrahlt, die dabei quasi schockgefriert. Dadurch kommt es zu einer thermischen Längenänderung der Materialien. Es entstehen mechanische Spannungen - anhaftende Verunreinigungen verlieren bei -78 C ihre Elastizität und damit die Haftung. Sie fallen herab und können am Boden einfach aufgesaugt werden. Vorteile: Das "Trockeneisstrahlen" gestaltet sich zum einen absolut staubfrei - gerade angesichts der beengten Verhältnisse im Schiffsinneren ein wichtiger Aspekt.

Angesichts der einzigartigen Umweltbilanz des Verfahrens beteiligte sich die Freese-Gruppe im Frühjahr 2003 an einem bundesweiten Wettbewerb innovativer Mittelständler auf Grundlage eines Aufrufs des Arbeitskreises Selbstständiger Unternehmer (ASU), zu deren Mitgliedern das Unternehmen zählt. GTF schaffte es unter die "TOP 100" und wurde mit einem Innovationspreis ausgezeichnet, den Lothar Späth in Berlin an die Geschäftsleitung überreichte. "Vor diesem Hintergrund haben wir uns dann auch für den Umweltpreis des Landes Bremen beworben und zu unserer Freude tatsächlich den ersten Platz erreicht", erzählt Freese.

Neuer Standort mit Entfaltungspotential

Die Erfolge in den Bereichen Handel und Dienstleistung erforderten schließlich auch hier eine angemessene Expansion. Man entschloss sich, in unmittelbarer Nachbarschaft der neuen Produktion ein großräumiges Lagergebäude einschließlich Technikum, Werkstatt und Sozialräumen sowie ein neues Verwaltungsgebäude zu errichten, das Mitte dieses Jahres bezogen werden konnte. Das Lager mit insgesamt 2.500 qm Nutzfläche einschließlich 1.600 Palettenstellplätzen sowie einem separaten Teppichlager erlaubt den einzelnen Dienstleistungsabteilungen den gezielten Zugriff auf alle benötigten Materialien. Ein modernes Warenwirtschaftssystem liefert jederzeit einen exakten Überblick über Bestand und Verbrauchsstatistiken.

Das attraktive Verwaltungsgebäude entstand auf Basis eines Architektenwettbewerbs. Es beherbergt auf 2.500 qm Nutzfläche neben einer repräsentativen Empfangshalle mit Tageslichtdom und Ausstellungsbereich sämtliche Büros von Verkauf, Einkauf, technischer Beratung, Kalkulation, Personalabteilung, Geschäftsleitung und Vorstand. Der mit dem Umzug manifestierte, endgültige Abschied vom ehemaligen Stammsitz in der Schongauer Straße bedeutet für Freese einen wichtigen Schritt zur Zukunftssicherung: "Wir können jetzt auf alle zukünftigen Entwicklungen sehr flexibel reagieren." Das insgesamt 17.000 qm umfassende Gelände bietet tatsächlich nahezu unbegrenzte Entfaltungsmöglichkeiten.

Zukunftssicherung durch Neustrukturierung

Mit der konsequenten Verjüngung des Führungspersonals setzte Freese in den vergangenen Jahren noch einen weiteren Baustein für den erfolgreichen Weiterbestand des Unternehmens. Der Großteil der Abteilungsleiter ist heute zwischen 30 und 40 Jahre jung. Mit Herannahen seines 60. Geburtstags machte sich der langjährige Geschäftsführer schließlich auch auf die Suche nach einem möglichen Nachfolger: "Da meine beiden Söhne außerhalb der Firma bereits berufliche Perspektiven gefunden hatten, war es mir wichtig, mich rechtzeitig anderweitig zu orientieren." Mit Olaf Plöger fand er vor sieben Jahren schließlich einen geeigneten "Kandidaten" - beide kannten sich bereits seit 20 Jahren aus dem Schiffbau. Plöger willigte ein und übernahm nach einigen Jahren gemeinsamen Wirkens im Frühjahr 2003 schließlich das Ruder.

Damit fiel die Firmenleitung in der fast 100-jährigen GTF-Geschichte erstmals an jemanden außerhalb der Familie. Für Freese Anlass zu einem weiteren, wichtigen Schritt: "Um der neuen Unternehmensleitung ein eigenverantwortliches Handeln zu ermöglichen und ihr Planungssicherheit zu gewährleisten, mussten wir eine neue Rechtsform finden, die den Einfluss der nicht im Unternehmen aktiven Gesellschafter entsprechend begrenzt." In Zusammenarbeit mit einer Düsseldorfer Unternehmensberatung wurde schließlich eine optimale Lösung gefunden - in Gestalt einer kleinen Aktiengesellschaft.

Muttergesellschaft in AG umgewandelt

So wurde die einstige Muttergesellschaft der Freese-Gruppe, die Freese Verwaltungs KG, zum Jahresbeginn 2003 in die Freese AG umgewandelt und Olaf Plöger zu deren Vorstandsvorsitzenden bestellt.

Er zeichnet damit künftig für das Gesamtgeschäft der Gruppe verantwortlich. Neuer Geschäftsführer der GTF, der nach wie vor das gesamte operative Geschäft obliegt, wurde Jörg Stengel - der bis dato die Geschäfte der Tochtergesellschaft SFT Saale Fußbodentechnik GmbH in Rudolstadt-Ammelstädt führte.

Breites Engagement für Mittelstand und Fußbodenbranche

Hans Uwo Freese schied mit Erreichen des 66. Lebensjahres aus der Geschäftsführung aus und bekleidet seitdem das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden der Freese AG. Aufs Altenteil hat er sich damit noch nicht zurückgezogen - neben seiner neuen Position engagiert er sich weiterhin umfangreich ehrenamtlich für die Belange des deutschen Mittelstandes und insbesondere der Fußbodenbranche. Als erster Vorsitzender des technischen Bundesverbandes des Estrich- und Belaggewerbes (BEB) setzt er sich unter anderem für die Interessensvertretung der Branche bei der Normung sowie gegenüber den Nachbargewerken und der Industrie ein.

Als Mitglied der Gütegemeinschaft Estrich und Belag bemüht er sich zudem um die Qualitätssicherung in der Fußbodenbranche. Wie alle Mitgliedsbetriebe gewährleistet auch die GTF durch Eigen- und Fremdüberwachungen im Rahmen des Güteschutzes nach RAL RG 813 ein konstant hohes Qualitätsniveau ihrer handwerklichen Leistungen.

Qualität ist unternehmerisches Ziel

Damit präsentiert sich die Freese-Gruppe auch jedem privaten Bauherrn, der einen Estrich oder Bodenbelag in Auftrag gibt, als Qualitätsanbieter. Gleiches gilt für Auftraggeber im öffentlichen und gewerblichen Hochbau. Denn wie im Schiffbau kann auch im Hochbau ein Schaden schnell gewaltige Dimensionen annehmen - insbesondere im Industriebodenbereich, wo das Unternehmen ebenfalls im großen Stil aktiv ist. Denkt man nur an die Kosten möglicher Produktionsausfälle in der Automobil- oder Flugzeugindustrie - beides Bereiche, in denen GTF im Fußbodenbau schon vielfach im Einsatz war - wird schnell klar, warum auch hier Qualität oberstes Gebot sein sollte.
aus FussbodenTechnik 06/03 (Wirtschaft)