imm cologne

Mit viel Optimismus ins neue Jahr

KÖLN - "Durchweg gute, bisweilen auch sehr gute Ergebnisse prägten die Stimmung auf der internationalen Möbelmesse in Köln." Mit diesem Satz beginnt der Abschlussbericht des Veranstalters Koelnmesse, in dem weiter ausführt wird: "Die imm cologne 2004 hat der Möbelindustrie den notwendigen Rückenwind für ein erfolgreiches Geschäftsjahr gegeben."

Obwohl etliche Verantwortliche in Politik und Wirtschaft den Deutschen und ihren Medien teilweise zu Recht vorwerfen, dass sie absolute Weltmeister im Nörgeln und Schlechtreden sind, hegt der Verfasser dieser Zeilen mit Blick auf "seine" Produktgruppe - Matratzen, Rahmen, Schlafsysteme - doch einige Zweifel daran, dass bereits 2004 der Run des Verbrauchers auf die Bettenabteilungen, -fachmärkte und -geschäfte einsetzen wird. Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Deutschen Möbelindustrie, mag mit seiner Prognose richtig liegen, dass die heimischen Möbelproduzenten nach langer Talfahrt in diesem Jahr einen zwei- bis dreiprozentigen Umsatzzuwachs erleben werden. Aber die in der Abgeschiedenheit der Schlafzimmer eher im Verborgenen Dienst leistenden Matratzen und Rahmen rangieren auf der persönlichen Konsumgüter-Wunschliste des Verbrauchers nach wie vor hinter dem optisch gefälligeren und Image trächtigeren Küchen-, Wohnzimmer- und Schlafzimmer-Mobiliar.

Umgeben von aktuellem und hochwertigen Design schlecht zu liegen bzw. zu schlafen, das ist bis heute keine Seltenheit in deutschen Schlafzimmern.

Berechtigte Zweifel am Realitätssinn der Politik sind angebracht, wenn Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement in seiner Eröffnungsrede zur imm cologne vollmundig verkündete, dass die Bundesregierung wesentliche Weichen für mehr Wachstum und Beschäftigung gestellt habe und die jüngste Steuerreform eine der kräftigsten war, die Deutschland je gesehen hat. In diesem Zusammenhang nur eine Frage: Was nutzen Otto Normal am Monatsende 50 Euro netto mehr im Portmonee, wenn er im Folgemonat die gleiche Summe aufwenden muss, um die übrigen, für die Lohnabrechnung irrelevanten staatlichen Reförmchen sowie die stetigen Gebühren- und Abgabenerhöhungen finanziell aufzufangen? Sicher, das Gesamtvermögen der Deutschen nimmt kontinuierlich zu. Aber diese Vermögenswerte verteilen sich leider auf immer weniger Menschen, weshalb auch in den kommenden Jahren der einstige Rundum-Sorglos-Konsum in diesem Lande einer mittelfristig unwiederbringlichen Vergangenheit angehören wird. Der Verbraucher - sei er nun elitär, spartanisch, etabliert oder rothaarig - erwartet heute ehrliche, nachvollziehbare sowie speziell auf seine Wünsche und seinen Geldbeutel zugeschnittene Produkt- und Dienstleistungen.

Dazu gehören selbstverständlich auch Schnäppchen, die jedoch aus Gründen der Glaubwürdigkeit nicht durchgängig vom 1. Januar bis zum 31. Dezember beworben werden dürfen, und deren Preisgestaltung tunlichst nicht an vorsätzliche Volksverdummung grenzen sollte.

Insgesamt 1.368 Aussteller, davon 862 oder 63 Prozent aus dem Ausland, hatten sich vom 19. bis zum 25. Januar in den Kölner Messehallen eingefunden "und die Bedeutung der imm cologne als weltweit wichtigste Kommunikations- und Businessplattform für das Thema Möbel und Einrichten unterstrichen". Allerdings waren es ein paar Aussteller weniger als ein Jahr zuvor, als der Messekatalog etwa 1.400 ausstellende Unternehmen ausgewiesen hatte. Um einiges gravierender fiel der Schwund auf der Besucherseite aus. Den insgesamt 132.000 offiziell gemeldeten Besuchern (davon 34.000 Endverbraucher) in 2003 standen 2004 nur noch 120.000 Besucher (davon 32.000 Endverbraucher) gegenüber. Eine bedauerliche Tendenz, von der momentan jedoch etliche internationale Messen in Deutschland und Europa betroffen sind.

Die Ursachen: Für kleine und mittelständische (Fach-) Handelsunternehmer sind mehrtägige Messeaufenthalte, eventuell in Begleitung von Mitarbeitern, kaum noch zu bezahlen. Außerdem gilt für den Bereich des Schlaf-Equipments, dass die wesentlichen Produktinnovationen der Hersteller den Einkaufsverbänden sowie maßgeblichen Groß- und Einzelkunden bereits im Vorfeld der Messen präsentiert werden. Darüber hinaus denken einige Produzenten aus Kostengründen intensiv über die Ausrichtung von Hausmessen nach, und nicht wenige Zulieferer fühlen sich auf Veranstaltungen wie der interzum oder der Techtextil ohnehin besser aufgehoben.

Doch ungeachtet dessen, dass die Industrie bei ihren teilweise imposanten (Doppel-)Auftritten in Frankfurt und/oder Köln mal eben ein schnuckeliges Einfamilienhaus pro Messe und Woche investieren muss, verzeichnet die Rhein- gegenüber der Mainmetropole keinen sprunghaften, jedoch einen kontinuierlichen Zuwachs an Ausstellern aus dem Matratzen- und Wasserbettenbereich. Auf diesem Sektor ist in Köln mittlerweile fast alles vertreten, was im deutschsprachigen Raum Rang und Namen hat; und mit Estella feierte zudem der erste namhafte Bettwäscheanbieter seine Messepremiere. Solch geballte Präsenz macht schon deshalb Sinn, weil sämtliche Formen des Möbelhandels zu immer wichtigeren Abnehmern für die unter Überkapazitäten und damit unter extremem Wettbewerbsdruck leidenden Haustextil- und Matratzenproduzenten avancieren.

Logischerweise schwächelt auch der Möbelhandel und hier - wie überall - vor allem die kleinen und mittleren Inhaber geführten Betriebe mit Vollsortiment. Aber machen wir uns nichts vor: ein gutes Möbelhaus mit ausreichend Parkraum, einer Vielzahl an sauber strukturierten Sortimenten, großzügigen Präsentationsflächen und zusätzlichen Freizeitangeboten (Cafeteria, Spiel- und Erlebnisbereich für Kinder etc.) wirkt einfach einladend auf das breite Publikum, das der Bettenfachhandel auch künftig nicht zurückgewinnen wird. Er sollte vielmehr seine verstärkt auf Ganzheitlichkeit fußende Spezialisierung in Sachen gesunder und komfortabler Schlaf vorantreiben, um somit der anerkannte Problemlöser Nr. 1 in diesem für den Einzelnen immer sensibler werdenden Bereich zu bleiben.

Der Umsatz der Möbelbranche lag im Jahr 2002 bei 20,3 Mrd. Euro. Die einschlägige Industrie ist vorwiegend mittelständisch strukturiert. In ihren Unternehmen sind jeweils im Durchschnitt etwa 110 Personen beschäftigt. Nach Umsatzeinbußen in den vergangenen drei Jahren deuten die Daten vom Herbst 2003 endlich auf eine Konsolidierung bzw. Trendwende hin. Insofern besteht Hoffnung, dass auch der erhebliche Beschäftigungsabbau (Januar bis September 2003: -6,9 Prozent oder 10.254 Beschäftigte) sowie der Rückgang der Ausbildungsplätze (in 2002: -10 Prozent) der Vergangenheit angehören.

Nach wie vor ist Deutschland der größte Absatzmarkt für die Branche. Allerdings sehen sich die heimischen Hersteller steigenden Importen im unteren Preissegment ausgesetzt. Die Möbelimporte (Januar bis September 2003: 2,9 Prozent) sind nämlich erheblich stärker als die Exporte gestiegen. Und zwar auf 5 Mrd. Euro, wodurch das Außenhandelsdefizit der Branche auf 1,3 Mrd. Euro angewachsen ist. Besondere Schwierigkeiten bereitet der hiesigen Möbelindustrie die Konkurrenz aus den so genannten Niedriglohnländern. Vor diesem Hintergrund haben die deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren auf attraktives Design als wichtiges Instrument für eine erfolgreiche Positionierung ihrer Produkte auf den internationalen Märkten gesetzt.
aus Haustex 03/04 (Wirtschaft)