Der Öko-Tex Standard 100

Kriterienkatalog umfasst mehr als 100 Einzelsubstanzen

ESCHBORN - Wie bereits in den vergangenen sechs Jahren hat die Internationale Öko-Tex Gemeinschaft auf der Heimtextil 2004 die Gelegenheit wahrgenommen, die Textilbranche im Rahmen eines eigenen Messeauftritts über die Vorteile und die Arbeitsweise des Öko-Tex Prüf- und Zertifizierungssystems zu informieren.

Vom 14. bis zum 18. Januar standen interessierten Besuchern kompetente Ansprechpartner der Deutschen Zertifizierungsstelle Öko-Tex sowie mehrerer Öko-Tex Prüfinstitute für ausführliche Gespräche zur Verfügung. Erstmals präsentiert wurde auf der Messe ein Info-Flyer zum Thema "Frottierwaren", mit dem die Öko-Tex Gemeinschaft den Verbraucher über hochwertige, schadstoffgeprüfte Frottierartikel informieren möchte. Der neue Frottier-Flyer ist nach einer ähnlichen Broschüre über Berufskleidung bereits die zweite Kurzinformation zu einem ausgewählten Produktbereich, die von der Deutschen Zertifizierungsstelle Öko-Tex kostenlos an den Handel verteilt wird (Bestellungen unter 07143/271-720). In Zukunft sind weitere Faltblätter geplant, an denen sich auch die Hersteller mit einem Firmeneindruck werblich beteiligen können, um die Qualität ihrer Produkte gegenüber einem großen Verbraucherkreis zusätzlich zu dokumentieren.

Rechtzeitig zur Heimtextil ist außerdem die neue Ausgabe der "Öko-Tex News" erschienen, in der unter anderem die turnusgemäßen Anpassungen der Kriterien des Öko-Tex Standards 100 vorgestellt werden. Weitere Schwerpunktthemen dieser Ausgabe sind ein Rückblick auf die erstmalige Teilnahme der Öko-Tex Gemeinschaft an der Messe A+A inklusive Pressegespräch sowie die für 2004 geplanten Schulungsunterlagen für Hersteller und Handel, mit deren Hilfe die Textilunternehmen ihre Mitarbeiter und Kunden künftig anschaulich über das Öko-Tex Prüfsystem informieren können.

Der Öko-Tex Standard 100 wurde 1992 mit dem Ziel eingeführt, dem Verbraucher beim Textilkauf größtmögliche gesundheitliche Sicherheit zu bieten und die Unternehmen der textilen Kette weltweit für einen verantwortungsbewussten Umgang mit möglichen Problemstoffen zu sensibilisieren. Der international einheitliche Öko-Tex Standard 100, der aus einem umfangreichen Kriterienkatalog besteht, die dazugehörigen Testverfahren festschreibt und mit einem internen Guidebook den Umfang der notwendigen Schadstoffprüfungen regelt, wird laufend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und dem jeweiligen Stand der Gesetzgebung angepasst. Im Rahmen der Aktualisierung zum 1. Januar 2004 wurde die Liste der bisher 20 ausgeschlossenen allergisierenden Farbstoffe um Disperse Brown 1 erweitert.

Ebenfalls neu ist die Erweiterung des bisherigen Geltungsbereichs der Produktklasse 1. Die Altersgrenze bei Artikeln für Babys und Kleinkinder wurde vom vollendeten zweiten Lebensjahr auf 36 Monate ausgedehnt. Damit ist die Übertragbarkeit zu anderen Normierungen wie der EN 71 künftig deutlich leichter möglich. Als Folge bringt diese Änderung eine Anpassung der indikativen Konfektionsgröße von 92 auf 104 mit sich. Bei Strümpfen usw. wird der Produktklasse 1 auf diese Weise eine Fußlänge von 16 cm zugeordnet. Der Aspekt der Qualitätskontrolle gewinnt beim Öko-Tex Standard 100 zunehmend an Bedeutung. Deshalb muss seit Januar 2004 zu den im Neuantrag bzw. zu den im Antrag auf Verlängerung aufgelisteten Zertifikaten der Lieferanten repräsentatives Mustermaterial eingereicht werden. Bezüglich der Anzahl der zu bemusternden Zertifikate gilt eine Stufenregelung. Diese Vorgehensweise verstärkt die Kontrolle innerhalb der textilen Kette bereits auf die Vorstufen.

Die bisherige Praxis der autorisierten Prüfinstitute, im Markt erhältliche Produkte mit Öko-Tex Label einzukaufen und zu überprüfen, bleibt erhalten. Damit finanziert die Öko-Tex Prüfgemeinschaft auch weiterhin eigene Produktkontrollen in einem Umfang von 10 Prozent aller in einem Jahr ausgestellten Zertifikate. Die Übergangsregelung für bereits zertifizierte Textilien mit bioaktiver und flammhemmender Ausrüstung ist zum Jahresende 2003 ausgelaufen. Seit dem 1. Januar 2004 muss die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Produkten mit aktiven chemischen Substanzen vorab zwingend von der Anfang 2002 ins Leben gerufenen Expertengruppe der Öko-Tex Gemeinschaft bestätigt werden. Liegt keine positive Bewertung der Fasern bzw. Ausrüstungen vor, werden die Artikel nicht für die Produktklassen 1 bis 3 akzeptiert. Die Neufassung des Öko-Tex Kriterienkatalogs wird jeweils zum 1. Januar des Jahres veröffentlicht. Seit dem 1. Januar 2004 wird den beteiligten Textil- und Bekleidungsherstellern allerdings eine Übergangsfrist von drei Monaten zur Umsetzung der Kriterien eingeräumt. Auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass sich alle Unternehmen mit Öko-Tex Zertifikat gleichermaßen auf die neuen Vorgaben einstellen können. Die jeweils aktuelle Fassung des Öko-Tex Kriterienkatalogs ist unter der Adresse www.oeko-tex.com jederzeit im Internet abrufbar. Bei speziellen Fragen zu einzelnen Prüfparametern kann man sich direkt an eines der Öko-Tex Prüfinstitute oder an das Sekretariat der Internationalen Öko-Tex Gemeinschaft wenden.

Der Öko-Tex Kriterienkatalog umfasst zur Zeit mehr als 100 Einzelsubstanzen. Kennzeichnend sind hierbei sowohl gesundheitsgefährdende und -bedenkliche Chemikalien als auch Schadstoffe, die aus Gründen der Gesundheitsvorsorge mit aufgenommen wurden. Im Einzelnen werden die Textilprodukte unter anderem auf krebserregende und allergisierende Farbstoffe, verbotene AZO-Farbmittel und Pestizidrückstände getestet. Strenge Grenzwerte gelten darüber hinaus für Formaldehyd, extrahierbare Schwermetalle, chlorierte Phenole und Toluole sowie zinnorganische Verbindungen. Schließlich müssen die Textilien gewisse Farbechtheiten einhalten und einen hautfreundlichen pH-Wert aufweisen. Bis heute konnten weltweit über 5.000 Hersteller für eine kontinuierliche Umsetzung der Öko-Tex Kriterien in ihre Qualitätssicherung gewonnen werden. Auch im Handel wurde dieser Sicherheitsmaßstab mittlerweile vielfach in den Lieferbedingungen festgeschrieben. Mehr als 36.000 ausgestellte Zertifikate für Millionen von Einzelprodukten zeigen, dass sich der Öko-Tex Standard 100 innerhalb der Textilbranche als einheitliche Richtlinie etabliert hat.

Ende letzten Jahres trafen sich in Istanbul die Leiter aller Öko-Tex-Prüfinstitute. Verabschiedet wurden unter anderem die Änderungen des Kriterienkatalogs für 2004, für die erstmals eine Übergangsfrist von drei Monaten gilt. Das heißt, dass bereits angemeldete Prüfungen von den Prüfinstituten bis einschließlich März 2004 noch nach den vormals geltenden Vorgaben getestet und beurteilt werden können. Die Auftraggeber der Prüfungen haben damit die Möglichkeit, sich rechtzeitig auf die Veränderungen der Vorgaben einzustellen.

Erfreut zeigten sich die Institutsleiter über die positive Entwicklung des Öko-Tex Standards 100 auf internationaler Ebene. Nachdem sich das Öko-Tex Label in den vergangenen zehn Jahren in Europa als feste Größe mit hohem Bekanntheitsgrad etabliert hat, gewinnt es vor allem auch in Asien sowie in Latein- und Nordamerika zunehmend an Bedeutung. Der Generalsekretär der internationalen Öko-Tex Gemeinschaft, Raimar Freitag, bedankte sich bei den Prüfinstituten für ihr herausragendes Engagement bei der Erschließung neuer Märkte und sagte weitere Unterstützung im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie der Werbung zu.

Im Rahmen der Vorstellung der geplanten Werbeaktivitäten wurde den Institutsleitern die neue Informationsbroschüre zum Öko-Tex Standard 1000, ein Flyer zum Thema "Öko-Tex bei Berufskleidung" sowie ein Bildschirmschoner präsentiert. Darüber hinaus wurde die Neuauflage der Broschüre "Fragen und Antworten" in mehr als 20 Sprachen angekündigt. Zahlreiche Informationen zum Öko-Tex Standard 100 bietet bereits die Website unter www.oeko-tex.com, die in Kürze durch einen Einkaufsführer ergänzt wird. Bei dessen Erstellung ist die Öko-Tex Gemeinschaft aber auf die aktive Mitarbeit der Firmen angewiesen, deren Produkte nach dem Öko-Tex Standard zertifiziert sind. Das entsprechende Meldeformular kann unter www.oeko-tex.com angefordert werden.
aus Haustex 03/04 (Wirtschaft)