Ibena Textilwerke

"Unsere Mitarbeiter sind unser bestes Kapital"

Bocholt - Die schlechte wirtschaftliche Lage in Deutschland verlangt auch den Ibena Textilwerken Beckmann GmbH einiges ab. Das mittelständische Familienunternehmen gehört mit zu den wichtigsten Arbeitgebern in und um Bocholt. Als Hersteller von Wohndecken und Plaids gehört Ibena nach wie vor zu den wichtigsten deutschen Produzenten der Branche. Ein zweites Standbein ist das Segment technische Textilien. Wie Ibena die Krisenzeiten meistert und was sich in Zukunft tun muss, erfuhr "Haustex" im Gespräch mit dem geschäftsführenden Gesellschafter Ralph Beckmann und der Marketingleiterin Inge Buss.

Die Konsumzurückhaltung im Facheinzelhandel erschwert das Inlandsgeschäft enorm für mittelständische Betriebe wie Ibena. Dennoch kann sich das Unternehmen, das sich auf die Produktion von Wohndecken spezialisiert hat, am Markt behaupten. Zielgerichtete Expansionen, eine gesunde Hauspolitik, ein beständiger Führungsstil sowie Innovationen und hohe Ansprüche an Qualität ermöglichen der Firma eine Zukunft.

Die Angebotspalette ist groß. Ausgerichtet ist man auf die Bereiche Haus- und Heimtextilien (60 Prozent) sowie technische Textilien (40 Prozent). Bei den Haustextilien liegt die Kernkompetenz bei der Produktion von Wohndecken und Plaids. Ihr Anteil beträgt 40 Prozent. Bettwäsche in verschiedenen Qualitäten, Frottierwaren, kochfeste Bettwaren für Allergiker sowie Objekttextilien komplettieren das Sortiment. Im Bereich der technischen Textilien werden unter anderem Textilien für Arbeits-Schutz und -Sicherheit hergestellt. Ibena zählt heute zu den weltweit namhaftesten Herstellern von Nomex-Geweben, bei denen eine Feuer hemmende Faser von Du Pont eingesetzt wird. Produziert werden zusätzlich Gewebe für Umweltschutz, Textilien für Förder-, Transport- und Lagertechnik, Rohgewebe für den Automobilbau, Gewebe für Wäscherei- und Reinigungstextilien, technische Dekorationstextilien sowie diverse weitere Industrietextilien.

Absatz streuen und Krisen umgehen

Bedient werden alle Vertriebsschienen: Facheinzelhandel, Möbelhandel, Versender und auch TV-Shopping-Kanäle. Über den Großhandel werden aber auch Wäschereien, Krankenhäuser, Hotels oder Heime versorgt. Technische Textilien gehen an die weiterverarbeitende Industrie und an die Automobilindustrie. Stoffe für Sitzbezüge und Stoffverkleidungen in Fahrzeugen bekannter Autofirmen stammen von Ibena. Acht Außendienstmitarbeiter in Deutschland betreuen die Kunden aus dem Einzelhandel. Im Ausland sind in den jeweiligen Exportländern zwei Außendienstmitarbeiter im Einsatz. Die Versender werden direkt von Ibena bedient.

Der Löwenanteil an Haus- und Heimtextilien wird im Inland vertrieben, doch allein auf das Inlandsgeschäft baut Ibena nicht. Haustextilien gehen mit einem Exportanteil von rund 15 Prozent nach Österreich, in die Schweiz, nach Großbritannien, in mittel-osteuropäische Länder, nach Russland, China und in die USA. Eine Rolle spielen dabei aber fast ausschließlich die Decken. "Bettwäsche wird fast gar nicht exportiert, weil die Größen von Land zu Land unterschiedlich sind. Die Produktion verschiedener Abmessungen würde den Kostenrahmen sprengen", so Geschäftsführer Ralph Beckmann. Um ausländische Kunden besser bedienen zu können, hat man in den letzten Jahren stark expandiert. Vor drei Jahren wurde eine Niederlassung in Tschechien aufgebaut. Sie dient als verlängerte Werkbank für die Produktion in Deutschland und hat sich bewährt durch Kostenvorteile, Marktnähe, Service und Schnelligkeit. Bereits seit fünf Jahren gibt es eine Niederlassung in Shanghai. Dort werden vor allem technische Textilien gefertigt. "Ab dem kommenden Jahr starten wir in Shanghai auch die Produktion unserer Decken. Vor allem, um den amerikanischen Markt von China aus zu bedienen", so Beckmann. Durch den starken Euro sei der Absatz in Amerika sehr viel schwieriger geworden. Zusätzlich lässt die Firma aber auch in Ländern wie Portugal, Indien, Pakistan und Türkei fertigen.

Schwerfällig gestaltet sich seit einiger Zeit der Absatz im deutschen Facheinzelhandel. Marketingleiterin Inge Buss: "Die sinkende Kaufkraft der Endverbraucher, das Sterben der Innenstädte durch die Einkaufszentren außerhalb oder einfach das Ausbleiben von Nachfolgern in den zumeist familiengeführten Einzelhandelsgeschäften sind drei gravierende Probleme, die Kopfzerbrechen bereiten." Ibena lässt sich davon aber wenig beeindrucken und sucht lieber nach Lösungen, wie man den Markt sinnvoll beleben kann.

Neue Impulse für die Belebung des Inlandsgeschäftes

"Wohnboutiquen haben Zukunft. Die Präsentation der Produkte muss sich grundlegend ändern. Nur wer da umdenkt, wird bestehen können", meint Inge Buss. Doch mit der Umsetzung könne man die Händler nicht allein lassen. Ibena gibt daher schon jede Menge Anreize in seinen Händlerkatalogen. So werden Wohndecken, Plaids, Bettwäsche, Bademäntel und Handtücher in Themen präsentiert und mit entsprechender Dekoration "verpackt". "Die Händler bekommen von uns Ideen geliefert, wie man die Ware Verbraucher freundlich vermarktet. Wer will, kann sogar die Dekorationsartikel günstig bei uns kaufen", sagt Frau Buss. Letztendlich ziele alles darauf ab, dem Endverbraucher Emotionen zu vermitteln. Schon im Geschäft müsse sich der Kunde vorstellen können, wie die Decke oder die Bettwäsche zuhause aussehe. Da 90 Prozent der Kundschaft weiblich seien, gelte es umso mehr, durch Emotionen zum Kauf anzuregen.

"Wir produzieren und vertreiben ein so genanntes Low-Interest-Produkt. Schon wirtschaftliche Krisen in der Vergangenheit haben gezeigt, dass die Gestaltung des Zuhauses dann mehr Bedeutung bekommt." Wenn die Menschen nicht mehr soviel Geld für kostspielige Freizeitaktivitäten übrig haben, dann wollen sie sich wenigstens zuhause rundum wohl fühlen. Diesen Trend müsse man erkennen und nutzen. Allein die Vermarktung reicht natürlich nicht aus. Mit den beiden Trendmarken s.Oliver und Bugatti deckt Ibena eine breite Zielgruppe ab. Dabei richtet sich s.Oliver an die jüngeren, modernen Käuferschichten, Bugatti dagegen setzt auf Eleganz und spricht Kunden mit einem gehobenen Anspruch an Wohnqualität an. Mit Künstlerlizenzen versucht man auch immer wieder etwas Besonderes auf den Markt zu bringen. Seit einiger Zeit besteht eine Kooperation mit der Künstlerin Mará. Sie entwirft Bilder, die schließlich auf Wohndecken wieder zu finden sind. Funktionsdecken, etwa geeignete Produkte für Allergiker, dürfen in der Produktpalette auch nicht fehlen.

Bis zu einer Million Decken im Jahr wären möglich

Neben dem Vertrieb ist das Design mit die wichtigste Abteilung. Hier werden die Trends gemacht. Im Schauraum am alten Standort in der Industriestraße in Bocholt können die Kunden eine Auswahl der neuesten Kollektionen begutachten. Im Atelier entstehen dann, in enger Zusammenarbeit mit den Kunden, neue Ideen für Wohndecken, Plaids und Bettwäsche. Das Feedback aus dem Handel wird über die Außendienstmitarbeiter herangetragen. Zudem besteht ein enger Kontakt mit Unternehmen aus dem Faser- und Garngeschäft. Ibena ist auf allen wichtigen Messen der Welt vertreten, um früh die richtigen Impulse zu erkennen und zu nutzen. Die Produktion wurde Anfang der 90er Jahre völlig neu strukturiert. Das Werk in Rhede mit einer Größe von 13.000 qm auf einer Gesamtfläche von rund 60.000 qm wurde gebaut. Hier werden bis zu maximal 500.000 Decken im Jahr hergestellt. Noch einmal soviel wird im Ausland produziert. Ebenfalls in Rhede werden die technischen Textilien gefertigt.

Im Bereich Haus- und Heimtextilien entsteht in drei Schritten aus den einzelnen Garnen eine Decke. Zunächst werden die Garne auf die Kettbäume gezogen, dann werden in der Weberei die Decken gewebt. Die riesigen Stoffbahnen sind aber noch relativ hart - erst in der Rauherei und Schererei erhalten sie ihren angenehmen Griff. Schließlich werden die Bahnen in der Näherei gesäumt und zugeschnitten und anschließend je nach Qualität maschinell konfektioniert oder in aufwändiger Handarbeit genäht. Die meisten Decken werden aus einer Mischung von 60 Prozent Baumwolle und 40 Prozent Polyacryl gefertigt. "Vor 15 Jahren haben wir diese Decke entwickelt und sind heute Marktführer in diesem Segment", sagt Beckmann.

Treue Mitarbeiter sind das Kapital

Dem jungen Firmenchef ist dabei sehr wohl bewusst, dass allein die gute Qualität nicht für den Erfolg ausreicht, den das Unternehmen genießt. Man vertritt seit vielen Jahrzehnten die Philosophie "die Mitarbeiter sind unser Kapital". Wegen der wirtschaftlich schwierigen Lage in Deutschland war aber auch Ibena gezwungen, insgesamt 150 Arbeitsplätze in 18 Monaten zu streichen. Dennoch bestünde ein sehr gutes Arbeitsklima unter den 250 Vollzeitangestellten am Standort Deutschland. Das durchschnittliche Alter beträgt 37 Jahre und im Schnitt liegt die Betriebszugehörigkeit bei 14 Jahren. Der Nachwuchs wird fast ausschließlich selbst ausgebildet.

Was den Mitarbeitern sicherlich auch zugute kommt - Ibena wird am Produktionsstandort Deutschland festhalten: "Die Marktnähe und die Flexibilität sollten nicht unterschätzt werden", so Beckmann. Mit den drei Produktionsstandorten Deutschland, Tschechien und Shanghai habe man sich eine globale Präsenz aufgebaut und könne nun Ziel gerichtet neue Märkte erobern. Mit einem Gesamtumsatz von rund 100 Mill. im Jahr steht Ibena in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten zwar auf einem gefestigten Fundament, aber "zufrieden stellen darf uns das nicht", so der Geschäftsführer. Sein Ziel: ein moderates, gesundes Wachstum. Um das zu erreichen, schaut er optimistisch nach China. Dort entwickle sich der Markt sehr dynamisch. Das Wirtschaftswachstum betrage acht Prozent. Und auch das Kaufverhalten zeige, das eine Ausrichtung nach China Zukunft hat. Die Endverbraucher seien sehr markenorientiert. "Etwa 100 Millionen Chinesen kaufen westeuropäische Produkte", weiß Beckmann aus statistischen Erhebungen. Ähnlich entwickelt sich der Markt im osteuropäischen Raum bis nach Russland. Auch hier ist Ibena mit zahlreichen Vertretungen präsent und vertreibt ganze Konzepte. Flaggschiffe sind dabei ebenfalls Produkte der beiden Marken s.Oliver und Bugatti.

Familienunternehmen in sechster Generation

Ralph Beckmann (42) ist seit 1992 in dem Familienunternehmen tätig. Ende 1998 überschrieb sein Vater Josef Albert Beckmann seine Firmenanteile an seinen Sohn. Damit wird Ibena nun schon in der sechsten Generation von der Familie Beckmann geführt. Ralph Beckmann zeichnet verantwortlich für den Bereich technische Textilien und er ist Sprecher der Geschäftsleitung. Unterstützt in der Geschäftsführung wird er von Werner Hoffmann, der seit Anfang 1998 für den Bereich Haus- und Heimtextilien zuständig ist. Er ist seit über 30 Jahren bei Ibena beschäftigt und war zuletzt langjähriger Leiter des Einkaufs.

Für Ralph Beckmann war es nicht selbstverständlich, in die Fußstapfen des Vaters zu treten. "Ich konnte mir das nie vorstellen", erinnert er sich heute noch an die Zeit der Entscheidung. Das war Anfang der 90er Jahre. Damals war er ein aufstrebender Unternehmensberater, entschied sich dann aber doch für den familiären Betrieb. Nach dem Abitur studierte er Textilchemie in Reutlingen und besuchte im Anschluss die European Business School in Oestrich-Winkel. Was ihm besonders wichtig war: "Ich wollte erstmal meine eigene Sache machen. Sonst ist man nur der Sohn des Inhabers." Von Anfang an wurde ihm die Geschäftsführung im kaufmännischen Bereich übertragen. Seit 1994 kümmert er sich auch operativ um den technischen Textilbereich. Seine Devise: "Jede Generation muss sich das Unternehmen selbst verdienen."

Ibena Textilwerke Beckmann GmbH - das Unternehmen

Ibena Textilwerke Beckmann GmbH
Industriestraße 7 - 13
46395 Bocholt
Telefon: 02871/2870
Internet: www.ibena.de

Gründung: 1826 von Josef Philipp Beckmann
Geschäftsführung: Ralph Beckmann (Firmeninhaber), zuständig für den Bereich Technische Textilien und Sprecher der Geschäftsleitung; Werner Hoffmann, zuständig für den Bereich Haus- und Heimtextilien
Umsatz: 100 Mill. Euro, erwarteter Gruppenumsatz 2004
Tochtergesellschaften: Ibena Shanghai Technical Textiles Ltd., Ibena Litvinov, Tschechische Republik, Ibena Inc. - eigenständige Vertriebsgesellschaft
in Spartanburg, USA
Geschäftsbereiche: Haustextilien (Anteil 60 Prozent), technische Textilien (Anteil: 40 Prozent)
Kunden: Fachhandel, Möbelhandel, Versandhauskonzerne, TV-Shopping, Großhändler, weiterverarbeitende Industrie für Arbeits- und Schutzbekleidung, Automobilindustrie, Theater usw.
Vertriebsgebiet: weltweit
Mitarbeiter: 250 Vollzeit-Angestellte in Deutschland, je 40 Mitarbeiter in den Werken in China und Tschechien
Technische Textilien: Schutzbekleidungsgewebe, Industrie- und Filtergewebe, Automobilgewebe, Dekatiersatins
Sortiment: Wohndecken und Plaids (ein Drittel), Bettwäsche und Frottierwaren (ein Drittel), 10-15 Prozent kochfeste Bettwaren für Allergiker sowie Objekttextilien (ein Drittel).
Außendienst: 8 Fachberater in Deutschland
Export: 10-15 Prozent im Bereich Haustextilien, vor allem Wohndecken nach Österreich, Schweiz, Großbritanien, Russland, mittel-osteuropäische Länder, USA; 35 - 40 Prozent technische Textilien
Lagerfläche: 9.000 Palettenstellplätze
Garn-Lager: 350 t Garn in bis zu 600 verschiedenen Varianten
Werksgröße: Rhede 60.000 qm Gesamtfläche, davon 13.000 qm bebaut
Maschinenpark: 24 Webmaschinen zusätzlich Rauh- und Schermaschinen
Produktion: 800.000 bis eine Million Decken im Jahr, die Hälfte wird am Produktionsstandort Rhede produziert
aus Haustex 05/05 (Wirtschaft)