VDB-Tagung 2005

Zukunft des Bettenfachhandels partnerschaftlich und kreativ gestalten

Bremen - "Ein relativ volles Haus" konstatierte VDB-Präsident Martin Wartig zur Mitgliederversammlung 2005 des Verbandes Deutscher Bettenfachgeschäfte am 19. und 20. April in Bremen. Die registrierte "sehr gute Beteiligung aus dem Bettenhandel" wurde nicht zuletzt dem halbjährigen VDB-Schnupperangebot für potentielle neue Mitglieder zugeschrieben. Insgesamt verzeichnete die Tagung 110 Teilnehmer aus Handels- und Industrieunternehmen. Letzteren wurde eingangs Dank gesagt für ihr Engagement im Förderkreis des Betten-Presse-Dienstes. Im Rahmen des umfangreichen Tagungsprogrammes diskutierten Bettenfachhändler und Vertreter ihrer Lieferanten gemeinsam Themen, "welche die Branche aktuell bewegen."

Dies nun vor aktuellem wirtschaftlichen Hintergrund, der beschrieben wurde als "eine für die gesamte textile Wertschöpfungskette katastrophale Zeit." Dem mochten alle zustimmen. Differenzierter stellten sich die Ansichten zu der von VDB-Präsident Wartig genannten Bilanzposition dar, dass sich das vergangene Jahr "für viele in der Branche ganz ordentlich entwickelt" habe. Vor allem das Weihnachtsgeschäft sei "oft erfreulich" gewesen, so dass eine ganze Reihe von Kollegen das letzte Jahr mit einem kleinen Plus hätte abschließen können. Wobei man allerdings nicht außer Acht lassen dürfe, dass die Vorlage aus 2003 meist miserabel gewesen sei, wie es einschränkend hieß. Ganz einmütig gab sich der Bettenfachhandel in seiner Meinung zu der von Martin Wartig getroffenen Bewertung der aktuellen Umsatzsituation: "In diesem Jahr sieht es schon wieder etwas schlechter aus; bei den gegebenen Rahmenbedingungen auch kein Wunder. Wer täglich über Rekordarbeitslosigkeit und abwandernde Industriebetriebe in der Zeitung lesen muss, tut sich bei eher investiven Konsumgütern einfach schwer. Der lange Winter hat die Mobilität und Kauflust der Kunden gerade in Süddeutschland zusätzlich behindert. Wochenlange Schneefälle bescherten vielen bis zu zweistellige Minuszahlen."

Und doch gebe es Hoffnung. Zumindest in den modischen Branchen sei das Geschäft im März spürbar angesprungen. Der Kunde sei also durchaus bereit, sein Geld auszugeben, wenn ihn das Angebot überzeugt. "Wenn die modischen Bedürfnisse befriedigt sind, sehe ich gute Chancen, dass auch unsere Branche wieder stärker in den Fokus rückt", so Wartig. "Eines sollten wir aber auf keinen Fall tun: in Panik verfallen und den Preishammer herausholen. Was dann passiert, hat die Modebranche vor einem Jahr erlebt. Die Mitbewerber ziehen nach; Preise und vor allem die Rendite gehen in den Keller." Nicht wenige Unternehmen hätten als Folge ihre Läden schließen müssen, weil die Banken nicht bereit waren, den ruinösen Preiswettbewerb zu finanzieren. Die Modebranche habe daraus gelernt; Preis- und Rabattschlachten hätten deutlich nachgelassen, Kreativität sei wieder gefragt. "Und genau das empfehle ich auch unserer Branche ... Nehmen Sie die Konzepte und Ideen Ihrer Einkaufsverbände an. Fordern Sie Ihre Industriepartner für gemeinschaftliche Events", appellierte der VDB-Präsident.

Um bei zur VDB-Tagung ausgesprochenen Empfehlungen zu bleiben: Im Zusammenhang mit bestehenden unterschiedlichen Ansichten zur Daunen- und Federnauszeichnung nach RAL oder ZEN erging der Appell an die VDB-Mitglieder, den Kunden doch die neue Norm nahe zu bringen. Angemerkt wurde, dass preisaggressive Anbieter RAL bevorzugen; "ganz zu unserem Leidwesen." Die ZEN-Auszeichnung offensiv nach vorne zu bringen, müsste der Erklärungsbedarf in Kauf genommen werden. Marc Böhle, Vorsitzender der VDB-Junioren, warb für die Teilnahme an deren Jahrestagung, die für den 6. September ins Frankenland bzw. nach Nürnberg einlädt; einschließlich eines Besuches der dortigen, als Prüfinstitut mit dem TÜV vergleichbaren Landesgewerbeanstalt (LGA) Bayern.

Situation im Bettenfachhandel

Auf Umfrageergebnisse von rund einem Drittel der Verbandsmitglieder stützte sich der Bericht von VDB-Geschäftsführer Axel Augustin zur Situation im Bettenfachhandel. Der VDB-Frühjahrsumfrage zufolge hatte die Mehrzahl der Bettenfachhändler das Vorjahr nach Umsatz noch mit leichten Auf- bzw. Abschlägen gemeistert. Aber die für die Existenzsicherung wichtigere Ertragssituation stellt sich deutlich differenzierter dar: Mit dem Ertrag im letzten Jahr sind acht Prozent sehr zufrieden und 35 Prozent zumindest zufrieden. 30 Prozent sind teilweise zufrieden und 27 Prozent nicht zufrieden. Gegenüber der vorjährigen Umfrage habe sich damit die Ertragssituation verbessert. Da sich die Umsätze meist wenig veränderten, sei die positive Entwicklung vor allem auf Maßnahmen im Kostenbereich zurückzuführen. So hätten z.B. viele Bettenfachgeschäfte beim Personal Einsparungen vorgenommen. Dazu zählen vor allem Verlängerung der Arbeitszeiten ohne (adäquaten) Lohnausgleich, Nullrunden bei der Bezahlung und auch Abbau von Personal. Für 2005 rechnen 22 Prozent der Bettenfachhändler mit höheren, 70 Prozent mit stabilen und lediglich acht Prozent mit niedrigeren Umsätzen als 2004.

An der Rabatt-Front habe sich die Situation gegenüber dem Negativjahr 2003 spürbar entspannt. Das spiegeln auch die Umfrageergebnisse wider. So sind im letzten Jahr die Preisabschriften gegenüber 2003 bei 43 Prozent der Teilnehmer gesunken und bei 37 Prozent wenigstens stabil geblieben. Bei den 20 Prozent, die über steigende Abschriften berichten, waren zum Teil Sondereinflüsse wie Jubiläumsverkäufe usw. für den Anstieg verantwortlich. Konkret lagen bei den Umfrageteilnehmern die Preisabschriften 2004 im Schnitt bei 5,6 Prozent vom Umsatz. Die Spannbreite reichte von 1,5 bis zu zehn Prozent.

Mehr Umsatz mit weniger Kunden

Ungebrochen erweist sich im Bettenfachhandel der Trend, mit weniger Kunden mehr Umsatz zu machen. Die Umfrage ergab, dass der Durchschnittsbon in 2004 bei 59 Prozent der Teilnehmer gestiegen, bei 22 Prozent unverändert geblieben und lediglich bei 19 Prozent gefallen ist. Damit habe sich diese Entwicklung gegenüber 2003 sogar verstärkt.

Hinsichtlich Kundenfrequenz ist es 2004 genau umgekehrt gelaufen. Nur bei 16 Prozent der Umfrageteilnehmer stieg die Kundenzahl. 24 Prozent konnten sie stabil halten, während 60 Prozent Verluste anzeigten. Auch diese Tendenz hält seit 2001 an. VDB-Geschäftsführer Augustin sprach in dem Zusammenhang und mit dem Seitenblick auf Discounter von einer Polarisierung des Marktes.

Als nach wie vor größtes Problem auch für die kommenden Jahre wird von 62 Prozent der Befragten der steigende Kostendruck gesehen. Jedoch hat die Sorge um den eigenen Standort mit 41 Prozent Nennungsanteil deutlich an Brisanz gewonnen. 38 Prozent sehen zunehmende Billigkonkurrenz als Bedrohungspotential, dieser Anteil ist geringer als in 2003. Weniger Sorgen scheinen Finanzierung/Liquidität sowie zunehmende Qualitätskonkurrenz (jeweils 27 Prozent) zu machen. In der "Gewinnung guter Mitarbeiter" sehen nur 16 Prozent Probleme. Das Schlusslicht des Sorgen-Rankings bildet mit nur fünf Prozent die Nachfolgeregelung.

Köln will Bettenbereich

"Bezüglich der Messesituation ist im nächsten Jahr mit Bewegung zu rechnen", so VDB-Geschäftsführer Augustin; "mit der Fertigstellung der neuen Messehallen zum Jahresende 2005 bläst die Kölner Möbelmesse imm cologne nun endgültig zum Angriff auf den Betten- und Aussteuerbereich." Seinen Ausführungen zufolge soll es vom 16. bis 22. Januar 2006 zwei Hallen geben, die sich mit dem Bettensortiment beschäftigen. Die Halle 9 sei für Anbieter von Matratzen, Schlafsystemen, Bettwaren, Bettwäsche und Accessoires gedacht, die jährlich in Köln ausstellen wollen. Die Halle 10 werde unter dem Titel "World of Dreams" laufen und jene Anbieter bündeln, die im zweijährigen Rhythmus ausstellen möchten. Dieser Bereich soll sich dann mit dem ebenfalls nur alle zwei Jahre präsenten Küchenbereich abwechseln.

Gemäß der VDB-Umfrage ist die Frankfurter Heimtextil mit einem Besuchsgrad von 78 Prozent derzeit die am meisten besuchte Messe. Allerdings hat sie damit gegenüber der letztjährigen Erhebung einen merklichen Rückgang zu verzeichnen. Dagegen ist die Kölner Möbelmesse mit einem Besuchsgrad von 73 Prozent der Umfrageteilnehmer stabil geblieben. Mit deutlichem Abstand (14 Prozent) folgen Ambiente / Tendence; andere Veranstaltungen wie Comfortex, MOW u.a. wurden nur vereinzelt genannt. Rund 20 Prozent der Befragten haben zuletzt überhaupt keine Messe besucht. Diese Zahl liegt deutlich über dem Wert aus 2003.

Messeziele des Bettenhandels

"Die zunehmende Messeabstinenz mag auch damit zusammenhängen, dass die Erwartungen der Besucher an die Aussteller nicht erfüllt werden", wie Axel Augustin mit Blick auf nachfolgende Umfrageergebnisse ausführte. Denen zufolge wünsche man sich vor allem die Vorstellung neu entwickelter Produkte. In der Skala von 1 (sehr wichtig) bis 5 (unwichtig) erhielt diese Position die Spitzennote 1,4. Fast genau so gut bewertet (1,6) wurde die Vorstellung neuer Marketing-Ideen. Mit etwas Abstand folgen der Wunsch nach Kommunikation/Gesprächskontakten (2,2) und die Übersicht zum Gesamtangebot (2,6). Diese Punkte wurden zwar mehrheitlich als wichtig bewertet, aber es gab auch eine Vielzahl von Unternehmen, die hier die Noten 4 und 5 vergaben.

Positiv für die Lieferanten - ihr Angebot scheint dem Bettenfachhandel weitgehend zu genügen. So sehen die meisten Umfrageteilnehmer (54 Prozent) keine Sortimentslücken. 29 Prozent wollen noch ausstehendes Potential bei speziellen Sortimenten für ältere Zielgruppen bemerkt haben. Mit Abstand folgt der Wunsch nach branchenfremden Frequenzsortimenten sowie Einstiegspreislagen bei Bettwäsche und Frottierwaren (jeweils neun Prozent). Darüber hinaus gab es noch Einzelwünsche - in Summe 17 Prozent - für unterschiedliche Waren im höherwertigen Bereich und 14 Prozent bei diversen Randsortimenten; ohne statistische Relevanz.

Problemlöser als Ziel

Die überwiegende Mehrzahl der Umfrageteilnehmer möchte sich gegenüber den Kunden mittelfristig als "beratungsintensiver Problemlöser im höherwertigen Bereich" positionieren. Immerhin streben 84 Prozent der Befragten diesen Geschäftstypus an. Mit einem Nennungsanteil von 24 Prozent folgen das "größere Bettengeschäft für fast alle Kundenschichten" sowie das "Design orientierte Fachgeschäft mit größerem Möbel- und Accessoires-Angebot". Darüber hinaus gab es nur noch Einzelnennungen, darunter u.a. "preisgünstiger Bettenfachmarkt" (als Filiale), Luxus-Anbieter oder auch das typische Bettenfachgeschäft in der preislichen Mitte. Was nach den Worten von VDB-Geschäftsführer Axel Augustin heißt: "Der Trend zur Spezialisierung auf Sortimente und Fokussierung auf Zielgruppen scheint unaufhaltsam; zumindest da, wo die Standortgröße dies zulässt." Allerdings müsse man konstatieren, dass längst nicht alle Fachgeschäfte derzeit die Anforderungen für eine Konzentration auf den höherwertigen Bereich erfüllen. Aufgerufen wurde in dem Zusammenhang, die Suche nach Wegen zu intensivieren, über die neue Umsätze zu generieren möglich wird. Es gelte, sich vordringlich die Zielgruppe "ältere Kunden" als Potential zu erschließen.

Defizite bei der Profilierung lägen in der Regel nicht in Service und Beratung, da letzteres ohnehin oftmals vom Inhaber selbst geleistet werde. Die Hauptprobleme dürften in der Außendarstellung vieler Bettenfachgeschäfte zu finden sein, hieß es. "Wer als Kunde überdurchschnittlich viel Geld für ein Bett ausgeben will, verlangt auch ein entsprechendes Ambiente. Sonst betritt er das Geschäft vielleicht erst gar nicht. Wer gewohnt ist, Mode oder Möbel in optisch ansprechender Umgebung zu kaufen, erwartet auch im Bettenfachgeschäft mehr als nur saubere Böden und Regale. Die Chefbehandlung' kann hier nicht alle Defizite in der Ladenoptik auffangen."

Bremer Schlafschule

Erkennbar auf besonderes Interesse der VDB-Tagungsteilnehmer stieß "Die Bremer Schlafschule" (respektive "Die Oldenburger Schlafschule") - eine Initiative der Bettenhaus Uwe Heintzen GmbH in Bremen. Das Unternehmen hat sich seit langem dem guten Schlaf sowie dem erholsamen, rückengerechten Liegen und Sitzen verschrieben. Als von der AGR (Aktion gesunder Rücken e.V.) zertifiziertes Fachgeschäft gehen hier dem Verkauf modernster Schlafsysteme genaue Bedarfsanalysen - erstellt im eigenen Mini-Schlaflabor - voraus. So war es nur konsequent, die Anregung des Bremer Fernsehjournalisten und Gesundheitsexperten Klaus Haak aufzugreifen und eine Schlafschule zu gründen. Das Bettenhaus-Management: "Die Schlafschule rundet unseren Anspruch ab, zwischen Weser und Ems das kompetenteste Angebot für Menschen vorzuhalten, die einen effektiven, ganzheitlichen Zugang zu erholsamem Schlaf in der Nacht und zu gesundem Wohlbefinden am Tag suchen."

Auf die Idee "Schlafschule" sei vor reichlich anderthalb Jahren mit dem Ausbau einer Location am Standort des Bettenhauses schnell reagiert worden, erläuterte Tim Heintzen den Teilnehmern der VDB-Tagung; "es war die Chance, guten Schlaf verkaufen zu können. Denn die Schlafschule behandelt ja in Kursen die ganzen komplexen Probleme, die für guten Schlaf verantwortlich sind. Durch die Anbindung an das Bettenhaus rückt nun unsere Kompetenz - insbesondere die eines gehobenen Bettenfachhandels - als Transformator des Gesundheitsaspektes in den Vordergrund."

Klaus Haak, auch Initiator und Moderator der Bremer Gesundheitswerkstatt im NDR-Fernsehen, empfahl den Zuhörern, die Angebote ihrer Bettsysteme erkennbar zu machen als "Feininstrumente" für den gesunden Schlaf. Weg vom Möbelbranche-Image - hin zu Kompetenzzentren für guten und gesunden Schlaf. Bettenfachhändler werden zu Gesundheitsspezialisten in Sachen Schlaf. Haak: "Es wäre wünschenswert, Sie würden diesen Bereich für sich okkupieren." Diese Visionen Realität werden zu lassen, könne er sich eine deutschlandweit organisierte konzertierte Aktion vorstellen; nach Bremer Vorbild oder jeweils in Gemeinschaften mehrerer Händler. "Aber wenn Sie es tun, dann professionell auch mit Hilfe von Schlaftrainern; weil Schlafprobleme keine Krankheit sind, sondern Symptome von Problemen des Alltags, die Schlafstörungen verursachen." Schlafen lernen - also Stressbewältigung mittels autogenem Training in den Schlafschule-Kursen - bedeute Rückprogrammierung mit dem Ergebnis "guter Schlaf". Quasi als Nebenprodukt falle der Kontakt zum Bettenfachhandel an ... Nicht die Wohltäter-Funktion, sondern Fachkompetenz spiele dann die Hauptrolle; "Was letztlich nicht ohne positive Auswirkungen auf den Umsatz bleibt", wie Tim Heintzen aus eigener Erfahrung bestätigen konnte.

Blick über den Branchenzaun

Wie schon in vergangenen Jahren hat auch die jüngste VDB-Tagung wieder den Blick über den Branchenzaun gewagt, "wenn es dort lohnenswerte Dinge zu sehen gibt." Insofern stellte sich mit dem Hamburger Outdoor-Spezialisten "Globetrotter" ein Unternehmen vor, das "Kundenorientierung pur" konsequent als Firmenphilosophie umsetzt. Thomas Lipke, geschäftsführender Gesellschafter, der den Aufstieg als Existenzgründer vom kleinen Fachgeschäft zum europäischen Marktführer mit bewältigte: "Das erarbeitete gute Image ist ein kostbares, von den Kunden überstelltes Gut. Es ist Ergebnis der Tätigkeit engagierter Mitarbeiter und deren Ideen; sie sorgen mit ihrer Arbeit für Zufriedenheit der Kunden am POS." "Globetrotter" erhielt 2002 den deutschen Handelspreis. Geschäftsführer Lipke bei seinem Vortrag unter Bezug auf den Bettenfachhandel: "Schlafen ist auch im Outdoor-Bereich ein wichtiges Thema ..." und in dem Zusammenhang mit Blick auf Kundenorientierung: "Zum Beispiel steht Schlafverhalten im Schlafsack im Fokus unseres Interesses; Tests in der ins Ladengeschäft integrierten Kühlkammer haben bei uns den Status kundennutzbares Labor erlangt."


Produktwelten schaffen

Klaus Utermöhle, Hauptgeschäftsführer der Economia Werbeagentur Hamburg, brach eine Lanze für die vom Bettenfachhandel im mittleren Preissegment vertriebenen Produkte. Vorangestellt war: Die mittleren Preislagen sind in fast allen Konsumgütermärkten stark unter Druck geraten; alles redet von Polarisierung der Nachfrage und vielfach hieße es, die Mitte sei tot. "Diese Aussage halte ich für gefährlich", wie VDB-Präsident Martin Wartig schon in der Anmoderation des Referates erklärte; "viele von uns brauchen die mittleren Preislagen, um an ihrem Standort einen ausreichenden Umsatz zu generieren. Uns fehlen aber oft die Argumente - oder vielleicht auch die eigene Überzeugung? - um die Mitte gegenüber den Einstiegspreislagen einerseits und den Top-Produkten andererseits dem Kunden gegenüber schlüssig zu positionieren." Argumente zu liefern, darin versuchte sich der Marketing-Spezialist Utermöhle:

- Die Schlüsselfunktion des Verkäufers ist auch mit Bezug auf Erzeugnisse der preislichen Mitte nicht zu unterschätzen.
- Nicht nur Sachinformationen geben, sondern die Infos in Lebensgefühl übersetzen und herausstellen, wie das z.B. im Trend-Journal von Betten-Rid geschehe.
- In der Werbung Geschichten erzählen auch darüber, was Sie alles tun, Ihre Kunden zufrieden zu stellen. Emotionale Produkt-Welten schaffen; "im Bett, am Bett und ums Bett herum". Soll auch heißen, technisch anmutende Produkte nicht allein stehen zu lassen, somit emotionale Verbindungen schaffen und dabei Impulse der Mode nutzen.
- Die Produkte nicht problematisieren, sondern Insider-Wissen für die Problemlösung einsetzen.
- Weil Discounter im Preis nicht zu schlagen sind, muss der Fachhandel sein Detailwissen als Stärke ausspielen, sich dabei auf Kernkompetenzen konzentrieren und diese deutlich sichtbar machen.
- Dem Kunden ist das Gefühl vermitteln, dass es bei seinem Einkauf nicht um "Ersatz" geht, sondern um "Lust", weshalb der Verkäufer von den Verkaufsthemen selbst überzeugt und begeistert sein sollte.

"Die tote Mitte stimmt wohl so nicht, ihr müsst nur mehr daraus machen; der Meinung bin ich auch", wie Peter Paul Polte, Chefredakteur der Textilwirtschaft,
seinen die VDB-Tagung beschließenden Vortrag einleitete. Sein Thema: Geizig und anspruchsvoll, jugendlich und überaltert - sind unsere Kunden noch berechenbar?

Mit einer guten Portion Ironie und Humor versuchte er ein Bild der Kunden von heute zu zeichnen, "bei denen Geld durchaus vorhanden ist, es aber an Vertrauen in die Zukunft fehlt." Damit verbunden seien Begriffe wie "Polarisierung der Gesellschaft" oder "Angstsparen" genau so wie fatale Folgen: Rückläufiger Anteil der Einzelhandelsumsätze an privaten Konsumausgaben, beschleunigte Umsatzkonzentration.

Polte nannte bedrückende Zahlen. In den letzten acht Jahren haben 15.000 Textileinzelhändler aufgegeben; die Zahl der großen Einkaufszentren stieg von 100 in 1990 auf 350 in 2004. Während sich die Verkaufsflächen im zurückliegenden Jahrzehnt drastisch vergrößerten, sanken die Umsätze mit Textilien durchschnittlich um 15 Prozent. Allerdings sind sie bei Discountern um 16 Prozent gestiegen. Noch versöhnlich stimme, dass der Versandhaus-Boom gestoppt scheint. Nach wie vor aktuell sei der Begriff "Spaßgesellschaft"; die Stimmung unter jungen Leuten deutlich besser als bei älteren. Als starker Trend zeige sich das Bedürfnis nach Individualisierung. Auf die älteren Generationen übertragen bedeute dies auch: "Es gibt ein Bedürfnis der Alten, am Ball der Zeit zu bleiben." Sie stellten somit eine überaus interessante Zielgruppe dar, "auch weil sie stärker qualitätsorientiert einkaufen." Der Konsument der Zukunft - so der Blick von Peter Paul Polte voraus - werde sich vom jeweiligen Zeitgeist geprägt geben. Zeitgeist heute lasse sich mit Schlagworten umschreiben wie "Verschmelzung von Arbeit und Leben", "Demonstration von Statussymbolen", "Fun-Faktor Fashion", "Welle der Glamourisierung", "Supermarkt der Stile" oder "das Leben wird zur Party". Damit zeitgemäß umzugehen bedeute, die Seele des Verbrauchers zu erkennen und mit geeigneten Angeboten zu erreichen; "was man ab und an von der Modebranche lernen kann." Die nächste VDB-Tagung findet Ende April 2006 in Bonn statt.
aus Haustex 06/05 (Wirtschaft)