53. Jahrestagung der österreichischen Textilindustrie

Positionen im In- und Ausland mit exzellenten Produkten verteidigen

BREGENZ - Anlässlich der 53. Jahrestagung am 23. September in Bregenz skizzierte Verbandspräsident Dr. Peter Pfneisl die aktuelle Lage der österreichischen Textilindustrie. Obwohl Europas Wirtschaft sich weiterhin gelähmt darstelle und trotz dramatischem Umfeld und internationaler Krise, so Pfneisl, habe sich die österreichische Textilindustrie weitgehend gut verteidigt. Nachfolgend veröffentlichen wir im Auszug die wichtigsten Passagen aus der Rede des Präsidenten.

Wir in Österreich", so Pfneisl, "sind nicht in der Lage, eine Weltkonjunktur zu verändern, wir können uns nur darauf einstellen und unsere Positionen im In- und Ausland mit exzellenten Produkten verteidigen. Steigerungen sind daher nur vereinzelt möglich. Wir lassen uns aber nicht unterkriegen." Lobend erwähnte er die ausgezeichneten Produkte und die hohe Innovationskraft der Unternehmen.

Die Zahlen der gesamteuropäischen Textilindustrie zeigen die derzeit schwierige Situation auf. Seit 1993 wurde kein so schlechtes Ergebnis mehr erzielt wie in den letzten zwölf Monaten. So habe die EU-Textilproduktion um 5,2 Prozent abgenommen. Beim Haupthandelspartner Deutschland lag der Produktionsindex im Juni dieses Jahres gar um 6,3 Prozent tiefer als im Vorjahr. Dass Österreich unter diesen Voraussetzungen nicht mit Steigerungen aufwarten kann , sei verständlich. So verzeichneten in der ersten Produktionsstufe die Spinnereien ein kleines Umsatzminus von 0,8 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Und obwohl sich bei den Webereien der Export um 5,6 Prozent reduzierte, liege der Umsatzrückgang nur bei -4,4 Prozent. Bei den Veredlern und Textildruckern stellt sich das Gesamtergebnis um 8,7 Prozent schlechter als im ersten Halbjahr 2002 dar. Und auch die große Gruppe der Technischen Textilien, die sich in den letzten Jahren besonders gut international positionieren konnte, musste einen Rückgang ihres Umsatzes von 7,7 Prozent hinnehmen, die Exporte ein Minus von 5,7 Prozent. Der Gesamtumsatz der österreichischen Textilindustrie liegt mit 1,47 Mrd. Euro um 5,9 Prozent niedriger als im ersten Halbjahr 2002, die Exporte reduzierten sich ebenfalls um 5,8 Prozent.

Außenhandel zufriedenstellend

Im Außenhandel, so Dr. Pfneisl, konnten bei einzelnen wichtigen Ländern trotz aller Schwierigkeiten sehr erfreuliche Resultate festgestellt werden. So konnten die Textilexporte in den wichtigsten Einzelmarkt Deutschland im 1. Halbjahr 2003 um 2,2 Prozent gesteigert werden. Auch nach Italien wurden trotz der Wirtschaftskrise um über 3 Prozent mehr geliefert. Um jedoch die insgesamt negative Tendenz weitgehend abzufangen, konnten die Unternehmen die schon gute Produktivität weiterhin steigern. Dass dabei ein weiterer Beschäftigtenabbau stattfand, sei betrüblich, aber notwendig, um die Rentabilität der Unternehmen im Griff zu behalten. Pfneisl: "Somit beschäftigt unsere Industrie per Ende Juni 2003 17.859 Mitarbeiter, das entspricht einem Rückgang von 8,4 Prozent gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres. Diese negative Entwicklung darf nicht darüber hinweg täuschen, dass es der Textilindustrie in Österreich besser geht als in anderen Ländern. Wir konnten über viele Jahre Umsatzsteigerungen ausweisen, was in den meisten europäischen Ländern nicht der Fall war. Wir hoffen daher, bald wieder an unsere guten Ergebnisse anschließen zu können. Jene Unternehmen, die es trotz ernster weltweiter Krise schafften, ihre Umsätze zu steigern, beweisen, dass nach wie vor vieles möglich ist. Nicht einer ganzen Branche geht es gut oder schlecht, sondern jedes einzelne Unternehmen steht für sich allein für Erfolg und weniger Erfolg."

Kampf um Marktanteile

Der Kampf um Marktanteile werde unter den gegenwärtigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen jedoch noch schwieriger: Neben dem starken Euro spiele auch die Abwertung einzelner Währungen im Osten eine wesentliche Rolle für das wirtschaftliche Überleben. Darüber hinaus sei die allgemeine Verunsicherung der Konsumenten sehr groß. Dadurch entstehe Konsumverzicht, Sparen sei wieder stark im Kommen. "Wir können nur hoffen", so Pfneisl, "dass sich diese Unsicherheiten wieder beruhigen und mehr Optimismus eine Verbesserung des wirtschaftlichen Klimas bewirkt, das wiederum stärkere Kaufimpulse ermöglicht." Man müsse aber mit allem Nachdruck und aller Beharrlichkeit darauf drängen, dass weltweit die Märkte für den Textilhandel liberalisiert werden. "Nicht Einbahnstraßen, sondern nur Straßen mit Gegenverkehr schaffen den nötigen Ausgleich und können Grundlage für eine positive Entwicklung auf beiden Seiten sein."

Aber auch die österreichische Politik müsse sich ihrer Verantwortung bewusst werden und entsprechende Rahmenbedingungen schaffen. Dringend gefordert sei eine Verbesserung der steuerlichen Behandlung von Investitionen. Nach der Streichung des ohnedies unzureichenden Investitionsfreibetrages gebe es derzeit fast keinen steuerlichen Anreiz, der Investitionen in die österreichische Produktion attraktiv mache. Im Bereich der Umweltpolitik bereitet der Textilindustrie der von der EU-Kommission vorgelegte Verordnungsentwurf für ein neues Chemikalienrecht größte Sorge. Sollte dieser Entwurf so angenommen werden, wäre die gesamte Chemikalienproduktion in Europa gefährdet. Da aber Importprodukte nicht unter diese Verordnung fallen, würde ein ganzer Industriezweig zugunsten von Drittstaaten fallen gelassen werden. Das könne aber nicht das Ziel sein. Die Gesundheit und die Umwelt seien ein wichtiges Gut, ebenso die Absicht, durch eine Verordnung die unterschiedliche Handhabung des Chemikalienrechts im gemeinsamen Markt zu vermeiden. Dies dürfe aber nicht zur Vernichtung einer ganzen Industriesparte führen. Hier müsse es andere Lösungen geben.

Neue Ideen aufgreifen

Was die Zukunft anbelangt, gebe es sehr viel zu tun. Dr. Pfneisl in diesem Zusammenhang: "Wir müssen unsere Märkte mit kreativer Nischenpolitik verteidigen und ausbauen. Wir müssen aktiv unsere Anliegen in die Politik in Österreich, aber auch in Brüssel einbringen und einfordern, wir müssen aber auch innerhalb unserer eigenen textilen Welt versuchen neue Ideen aufzugreifen, schneller, flexibler und attraktiver werden. Deshalb spreche ich immer wieder von der Chance der Vertikalen Systeme. Dieses System ist sicher nicht das einzige Allheilmittel, aber es bietet vielen Unternehmen eine Chance, die bereits erfolgreich vorgelebt wird und der man sich nicht verschließen sollte." Notwendig sei eine stärkere Kommunikation und ein Datenaustausch zwischen den beteiligten Produktionsstufen bis hin zum Handel. Die textilen Vorstufen wüssten besser, wie die nachfolgenden Stufen zu beliefern sind. Sie könnten ihre Produktion über das Jahr hinweg viel besser planen und die Auslastung entscheidend verbessern. Eine gemeinsame Planung der Produktion bringe auch große Vorteile für die Konfektion und den Handel. Das gemeinsame Ziel könnte sein: Die Wertschöpfung in der textilen Kette zu erhöhen und vor allem zu erhalten. Es sei schon viel erreicht, wenn man mit den unterschiedlichen Produktionsstufen inklusive dem Handel ins Gespräch komme und so neue Wege andenke, die auch umgesetzt werden können. Allein gegen alle werde heute und vor allem morgen niemand mehr bestehen können. "Ich hoffe sehr", so Dr. Pfneisl abschließend, "dass sich neue Wege des Miteinanders ergeben werden. Denn die österreichische Textilindustrie hat Zukunft, wir müssen nur hart daran arbeiten, dass es so bleibt."
aus Haustex 12/03 (Wirtschaft)