Domotex 2003: Klassische Orientteppiche hatten es schwer

Die Marktführer der Branche konnten Messeerfolge verbuchen

Besser als erwartet verlief für die meisten Aussteller im Bereich der klassischen Orientteppiche das Geschäft auf der Domotex 2003 in Hannover. Wenn Qualität, Optik und Preise stimmten, griff der Einzelhandel zwar nicht in riesigen Mengen, aber für die Importeure doch in einem befriedigenden Ausmaß zu. Wenig Interesse fand Standard-Stapelware. Nicht einmal mit absoluten Niedrigstpreisen konnten da Kunden zum Kauf bewegt werden.

Dass die Orientteppich-Branche in einer schweren Krise steckt, wurde einmal mehr auf der Domotex 2003 in Hannover mehr als deutlich. In den klassischen Orientteppich-Hallen 14 bis 17 klafften deutliche Lücken in den Ausstellerreihen. Etliche bekannte Namen von Orientteppich-Importeuren fehlten in diesem Jahr auf der internationalen Fachmesse für Teppiche und Bodenbeläge.

Auch wenn die Ausstellerzahlen nach Angaben der Deutschen Messe AG in diesem Bereich kaum abgenommen haben, so kann das rein rechnerisch zwar stimmen, doch konnten die dazu gekommenen Mini-Stände und Ausstellungskojen ausländischer Anbieter kaum einen Ausgleich für ehemals marktstarke und jetzt fehlende Unternehmen schaffen. Fachbesucher und ausländische Journalisten, die aus dem Pressezentrum in die gegenüber liegende Halle 16 kamen, packte das Entsetzen, wenn sie erst auf eine Leerfläche und dann auf die endlose Eintönigkeit indischer Kleinstanbieter stießen, bevor das eigentliche Messeleben am Ende der Halle begann.

Dabei war das Geschäft mit den abgepassten Teppichen generell bei weitem nicht so schlecht, wie von vielen Ausstellern vor Beginn der Messe erwartet worden war. Das Weihnachtsgeschäft im Einzelhandel hatte längst nicht alle Erwartungen erfüllt, die in diese verkaufsstärksten Wochen des Jahres gesetzt worden waren. Dementsprechend waren auch die Hoffnungen der Importeure, auf der Messe gewaltige Umsätze tätigen zu können, einerseits nicht allzu hoch angesetzt. Andererseits aber wurde doch insgeheim darauf spekuliert, dass der Einzelhandel sich nach lang anhaltender Kaufzurückhaltung endlich aufraffen würde, neue Ware zu ordern und abzusortieren, um in den Geschäften mit neuen Optiken und neuen Artikeln die dringend notwendigen Kaufanreize zu schaffen.

Das tat der Einzelhandel dann zwar auch verhalten, aber vorwiegend im Bereich der modern gestalteten Teppiche. Die eignen sich nach Meinung des Handels heute weit mehr als Blickfang und als Anziehungspunkt für jüngere Käuferschichten. Klassische Orientmuster werden trotz aller Bemühungen vieler Importeure und Hersteller um neue Kolorits und neue Dessin-Zusammenstellungen als "alter Zopf" angesehen.

So war denn auch das Vormessegeschäft, bei dem sich sonst Einkäufer die "Rosinen" aus den noch nicht ganz ausgepackten Ballen heraus gesucht hatten, im Vergleich zu früheren Jahren recht ruhig. Nur wenige Aussteller berichteten von einer schon lebhaften Kundenfrequenz bereits am Donnerstag oder Freitag- wie früher üblich - vor dem offiziellen Messestart am Samstag.

Dass dennoch zumindest teilweise recht gute Umsatzergebnisse erzielt wurden, verdankt die Domotex vor allem ihrer Internationalität. Die ausländischen Einkäufer zeigten sich bei ihren Orders weit weniger zurückhaltend als der deutsche Einzelhandel, der es trotz seiner lauten und permanenten Klagen über das schlechte Geschäft nicht einmal nötig hatte, in großer Zahl auf der Domotex zu erscheinen, um sich über das Weltmarktangebot zu informieren. Vor allem aus dem süddeutschen Raum fehlten viele kleinere und mittelständische Firmen, die entweder aus Bequemlichkeit oder schon aus Kostengründen die Reise nach Hannover nicht auf sich genommen hatten.

Ein zufriedenstellendes bis gutes Messegeschäft registrierten vor allem die ohnehin marktstarken und groß auftretenden Orientteppich-Importfirmen. Sie mussten sowohl Ware zum Absortieren als auch Lagerprogramme vorweisen können. Der Einzelhandel, gleich ob es sich um Großabnehmer der Kauf- und Warenhauskonzerne, der Versender, des Einrichtungshandels, der Einkaufsverbände und der Filialketten oder um kleinere und mittelständische Fachgeschäfte handelte, machte auf dieser Messe deutlich, dass er die Zahl seiner Lieferanten weiter reduzieren will. Er sucht finanzstarke Partner, die jede Menge Vorleistungen bringen können, Verkaufshilfen bieten und sowohl "Bonbons" am Lager zum Aussuchen als auch feste Lagerprogramme zur ständigen Nachdisposition parat haben.

So waren die eigentlichen Verlierer auf der Domotex Orientteppich-Importeure, die mit Stapeln an klassischer Orientteppichen angerückt waren. Absortiert wurde nur in geringem Umfang, es sei denn die Ware erwies sich als Novität im Markt und zeigte neue Optiken. Ausschlaggebend für den direkten Verkaufserfolg war allerdings auch der Bekanntheitsgrad des jeweiligen Importeurs. Manche Neuheiten bei kleineren Anbietern von klassischen Orientteppichen wurden schlicht und einfach übersehen, da die Einkäufer ausschließlich ihren festgelegten Routen zu den marktstarken Unternehmen folgten.

Die hatten dann auch reichlich zu tun, mussten zum Teil Ware aus ihren Lägern am Heimatort nachschieben oder Nummern verteilen, die zum Einlass auf den Stand berechtigten, während etliche Orientteppich-Importeure ihre gigantischen Stapel wieder einpacken oder - wie üblich - zu Niedrigstpreisen an Mitbewerber verscherbeln mussten.

Dabei zeigte sich im klassischen Bereich - ebenso wie bei den modern gestylten Teppichen - absolut kein einheitlicher Trend. Die Einkäufer mussten sich voll und ganz auf ihr eigenes Gespür und die Kenntnisse über die Kundenstruktur ihrer Geschäfte verlassen.

Während teilweise noch auf farbkräftige Kasaks gesetzt wurde, hofften andere endlich auf den großen Durchbruch pastelliger Peshawar-Ware oder als Neuheit auf einen Siegeszug von ägyptischen Ziegler-Teppichen. Robuste rustikale Ware war ebenso im Angebot wie feine und feinste Knüpfungen, wobei sich Hersteller und Importeure offenbar bemüht zeigten, Provenienzen mit ursprünglich grober Optik jetzt möglichst fein heraus zu bringen, während die ursprünglich feinen Knüpfungen einen rustikalen Touch erhielten. Die Devise lautete anscheinend oft: Hauptsache neu und anders, egal wie.

Aber es gab natürlich auch noch authentische handgeknüpfte Teppiche, die den Teppichliebhaber begeistern konnten. Doch nimmt die Zahl der Kaufinteressenten, die den Teppich als kunsthandwerkliches Produkt mit historischem Ursprung, eigener Geschichte und individuellem Werdegang sehen, immer mehr ab.

Wie schön handgeknüpfte Teppiche sein können, welche Atmosphäre sie ausstrahlen und wie sie präsentiert werden können, zeigte neben dem modern gestalteten Floorforum in der Halle 3 die zweite Sonderschau im Bereich der abgepassten Teppiche, die Carpet Performance im Lichthof zwischen Halle 15 und 16 in einer zeitlosen Aufmachung zwischen Moderne und Klassik. Sie wurde einfach als schön und informativ angesehen, lud zum Verweilen und zum Entspannen ein. Sie brachte die Atmosphäre und Stimmung, die zum Kaufen anregen konnte.
aus Heimtex Orient 01/03 (Wirtschaft)