Zollanvari: Seit 100 Jahren der Knüpfkunst der Nomaden verbunden

Vom reinen Teppich-Einkauf zur perfekten Beschaffungs- und Produktionsorganisation

Seit nunmehr 100 Jahren ist der Name Zollanvari im Zagros-Gebirge im Südwesten des Iran zu einer festen Größe herangewachsen. Zollanvari steht im Fars für die Begriffe Teppichhandel und Teppichtradition, aber auch für soziales Engagement, wirtschaftliche Sicherheit und technischen Fortschritt. Das Familienunternehmen Zollanvari, geleitet vom Seniorchef Hadiji Zollanvari und seinen beiden Söhnen Hamid und Reza in der fünften Generation, bewegt sich erfolgreich auf dem schmalen Grat zwischen der Bewahrung überlieferter Nomadenkultur und den schnell wechselnden und ständig wachsenden Anforderungen des internationalen Marktes.

Im Jahr 1903 begann die Familie Zollanvari mit Einkaufsreisen zu den verschiedenen Nomadenstämmen, die im Zagros-Gebirge ihre Sommerläger aufzubauen pflegten. Das führte zu einem engen persönlichen Kontakt zu den einzelnen Familienverbänden. Die Zusammenarbeit der Zollanvari mit den Nomaden basiert auf dem einfachen und doch effektiven Prinzip des gegenseitigen Vertrauens, das wesentlich durch das soziale Engagement der Teppichhändler untermauert wird. Über die rein geschäftlichen Beziehungen hinaus konnte der finanzielle Lebensstandard der Nomaden ebenso dauerhaft verbessert werden wie das soziale Umfeld durch den Bau von Schulen und durch medizinische Versorgung.

Damit wurden einerseits viele Nomadenfamilien - ganz im Sinne des iranischen Staates - dazu gebracht, sesshaft zu werden, so dass die Knüpferinnen behutsam an die Arbeit nach Mustervorlagen herangeführt werden konnten, ohne dass ihnen ihre kreativen Freiheiten genommen wurden. Andererseits ging mit der Sesshaftigkeit auch ein Quantum an Kreativität verloren, die die Knüpferinnen aus ihren Nomadenwanderungen schöpften. Heute werden nahezu 90 Prozent der Zollanvari-Teppiche in dörflichen Gemeinschaften geknüpft, die es erst ermöglichen, organisatorisch die Kombination von alter Knüpftradition, moderner Kunst, Know how und Innovation in Einklang zu bringen und damit die Weltmärkte für die Nomadenteppiche aus Südpersien zu öffnen.

Heute verfügt Zollanvari über einen großen Stab an Mitarbeitern, die die "Nomaden"-Dörfer regelmäßig besuchen, Wolle anliefern, Knüpfstühle installieren, Aufträge und Mustervorlagen verteilen, Qualitäts- und Musterkontrollen vornehmen und fertig gestellte Teppiche zum Lager nach Shiraz mitnehmen. In Shiraz, früher der Hauptsitz von Zollanvari, werden die Teppiche noch einmal einer genauen Qualitätskontrolle unterzogen, bevor sie in das Hauptlager bei Teheran gelangen. In Shiraz liegen auch ständig rund 100 t an Wolle, sortiert nach Farbe, Garnfeinheit und Einsatzmöglichkeit, parat, um die Knüpfstühle in den Bergdörfern bestücken zu können. 50 t bis 60 t an minderwertiger Wolle werden im Lager von Zollanvari jährlich aussortiert, um das Qualitätsniveau der Nomadenteppiche hochzuhalten. In Shiraz befindet sich auch die ausschließlich für Zollanvari arbeitende Wollfärberei, deren Produkte auf dem riesigen Zollanvari-Werksgelände zum Trocknen ausliegen. Ebenso unterhält Zollanvari in Shiraz eine eigene Experimentierwerkstatt, in der neue Wollfärbungen, neue Wollmischungen und neue Techniken von Experten auf ihre Praxistauglichkeit hin erprobt werden.

Seinen Ursprung findet der langjährige Erfolg des Unternehmens im Zirandaz, der den Nomaden als Schlafunterlage, als Decke oder als dekorativer Bodenbelag für ihre Zelte dient. Die Stärke des Handelsunternehmens liegt bis heute bei den südpersischen Nomadenteppichen und allen gewebten Gebrauchsgegenständen, die bei den Nomaden im Zagros-Gebirge üblich sind. Zollanvari war und ist es wichtig, die Überlieferung der Nomaden mit den Anforderungen des modernen Teppichmarktes optimal zu verbinden. Deshalb beschränkt sich das Unternehmen auch nicht auf die Zusammenarbeit mit den Knüpferinnen in den Dörfern, sondern sucht Kontakt zu noch wirklich wandernden Nomadenfamilien. Sie knüpfen in der Menge stark begrenzte und sehr individualistisch geprägte Teppiche, liefern aber gleichzeitig durch ihre ursprüngliche Kreativität wertvolle Impulse für künftige Kollektionen. Bisweilen muss das Interesse dieser Nomadenstämme an der Teppichknüpferei erst wieder geweckt und wieder belebt werden. Aber nur so ist es möglich, einen einmaligen, interessanten und qualitativ hochwertigen Teppich anbieten zu können.

Auf 100 Jahre Tradition zurück blickend geht das Unternehmen mit der Zeit und zeigt sich durch und durch zukunftsorientiert. "Im 21. Jahrhundert ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Situation die Serviceleistung der Schlüssel zum Erfolg", erläutert Ali Parto, Geschäftsführer der Zollanvari-Niederlassung in Hamburg im Orientteppich-Zentrum an der Borsteler Chaussee, die Firmenstrategie. "Mit einem gestrigen System können die Ansprüche von heute nicht befriedigt werden." Den aktuellen Bedürfnissen entsprechend hat Zollanvari den Hauptsitz des Unternehmens von Shiraz nach Teheran verlegt. Dort sind auf einem weiträumigen und mit vielen Blumen repräsentativ gestalteten Werksgelände fünf großzügige Lager- und Werkshallen, eine Zentralverwaltung und zuletzt auch ein Gästehaus entstanden.

In Teheran erhalten die aus Shiraz angelieferten Teppiche in einer ausschließlich für Zollanvari arbeitenden Wäscherei ihr Finish. In den eigenen Räumlichkeiten werden sie verspannt und nochmals auf die kleinsten Fehler hin untersucht und bearbeitet. Hier sitzt die Logistik, die den Versand in alle Welt und besonders zu den beiden europäischen Niederlassungen in Hamburg und Zürich organisiert. Hier ist gleichzeitig die Anlaufstelle für Einkäufer aus aller Welt.

Auch in den jetzt schwierigen Zeiten ist es Zollanvari gelungen, die langjährigen globalen Geschäftsbeziehungen zu pflegen und über 1500 internationale Kunden zu deren Zufriedenheit zu bedienen. 1998 präsentierte die Firma Zollanvari ihre Teppiche erstmals auf der Domotex in Hannover. Seitdem ist der Zollanvari-Messestand ein Besuchermagnet auf dieser internationalen Fachmesse für Bodenbeläge und Teppiche. "Das Jahr 2004 ist das Jahr der Überraschungen und der unerwarteten Schönheiten", erklärt Reza Zollanvari, Geschäftsführer der Niederlassung in Zürich und Globetrotter im Verkauf der Nomadenteppiche, vor dem Messestart. Zollanvari wird auf der Domotex 2004 neben dem Stammplatz in der Messehalle 17 erstmals auch im Floorforum in der Halle 3 vertreten sein. Dieser neue Standort steht für besondere Kreativität und hohe Qualität.
aus Heimtex Orient 06/03 (Wirtschaft)