Interview mit Mahdy Farhadian zu der Bedeutung von Messen für den Fachhandel

"Am modernen Teppich kommt keiner mehr vorbei"

Dr. Mahdy Farhadian führt mit seinem Vater Houschang zusammen das Hamburger Einzelhandelshaus Orient-Teppich-Palais 1001 Nacht. Heimtex Orient Redakteur Tim Steinert sprach nach der Domotex mit ihm über seine Eindrücke von dieser Messe und die Gründe, die ihn dazu veranlasst haben, die vollen 4 Messetage in Hannover zu bleiben, obwohl er mit Hamburg im Zentrum des Orientteppich-Großhandels sitzt.

Heimtex Orient: Herr Farhadian, welchen Stellenwert hat für einen Hamburger Einzelhändler der Besuch der Domotex? Durch die unmittelbare Nähe zu den Hamburger Importeuren sitzt er ja das ganze Jahr über praktisch an der Quelle.

Dr. Mahdy Farhadian: Für mich ist es essentiell, mich laufend Fortzubilden. Neue Trends lassen sich hier geballt erfassen. Außerdem kann ich meinen eigenen Lagerbestand besser bewerten. In unserem Falle sehen wir eine stetige Wertsteigerung, zumal sich im persischen Bereich alles doch kommerzialisiert.

Wir tätigen auch einen beachtlichen Teil unserer Jahreseinkäufe auf der Domotex. Es gibt eigentlich keinen Importeur oder Großhändler, der nicht mit den ausgesucht schönsten Stücken auf die Messe geht. Außerdem schaut man doch über die nationalen Grenzen hinweg - und da gibt es international einige sehr kreative Branchengenossen.

Heimtex Orient: Was haben Sie denn Interessantes beobachten können?

Farhadian: Zunächst war eine weitere Öffnung der klassischen Importeure in Richtung "Moderne" zu erkennen. Praktisch jeder der Importeure hat seine Kreativität und seinen Mut gesammelt und seine Warengruppen in diese Richtung erweitert. Oder er hat sich auf seine Kernkompetenzen zurückgezogen wie zum Beispiel eigene Knüpfungen oder eigene Designs.

Interessant ist auch die weitere Entwicklung der Markenteppiche und Ordersysteme aus China, Nepal und Indien. Früher noch als unechte Teppiche verhöhnt, stellen sie ein designorientiertes Hochwertprodukt dar.

Heimtex Orient: Gibt es Trends, die sich gefestigt haben, oder neue, die entstanden sind?

Farhadian: Wenn ich die letzten 10 Jahre betrachte, muss ich feststellen, dass sich viele neue Sortimente gebildet haben. Auch für uns Händler klassischer Teppiche sind zu dem typischen, persisch gemusterten Teppich neue Gruppen gekommen - die sich Ihren festen Platz im Sortiment gefestigt haben.

Eher älteres Beispiel ist der Evergreen Gabbeh, aber auch der Loribaft und der Choubi sind fest etabliert. Neu hinzugekommen ist in den letzten Jahren der Pashmir-Afghan-Gabbeh, der in meinen Augen geschickt die preisliche Kluft zwischen iranischem Gabbeh und Loribaft schliesst. Ich vermute, dass in den nächsten 2-3 Jahren innovative Iraner aus dem Hamedan-Gebiet hier nachziehen werden.

Heimtex Orient: Es wird also noch weitere Tendenzen und Entwicklungen in die moderne Richtung geben. Wie kommt dieser Sinneswandel bei den klassischen Orientteppichhändlern an?

Farhadian: Das zeitgemäße Orientteppichgeschäft muss moderne Teppiche führen - direkt neben seinem alt hergeleiteten Hauptstandbein, dem klassischen Teppich. Die ersten Generationen der Liebhaber der Moderne sind mittlerweile erwachsen worden und hat gehobene Ansprüche an puristischen Designs - bei gleichzeitig noch höherem Anspruch an Farbechtheit und Wollqualität. Diese Kombination kann und muss nun der gehobene Fachhandel liefern. Klassik und Moderne existieren nun nebeneinander und schließen sich nicht aus. Das hat mittlerweile jeder Importeur begriffen.

Heimtex Orient: Wie zeigt sich diese Anpassung bei den Importeuren?

Farhadian: Die Flexibilität, die die Hersteller immer mehr zeigen, ist auffällig. Selbst bei Unikatsteppichen, also keiner typischen Serienware, gehen die Hersteller immer mehr auf die Kundenwünsche ein. Sogar Sondermaß- und Sonderfarben sind auf Bestellung möglich geworden, besonders in Afghanistan und Pakistan. Früher gab es so etwas nur in Bereichen wie dem Nepalteppich.

Heimtex Orient: In Ihren Augen wird der moderne Teppich also immer wichtiger?

Ja, und wir begrüßen diese Entwicklung. Wir erreichen so auch jüngere Kundenschichten, die bisher keinen Zugang zu Orientteppichen gefunden hatten, aber durchaus bereit sind, für gutes Geld gute Ware zu kaufen. Wir müssen uns den nun breiter gefächerten Ansprüchen der Kunden anpassen, und brauchen die neuen Kollektionen der Importeure hierzu.

Heimtex Orient: Für den Fachhandel wurden von der Messe Sonderveranstaltungen veranstaltet. Wie haben Sie diese zur Kenntnis genommen?

Farhadian: Die neue Ausrichtung der Carpet Performance hat mich sehr angesprochen. Jede Art der Anregung ist in diesem Geschäft willkommen, vor allem wenn man guten Service statt primitiver Preiswerbung anbietet. Hilfreich waren die Vorträge ebenso wie Trendbesprechungen sowie Verkaufsförderungsmassnahmen. Mir ist unverständlich, dass so wenige das Angebot wahr genommen haben. Noch besser wäre es gewesen, wenn es Informationsmaterial oder Zusammenfassungen zu den Themen gegeben hätte.
aus Heimtex Orient 01/05 (Wirtschaft)