Interview mit Stauf-Geschäftsführer Wolfgang Stauf

"Klebstoffe sind lange haltbar"


ParkettMagazin: Vor knapp zwei Jahren ist Stauf von Siegen nach Wilnsdorf gezogen. Wie sieht heute Ihr Fazit aus?

Wolfgang Stauf: Wir bereuen den Schritt auf gar keinen Fall: größere Räumlichkeiten, alles ist moderner und es bieten sich ganz andere Möglichkeiten. Insgesamt sind wir sehr zufrieden.

ParkettMagazin: Wie lange dauert es eigentlich, bis eine völlig neue Produktionsanlage planmäßig läuft?

Stauf: Das Prinzip funktioniert wie eine Küchenmaschine: Deckel auf, alle Zutaten rein und umrühren. Unsere neuen Maschinen arbeiten allerdings mit höheren Antriebsleistungen und vermischen die Komponenten wesentlich besser. Da bedarf es kleiner Anpassungen an den Rezepturen. Unser Vorteil sind relativ kurze Durchlaufzeiten. Um einen Klebstoff von den Rohmaterialien bis zum fertigen Eimer zu produzieren, brauchen wir nur wenige Stunden. Anfänglich haben wir das Werk Siegen parallel laufen lassen. Erst als wir sicher waren, dass in Wilnsdorf die gewohnt hohe Qualität produziert werden konnte, ist Siegen abgeschaltet worden.

ParkettMagazin: Man kann ja Klebstoffe nicht beliebig im Voraus produzieren. Wie schaffen Sie es, den Bedarf des Marktes abzuschätzen?

Stauf: Auf der einen Seite hat man Erfahrungen und kann recht genau vorhersagen, welche Produkte in welchen Mengen benötigt werden. Auf der anderen Seite ist unsere Produktion sehr schnell. Die Produkte, die weniger oft und in kleinen Mengen nachgefragt werden, haben wir auf Lager. Auf die meisten Produkte geben wir mindestens 12 Monate Haltbarkeit. Wir wissen aber, dass es zum Teil mehrere Jahre sind. Wir haben vor kurzem einen Klebstoff zurückbekommen, der in irgendeinem Lager versteckt und rund 20 Jahre alt war. Wir haben den Deckel aufgemacht, kurz umgerührt und der Klebstoff war weiter verwendbar. Wenn es Zement- oder Polyurethanprodukte sind, gibt es allerdings gewisse Einschränkungen.

ParkettMagazin: Wie sehen die Perspektiven auf dem deutschen Markt und im Ausland aus?

Stauf: Im deutschen Markt haben wir seit 1996 eine stetige leichte Abnahme der Mengen, sowohl bei Teppich- als auch bei Parkettklebstoffen. Dieses zurückgehende Volumen teilen sich immer mehr Anbieter. Die Strategie muss sein, sich weiter vom deutschen Markt unabhängig zu machen und in ausländische Märkte zu gehen.

ParkettMagazin: Welche Länder sind das?

Stauf: Zum einen bestehende Märkte in England, in den Niederlande, in Belgien, in Frankreich, in der Schweiz und in Österreich. Dort wollen wir versuchen, neue Kunden zu finden - entweder Händler oder Handwerker. Außerdem wollen wir in neu entstehende Märkte hineingehen: Kroatien, Tschechien, Polen, Bulgarien - aber auch weiter entfernte Länder wie Ukraine, Kasachstan, Russland, Estland, Lettland und Litauen.

ParkettMagazin: Sind Sie bereits in diesen Ländern?

Stauf: Ja, vielleicht mit einem anderen Ansatz, als das ein großer Konzern machen würde. Die nehmen viele Millionen in die Hand, senden 50 Leute hin und bauen Niederlassungen auf. Das können wir nicht. Bei uns betreiben freie Mitarbeiter aus den entsprechenden Ländern Marktforschung für uns, um potenzielle Kunden zu finden.

ParkettMagazin: Verfolgen Sie als Klebstoffhersteller strategische Partnerschaften mit Bodenbelagsherstellern?

Stauf: Strategische Partnerschaften sehe ich hauptsächlich als Marketinginstrument. Wenn ich mich recht entsinne, hat auch Henkel, eine strategische Partnerschaft mit Amorim verkündet. Tatsache ist, dass sich Amorim mit mehreren deutschen Klebstoffherstellern unterhalten hat, auch mit uns. Bei uns ist es alte Tradition, mit den Bodenbelagsherstellern zusammenarbeiten.

ParkettMagazin: Aus der Branche hört man, dass Verlegewerkstoffhersteller ihren eigenen Vertrieb mit Absatzforderungen massiv unter Druck setzen. Macht sich bei Ihnen die verstärkte Konkurrenzsituation bemerkbar?

Stauf: Es ist schon etwas heftiger geworden. Im Aufwärtstrend der 90er Jahre hat es wenig Preiskämpfe gegeben. Jeder hatte seine Umsatzzuwächse und seine Produktionsauslastung. Jetzt geht es darum, den immer kleiner werdenden Kuchen aufzuteilen. In jüngerer Zeit werden Produkte zum Teil günstiger angeboten, als in den Jahren zuvor. Und das trotz steigender Lohn- und Rohstoffkosten. Mit Dumpingpreisen die Mengen aufrecht zu erhalten, ist eine sehr ungesunde Entwicklung.

ParkettMagazin: Bei der Sachverständigentagung Parkett in Kassel sagte der Sachverständige Norbert Strehle, dass der Anteil der Lösemittelkleber auf 60 % zurückgegangen sei. Wie sehen Sie das?

Stauf: Es gibt eine offizielle Statistik vom Industrieverband Klebstoffe. Wir vermuten aber, dass dort politische Wunschmengen angegeben werden. Klebstoffhersteller möchten ihren Dispersionsanteil gern positiv darstellen. Eigentlich ist der Anteil wasserbasierter Klebstoffe geringer. Die Zahlen für lösemittelhaltige Parkettklebstoffe schwanken irgendwo im 70 %-Bereich. Es mag ein bis drei Prozent nach oben oder nach unten gehen, aber wir halten diese Angabe für seriös. Mit unserem Marktanteil von etwa 40 % können wir das in etwa hochrechnen.
aus Parkett Magazin 04/04 (Wirtschaft)