Round Table Diskussion über textile Realität im Wandel

Verantwortungsvolle Innovationen und Nachhaltigkeit in der Textilbranche

Frankfurt - Zum Auftakt der Heimtextil am 11. Januar 2006 in Frankfurt hatten NatureWorks LLC und die Veranstalter der Messe sieben Experten der Textilindustrie geladen, um über mögliche Wege zu Veränderungen in der Textilbranche und die Umsetzung ethischer, nachhaltiger und sozial verantwortlicher Geschäftspraktiken zu diskutieren. Christine Kern, Fachleitung PR der Textilmessen in Frankfurt, freute sich, dass die Heimtextil als Plattform für die Diskussionsrunde gewählt wurde: "Das Thema Nachhaltigkeit auf der Heimtextil zu platzieren ist neu - aber wir sind sehr offen für Innovationen. Neue Werte greifen langsam auch in der Textilbranche um sich. Eine von uns in Auftrag gegebene, repräsentative GfK-Branchenstudie zum Einkaufsverhalten des deutschen Endverbrauchers belegt, dass auch ökologische Aspekte sein Konsumverhalten steuern - erstaunlicherweise sogar mehr, als die Kriterien 'Bekannte Marken' oder 'Made in Germany'." Für die Produktvermarktung wird es also immer wichtiger, dass sich Unternehmen als nachhaltig und verantwortlich agierend präsentieren.

Diese neuen Werte standen auf dem Podium im Vordergrund. Denn Armut und Umweltzerstörung, globale Erwärmung und Klimawandel erfordern Reaktionen. "Wir müssen diesen Anforderungen mit guten Ideen und Kreativität begegnen. Wir brauchen eine Entwicklung, die die Bedürfnisse der Menschen heute erfüllt, ohne die Möglichkeit zu gefährden, dass nachfolgende Generationen ihre Bedürfnisse ebenfalls befriedigen können. Ohne Innovationen werden wir dies nicht erzielen - und vor allem müssen wir auf unsere Worte Taten folgen lassen", forderte Cristina Sassoon, CEO von Global Trends, um auf die Themen des Diskussionsnachmittags hinzuführen: Nachhaltigkeit, Umweltverträglichkeit, soziale Verantwortung und damit Zukunftsfähigkeit.

NatureWorks LLC erfüllt mit seiner revolutionären, neuen Marke für Fasern, Ingeo fiber, all diese Ansprüche. Denn sie ist treibhausgasneutral und recycelbar und wird zu hundert Prozent aus jährlich nachwachsenden Ressourcen und nicht aus Erdöl hergestellt, wie Eamonn Tighe, Business Development Manager European Home and Nonwoven Applications für Ingeo fiber von NatureWorks LLC, erklärte. Ausgangsstoff für die Herstellung von Ingeo fiber ist Pflanzenzucker, der aus landwirtschaftlichen Ressourcen, wie z. B. Futtermais, gewonnen wird. Dieser wird dann in einem Fermentierungsprozess in Lactat umgewandelt, ähnlich wie bei der Jogurt-Herstellung. In einem weiteren Schritt werden die fermentierten Stoffe in ein Hochleistungspolymer, das so genannte Polylactid, umgewandelt. Dieses trägt den Markennamen NatureWorks PLA und kann - wie PET oder Schaumstoff - für Verpackungen und Beschichtungen verwendet werden. Ingeo fiber wird aus diesem Polymer extrudiert und verbindet die Leistungsfähigkeit einer Synthetikfaser mit dem Komfort einer Naturfaser.

Der Einsatzfähigkeit der neuen Faser sind kaum Grenzen gesetzt: von Kleidung über Babyfeuchttücher bis hin zu Decken, Matratzen und Vorhängen, wie auf der Heimtextil zu begutachten war. Mit Ingeo fiber erhalten Textilhersteller also eine vielseitig einsetzbare Faser, die zur Erhaltung der Welt beiträgt. "Wir haben unsere Vision verwirklicht. Heute kann man Produkte aus Ingeo fiber und NatureWorks PLA bereits in 18.000 Geschäften rund um den Globus kaufen - langsam kommt der Stein ins Rollen", berichtete Eamonn Tighe. "Der nächste große Schritt ist die Frage, wie wir zu einer verantwortungsvollen Gesellschaft kommen. Wir wollen die Textilwirtschaft mit unseren Produkten inspirieren und ihr nahe bringen, dass sie im Interesse der Konsumenten handelt, wenn sie Verantwortung übernimmt - dies wird ein Muss auf dem Markt der Zukunft. Durch den Faktor Nachhaltigkeit können Unternehmen ihre Produkte zusätzlich aufwerten."

Das war auch das Fazit von Cristina Sassoon, die die These verfocht, dass Firmen in Hinblick auf ihre sozialen, ökonomischen und ökologischen Tätigkeiten bewertet werden sollten. "Es erfordert natürlich einen gewissen Weitblick, dass man den gewerblichen Fortschritt nur bewahren kann, wenn man Voraussetzungen schafft, die unsere Lebensqualität erhalten: die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse in Einklang mit den lokalen und globalen Ökosystemen. Profit und Nachhaltigkeit können Hand in Hand gehen - grünes Denken wird nicht in roten Zahlen enden", so Sassoon.

Das beste Beispiel dafür ist die Firma Frankenstolz, mittlerweile einer der bedeutendsten Heimtextilhersteller Europas. Frankenstolz setzte von Beginn an bei seinen Produkten auf den Faktor Nachhaltigkeit, berichtete Reinhard Mähliß, Produkt- und Qualitätsmanager bei Frankenstolz. "Humanökologie und Nachhaltigkeit sind uns sehr wichtig, doch muss man natürlich auf die Bedürfnisse der Konsumenten eingehen - und die haben sich in der letzten Zeit beträchtlich gewandelt: wir leben in einer Waschmaschinen- und Trockner-Gesellschaft", so Mähliß. Da es dem Endverbraucher vor allem um den Faktor Pflegeleichtigkeit ginge, habe der Bedarf an natürlichen Füllungen radikal abgenommen. Eine Zwickmühle für die auf Natürlichkeit und Nachhaltigkeit bedachte Firma Frankenstolz. "Darum waren wir sehr froh, NatureWorks LLC vor drei Jahren zu begegnen, denn Ingeo fiber vereint die Attribute natürlicher und synthetischer Fasern in sich. Durch Ingeo fiber können wir unsere Philosophie aufrechterhalten", so Reinhard Mähliß. Von Frankenstolz bei verschiedenen Textil-Forschungsinstituten in Auftrag gegebene Studien zu Stützkraft und Volumen der aus Ingeo fiber hergestellten Füllungen brachten dem Bettwaren-Hersteller gute Ergebnisse: Ingeo fiber schnitt bei den Tests besser ab als Polyester. Aufschüttelbare Füllungen aus Ingeo fiber weisen dieselbe Qualität wie Daunen oder Federn auf. "Durch dieses Ergebnis waren wir vollends überzeugt und stellten unsere Produktion um. Es zeigte sich, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten. Obwohl die Produkte aus Ingeo fiber etwas teurer sind und wir in Deutschland einer schwierigen konjunkturellen Lage gegenüber stehen, konnten wir verschiedene Zielgruppen hinzugewinnen. Mähliß wies allerdings darauf hin, wie wichtig es ist, dass solche Konzepte über starke Partner im Handel aktiv dem Endverbraucher kommuniziert werden. "Dieses Material ist ein unglaublich tolles Produkt und man kann alles aus ihm herstellen - selbst Folien und Einwegteller. Mir wäre es allerdings zu schade, auf ein solch hochwertiges Produkt nur mal kurz ein Würstchen draufzulegen und den Teller dann wegzuschmeißen", schloss Reinhard Mähliß sein Plädoyer für Ingeo fiber.

Über Erfahrungen mit Ingeo fiber auf dem US-amerikanischen Markt konnte Eric Moen, Präsident und CEO von Pacific Coast Feather, berichten. Auch nach den Erkenntnissen seines Unternehmens übertrifft die innovative Faser in Hinblick auf Leistungsmerkmale und Funktionalität Polyester. Dennoch sei das Produkt lange nicht auf dem US-Markt angekommen. "Von Anfang an waren wir uns darüber im Klaren, dass es schwierig sein würde, die Produkteigenschaft Nachhaltigkeit als zusätzlichen Kaufanreiz zu propagieren - die Faser ist ja teurer als Polyester", so Moen. Doch Pacific Coast Feather nahm die Herausforderung an und musste erfahren, dass vor allem das Marketing entscheidend ist, um ein Produkt erfolgreich in der amerikanischen Gesellschaft zu platzieren. Dreimal änderte man den Namen - und damit die Marketingstrategie - seiner aus Ingeo fiber hergestellten Produkte: "Man muss den Nerv der Zeit treffen. Anfangs propagierten wir die Marke Generations als besonders umweltfreundlich, konnten die Konsumenten aber in keinster Weise mit diesem Argument bei ihrer Kaufentscheidung beeinflussen."

Daraufhin versuchte das Unternehmen die Menschen mit den überdurchschnittlichen Leistungsmerkmalen, die Ingeo fiber aufweist, zu überzeugen und nannte sein Produkt Natural Balance - ebenfalls erfolglos. "Schließlich nannten wir es Natural Living und die Werbebotschaft lautete "better for you" - damit trafen wir genau den Nerv der Zeit. Denn den Amerikanern wird ständig eingetrichtert, dass organische Produkte mit natürlichen Inhaltsstoffen besser für sie sind. Seitdem wir Nachhaltigkeit als Natürlichkeit kommunizierten, verbuchen wir auch mit Ingeo fiber-Produkten Erfolge auf dem amerikanischen Markt", führte Eric Moen aus.

Ingeo fiber verbindet den Fashion-Anspruch mit dem äußerst wichtigen Nachhaltigkeitsaspekt. Nachhaltigkeit kann heute sowohl Kreativität als auch Schönheit ergänzen. Luxuriöse Materialien und Umweltfreundlichkeit schließen sich nicht mehr aus. Das konnte Micol Costi, die den Round Table moderierte und für Material ConneXion arbeitet, aus erster Hand bestätigen. Denn Material ConneXion versteht sich als Brücke zwischen Produkt- und Material-Herstellern. In ihrer Material-Bibliothek Materia Tabula finden Unternehmen verschiedenste Materialien nach chemischer Zusammensetzung sortiert. "Unser Sortiment an Ökomaterialien ist attraktiv, ansprechend, farbenfroh und außergewöhnlich. Umweltfreundliche Materialien haben sich von Grund auf verändert und nichts mehr mit den einstigen graubraunen, monotonen, unansprechenden Stoffen von einst zu tun", so Costi.

Die Einstellung zum Textilgeschäft der Zukunft in Industrie und Politik zu verändern, hat sich Stefan Seum von Business for Social Responsibility (BSR) zum Ziel gesetzt. Der visionäre Mitstreiter Cristina Sassoons bekräftigte ihre Thesen durch den Standpunkt, dass der langfristige Profit von Unternehmen von einem stabilen Sozialsystem als auch einem verantwortungsvollen Umgang mit der Umwelt und ihren Ressourcen abhänge, was allerdings kreatives Denken und die Zusammenarbeit von Regierungen, Unternehmen und anderen Beteiligten erfordere. Aspekte wie Umweltverschmutzung, Wassermangel und soziales Ungleichgewicht sehe er als Risiken für das Überleben der Wirtschaft, weshalb Unternehmen allein schon deshalb motiviert sein müssten, sich tief greifend mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Gerade global tätige Unternehmen hätten die technologischen, intellektuellen und finanziellen Möglichkeiten, die Entwicklung zu beeinflussen. Durch ihre globale Reichweite seien sie in der Position, ein Umdenken zu fördern. "Wir brauchen unbedingt einen gemeinschaftlichen Einsatz von Industrie, Politik und anderen Institutionen. Alle müssen am selben Strang ziehen! Anders können wir den sozialen und ökologischen Herausforderungen nicht begegnen, wenn wir sie bewältigen wollen." Das Fazit Stefan Seums kann auch als Fazit des Round Table gewertet werden: "Profitstreben und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Das Motiv des Profits kann den Übergang zu einem Denken der globalen Nachhaltigkeit sogar beschleunigen - nicht blockieren."
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