Leser fragen - Fachanwalt Andreas Hanfland antwortet

Ohne Bedenkenanmeldung keine Gewährleistungsfreistellung

Fall: Raumausstattermeister Jürgen Lang hat ein Problem. In einer süddeutschen Universitätsstadt wird ein Zentrum für Molekularbiologie errichtet. Das Gebäude besteht aus einem Stahlbetonskelett. Vor Montage der bodentiefen Fensterelemente in den Labors ist bereits ein Calciumsulfatestrich eingebracht worden. Am Altweiberdonnerstag ordnet die Bauleiterin an, dass ab dem 23.2.2012 die Belagverlegung in einem Musterlabor auf einer Fläche von 120m erfolgen muss. Zu diesem Zeitpunkt fehlen Fenster und Heizung. Der Estrich hat eine Feuchtigkeit von 2,8 CM-%. Verleger Lang meldet schriftlich Bedenken an, die zurückgewiesen werden, weil die Verlegung solle erst ab dem 23.2.2012 erfolgen.

Am Rosenmontag gibt es eine erneute Ortsbesichtigung: Die Fenster sind montiert, eine provisorische Heizung mit zwei Heizgeräten ist eingerichtet, der CM-Wert liegt bei 2,2%, die orientierende Messung mit einer Hydromette ergibt 158 Digits: Die Bodentemperatur beträgt 6C und die Raumtemperatur 12C. Der Bauherr erklärt vor Ort, dass die Arbeiten am 23.2.2012 beginnen sollen.

Frage: Was kann Raumausstattermeister Jürgen Lang tun?

Antwort: Zunächst lässt die Situation tatsächlich an Karneval denken. Der Bauherr meint es jedoch ernst und besteht auf der Verlegung. Dem Verleger Lang ist zu empfehlen, hinreichend deutlich und schriftlich auf die nicht belegreife Bausituation hinzuweisen - sowohl im Hinblick auf das Raumklima als auch die Belegreife des Estrichs. Es geht hier nicht nur um die Ablösung des Bodenbelages aufgrund der zu hohen Feuchtigkeit, vielmehr auch um die nicht ordnungsgemäße Verlegesituation. Sie führt dazu, dass aufgrund des schlechten Raumklimas eine erhöhte Verlegearbeit zu leisten ist, die auch vergütet werden muss.

Es müssen also sowohl Bedenken- und Hinweispflichten als auch Behinderungen angemeldet werden, damit der Bauherr wach wird. Nach der Mitteilung der Bedenken- und Hinweispflichten hat der Bauherr schriftlich die Bedenken zurückzuweisen. Nur so kommt der Bodenleger auch tatsächlich in den Genuss der Gewährleistungsfreistellung gemäß § 13 Abs. 3 VOB/B. Neben dieser Gewährleistungsfreistellung ist auch dafür Sorge zu tragen, dass aufgrund der schlechten Bausituation entsprechende Behinderungen angemeldet werden, damit die Mehrkosten für die Verlegung des störrischen Belages vergütet werden.

Ausblick: Die entsprechenden Schreiben sind bereits gefertigt. Binnen der nächsten zwei Jahre werde ich über den Schadenfall weiter berichten. Ich warte schon heute auf Belagsablösungen und Nahtöffnungen.

Andreas Hanfland - zur Person


Andreas Hanfland ist Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht aus Lennestadt.
Rechtsanwälte Hanfland & Partner
Helmut-Kumpf-Straße 5
57368 Lennestadt
Tel.: 02723/60008
aus FussbodenTechnik 02/12 (Recht)