Gespräch mit Karsten Krause, Fachgruppenleiter der Bodenleger im ZVPF

Nächstes Ziel: Meisterkurse für Bodenleger

Seit der Novellierung der Handwerksordnung schießen Parkettlegerbetriebe wie Pilze aus dem Boden. Als Bodenlegerbetrieb konnte sich schon immer eintragen lassen, wer Lust dazu hatte. Die Neuanmeldungen aus diesem Bereich halten sich deshalb im Rahmen. ParkettMagazin sprach mit Karsten Krause über die aktuelle Handwerksentwicklung.

PM: Herr Krause, zurzeit wollen viele einen Parkettlegerbetrieb aufmachen. Dagegen stagnieren die Zahlen bei Bodenlegern. Wie interpretieren Sie das?

Karsten Krause: Ich bezweifele, dass die Zahl der Bodenleger beim Zentralverband des Deutschen Handwerks richtig erfasst wird. Es war schon in der Vergangenheit so, dass sich Bodenleger auch unter Firmentiteln wie "Holz und Bautenschutz" oder "Montageservice" eingetragen haben. Außerdem gibt es nach unseren Beobachtungen eine enorme Fluktuation bei den Bodenlegerbetrieben. Das wird man bei Parkettlegern sicherlich auch über kurz oder lang bemerken.

PM: Wie viele Bodenleger-Betriebe halten sich über einen längeren Zeitraum und wie viele verschwinden wieder nach kürzester Zeit?

Karsten Krause: Das ist schwer einzuschätzen, weil es in den Kammerregistern sicher unheimlich viele Karteileichen gibt. Im Grunde kontrolliert die Handwerkskammer nicht, ob die angegebenen Arbeiten überhaupt ausgeführt werden. Oft genug läuft eine Betriebsschließung nicht über eine Insolvenz; manch einer schleppt den Status Betriebsinhaber ewig mit sich herum.

Wir haben das gemerkt, als wir nach der Einführung des Bodenlegerberufes in Schleswig-Holstein auf die Idee kamen, ein Start-up-Seminar für alle interessierten Bodenleger zu veranstalten. In dieser Zeit gab es in Schleswig-Holstein rund 1.000 eingetragene Bodenleger. Wir hatten alle Unternehmen zwei Mal angeschrieben. Zur Veranstaltung haben sich letztlich 40 Interessierte angemeldet. Außerdem sind ca. 10 % der Aussendungen als unzustellbar zurückgekommen - obwohl wir das offizielle Adressenmaterial der Kammer verwendet haben.

PM: Wenn man also davon ausgeht, dass mindestens 10 % der Unternehmen gar nicht als Bodenleger tätig sind, gleichzeitig aber viele reale Bodenleger nicht als solche eingetragen sind - was glauben Sie, wie viele Bodenleger gibt es?

Karsten Krause: Da haben wir leider kein verlässliches Zahlenmaterial. Aber ich würde schätzen, in einer Größenordnung von mehr als 10.000 Betrieben. Und wenn man sich diese Zahlen anschaut, dann ist der Organisationsgrad der Bodenleger alles andere als glorreich.

PM: Wie viele Bodenleger sind im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik organisiert?

Karsten Krause: Auch das kann man leider gar nicht so genau differenzieren, weil die meisten Bodenleger, die in den Innungen sind, auch Parkett verlegen. Aus dem Gefühl heraus behaupte ich immer, dass sich der Organisationsgrad bei den Parkettlegern um 90 % bewegt und bei den Bodenlegern wiederum mehr als 90 % nicht organisiert sind. Diejenigen zu erreichen, die ihr eigenes Süppchen kochen, wird über kurz oder lang auch immer schwieriger. Viele der geschätzt über 10.000 Betriebe sind Einzelkämpfer, die ihr Geld überwiegend als Subunternehmer bei größeren Objekteuren verdienen.

PM: Bei Innungsversammlungen treten Sie als harter Verfechter der Rechte der Bodenleger auf. Aber es geht doch auch darum, genug Bodenleger in die Innungen zu holen. Wie bringt man einen Bodenleger in die Innung - ist es wie ein Kamel durch ein Nadelöhr zu bringen?

Karsten Krause: Steter Tropfen höhlt den Stein - ist wirklich die einzige Möglichkeit. Ich sage es ganz ehrlich: Ich habe mir mehr davon versprochen, als wir den Bodenleger als Ausbildungsberuf auf den Weg gebracht haben. Ich habe wirklich geglaubt, dass wir durch das Einrichten der Ausbildung die Bodenleger ein bisschen mehr auf Augenhöhe zu den Parkettlegern bringen. Außerdem haben wir mit der Etablierung des Bodenlegers massiv Werbung gemacht. Wir haben dabei schon richtig etwas auf die Beine gestellt. Leider war das Echo relativ gering. Das ist natürlich auch für mich persönlich eine gewisse Enttäuschung.

Ja, und dann fängt man an, die Situation neu zu bewerten. Dabei fällt auf, dass man Bodenleger und Parkettleger nicht immer trennen kann, ebenso wenig wie Bodenleger und Estrichleger und auch Bodenleger und Raumausstatter. In unserem Verband mit knapp 2.000 Mitgliedern beispielsweise liegt der Anteil der reinen Bodenleger bei vielleicht 20 - 30 %. Die restlichen Betriebe befassen sich mit allen Bodenbelägen, also auch oder überwiegend mit Parkett. Dann gibt es noch die Raumausstatter, ungefähr 6.000 Betriebe. Dort vermute ich 20 bis 25 % Firmen, die sich von der Dekoration und von der Polsterei weitgehend verabschiedet haben und nun überwiegend mit Bodenbelägen zu tun haben. Dann gibt es natürlich Bodenleger-Abteilungen in den Estrichlegerbetrieben. Aber diese Zahlen genau zu erfassen, ist äußerst schwierig, weil die Estrichleger zum Bauhauptgewerbe gehören und die Dinge dort schwer auseinander zu halten sind.

PM: Seit kurzem gibt es vor allem auch von Ihrer Seite Bemühungen, enger mit den Raumausstattern zusammenzuarbeiten. Stoßen Sie da nicht im Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik auf Gegenwehr?

Karsten Krause: Die Zusammenarbeit mit den Raumausstattern ist sicherlich nicht unumstritten. Da gibt es in den Innungen einige, auch ältere Kollegen, die aus früheren Erfahrungen eher skeptisch sind. Da vertritt man dann mehr den Standpunkt: Wir sind Parkettleger (und meinetwegen auch Bodenleger), und deswegen müssen wir uns nicht um andere kümmern. Da vertrete ich eine andere Meinung: Wir müssen uns öffnen. Die intensivere Zusammenarbeit mit dem BEB war der erste Schritt. Ich möchte jetzt versuchen, mit den Raumausstattern den Fachbereich Bodenbelag gemeinsam zu vertreten. Wenn wir der Industrie als Zentralverband Parkett und Fußbodentechnik und als Zentralverband Raum und Ausstattung gemeinsam gegenüber treten, dann hat das einen anderen Stellenwert. Wir müssen doch überhaupt keine Zuständigkeiten aufgeben. Es geht lediglich darum, dass wir beispielsweise einen Arbeitskreis bilden, dort aktuelle Themen aus dem Bodenbelagsbereich behandeln und damit gemeinsam an die Industrie gehen.

PM: Gibt es da bereits konkrete Absprachen?

Karsten Krause: Wir haben schon einen ersten Termin. Und zwar werden Richard Kille, als mein Kollege im Amt bei den Raumausstattern, und ich im Rahmen der Estrich-Parkett-Messe ein kleines Verbandstreffen organisieren. Wir werden uns zusammen mit einem Berufssachverständigen mit der Industrie zusammensetzen. Geplant ist, aus der Industrie drei FEB-Mitglieder (A.d.R.: Fachverband der elastischen Bodenbelagshersteller) und drei Verlegewerkstoffhersteller einzuladen. Im Bereich Verlegewerkstoffe wollen wir neben den Unternehmen der Gemeinschaft Emissionskontrollierte Verlegewerkstoffe (GEV) (A.d.R.: Produzenten, deren Produkte das Emicode-Zeichen tragen) auch ein Nichtmitglied bei unserem Treffen dabei haben.

PM: Also eine technische Zusammenarbeit zwischen den Raumausstattern und dem ZVPF und ein gemeinsames Auftreten gegenüber der Industrie. Es gibt also keine weiteren Bestrebungen?

Karsten Krause: Nein, nein. In allen anderen Dingen der Raumausstattung verzeichnen wir keine Überlappungen.

PM: Sie sagten, dass Sie sich mehr von der neuen Ausbildung versprochen haben. Hat es nicht einmal einen kleinen Schub im Organisationsgrad der Bodenleger gegeben?

Karsten Krause: Einen kleinen Schub, aber nur einen sehr kleinen. So etwas ist immer schwer zu messen, das ist unser Problem. Andererseits muss man natürlich fragen - und auch das kann man nicht messen - wenn wir nicht so rege gewesen wären und nicht den Ausbildungsberuf ins Leben gerufen hätten, wäre dann nicht vielleicht ein viel größerer Mitgliederschwund zu verzeichnen gewesen? Auch bei uns im Zentralverband bröckeln zwar die Mitgliedszahlen, aber wenn ich andere Organisationen sehe, dann dürften bei uns die Abgänge eher moderat sein.

PM: Aus den aktuellen Ausbildungszahlen geht hervor, dass momentan überraschend viele junge Leute in Berlin Bodenleger werden wollen. Woran liegt das, hat man dort nachhaltiger für den neuen Ausbildungsberuf geworben?

Karsten Krause: In Berlin, der größten Stadt der Republik, lassen sich mehr Ausbildungswillige und mehr Ausbildungsbetriebe rekrutieren als auf dem weiten Land. Der weitere Grund ist sicherlich, dass die Schule in Berlin vor Ort ist. In anderen Bundesländern müssen die jungen Leute zur Blockbeschulung an weit entfernte Orte reisen. Außerdem ist aus meiner Sicht in Berlin eine etwas intensivere Arbeit der Innung an der Bodenlegerfront zu spüren.

PM: Stichwort "Bodenlegerfront" im Verband. Theoretisch haben Boden- und Parkettleger die gleichen Rechte in den Innungen. Wie sieht es in der Praxis aus? Kann ein Bodenleger bisher ohne Meisterausbildung zum Obermeister gewählt werden?

Karsten Krause: In der Tat, da hören die gleichen Rechte auch schon auf. Allerdings ist in den Statuten nicht festgeschrieben, wer Obermeister werden darf und wer nicht. Aber eigentlich sollte ein Obermeister einen Meistertitel haben. Kürzlich ist eine Innung sehr progressiv damit umgegangen: In Unterfranken hat man mit Heinz Schmitt einen Bodenleger zum Obermeister gewählt. Allerdings ist Heinz Schmitt auch Estrichlegermeister.

PM: Also noch immer nicht auf Augenhöhe?

Karsten Krause: Leider nein. Und das ist es, was ich immer wieder anprangere. Aber inzwischen liegt es nicht mehr an den Parkettlegern, dass man nicht auf Augenhöhe kommt. Sondern es liegt an der mangelnden Bereitschaft der Bodenleger, sich aufzuraffen und nach vorne zu marschieren. Es ist vielleicht auch immer ganz bequem gewesen, sich etwas hinter den Parkettlegern zu verstecken. Die Parkettleger sind für mich immer schon die Handwerker par excellence gewesen, die sich in den Mitgliederversammlungen engagieren, sie sind Handwerksmeister mit Stolz geschwellter Brust. Aber im Grunde gilt auch hier: Der stete Tropfen höhlt den Stein.

PM: Was machen denn die Innungen konkret, um Bodenleger als Mitglieder zu werben. Was läuft jetzt, nachdem die erste Euphorie über die Bodenlegerausbildung vorbei ist?

Karsten Krause: Das ist Sache der jeweiligen Innung. Wir haben empfohlen, die Betriebe in Abständen immer wieder anzusprechen. Aber das hängt davon ab, was die einzelne Innung leisten kann. Wir in Schleswig-Holstein haben es vor zwei Jahren gemacht, aber mit mäßigem Erfolg. Ich kann nichts anderes tun, als mich immer wieder auf Innungsversammlungen in die Bütt zu stellen und zu predigen, dass man die Bodenleger ernst nehmen soll. Nur gemeinsam sind wir stark. Was nützt es den Parkettlegern, wenn der Ast immer kleiner wird, auf dem sie sitzen. Das ist auch mein Ansinnen gegenüber der Industrie. Ich versuche auch dort Positionen für die Bodenleger zu besetzen. Wir waren zum Beispiel mit mehreren Bodenlegern auf der TKB-Tagung und haben uns dort kein X für ein U vormachen lassen.

PM: Wie versuchen die Innungen Lehrlinge zu werben? Über Staatliche Ausbildungsberater?

Karsten Krause: Um bei den Ausbildungsberatern im Arbeitsamt präsent zu sein, haben wir uns, nachdem das Berufsbild Bodenleger stand, in Bonn hingesetzt und eine kleine Broschüre für die Ausbildung entwickelt, die über die Arbeitsvermittlung in Umlauf gebracht wird. Aber: Manchmal hege ich großen Zweifel daran, dass die Ausbildungsberater wirklich sach- und fachgerecht beraten. Das ist vielleicht eine Unterstellung von mir: Aber es geht oft anscheinend darum, dass die jungen Leute möglichst schnell aus dem Büro gespült werden und um dass zu erreichen, redet man ihnen einfach nach dem Mund.

Zudem geht aber auch die Ausbildungsbereitschaft in unseren Betrieben zurück. Da versuche ich massiv gegen zu halten. In den nächsten Jahren erreichen uns die geburtenschwachen Jahrgänge und dann kommt von der Schule nichts mehr. Wer also jetzt meint, er könne seinen Unmut über politisch-motivierte Veränderungen in der Handwerksordnung dadurch unterstreichen, dass er nicht mehr ausbildet, der springt einfach zu kurz und verkennt, dass ihm bald ein Fachkräftemangel droht. Und wenn das mit der Ausbildung durch die Betriebe nicht klappt, dann kommt die Regierung und verstaatlicht die Ausbildung. Die Tendenz ist jetzt schon so.

Deswegen halte ich mich immer zurück, wenn bei den Mitgliederversammlungen die Lehrlingszahlen der Bodenleger so gefeiert werden. Wir haben natürlich große Zuwächse, müssen aber auch sehen, woher wir kommen. Wenn ich mir das Potenzial der Bodenleger anschaue, dann müssten die Lehrlingszahlen noch viel höher sein. Eher in Richtung der Maler beispielsweise, auch wenn es bei den Malern selbstverständlich viel mehr Betriebe gibt und der Ausbildungsberuf wesentlich bekannter ist. Unsere Ausbildungszahlen zeigen aber bedauerlicherweise auch, dass vermutlich eine große Zahl der eingetragenen Bodenleger Einzelkämpfer sind, die mit den Maßstäben eines Ausbildungsbetriebes natürlich nicht zurecht kommen.

PM: Aus- und Weiterbildung insgesamt sind momentan ein großes Thema. Die Industrie bietet verschiedenste Seminare an. Wie reagiert die Innung darauf?

Karsten Krause: Seminare ersetzen keine Fachausbildung. Wir sehen es auf jeden Fall kritisch, wenn die Industrie so eine Werbung macht wie "In zwei Samstagsseminaren zum qualifizierten soundso Verleger". Damit konterkarieren sie eigentlich ihr eigenes Geschäft. Das ist meine feste Überzeugung. Sicherlich dreht auch der ein oder andere meiner Kollegen an diesem Rad mit, weil er letztlich damit sein Geld verdient. Gleichzeitig kommt die Industrie aber auf uns zu, wenn das Kind mal wieder in den Brunnen gefallen ist. Und dann geht das Gejammere über die schlechte Qualifikation der Bodenleger wieder los.

PM: Die Grenzen zwischen den Gewerken sind fließend, nicht nur zwischen Raumausstatter und Bodenleger, sondern auch in der Abgrenzung zum Parkettleger. Es gab in der Vergangenheit die Diskussionen darüber, ob ein Bodenleger auch Stabparkett verlegen darf. Wie sieht das nach der novellierten Handwerksordnung aus?

KK: Das ist eine Diskussion um des Kaisers Bart. Heutzutage würde ich mit Blick auf die HWO-Novelle sagen: Er darf es.

Diese Abgrenzungen werden auch in den nächsten Jahren weiter verschwimmen. Da hilft alles Lamentieren nichts. Mir schwebt vor, dass wir in den nächsten zwei Jahren auch eine Meisterausbildung für den Bodenleger in Angriff nehmen, die wir modular aufbauen. Wenn der Bodenlegermeister dann noch ein bestimmtes Modul nach ein paar Jahren dazu nimmt, dann hat er eben auch den Parkettmeister. Auf Sicht haben wir dann natürlich den Parkett- und Bodenlegermeister. Aber das ist ja auch in Ordnung.
aus Parkett Magazin 02/05 (Wirtschaft)