Ungarns älteste Parkettfabrik "Drava"

In einem behutsamen Modernisierungsprozess

Seit drei Generationen ist die Familie Mauer im Holzhandel tätig - etwas länger, seit 1878, besteht die älteste Parkettfabrik Ungarns in Barcs. 1995 kamen beide Unternehmen zusammen. Die damalige Firma Ramp + Mauer kaufte den aus staatlichem Besitz entlassenen Betrieb. Seither wechselten Höhen und Tiefen. Heute dominiert Optimismus. Entschlossene Investitionen in die Produktion des neuen Kernprodukts - dreischichtiges "Symparkett" - zeigen Wirkung.

Das Werk der Drava Holzindustrie liegt im äußersten Süden Ungarns am Grenzfluß Drau (Drava). Auf dem 12 ha-Gelände mit einem Gebäudebestand aus frühkapitalistischen und sozialistischen Zeiten, präsentiert sich das Werk auf den ersten Blick als ein großer, grauer Dinosaurier. "Hätte dieses Unternehmen in der DDR gestanden, wäre es unweigerlich abgewickelt worden", ist sich Franz-Josef Mauer sicher. Stattdessen - betont er - lege es heute Zeugnis ab vom Leistungswillen und Durchstehvermögen eines Familienunternehmens. Neue Hallen sind entstanden, das Grau weicht einem freundlichen Weiß und irgendwo blühen sogar ein paar Balkonpflanzen.

Vor sieben Jahren ging Franz-Josef Mauer daran, hier die Neuzeit einzuführen. Inzwischen weiß er, dass diese Aufgabe mehr als ein Leben erfordern wird. Mit den Söhnen Karl-Wilhelm und Reinhard Mauer betätigt sich inzwischen schon die zweite Generation an der Weiterentwicklung.

Investition in Anlagentechnik

In den letzten Jahren wurde schwerpunktmäßig in die Produktionsanlagen investiert, um das Kernprodukt, dreischichtiges "Symparkett", zu einem wettbewerbsfähigen Qualitätsprodukt zu machen. Dabei haben die Mauers in Dr. Ing. Torsten Peisker, dem Geschäftsführer der I.S.E. International Services und Systemtechnik aus Freudenstadt, einen überzeugten Mitstreiter gefunden. Die I.S.E. ist eine Tochtergesellschaft der Homag AG und im Hinblick auf Anlagen für die Parkettherstellung mit Engineering beschäftigt. Dabei ist Dr. Peisker nicht auf "den großen Wurf aus einem Stück" fixiert - im Gegenteil: Mit besonderem Engagement widmet er sich "intelligenten Lösungen, die nach Möglichkeit auch Vorhandenes berücksichtigen und integrieren". Erfolgreich praktiziert hat er dieses Konzept bei Grabo Parkett. Nun, bei der Drava Holzindustrie, die "im Begriff ist, nach Grabo die zweite ungarische Erfolgsstory zu werden", werden ebenfalls schrittweise Entwicklungen vollzogen. Sie sind mit einem überschaubaren Investitionsvolumen realisierbar, halten die Ausfallzeiten während der Produktionsumstellung in Grenzen und bleiben für die an den Maschinen beschäftigten Menschen in jeder Phase "begreifbar".

Der Kontakt zu Homag/I.S.E. und Dr.Peisker wurde vor drei Jahren hergestellt. Am Anfang stand eine Bestandsaufnahme. Der Statusbericht zielte darauf ab, Problemfelder zu erkennen und versteckte Potentiale aufzuspüren. Anschließend wurden eine Prioritätenliste künftiger Verbesserungen erarbeitet und Prognosen hinsichtlich Qualität, Quantität und Ausfallzeiten aufgestellt. Bei Drava mußte der prognostizierte Zeitrahmen nicht voll in Anspruch genommen werden; die volle Produktionsfähigkeit trat schneller als erwartet ein. Franz-Josef Mauer weiß, warum das so war: "Bewährtes wurde nicht umgeworfen, Neues mit Augenmaß und Ruhe verwirklicht." Einen weiterer Grund: "Wir suchen unser Heil nicht in der Masse. Zur Zeit sind wir bestrebt, unsere Kernkompetenz bei Fertigparkett zu stärken und Qualität zu bieten. Unser Nahziel ist es, die Kapazität von jährlich 500.000 qm voll auszuschöpfen. Frühestens 2004 ist dann eine Erweiterung auf maximal 900.000 qm geplant."

"Die Säger" lernen um

Der erste Umstellungsprozess in Barcs, der mit der Privatisierung 1991 begann, war schwer genug. Das riesige Säge- und Parkettwerk bot in seinen sozialistischen Glanzzeiten bis zu 1.300 Menschen Arbeit. Sie waren "die Säger" und sich ihrer Tradition bewusst. Mit eigenem Gleisanschluß und Anbindung an den wichtigen Eisenbahnknotenpunkt Barcs, mit Schiffsverbindung bis zur Adria und im Einzugsgebiet eines der ergiebigsten Eiche-Wuchsgebiete Europas gelegen, war ihre Produktionsstätte der Lebensmittelpunkt schlechthin. Fast 100 Jahre lang wurde ausschließlich klassisches Massivparkett hergestellt. 1974 kam eine Fertigparkettproduktion dazu - in jener Zeit hochmodern - die das Werk zum Vorzeigebetrieb machte. Von dort bezog Ramp + Mauer, damals Holzgroßhändler in Hofheim/Taunus und Franchisegeber für die Pardio Parkett Studios, große Mengen Parkett. Der Kontakt führte 1995 zum Kauf des Werks. Heute beschäftigt die Drava Holzindustrie etwa 220 Menschen. Vielfach kommen sie aus Familien, die in 5. Generation für das Parkettwerk arbeiten. Das Zusammengehörigkeitsgefühl ist groß. Neu ist die Forderung nach Eigenständigkeit und Eigenverantwortung.

Die Unternehmensleitung setzt auf eine flache Hierarchie und auf den Austausch zwischen den Arbeits- und Qualitätsgruppen. Das alles muss geschult und in der Praxis umgesetzt werden. Produktionsleiter Andreas Steiner berichtet von Fortschritten: Die Belegschaft beginne, sich selbst zu organisieren, etwa bei der Einteilung des Schicht-Betriebes. Die Familie Mauer sieht eine der vordringlichsten Aufgaben darin, sich ein gutes Facharbeiterpotential zu erhalten und Nachwuchs für mittlere Führungsaufgaben heranzubilden.

Fortschritte und Rückschläge

Von der ursprünglichen Anlage für die Fertigparkettproduktion aus dem Jahr 1974 sind viele Teile noch in Betrieb. Wo es um Präzision und Qualität geht, wurden jedoch nach dem Erwerb der Fabrik Anpassungen an den Stand der Technik vorgenommen. Das Sägewerk wurde modernisiert, neue Maschinen in Betrieb genommen. Hinzu kamen Ideen in der Produktentwicklung.

Dann fielen die Ramp + Mauer ParkettStudios als Abnehmer weg. Hoffnungen, den Durchbruch dennoch zu schaffen, wurden zerschlagen, als auch ein neuer Großkunde 2001 in Konkurs ging. Gleichzeitig brach der deutsche Markt immer mehr ein.

Gewissen Ausgleich schaffte der ungarische Markt, der inzwischen 25 % der Produktion aufnimmt - bei akzeptablen Preisen. Gleichzeitig wendete sich Reinhard Mauer als Exportleiter intensiv neuen Kunden in Deutschland und anderen Exportländern zu - mit dem Erfolg, dass sich die Auslastung auf solider Basis permanent erhöht hat und man in Barcs einer Vollauslastung entgegensieht.

Vorrangige Investitionen

Das Modernisierungskonzept konnte etliche Komponenten ausklammern. Dazu gehörte der selbst hergestellte 3,5 bis 3,7 mm dicke Gegenzug aus gesägter Fichte, eine Stärke des Symparketts. Er bot keinen Ansatz für Veränderungen, weil er sich als herausragendes Qualitätsmerkmal des Symparketts bewährt hat. Auch die Hochfrequenz-Endlospresse blieb erhalten. Sie presst bei 80 bis 100 Grad C, der Vorgang dauert nur 45 Sekunden. Ihre Wirkungsweise gleicht einer Mikrowelle - sie zielt lediglich auf den Leimbereich und wirkt sich nicht an der Holzoberfläche aus.

Das Endlosverfahren ermöglicht fortlaufende Nut/Feder-Konstruktion und folglich jede gewünschte Dielenlänge bis zu 4 m. Das wird bei Drava sogar für Einblatt-Landhausdielen genutzt.

Um dem Harnstoffleim Zeit zum Aushärten zu geben, wird der "Presskuchen" noch ein bis zwei Tage im Konditionierungsraum gelagert.

Der mit Dr. Peisker erarbeitete Maßnahmenkatalog setzte dort an, wo der wichtigste Verbesserungsbedarf bestand. Die erste Investition vor einem Jahr war ein Doppelendprofiler. Damit wird das Fertigparkett jetzt nicht mehr zuerst profiliert und danach lackiert, sondern nach dem Lackieren beschädigungsfrei profiliert. Der präzise arbeitende Homag-Doppelendprofiler "mit null Toleranz" macht es möglich.

Im zweiten Schritt wurde ein neues Konzept für die Mittellagenfertigung entwickelt. Dabei wurde die vorhandene Anlage, die das Sandwich-Prinzip praktiziert, als Basis berücksichtigt, mittelfristig aber eine Umstellung ins Auge gefasst, die zu einer besseren Rohstoffausbeute führt. Heute wird im Endlosverfahren produziert. So kann auf verschiedene Produktanforderungen flexibel reagiert werden. Als dritte Investition wurde ein neue Lackstraße installiert.
aus Parkett Magazin 06/02 (Wirtschaft)