EUCA-Jahreshauptversammlung, Hamburg

Perspektiven trotz angespannter Situation

Die Jahreshauptversammlung von EUCA, dem Verband der europäischen Orient-Teppichimporteure, spiegelt deutlich die Situation in der Teppichbranche wider. Auf der einen Seite sind ein paar wenige engagierte Mitglieder, die viel tun und auch viel erreichen. Auf der anderen Seite die große Anzahl derer, die glauben ihre Probleme besser alleine zu lösen. Das gerade in schweren Zeiten, ein starker Verband wichtig und hilfreich ist, zeigen die im letzten Jahr angeschobenen Aktivitäten, die anfangen Erfolge zu zeigen.

Es war wieder wie leider jedes Jahr bei der Jahreshauptversammlung der EUCA: Der Vorstand sitzt einer zahlenmäßig nicht viel größeren Fraktion der interessierten Mitglieder gegenüber. Ein Bild das verwundern sollte, vor allem, weil im letzten Jahr viel Positives vom Verband geleistet wurde.

Es muss die Frage erlaubt sein, was passieren muss, damit alle Importeure verstehen, dass nur mit gemeinsamer Arbeit die Gesamtsituation verbessert werden kann. Dass der seit geraumer Zeit frisch wehende Wind im Verband ungeschwächt weiterweht, ist als deutliches Signal für alle Importeure zu verstehen, sich in der Zukunft stärker zu beteiligen.

Der Vorstand ist stärker den je dabei, die gesteckten Ziele umzusetzten. Eine Unterstützung auch von Seiten der Mitglieder könnte helfen, diese Ziel schneller zu erreichen und damit die Gesamtsituation der Branche zu stärken.

Situation im Teppichhandel

In den Augen des EUCA-Vorsitzenden Dr. Ali Ipektchi gibt es nicht viel Positives über die Situation im Handel zu sagen. Ein Unternehmenssterben im Einzelhandel hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass die Großfläche den Teppichhandel weiterhin stark dominiert. Allerdings scheint es, als sei der Boden jetzt wirklich erreicht. In den letzten Monaten haben vereinzelnd neue Einzelhandelsgeschäfte eröffnet. Diese betreiben zu meist eine klare Nischenpolitik. Oft haben diese Unternehmen einen sehr hochwertigen Galeriecharakter. Sie bilden damit einen Gegenpol zu den auf große Mengen und günstige Preise ausgerichteten Großflächen, die nicht das gesamte Spektrum der Endkunden abdecken können.

In der Großfläche wird dafür der Preiskampf immer härter. Um Frequenz in die Abteilungen zu bekommen, wird immer weiter an der Preisschraube nach unten gedreht. Besonders in Verbindung mit einer aggressiven Werbung ist diese Entwicklung schädlich für die gesamte Teppichbranche.

Die Dominanz der Großfläche und deren Sortiment erklärt, warum die Situation für den Knüpfteppich immer schwerer wird. Zwar liegen EUCA noch keine gesicherten Zahlen vor, doch ist es als sicher anzusehen, dass die Verkäufe der abgepassten Teppiche in Deutschland in der Menge nicht rückläufig sind. Es hat vielmehr eine Verschiebung stattgefunden. Niedrigpreisige Bereiche wie Maschinenwebteppiche und Handtuft haben in den letzten Jahren ihre Marktanteile ausbauen können.

Ein Grund für diese Entwicklung ist sicherlich in der nun schon seit Jahren bestehenden Kaufzurückhaltung zu sehen. Wenn der Endverbraucher in Deutschland jeden Cent zweimal umdreht, ist nicht zu erwarten, dass in der Teppichbranche die hochpreisigen Warengruppen stärker nachgefragt werden.

Situation der Importeure

Die Situation im Handel hat auch Folgen für die Importeure. Auch hier setzt sich der Schrumpfungsprozess fort. Die Insolvenz von Türkas, der als der letzte große Allrounder der Branche galt, zeigt, das all zu deutlich. Es muss die Frage gestellt werden, ob sich die Zeiten soweit geändert haben, dass Unternehmen, die sich nicht auf ein fest umrissenes Sortiment spezialisiert haben, überhaupt eine Chance haben zu bestehen.

Trotz des schwierigen Umfeldes mit weiter sinkenden Teppichverkäufen im Handel, ist die Situation für Importeure aber generell nicht negativ zu sehen. Auch in den vergangenen Monaten ist die Bedeutung von Direktimporten weiter zurückgegangen.

Derzeit sind auch deutlich Firmenkonjunkturen zu beobachten. Importeure, die bei der Sortimentsgestaltung das richtige Gespür gehabt haben, konnten sich gut behaupten und zum Teil sogar wachsen.

Insgesamt ist die Situation für die Importeure mit guten Chancen versehen. Marktanteile, können durch den fortschreitenden Schrumpfungsprozess gesteigert werden. Das hat zwar nicht zwingend Einfluss auf die Umsatzzahlen, stärkt aber die Situation der Unternehmen.

Entwicklung der Importe

Die Importzahlen für Knüpfteppiche nach Deutschland und Europa sind weiterhin rückläufig. In der letzten Ausgabe von Heimtex Orient wurden die aktuellen Zahlen veröffentlicht und kommentiert.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass vor allem aus dem Iran, Nepal und Afghanistan weniger Teppiche importiert wurden. Unangefochtene Nummer 1 bei den Importmengen ist Indien, das auch seine Zahlen im Vergleich zum Vorjahr stabil gehalten hat. Geht es um die Werte, liegt der Iran auch weiterhin auf Platz 1. Durchweg positiv ist die Entwicklung in Pakistan. Sowohl bei der Menge, als auch bei den Importwerten sind beachtliche Zuwächse zu beobachten.

Entwicklung der Mitglieder

Bei der Mitgliederentwicklung konnte EUCA Geschäftsführer Peter Fliegner Positives berichten. Trotz der sinkenden Zahl der Importeure am Markt, konnten die Mitgliederzahlen gehalten werden. Es wird zwar zum Jahresende 2 Austritte geben, doch konnten 2 weitere dazu gewonnen werden. Seit der neuen Aufgabenteilung im EUCA-Vorstand ist Rasoul Razavi für die aktive Mitgliederwerbung verantwortlich. Er hält engen Kontakt zu weiteren potentiellen Neumitgliedern und ist zuversichtlich, in naher Zukunft weitere Mitglieder von den Vorteilen der Verbandszugehörigkeit zu überzeugen.

Diskussion zur Zukunft der Branche

Die Diskussion über die Perspektiven, die der Verband in der Branche sieht, zeigte deutlich den frischen Wind, der schon etwas länger bei EUCA weht. Trotz der geringen Teilnehmerzahl wurde intensiv und produktiv diskutiert.

Besonders die starke Stellung der Großfläche stellt die Importeure vor Probleme. In der zeitlich begrenzten Diskussion wurden Lösungswege angedacht, die darauf zielen die Position der Importeure zu stärken. Auf Grund des großen Interesses an diesem Thema wird ein zusätzliches Treffen stattfinden, das den Erfahrungsaustausch vertiefen soll.

Mitgliederpolitik

Schon im letzten Jahr wurde ein Strategiepapier für die Ausrichtung der Verbandarbeiten vorgestellt. Dieses Jahr zeigte sich, dass dieses Werk auch mit Leben ausgefüllt wurde. Den wichtigsten Punkten wurden Verantwortliche aus dem Vorstand zugeteilt, die in den letzten 12 Monaten mit großem Engagement zur Sache gingen.

Als erster greifbarer Beweis dieser Bemühungen lag der neu eingeführte Newsletter vor. Dieser soll 4 mal jährlich erscheinen und wird neben den aktuellen Importstatistiken auch die Situation in den unterschiedlichen Ursprungsländern widerspiegeln. Auf diese Weise sollen EUCA-Mitglieder einen Wissensvorsprung vor den Wettbewerbern haben.

Ein zentrales Thema ist die Öffentlichkeitsarbeit und die Imageförderung. Es wurde hier ein umfassender Presseverteiler aufgebaut. So können alle relevanten Medien mit Berichten versorgt werden, die das Thema Teppich wieder in die Köpfe der Verbraucher bringen sollen. Für die Mitglieder soll ein Messekalender erstellt werden, der neben den etablierten Messen auch die Termine berücksichtigt, die in Zukunft für die Importeure interessant werden können

Das Ressort Umwelt und Gesellschaft befasst sich zunächst vor allem mit Problemlösungen, die im Bereich Umwelt auftreten können. Relevant sind hier vor allem Informationen rund um Schadstoffe, Mottenschutz oder den Arbeitsschutz für Mitarbeiter.

Die Lobbypolitik des Verbandes soll vor allem einen intensiveren Kontakt zu den Behörden ermöglichen. Dabei ist es genauso wichtig, kompetenter Ansprechpartner zu sein, wie bei Problemen die die Mitglieder betreffen, die relevanten Ansprechpartner in der Politik zu haben. Einen besonders hohen Stellenwert hat hierbei der Zoll. Es gibt dazu einen eigenen Arbeitskreis.

Messen

Die Domotex bleibt die wichtigste Branchenmesse, da hier Kontakte zu allen interessanten Kundengruppen geknüpft werden können. Unglücklich ist weiterhin nur der Termin der Messe. Anfang Januar sind die für den Handel umsatzstärksten Monate gerade vorbei. Es wird mehr und mehr zum Problem, dass Kunden die Vorfinanzierung von Januar bis zum Einsetzten des Hauptgeschäfts im Herbst nicht leisten können oder wollen.

Eine zusätzliche Einkaufsmesse im Spätsommer wurde aus diesen Gründen wieder angesprochen. Ein baldiges Wiederaufleben der Eurotefa bleibt aber wohl eher ein Wunschdenken. Die mit einer solchen Messe verbundenen Kosten sind in absehbarer Zukunft für den Großteil der Importeure nicht tragbar.

Care & Fair

Ein kurzer Abriss über die Situation von Care & Fair vor der Mitgliedervesammlung (Bericht folgt in der nächsten Ausgabe von Heimtex Orient) zeigt, dass trotz der finanziell schwierigen Lage der Initiative viel bewegt wurde. Die Projekte laufen problemlos. Gerade in Pakistan ist die Situation positiv.

Die lokalen Exporteure engagieren sich stark für die Care & Fair-Projekte und sorgen für eine vollständige Finanzierung dort. Beispielsweise wird die Schule in Vern mit Biologie-, Physik-, Chemie- und einem PC-Labor, sowie 6 Klassenräumen, erweitert. Auch konnte angrenzendes Land gekauft werden, was den weiteren Ausbau ermöglicht. Zur Zeit werden in den Care & Fair Schulen 6.200 Schüler unterrichtet. Pro Monat werden 14.000 Menschen kostenlos in den Care & Fair Projekten medizinisch versorgt.

Vorstandswahlen

Turnusmäßig standen bei der diesjährigen Mitgliederversammlung Vorstandswahlen auf dem Programm. Nach 2 Jahren erfolgreicher Arbeit wurde der Vorstand, bestehend aus Dr. Ali Ipektchi, Peter Höge, Erik Dilmanian, Klaus H. Günther, Jalil Safavi, Rasoul Razavi und Noroozali Taleblou komplett wiedergewählt.
aus Heimtex Orient 06/05 (Wirtschaft)