Laminat auf der Domotex

Äußerst vitale Branche mit vielen heißen Themen

Aufsehen erregende Neuheiten im Bereich Laminatfußboden suchte man auf der Domotex vergebens. Sowohl technisch als auch optisch haben die Produkte ein hohes Niveau erreicht und sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur um Nuancen zu toppen. Gemeint ist der klassische Laminatboden mit Dekorpapier und Overlay in Direktpressung (DPL) oder in HPL-Qualität. Ausführungen, bei denen der so genannte Direktdruck zur Anwendung kommt, suchte man vergeblich.

Nachdem hinreichend bekannt ist, dass einige führende Laminatboden-Hersteller in aufwändige Technologien für den Direktdruck investiert haben, war damit zu rechnen, dass der eine oder andere seinen Entwicklungsvorsprung auf der Domotex herausstellen würde - Fehlanzeige. Zumindest vorerst noch muss sich die Branche mit Prototypen begnügen. "Direktdruck" bedeutet, dass die Dekore unmittelbar auf den Träger (MDF/HDF) gebracht werden (Fondfarbe plus Drei-Farben-Druck). Dekorpapier - ein entscheidender Kostenfaktor - entfällt somit. Dieses Verfahren - im Fachjargon auch als indirekter Tiefdruck bezeichnet, kommt bei Möbeloberflächen schon seit längerem zum Einsatz, weil dort geringere Beanspruchungsklassen gelten.

Aufgrund deutlich verbesserter Maschinen und Lackqualitäten ist man nun in der Lage, die Technologie auch bei Fußböden anzuwenden. Der EPLF hat bereits grünes Licht gegeben, im Falle der Markteinführung auch die Neuentwicklung als Laminatfußboden zu führen. Vor diesem Hintergrund soll jetzt die Norm modifiziert werden. Logische Konsequenz dieser Entwicklung: Die Dekordrucker ziehen alle Register ihres Könnens, um sich mit noch brillanteren Optiken gegenüber der künftigen Konkurrenz zu behaupten. Zu sehen waren noch weitere Varianten von Lackböden, bei denen nicht direkt bedruckt wird, sondern ein Dekorpapier zum Einsatz kommt.

Dekorsynchrone Pressungen immer bedeutsamer

Spezielle Oberflächenprägungen - wie die dekorsynchrone Pressung - sind heute ein absolutes Muss für Hersteller, die in der obersten Liga mitmischen wollen. Ebenfalls stark im Kommen ist der so genannte Handscraped-Effekt. Durch manuelles Schaben erhielten Holzfußböden in früheren Zeiten eine markante Struktur, die jetzt maschinell nachgestellt wird und ganz nah am historischen Vorbild ist. Ausdrucksstarke Holzdekore in Landhausdielenoptik dominierten auf der Domotex, obwohl das reale Kaufverhalten immer noch völlig anders aussieht. Mut zu eigenständigen und extravaganten Dessins bewies beispielsweise Tarkett.

Konstanter Laminatverbrauch in Deutschland

Jahr für Jahr stellt sich die gleiche Frage: Wie lassen sich die Absatzmengen von Laminat einigermaßen exakt ermitteln? Dankbar nehmen wir die mit bewundernswerter Akribie zusammengestellten Marktdaten des EPLF (Verband der Europäischen Laminatfußbodenhersteller) entgegen. Das Zahlenwerk hat jedoch einen Haken: Es gibt ausschließlich die Erstverkaufsmengen der Verbandsmitglieder in den jeweiligen Ländern und Regionen wieder. Eine Reihe von Großabnehmern, die erhebliche Mengen exportieren, bleiben statistisch unberücksichtigt und auch der Absatz von Herstellern, die nicht im EPLF organisiert sind, wird in keinem Zahlenwerk erfasst.

Konzentrationsprozesse auf internationaler Ebene

Kennzeichnend für die Laminatbranche ist, dass auf internationaler Ebene zunehmend Unternehmenskonzentrationen entstehen. Mohawk holte Unilin für sagenhafte 2,2 Mrd. EUR ins Boot, Alsapan wurde von Epi übernommen, die Beaulieu-Gruppe, zu der auch Berry und Alloc gehören, bildet eine Holding, Tarkett gründet mit Sonae/Glunz ein Joint-venture und man unterzeichnet darüber hinaus eine Absichtserklärung für ein ähnliches Projekt in Osteuropa mit der schweizer Krono-Gruppe. Bei diesen epochalen Ereignissen fällt es kaum auf, dass sich Hornitex aus der Riege der Laminatbodenhersteller verabschiedet hat.

Preise werden der Kostensituation angepasst

"Wenn auch in 2005 hinsichtlich der Mengen nicht die Zuwächse erreicht wurden, die man sich Ende 2004 vielleicht erhofft hatte, so können wir mit der Preisentwicklung im vergangenen Jahr zufrieden sein", bemerkte EPLF-Präsident Ludger Schindler während der Domotex-Pressekonferenz des Verbandes. Als Grund dafür nannte er unter anderem flächendeckende Lizenzvereinbarungen in Sachen "leimlose Verbindung". Fast alle namhaften Hersteller haben sich mit Unilin Flooring, Välinge Innovation oder mit beiden(!) arrangiert, so dass in dieser Frage weitgehend Wettbewerbsgleichheit besteht und die Preise auf breiter Front an die Kostensituation angepasst werden. Ein entscheidendes Signal dürfte von den "Schwergewichten" Kronotex, Kronospan und Kaindl ausgegangen sein.

"Schluss mit lustig!": Lizenzgeber greifen durch

Välinge und Unilin können sich nun auf die letzten "schwarzen Klicker" konzentrieren, bei denen die Nerven teilweise blank liegen. Wenn auf der Domotex die Einkäufer bedeutender Handelspartner auf der Matte stehen, um Garantien für einen eventuellen Rechtsstreit einzufordern, kann man schon nervös werden. Für einige chinesische Anbieter, die offensichtlich das Patentrecht verletzten, endete der Domotex-Auftritt tragisch. Teilweise wurden die Böden von der Polizei mit der Brechstange entfernt. Die Landsleute auf den Nachbarständen staunten nicht schlecht über die spektakuläre Aktion und haben zu Hause sicher viel zu erzählen.

Jubiläum: Vor 10 Jahren erstmals auf Domotex geklickt

Dass Välinge erstmals mit einem eigenen Messestand auftrat, war ein gelungener Schachzug. Die Präsentation neuartiger Klicksysteme hat sich als echte Attraktion erwiesen. Hier traf man auch Gerhard Schultze, der mit Välinge-Chef Darko Pervan in den siebziger Jahren bei Perstorp AB (später Pergo) den ersten Laminatboden entwickelte. Mit Göran Dannborg, jetzt ebenfalls in den Diensten von Välinge, bildeten sie damals ein überaus erfolgreiches Trio. Als Alloc auf der Domotex 1996 das erste mechanische Verriegelungssystem für das leimfreie Verlegen von Laminatfußböden auf den Markt brachte, was ein riesiges Aufsehen verursachte, fungierte Schultze bei den Verlegedemonstrationen als "Frontmann" auf der Bühne. Zum zehnjährigen Jubiläum hatte man den Unternehmensberater nach Hannover eingeladen. Klar, dass für ihn außer Frage steht, wer die älteren Rechte beim Klicken von Laminatböden hat.

Erste Abwanderungstendenzen lassen Parallele erkennen

Dass einige bedeutende Laminatboden-Anbieter (Egger, Kaindl, Meister, Terhürne) der jüngsten Domotex fernblieben, obwohl in diesem Jahr nicht mit der Bau in München eine zeitgleiche Alternative zur Verfügung stand, scheint die Veranstalter nicht sonderlich zu beunruhigen. Branchenbeobachter sehen das bisweilen anders. Vor vielen Jahren zeichnete sich ähnliches bei der Interzum in Köln ab. Damals handelte es sich noch um die weltweit größte Parkettmesse. Fast jeder, der ein Brett produzierte, hatte den Ehrgeiz, dabei sein zu müssen.

Dann traten, wie jetzt in Hannover, erste atmosphärische Störungen zwischen Messegesellschaft und Ausstellern auf, was dazu führte, dass zaghafte Abwanderungstendenzen einsetzten. Aber niemand wollte wahrhaben, dass es diese für die Parkettbranche so bedeutsame Institution eines Tages nicht mehr geben könnte. Doch nach gut zehn Jahren war das der Fall.... Bleibt abzuwarten, ob die Hannoveraner in der Lage sind, auf wirksamere Weise gegen die einsetzende Messeverdrossenheit vozugehen.

Die Sache mit den Innovationen

Der Terminus "Innovation" - ursprünglich einmal positiv besetzt - mutiert mehr und mehr zu einer belanglosen Floskel. Ein Grund dafür - unter anderem auf Messen - ist der inflationäre Umgang mit dem Begriff. Viele Hersteller machen bereits Gebrauch davon, wenn sie ein Produkt um Nuancen verbessert haben, aber das ist zu wenig. Anders wäre das bei einer neuen Fußbodengattung.

Das auf der Domotex vorgestellte Produkt Ceraclic könnte auf diese Weise geadelt werden. "Könnte" deshalb, weil namhafte Volkswirtschaftler unter Innovation nicht die bloße Erfindung verstehen sondern deren Durchsetzung im Markt. Die Chancen für Ceraclic stehen gut. Um den Siegeszug zu verwirklichen, haben Witex (Erfinder), Tarkett, Knauf Integral und Resopal einen strategischen Schulterschluss vollzogen. Wie schon der legendäre Laminatboden von Pergo ist Ceraclic ebenfalls mit Hochdruck-Schichtpressstoff (HPL) ausgestattet. Während damals jedoch eine Spanplatte als Träger zum Einsatz kam, findet hier ein Gipsfaserwerkstoff Verwendung.

Das Produkt bietet sich für Bereiche an, in denen "schnelle" Böden gefordert sind und wo die Feuchte eines konventionellen Estrichs ein entscheidendes Hindernis darstellt. Zusammen mit einer abgestimmten Unterlage und durch das hohe Eigengewicht (mit 1.500 kg/m3 weist das Material eine fast doppelt so hohe Dichte auf wie HDF) lässt sich Ceraclic sogar auf der Rohbetondecke verlegen. Mit der Nutzungsklasse 34(!) ist es durchaus möglich, Fliesen und Steinböden zu substituieren.

Stellt sich die Frage, welchem Belagsegment die Neuheit zuzuordnen ist. Die klassische HPL-Beschichtung lässt eigentlich nur eine Antwort zu. Indes: Da mit PU, CV und Linoleum bereits weitere Deckbeläge angedacht sind, dürfte sich eine eigenständige Gattung etablieren. Aber wie soll diese heißen? Gipsfaserwerkstoffboden hört sich grausam an.
aus BTH Heimtex 02/06 (Wirtschaft)