Dekos und Gardinen auf der Heimtextil

Mit Hochwert-Konzepten und High Tech-Textilien gegen Billigpreise

Das war eine Heimtextil mit vielen Glanzlichtern für die Deko- und Gardinenbranche: Eindrucksvolle Auftritte von Marktgrößen wie Jab Anstoetz, Ado, Albani und Drapilux und selbstverständlich auch dem Deco Team sowie bemerkenswerte neue Kollektionen demonstrierten eindrucksvoll, wieviel Power in diesem Marktsegment steckt. Das muss jetzt nur via Handel zum Endverbraucher transportiert werden....

Aufbruchstimmung auf der Heimtextil 2006: Nach den flauen Vorjahren war in diesem Jahr deutlich "ein frischer Wind spürbar", wie es Reinhard Backhausen von Backhausen Interieurs beobachtet hat und Ralph Anstoetz bestätigt. Das knüpft an die Entwicklung derletzten Monate an: Nach einem schwachen Start hatten sich die Geschäfte im weiteren Verlauf 2005 leicht erholt bis zu einem kleinen Plus per Ende November.

Die Besucherzahl in Frankfurt war etwas niedriger als im Vorjahr, sowohl den offiziellen Zahlen nach als auch nach dem subjektiven Eindruck der Aussteller, dafür wurden die Kontakte zu den ausländischen Besuchern als außerordentlich gut bezeichnet. "Die Heimtextil ist Motor für unseren Export", konstatiert Indes-Fuggerhaus-Geschäftsführer Georg Hünnemeyer. Und sein Kollege Thomas Gehler von Fuggerhaus bestätigt: "Für das Exportgeschäft ist die Heimtextil für uns ein wichtiges Instrument zur Neukunden-Gewinnung. Hier sehen wir viel Potenzial beziehungsweise neue Chancen. Russland, China, Asien und Osteuropa sind für uns die wichtigsten Märkte, die wir auf der Messe antreffen".

Klarer Besuchermagnet war neben den Marktführern Jab Anstoetz, Ado und Drapilux wieder das Deco Team in Halle 3.1. Der Stand von Jab Anstoetz, zwar in den hinteren Teil der Halle gerückt, dennoch primäre Anlaufstation für viele, war einer der Highlights auf der Messe und ein Gewinn für das Gesamtbild. Umso bedauerlicher, dass man in Bielefeld an dem Entschluss festhält, nur noch alle zwei Jahre in Frankfurt auszustellen. Wir und die Branche wünschen uns, dass die Führungsriege diese Entscheidung noch einmal überdenkt. Für 2006 kündigte Ralph Anstoetz eine Fortsetzung der massiven Marketingmassnahmen an. Für das Mutterhaus Jab Anstoetz soll wieder eine Werbestaffel im ZDF laufen, für die neue Tochter Gardisette, deren Markenname und Image aufpoliert werden soll, sind Spots bei den Privatsendern SAT 1 und RTL geplant.

Rege Frequenz herrschte auch auf dem Stand von Ado, dessen Blickfang ein 16 m hoher Kordon war, der vom Hallendach herunterhing und bei Drapilux, wo das Thema intelligente Textilien im Mittelpunkt stand.

Deco Team war der Aderlass durch den Austritt von Drapilux nicht anzumerken. Im Gegenteil: es war, als habe die Umstrukturierung neue Kräfte freigesetzt. Und Neuzugang Beck stellt eine echte Bereicherung dar. Der Textilveredler überzeugte mit einer einfallsreichen, trendigen Kollektion und hat umgekehrt auch von dem Anschluss an das Deco Team profitiert: "Wir sind sehr zufrieden und haben im Export bereits nach zwei Tagen den Umsatz vom Vorjahr erreicht", zieht Birgit Beck Bilanz.

Ein weiterer Anziehungspunkt in Halle 3.1 war Saum & Viebahn. Der Textilverlag hat nach seiner Umstrukturierung und der Konzentration auf den Stoffbereich merklich an Profil gewonnen. Und das Stilwelten-Konzept der Kulmbacher kommt an.

Einen Stand der Superlative hatte die Albani-Gruppe aufgebaut: Auf rund 1.000 qm präsentierte sich das Unternehmen mit seiner neuen Struktur und den neue Kollektionen. Große Segel symbolisierten dabei die neue Firmenphilosophie "Alle unter einem Dach- jedoch mit klar unterteilten Vertriebsschienen sowie unterschiedlichen Produkten, Schwerpunkten und Aussagen der Kollektionen."

Hauptgesprächspunkt in Halle 3.0 war die Insolvenz von Eckardt Gardinen. Noch in den letzten Dezember-Tagen hatte Gabriele Eckardt den Gang zum Amtsgericht antreten müssen. "Unsere Strukturen sind nicht an die Marktverhältnisse angepasst", stellte sie selbstkristisch fest. Bis August 2005 sei die Restrukturierung des Unternehmens gut gelungen, den Umsatzeinbruch im Sommer habe man aber nicht mehr verkraftet. Von den ehemals 140 Angestellten seien jetzt noch 100 im Kulmbacher Werk beschäftigt. Aber: Die Aussichten für einen Fortbestand des Familienunternehmens sind gut. Derzeit wird an einem Fortführungskonzept gearbeitet und es gibt verschiedene Investoren, die Interesse bekundet haben; darunter die Albani-Gruppe und der türkische Konzern Tanriverdi, der bereits im ehemaligen Nickel-Domizil in Kulmbach nahe Eckardt logiert und von dort aus den deutschen Markt erobern will. Der Insolvenzverwalter hatte Eckardt sogar die Teilnahme an der Heimtextil genehmigt, wo sich Gabriele Eckardt über die "durchweg sehr positiven Reaktionen" von Kunden freute.

Auf völliges Unverständnis im Markt stößt der Rückzug von Södahl. Der Heimtextilien- und Haustextilienanbieter mit der einprägsamen skandinavischen Handschrift ist an das dänische Unternehmen F+H (Viborg) verkauft worden. Den Mitarbeitern wurde die Transaktion lapidar auf der Messe mitgeteilt. Diese waren zunächst erfreut über die Mitteilung und hofften, mit dem neuen Eigentümer durchstarten zu können, stattdessen wurde ihnen kurz nach der Heimtextil die Kündigung zugestellt. Und obgleich Södahl auf der Messe hervorragend schrieb, will die neue Mutter sich künftig ausschließlich auf Skandinavien konzentrieren. Alle anderen Verkaufsbüros - auch das deutsche - werden geschlossen, die Shop-in-Shops abgebaut, auch der erst vor kurzem installierte Flagship-Shop im Hamburger Alsterhaus. Manche Management-Entscheidungen sind nicht nachvollziehbar.

Neue Marketingstrategien

Nachdem sie ihre internen Umstrukturierungen weitgehend beendet hat und nur noch "kosmetische" Anpassungen stattfinden, will die Messe Frankfurt mit neuen Marketingstrategien Impulse setzen. So wurde dieses Jahr erstmalig die Festhalle in das Heimtextil-Konzept einbezogen. Jamie Drake, der prominente amerikanische Interior Designer, inszenierte hier mit mehr als 3.000 qm edler Stoffe ein textiles Universum. Das Konzept verstärkt die Vielfalt der textilen Welt, die unterschiedlichen Kulturen und Länder, in denen produziert wird. Die einzelnen textilen Planeten wurden von Heimtextilausstellern wie etwa Drapilux gesponsert.

Gegen die preislich aggressive Konkurrenz aus dem Ausland behauptet sich die inländische Industrie mit Hochwertkonzepten und High Tech-Textilien wie den sogenannten intelligenten Textilien, die Schadstoffe abbauen, antibakteriell wirken oder Elektrosmog abwehren. "Will man heute erfolgreich sein, muss man einen Zusatznutzen anbieten", sagt Delius-Vertriebschef Gerd Kramer. Delius setzt hier unter anderem auf seine Crypton-Ausrüstung bei Möbelstoffen, "gegen die fast kein Fleck mehr eine Chance hat". Mit einem Spültuch, lauwarmem Wasser und Pril-Lauge könne praktisch jeder Fleck entfernt werden. "Wir haben einen Polyesterstoff von vornherein so entwickelt, dass er mit der Crypton-Oberfläche kompatibel ist," erklärt Kramer.

Ado seinerseits hat eine weitere Nische entdeckt und kündigte auf der Heimtextil eine Gardine an, die lästige Insekten und Stechmücken fernhalten soll - es werde intensiv an einer entsprechenden textilen Lösung für Insektenschutz gearbeitet, ließ das Unternehmen verlauten.

Preiserhöhungen angekündigt

Die Verteuerungen bei Rohstoffen und Energien wirken sich auch auf die Preisgestaltung bei Heimtextilien aus. In Frankfurt sprachen sich unisono fast alle Produzenten und Verleger für Preiserhöhungen aus. Bei Jab Anstoetz stehen nach den Worten von Ralph Anstoetz geringfügige Preiserhöhungen bei 20 bis 25 % der Artikel an. Auch Unland will selektiv erhöhen, "im Schnitt 6 bis 7 %, einige Artikel bleiben auch konstant", teilte Hendrik Unland mit und verwies daraus, dass die Branche zuvor die Preise über Jahre konstant gehalten habe. "Aber jetzt kommen wir an Preiserhöhungen nicht mehr vorbei." Dem schlossen sich viele Wettbewerber an. Bis auf Stoeckel & Grimmler: Geschäftsführer Hanns Bergmann sagte, die Produktion sei dahingehend umgestellt, dass die Preise zunächst stabil bleiben: "Wir arbeiten intern stringenter und kompakter und beeinflussen in der Produktion unsere Kosten durch den Materialeinsatz, um Kosten aufzufangen.."

Zum zweiten Mal wurde das Projekt "Campus" - die Gestaltung der Zukunft - gut angenommen. Vier deutsche Kunsthochschulen stellten ihre Kreativität unter Beweis. Als Beispiel wurde mit einem "hörbaren Textil" ein Gewebe präsentiert, das aus Magnetband und Garn besteht. Alle Hochschulen stellten Exponate für den textilen Wohnbereich, darunter Neuentwicklungen, Wohnaccessoires mit textilem Bezug und Kleinmöbel aus.
aus BTH Heimtex 02/06 (Wirtschaft)