Ein Kommentar von Sven Rutter

Das Handwerk fühlt sich von der TKB nicht angesprochen


Zurück zu bewährten Konzepten hätte das Motto der diesjährigen Frankfurter Fachtagung der Technischen Kommission Bauklebstoffe (TKB) im Industrieverband Klebstoffe (IVK) lauten können. Während man in den letzten beiden Jahren vermehrt auf Gastredner aus Verarbeiter- und Sachverständigenkreisen sowie praxisnahe Themen gesetzt hatte, dominierten nun wieder die Referenten aus den Reihen der Verlegewerkstoffindustrie, die anhand selbstermittelter Untersuchungsergebnisse die Leistungsfähigkeit ihrer Produkte unter Beweis stellen wollten.

Wenn auch keine konkreten Produktempfehlungen gefallen sind, hat es sicher jeder mitbekommen, dass man bei Spachtelmassen mit "Ardurapid-Effekt" keine Feuchtprüfung braucht; dass man Laminat aus Schallschutzgründen mit "zur Schallminderung optimierten Klebstoffen" vollflächig verkleben sollte - wohl vorzugsweise mit dem "Flüsterkleber" des Düsseldorfer Unternehmens, bei dem auch der entsprechende Vortragsredner beschäftigt ist; und dass weichelastische Parkettklebstoffe auf MS-Polymerbasis eine interessante Alternative zu 1-K-PU-Produkten bilden - was zumindest der Entwicklungschef des betreffenden Herstellers aus Rosendahl meint.

Um neben solchen produktbezogenen Informationen zu einem Erkenntnisgewinn zu gelangen, musste man in den meisten Fällen schon gut mit dem Thema vertraut sein und Hintergründe kennen. Die Diskussionen - für die dank abgespeckter Rednerliste erstmals ausreichend Zeit zur Verfügung stand - hielten sich daher auch in Grenzen und bewegten sich überwiegend auf Expertenniveau. Wer da mitmischen wollte, musste aufpassen, dass er sich nicht versehentlich als Nicht-Chemiker outete.

Nur ein Beispiel bildet die Einlassung eines Zuhörers, der von positiven Erfahrungen mit Naturklebern berichtete, deren Leistungsfähigkeit Dr. Matthias Hirsch in seinem vorangegangenen Vortrag gerade in Frage gestellt hatte. Was der Tagungsteilnehmer - der wohl kein Chemiker war - offenbar nicht wusste: Die von ihm eingesetzten Produkte gehören gar nicht zur Gruppe der "Naturkleber"- womit sich seine positiven Praxiserfahrungen erklären.

Solche feinen Unterschiede musste man schon kennen - ebenso wie beispielsweise die Kenngröße "wasserdampfdiffusionsäquivalente Luftschichtdicke", die Besonderheiten einer "MS-Polymerbasis" oder die Unterschiede zwischen TVOC und SVOC. Zugegeben: Ganz früher waren die Inhalte noch viel akademischer - die Vorträge sind verständlicher geworden, aber immer noch nicht verarbeitergerecht und zudem werbelastiger. Außerdem muss verständlich auch nicht immer gleichbedeutend mit hilfreich sein - Beispiel: "Ein Holzpflasterklebstoff ist dann ein Holzpflasterklebstoff, wenn der Klebstoffhersteller sagt, ein Klebstoff ist für Holzpflaster geeignet." Für solche Erkenntnisse braucht man keine Fachtagung besuchen.

Zwar konnte man bei aufmerksamem Zuhören im Gegensatz zu reinen Marketing-Veranstaltungen stellenweise dennoch einige wertvolle Praxishinweise aufschnappen - unterm Strich hat sich jedoch der schon früher nicht immer durchgehend feststellbare Nutzen für den Verarbeiter weiter verringert. Das war schon aus dem Programm abzulesen, woraus sich wohl auch der rapide Absturz des Besucheranteils aus dem Handwerk von 21 % auf 13 % erklärt. Viele Verarbeiter hatten anhand der angekündigten Themen offenbar keine Veranlassung gesehen, nach Frankfurt zu fahren.

Warum hat die TKB die Erfolgsstrategie der letzten beiden Jahre nicht weitergeführt, als kompetente Referenten mit unterschiedlichem Background praxisrelevante Themen aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchteten und damit für lebendige Diskussionen sorgten? Sind dabei zu viele industriekritische Töne gefallen? Das sollte zumindest kein Maßstab für die Gestaltung einer Fachtagung sein.
aus FussbodenTechnik 02/02 (Wirtschaft)