Mohammad Naziri Import-Export

Galerieware aus dem Fars

Im Orientteppich-Großhandel gibt es nur wenige Anbieter, die sich derart streng spezialisiert haben wie der Importeur Mohammad Naziri. Auf der 3. Etage eines historischen, Hamburger Freihafenspeichers am Brooktorkai 16 bietet sein 1980 gegründetes Unternehmen auf circa vierhundert Quadratmetern Lagerfläche ein hochinteressantes, ethnologisch ausgerichtetes Lieferprogramm, das zur Hauptsache aus Knüpf- und Webteppichen des Farsgebietes (Süd-Iran) besteht.

Naziris Hauptangebot umfasst in sonst unbekannter Reichhaltigkeit antike und alte Gabbehs sowie andere Alt- und Neuknüpfungen und Flachgewebe des Farsgebietes von Süd-Persien. Viele seiner Stücke sind in der Fachliteratur über Gabbehs veröffentlicht worden.

Neben diesem Basisprogramm findet der Einkäufer hier auch die sonst in Europa kaum angebotenen Djadjims, Kelims, Soumachs und Palas, die wegen ihrer Einzigartigkeit in Ausdruck und Farbe einen ständig wachsenden Liebhaberkreis gewonnen haben. Als florlose Teppiche sind sie zwar dünn, dennoch werden sie sehr gern als Fußbodenteppiche genommen. Für diesem Verwendungszweck unterlegt man zum Trittkomfort und gegen das Rutschen eine dämmende Unterlage.

Abgerundet wir das volkskundlich ausgerichtete Angebot von Nomadentaschen wie Chordjins (Doppeltaschen), Heybehs (Packtaschen), Namakdans (Salztaschen mit ihrem schornsteinartigen Aufsatz), Tandjes (kleine Taschen von ca. 20-30 cm im Quadrat), Ru-Korssis (etwa quadratmetergroße Decken), Soffrehs (längliche Kelim"tisch"decken), Mafraschs (rechteckige, textile Packkoffer) und andere Textilarbeiten wie zum Beispiel schmuckvoll verzierte schmale und breite Zelt- und Lastenbänder (sog. Malbands), sowie Satteldecken und allerlei Textilzierat.

Eine recht ausgefallenen Webarbeit stellen die Schwitzdecken dar, die, bevor Naziri sie als dekorativen Raumschmuck entdeckte, den Lasten- und Zugtieren nach der schweißtreibenden Feldarbeit zum Schutz vor Erkältung über Rücken und Flanken gelegt wurden. Andere dicke Palasgewebe, die wie die meisten dieser Gewebe in Leinenbindung hergestellt sind, dienten im Winter als Kälte- und Windschutz. Nass getränkt bedeckte man damit im Sommer die Milchgefäße. Auf diese Weise wurde mit Hilfe der Verdunstungskälte die Milch für die Weiterverarbeitung gekühlt.

All diese Stücke werden vor dem Versand in einer eigenen Wäscherei in Schiras gründlich gesäubert und exportfertig aufgearbeitet. Die kraftvoll-ursprünglichen Handarbeiten stammen sämtlich von den südlichen Nomadenstämmen der Ghaschghai, Lori (Luren), Bachtiaren und Chamseh, die sie einst ausschließlich für ihre Zelthaushalte fertigten. Ihren Knüpfungen und Geweben ist anzusehen, dass die ausgewogenen Farbkombinationen und unbekümmerten Dessins nicht mit Hinblick auf den Verkauf oder gar unter dem Einfluss ausländischer Märkte entstanden. Oftmals sind es mit besonderer Hingabe gefertigte Stücke, die die jungen Frauen als Mitgift für ihre Aussteuer webten oder knüpften. Andere Teile wiederum waren Brautgeschenke.

Mit ihrem so dargestellten Handwerkgeschick empfahlen sich die Unvermählten früher den auf Brautschau befindlichen Burschen. Deshalb galt es bei den Nomaden noch bis vor kurzem als äusserst unfein, von diesen, zum festen Hausrat gehörenden, teils geschenkten Stücken, überhaupt etwas zu verkaufen. Bezogen auf unseren Kulturkreis wäre das vergleichbar, als würde man sein Tafelsilber achtlos verscherbeln. Erst mit dem allmählichen Sesshaftwerden nach der Islamischen Revolution von 1979 änderte sich die Einstellung, und diese hochdekorative, ethnologisch interessante textile Volkskunst wurde nach und nach für den Handel zugänglich.

Angespornt durch die im Iran angebrochene, neue Zeit, wollten auch die jungen Stammesangehörigen teilhaben am Fortschritt und sich die ihnen jetzt bietenden Weiterbildungsmöglichkeiten nutzen. Viele wanderten deshalb ab in die Städte, um dort weiterführende Schulen zu besuchen und um zu studieren. Umfassende soziale Veränderung mit nachhaltigen Auswirkungen auf das traditionelle Nomadenleben waren die Folge. Draussen auf den Weiden fehlte jetzt plötzlich der Nachwuchs. In weiten Bereichen konnten die verbliebenen Nomaden den umfangreichen Arbeiten ihres entbehrungsreichen Lebens kaum noch nachkommen.

Zudem mussten die Eltern ihren Kinder für deren angestrebte Ausbildung finanziell unter die Arme greifen. Immer mehr Sippen wurden sesshaft und begannen die inzwischen zum Teppichallgemeingut gehörenden modernen Gabbehs zu knüpfen. Mittlerweile gehören sie zum Standardsortiment des Einzelhandels. Auch von diesen einrichtungsangepassten Teppichen führt Naziri eine ansprechende Kollektion mit neuen Dessinimpulsen.

Allein mit den absehbar immer weniger werdenden Alt- und Antikarbeiten ist ein zukunftgerichtetes Angebot langfristig jedoch kaum aufrecht zu erhalten. Deshalb läßt Naziri bereits seit einiger Zeit nach eigenen Ideen weben und knüpfen, übrigens auch in Sarab/Süd-Aserbeidjan (NW-Iran). Eingedenk seines Wahlspruchs "Man darf nicht stehen bleiben", baute er in den vergangenen Jahren eine Eigenproduktion auf, die sich am Zeitgeschmack seiner nationalen und internationalen Kundschaft ausrichtet. Die Dessins sind vornehmlich in Pastellfarbtönen Ton in Ton gehalten, nehmen aber die traditionelle Formgebungen alter Dessins auf.

Hierbei läßt man den Weberinnen völlig freie Hand in der Gestaltung, gibt ihnen aber die Abmessungen vor. So ist es möglich, Kelims bis über 3,00 m x 4,00 m anbieten zu können. Die hochwertige, ausschließlich handgesponnene und in einer eigenen Färberei mit Pflanzenfarbstoffen eingefärbte Wolle wird den Knüpferinnen von Naziri gestellt. So sind Qualität und Farbgebung gesichert, die geschmackvollen Ergebnisse sehenswert.

Mit seinem außergewöhnlichen Angebot ist es Naziri gelungen, eine wirkliche Marktnische zu besetzen und sie auch voll auszufüllen. Keiner hat sie ihm bisher streitig gemacht. Bei seiner inzwischen angesammelten Fachkompetenz in dieser Warengruppe und den fest gefügten Verbindungen zu den Nomadenstämmen würde das jedem Konkurrenten wohl auch äusserst schwer fallen. Zudem muss man wie Naziri direkt aus der Provinz Fars im Süd-Iran stammen, um zum einem das Vertrauen der Nomaden als Lieferanten zu gewinnen. Zum andern ist es außerordentlich zeitaufwändig und mühsam, die unter den Stämmen verteilten Seltenheiten in wirtschaftlich ausreichenden Mengen aus einer noch weitgehend schwer zugänglichen Region zusammenzutragen. Denn letztendlich muss sich der Betrieb eines derart sortierten Lagers auch wirtschaftlich rechnen.

All das wird präsentiert in einem historischen Freihafenspeicher. Die ansprechend gestalteten Räum unterstreichen den rustikalen Touch der Ware.

Loftartig roh belassenes, altes Mauerwerk aus denen schon mal die Eisen eines Mauerankers hervorlugen, geschliffene Vollholzdielen und eine stimmungsvolle Beleuchtung schaffen ein Ambiente, das das Disponieren der Ware zu einem echten Vergnügen macht. Vor einiger Zeit wurde zudem ein Fahrstuhl eingebaut.

Der kühl rechnende Kaufmann gewinnt schnell den Eindruck, dass der Quasi-Monopolist Naziri seine Stellung in keiner Weise ausnutzt. Die Preise bewegen sich durchaus im Rahmen des Üblichen, und der erforderliche Service entspricht voll den heutigen Anforderungen. Naziri ist zudem gern bereit, über Hintergründe und Entstehung dieser Ware Auskunft zu geben, so dass der Anbieter in der Lage ist, auch seine Kunden fachlich entsprechend zu informieren.

Zum Kundenkreis Naziris gehören insbesondere der traditionelle Fachhandel sowie Raumausstatter und Innenarchitekten. Doch auch etliche Orientteppichanbieter, die sonst eher auf den Konsumteppich setzen, runden ihr Angebot mit dieser ausgefallenen Warengruppe ab oder wählen aus für Sonderschauen.

Während die Nachfrage im Inland stagniert, wird sie im Ausland ständig stärker, so dass der Exportanteil inzwischen bei gut fünfzig Prozent des Umsatzes liegt und damit die schwächelnde Inlandskonjunktur ausgleicht.

Auffällig dabei ist die starke und stetig steigende Nachfrage aus Italien. Aus einem Land also, das für sein besonderes Formen- und Stilgefühl bekannt ist. Umfangreich geliefert wird ferner nach Großbritannien, Spanien, Griechenland, Skandinavien, Österreich, Frankreich, die Schweiz und Benelux. Japan, Australien sowie einige Länder Nord- und Südamerikas beziehen ebenfalls Naziris Knüpf- und Webteppiche. Einzig die osteuropäischen Länder sind an diesen strengen, geometrischen Dessins noch nicht interessiert.


Mohammad Naziri Import-Export

Gegründet: 1980
Adresse: Brooktorkai 16
D 20457 Hamburg
Tel: 040 / 33 78 99
Fax:: 040 / 33 71 80
Zollbedingungen: Freihafenlager
Sortiment: ausschließlich Knüpf- und Webteppiche rustikaler Prägung (Bauern- und Nomadenware), vorwiegend aus der südiranischen Provinz Fars
Lagerfläche: ca. 400 m2
aus Heimtex Orient 02/02 (Wirtschaft)