Vollautomatische Teppich-Präsentation in einem außergewöhnlichen Haus

1001 Nacht in Hamburg

Eine Attraktion für Hamburg schafft Houschang Farhadian, seit über 40 Jahren Teppichhändler in der Hansestadt. Start ist im April. Unter der Geschäftsführung seines Sohnes Mahdy Farhadian ist ein gläsernes Teppich-Palais entstanden, das mit einer selbst entwickelten, einmaligen Präsentationstechnik aufwartet: Auf Knopfdruck werden dem Interessenten die gewünschten Exponate vollautomatisch zu Füßen gelegt.

Die verzweigte Familie Farhadian ist eine feste Größe in der Orient-Teppich-Branche. Houschang Farhadian wagte 1960 von Teheran aus den Sprung in die weltweite Großhandelsszene des Hamburger Freihafens. Seit über 20 Jahren sitzt er auch in Messebeiräten und im Vorstand verschiedener Weltverbände. Den innovativen Ruf des Teppich-Kaufmanns begründete vor allem seine patentierte, materialschonende Wäscherei-Technik - 1978 im iranischen Karaj installiert.
Die Rolle des Vorreiters möchte er beibehalten. Der vorerst letzte Schritt des 65jährigen geht nun in den Einzelhandel. Die Leitung des neuen Unternehmen obliegt allerdings schon dem Nachwuchs. Mahdy Farhadian, studierter Diplom-Kaufmann, lockt Teppichliebhaber in das aufwändig gestaltetes Orient-Palais der Familie. Ort: Papenreye, Hamburg-Niendorf.

"1001 Nacht"

Der märchenhafte Name ist Programm. Schon von außen ist das Gebäude ein Schmuckstück. Die Buchstaben der über 20 m breiten Schrifttafeln bilden nicht nur eines der größten Einzelhandelsschilder Deutschlands, sondern sind gar mit 24 Karat Blattgold belegt. Das hat eine Investition von gut 100.000 Euro erfordert.

In den riesigen Schaufenstern der Stahlkonstruktion hängen große Palast-Teppiche - Tag und Nacht sichtbar und geschickt mit einem 20.000 Watt starken Dreiphasen-Lichtsystem ausgeleuchtet. Bis zu 120 qm Teppichfläche lassen sich allein über dem Eingang positionieren. Entlang der übrigen, insgesamt 400 qm messenden Fassade sind Exponate bis zu einer Größe von 6 x 9 Metern ausgestellt. Ein attraktiveres Teppich-Schaufenster gibt es nicht, meint Houschang Fahrhadian und spricht selbstbewusst vom "modernsten Orient-Teppichhaus der Welt".

Die gesamte Sammlung von nahezu 100 Palastteppichen - darunter einige von kaiserlicher Herkunft - lagert im Inneren des Gebäudes. Regelmäßig werden die Schaufensterdekorationen ausgewechselt. Geschäftsführer Mahdy Farhadian: "Dadurch entsteht immer wieder ein neues Gesamtbild. Der Passant soll sich stets einer neuen Komposition erfreuen."

Begrüßung und Beratung

140.000 Menschen täglich, schätzt der Geschäftsführer, werden in ihren Autos an dem Teppichhaus vorbeifahren und einen Blick auf die imposanten Palastgiganten werfen. Das soll Lust machen, den Parkplatz anzusteuern und in die inneren Gemächer vorzudringen.

Das Orient-Teppich-Palais ist kein Selbstbedienungsladen. Freundliche Kontaktaufnahme zum Publikum ist dem Unternehmen wichtig. Im mit antiken Möbeln ausgestatteten Foyer trifft der Kunde auf eine moderne Rezeption. Von hier kann er - mit oder ohne kompetente Begleitung - seiner Wege gehen. Die Auswahl der Teppiche im großen Showroom wird in jedem Fall durch einen Fachmann des Hauses begleitet.
Vier Ebenen als Verkaufsfläche

Aus vier Ebenen besteht die 2.000-qm-Verkaufsfläche. Alles ist direkt von der Eingangshalle aus zugänglich. In einem Tiefgeschoss wird "schöne Mitnahmeware" zu finden sein, im Zwischengeschoss und auf der Galerie sollen Brücken zur Geltung kommen. Kernstück des Kaufhauses für Endverbraucher ist die 1.000 qm große säulenfreie Halle. Ihre Wände sind mit großflächigen Teppichen bestückt. Hochleistungs-Pendelleuchten spenden helles Licht.

Und so kauft man unter dem Dach von "1001 Nacht" ein: In der Mitte der großen Halle befindet sich eine zentrale Auswahlstelle. Hier kann der Kunde mittels eines Fotokatalogs oder digital per Monitor im reichhaltigen Sortiment blättern. Der gewünschte Teppich schwebt dann auf Knopfdruck von der Decke herab, wird auf einen 3 x 5 m großen Schlitten verbracht und mit diesem Spezialbrett dem Betrachter vor die Füße gelegt. Der gesamte Vorgang dauert nur etwa 20 Sekunden.

Vier Kunden gleichzeitig kann diese einmalige Anlage bedienen.

Weltweit einzigartige Präsentationstechnik

Vier "Schubladen" besitzt die weltweit imposanteste Präsentationsmaschinerie. Jeder der vier Bereiche verfügt über 40 Aufhängungsrollen, die in gut zehn Metern Höhe in die Stahlkonstruktion des Gebäudedaches integriert sind. 20 bis 30 Tonnen Gewicht an Teppichen lassen sich insgesamt hier lagern.
Jeder Teppich hängt jalousienartig auf einer vertikalen Holzpalette. Die Befestigung in diesem ferngesteuerten Hochregalsystem erfolgt über patentierte Spezialnägel mit versiegelter Spitze. Millimetergenau greifen sie den Teppich in seinen Knotenfeldern auf. 500 Berührungspunkte gewährleisten dabei eine gleichmäßige Verteilung der Last.

Jedem Exponat ist eine Nummer zugeordnet. Per Fernsteuerung wird einer von über 300 Rollenmotoren aktiviert, das ausgewählte Stück kommt in Bewegung und senkt sich wie ein Bühnenbild herab. Über einen Schlitten fährt der Teppich in die Horizontale, lässt sich vom Betrachter in der Schräglage bewundern und wird dann der Länge nach auf dem Boden abgelegt. Alles automatisch. "Der Kunde kann sich mehrere Teppiche nebeneinander anschauen, ohne dass der Verkäufer sie umständlich aus dem Stapel ziehen muss", beschreibt Houschang Farhadian den Vorteil seiner Entwicklung.

Über 1.300 Kubikmeter beträgt die Gesamtgröße der Präsentationsmaschine. Damit ist sie die weltweit größte ihrer Art.

Exklusives Sortiment gegen Preisdumping

"Dieses Haus ist für Generationen erbaut", wirbt Houschang Farhadian um Vertrauen in die Dauerhaftigkeit und Qualität des Geschäftes. Hier wird kein Preisdumping und kurzfristiges Ausverkaufspiel getrieben. Erstmalig macht die Handelsfamilie die schönsten Stücke ihrer Sammlung einem breiten Publikum zugänglich. Als besonders wertvolles Stück befindet sich darunter ein 50 qm großer Nain-Shishla. Weiteres Highlight ist ein über 100 Jahre alter, 60 qm großer und 250 kg schwerer Bakhtiar mit der Signatur des berühmten Knüpfmeisters Yasdi. Das im Auftrag des Dorffürsten Jusef aus handversponnener Wolle gefertigte, mit Pflanzenfarbe gefärbte Stück zeigt über 100 verschiedene Medaillon-Muster - einzigartig und damit ein Grund zum Eintrag ins Guinness-Buch der Rekorde.

"Wir bieten keine Massenware und locken nicht mit Scheinrabatten", betonen Vater und Sohn Farhadian. Exklusive Teppiche von Weltklasse sind die Philosophie des Unternehmens. "Wir wollen dem persischen Teppich die Würde zurück geben, die ihm gebührt." Realistische Preise möchte man dennoch bieten. Aber selbst da, wo im Mitnahmebereich günstige Kategorien vorhanden sind, soll jedes Stück seinen eigenen Charakter behalten.

Ruhige, dezente Farben sind der Trend des Hauses. Trotz seines vielfältigen Musters etwa wirkt ein Täbriz dank pastellfarbener Anmutung edel und unaufdringlich. Houschang Farhadian: "Wir denken hier nicht nur an Hamburg, sondern an Kunden aus ganz Europa."

Eine eigene Kollektion mit eingeknüpfter Farhadian-Signatur bietet Teppich-Liebhabern exklusive Stücke zu Weltmarktpreisen. Zu der Auswahl wertvoller Teppiche aus Persien, Afghanistan und Pakistan kommen demnächst Stücke aus China, Indien, Tibet, Nepal, Russland und Türkei hinzu. Das Angebot umfasst neue, klassische, alte und semi-antike Knüpfkunst, sowie Gabbehs und Mode-Designer-Teppiche - stets mit Echtheitszertifikaten. Exklusive Eigenproduktionen, hauseigene Veredelung, Übermaße, ein internationaler Suchservice und echter Direktimport runden das Angebot ab. Geplant ist dazu eine Teppich-Universität mit hauseigenen Präsentationen und Einführungskursen.

"Hamburg behält seine Nase in der Orient-Teppich-Branche vorn", findet Houschang Farhadian mit Blick auf sein neues Teppichhaus, "selbst, wenn es mit dem Freihafen zu Ende gehen sollte."
aus Heimtex Orient 01/02 (Wirtschaft)