Gemeinsamer Auftritt von Care & Fair, Rugmark und Label Step

"Wir haben schon viel erreicht, aber immer noch nicht genug"

Zum ersten Mal seit ihrem rund zehnjährigen Bestehen kamen die drei Organisationen Care & Fair, Rugmark und Label Step im Rahmen der Domotex 2006 an einem Tisch zusammen, um gemeinsam über die Entwicklungen im sozial engagierten Teppichhandel zu informieren. Die drei Organisationen pflegen mittlerweile einen "kommunikativen Austausch", haben aber "zu wenig Kapazitäten, um mehr zu realisieren".

Vor rund zehn Jahren wurden die drei Organisationen Care & Fair, Rugmark und Label Step unabhängig voneinander und dennoch mit einem gemeinsamen Ziel gegründet: der Schaffung fairer Bedingungen bei der Herstellung von handgefertigten Teppichen sowie die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen im Umfeld der Teppichproduktion.

Rückblickend ziehen die drei Organisationen heute eine durchweg positive Bilanz: Das Engagement der Teppichbranche ist stetig gewachsen, so dass bislang 1 Million Menschen in sieben Ländern geholfen werden konnte. Gemeinsam kommen die drei Organisationen auf mehrere hundert Exporteure und Handelsunternehmen, die sich für gerechte Bedingungen in der Teppichproduktion einsetzen.

"Wir haben den Produzenten verständlich gemacht, dass westliche Abnehmer nicht länger bereit sind, Waren zu akzeptieren, die aus Kinderarbeit oder anderer, nicht sozialverträglicher Produktion stammen. Wir haben schon viel erreicht, aber immer noch nicht genug", berichtete Peter Fliegner, Geschäftsführer von Care & Fair.

Es kann mehr erreicht werden, wenn alle Akteure an einem Strang ziehen. Dies haben die drei Organisationen mittlerweile auch in Bezug auf sich selbst erkannt. "Der kommunikative Austausch über verschiedene Problemstellungen in der Teppichproduktion, mit denen alle drei Organisationen gleichermaßen konfrontiert sind, hat sich als effizienter Schritt in die richtige Richtung erwiesen", betont Fliegner.

Weitergehende Schritte sind eventuell in Nepal geplant, wo man "komprimierter auftreten" möchte, heißt es. Mehr sei aber nicht möglich, man habe "zu wenig Kapazitäten, um mehr zu realisieren", sagte Rugmark-Geschäftsführer Dieter Overath. Fliegner wies darauf hin, dass auch eine Reihe formaler Unterschiede ein engeres Zusammengehen der Organisationen verhindern würde.

Gemeinsam richteten die drei Organisationen einen Appell an diejenigen Importeure, die sich noch nicht im Kampf gegen Kinderarbeit engagieren, einer Organisation beizutreten. Frits Janssen, Care & Fair-Mitglied und ICE-Firmenchef, ist von der Notwendigkeit sozialen Engagements im Teppichhandel überzeugt: "Es ist wichtig, dass wir Händler etwas tun. Mit Care & Fair, Rugmark und Label Step bieten sich dem Teppichhandel gleich drei sinnvolle Optionen an."

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Im Überblick: Drei Organisationen - ein Ziel

Care & Fair
Care & Fair ist ein Berufsverband des Teppichhandels und damit das Forum eines engagierten, verantwortungsbewussten Teils der Branche. Als solcher leistet er seit seiner Gründung 1994 branchenbezogene Hilfe zur Selbsthilfe, mit der illegale Kinderarbeit bekämpft und die Situation der Teppichknüpfer und ihrer Familien in den Knüpfregionen von Indien, Nepal und Pakistan verbessert wird. Das Eintreten des Verbandes für sozialverträgliche Produktion ist darüber hinaus ein erklärtes Ziel. Die Mitgliedschaft im Verband beruht auf moralischer Verantwortung und freiwilliger Selbstverpflichtung. Care & Fair hat sich zum Ziel gesetzt, verbesserte Lebensbedingungen für die Knüpfer und ihre Kinder durch Ausbildungsmöglichkeiten und eine medizinische Grundversorgung zu ermöglichen. Die Organisation hat bisher mehr als 3 Millionen Euro in seine momentan 32 Schul- und Medizin-Projekte investiert. Diese Summe wurde ausschließlich von Branchenteilnehmern, ohne jegliche staatliche Zuschüsse, aufgebracht.

Rugmark
Um Kinderarbeit bei der Herstellung von Teppichen zu vermeiden, kontrolliert Rugmark einen Teil der Teppichproduktion in Indien (etwa 25 Prozent), Nepal (rund 70 Prozent) und seit kurzem auch in Pakistan. Werden Kinder in der Produktion gefunden, werden sie zunächst in ein Rehabilitationszentrum gebracht, der Teppichproduzent verliert seine Rugmark-Lizenz. Im nächsten Schritt wird versucht, den betroffenen Familien Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie ihre Kinder trotz Armut in die Schule schicken können. Rehabilitationszentren für befreite Kinder, kostenlose Schulen und Stipendien für die weitere Ausbildung sind die Ansätze von Rugmark, um den Mädchen und Jungen in der Teppichproduktion eine bessere Zukunft zu ermöglichen. In den letzten zehn Jahren wurden 3,6 Millionen Rugmark-Teppiche verkauft. Die Abgabe von einem Prozent auf den Importpreis finanziert die Kontrolle der Knüpfbedingungen und Sozialprogramme. So unterhält Rugmark in Indien sieben, in Nepal sechs und in Pakistan zwei Rehabilitationszentren und Schulen für befreite Kinder.

Label Step
Das Schweizer Label Step wurde 1995 von Nichtregierungsorganisationen und der Teppichbranche gemeinsam ins Leben gerufen und wird bis heute in partnerschaftlicher Zusammenarbeit getragen. Mit dem Ziel, die Arbeits- und Lebensbedingungen der Teppichknüpfer schrittweise und nachhaltig zu verbessern, setzt sich die Organisation mittels unabhängiger Kontrollen für faire Bedingungen in Teppichproduktion und -handel in den Schwerpunktländern Indien, Nepal, Pakistan, Iran, Marokko und seit 2005 auch in der Türkei und Armenien ein. Der Einstieg in Afghanistan ist in Vorbereitung. Bereits 100 von Label Step lizenzierte Verkaufsstellen in der Schweiz, Österreich und Frankreich bieten fair erzeugte und gehandelte Teppiche an, hinzu kommen neun Importeure und Grossisten, zwei davon in Deutschland. Allein in Form von Lizenzabgaben sind in zehn Jahren 2,2 Millionen Euro in die Kontroll- und begleitende Projektarbeit geflossen. Ergänzend zum Kerngeschäft fairer Handel führt Label Step Entwicklungsprojekte in Bereichen wie Gesundheit und Bildung durch, aber auch Projekte, die die erwachsenen Arbeiter in der Teppichproduktion unterstützen, ihre Rechte zu kennen und einzufordern. Mehr als 300.000 Menschen im Umfeld der Teppichproduktion konnte auf diese Weise geholfen werden.
aus Heimtex Orient 01/06 (Wirtschaft)