Möbel Höffner in Hamburg-Barsbüttel

"Kunden wissen ordentliche Qualitäten zu schätzen"

Großes Aufsehen erregte im letzten November die Neueröffnung von Möbel Höffner im Osten Hamburgs. Der Endverbraucher stürzte sich auf die Eröffnungsangebote, der Fachhandel äußerte Zukunftsängste und die großen Wettbewerber reagierten mit Sonderaktionen und Rabattschlachten. Drei Monate später ist Höffner aus den Schlagzeilen weitgehend heraus, die Kunden aber strömen nach wie vor in das neue Einrichtungshaus, das auch über eine Teppichabteilung verfügt.

Der Ansturm war gewaltig: 1.000 Besucher in den ersten sieben Minuten, insgesamt 100.000 Besucher am ersten Wochenende, 50 geöffnete Kassen, anderthalb Stunden Wartezeit an der Warenausgabe und 600 Mitarbeiter, davon 100 aus anderen Filialen, die ihr Bestes gaben. "Wir wurden fast überrannt", berichtet Jochen Leonhard, Leiter des neuen Möbelhauses Höffner in Hamburg-Barsbüttel, von der Eröffnungsphase im November.

Wie ist so ein Phänomen zu erklären, gerade in Zeiten allgemeiner Konsumflaute? "Sicherlich war es die Neugier auf unser Haus, dann unser Standort und vor allem eine sehr ausgefuchste Werbestrategie", erklärt Leonhard sichtlich zufrieden. Schon Wochen vor dem Start wurde die Werbetrommel mit Großplakaten, Prospekten und Radiowerbung gerührt. Firmen-Maskottchen Höffi tönte permanent durch den Äther, doch den Ausschlag gaben wohl Eröffnungsrabatte von 15 Prozent auf Möbel und bis zu 45 Prozent auf Küchen. Hinzu kam ein zeitlich begrenztes Finanzierungsangebot über 23 Monate zu null Prozent.

Und auch drei Monate danach, an einem ganz normalen Tag mitten in der Woche, ist die Kauflust im neuen Höffner-Haus scheinbar ungebrochen. Der ausgedehnte Parkplatz ist gut gefüllt, Menschenmengen bevölkern die Rolltreppen, Gänge und Verkaufsflächen. "Wir haben bereits eine hohe Anzahl an Stammkunden, die jeden Tag wie in einer Einkaufspassage durch unser Haus flanieren. Hinzu kommt eine enorm hohe Verweildauer: Die Kunden beschäftigen sich sehr intensiv mit unserem Sortiment", berichtet Leonhard.

Butterfahrten zu Höffi nach Barsbüttel

Das Einzugsgebiet des neuen Höffner-Hauses liegt schwerpunktmäßig im gut betuchten Osten Hamburgs, reicht aber auch bis Lübeck und Kiel. Ein Busunternehmen aus Bad Segeberg bot in den Anfangswochen sogar Butterfahrten zu Höffi nach Barsbüttel an. Alles was dagegen südlich der Elbe liege, tue sich etwas schwerer, meint der Hausleiter.

Die Lage unmittelbar an der A 1 - von der Autobahn aus ist der imposante Neubau beim besten Willen nicht zu übersehen - trägt sicherlich zu einer hohen Frequenz bei. Ebenso die bequeme Anfahrt über eine beinahe hauseigene Autobahnabfahrt.

Attraktiv für viele Kunden ist wohl auch das maritim aufgemachte Restaurant im zweiten Obergeschoss. Die Suppe des Tages kostet hier beispielsweise nur 95 Cent. Hinzu kommt ein 1.500 Quadratmeter großes Kinderparadies, "das größte in Deutschland". Zu Beginn wurden hier täglich bis zu 2.000 Kinder betreut, heute sind es 500 Kinder pro Tag. "Ein Möbelhaus muss heute immer auch ein Erlebnishaus sein", bemerkt Leonhard in diesem Zusammenhang.

Alles zum Thema Wohnen unter einem Dach

Der schmucke, 37.500 Quadratmeter große Einrichtungstempel mit großzügigem Lichthof verfügt über drei Etagen. Hier wird quasi alles zum Thema Wohnen unter einem Dach angeboten. Im Erdgeschoss sind die Heimtextilien untergebracht, im hinteren Drittel die Teppiche, gleich hinter den Rolltreppen zu den oberen Stockwerken.

Beim Aufbau der Teppichabteilung geht Höffner konventionelle Wege: Mitnahmeartikel am vorderen Rand sollen dazu verführen, tiefer ins Sortiment einzutauchen. Moderne Ware im untersten bis mittleren Preissegment bestimmt die erste Hälfte der Abteilung, weiter hinten wird es klassischer und hochwertiger. Mit Ausnahme der Orient-Ecke, in der einige Einzelstücke hängend gezeigt werden, erfolgt die Präsentation per Teppichstapel. Übersichtlich: Rote Banner mit den Namen der Ursprungsländer hängen von der Decke und erleichtern die Orientierung im umfassenden Sortiment. An einer Rückwand sind große Teppichboden-Rollenständer platziert, um den Standort Bodenbeläge weithin sichtbar zu manifestieren. Neben dem Segment Teppichboden, zu dem ein Vorwerk-Studio gehört, ist auch die Produktgruppe Laminatboden inklusive Zubehör in die Teppichabteilung integriert.

Turbulenter Eröffnungstag in der Teppichabteilung

Ähnlich wie im gesamten Haus, verlief auch in der Teppichabteilung der Eröffnungstag turbulent. "Um acht Uhr wurde eröffnet, eine halbe Stunde später sah es bei uns aus als hätte - salopp formuliert - eine Bombe eingeschlagen. Alle Stapel waren absortiert", erinnert sich Abteilungsleiter Henrik Rother. Am stärksten liefen handgetuftete Acryl-Teppiche aus China, Nepalteppiche in den gängigen Maßen sowie Indo-Nepalteppiche in drei konkreten Größen. Die Nachfrage hat sich mittlerweile umgekehrt, der klassische Teppich nimmt derzeit stark zu. "Offenbar haben viele Kunden, die sich für klassische Teppiche interessieren, in den ersten Tagen nur einmal geschaut, um sich einen Überblick über das Angebot zu verschaffen, und kommen jetzt wieder, um sich in Ruhe beraten zu lassen und zu kaufen", berichtet Rother.

Ziegler sind Verkaufsschlager

Auf großes Interesse bei den Höffner-Kunden stoßen derzeit Ziegler, die in unterschiedlichen Qualitäten angeboten werden. Sie würden auch bei einer jüngeren Klientel Akzeptanz finden, meint der Abteilungsleiter. Im Mittelpunkt stehen noch die bekannten Rottöne, die neuen Grüntöne werden derzeit am Markt ausprobiert. Die Ziegler stammen aus Pakistan, ebenso die klassischen Bucharateppiche, die für Rother zum Standardsortiment gehören müssen, weil sie immer wieder nachgefragt werden. Persien liefert vor allem Ghoum-Seide, Isfahan in allen Variationen, Mahi-Täbris, auch ganz feine, Nain von 9lah bis 4lah aber auch Moudh. Der stärkste Fokus liegt jedoch auf Sandjan-Bidjar, Täbris und Nain. Der persische Gabbeh lasse sich nur noch ganz schlicht dessiniert verkaufen.

Die Einstiegspreislagen im klassischen Segment stammen aus Indien: Indo-Mir, Indo-Täbriz und Indo-Gabbeh stehen hier an erster Stelle. Aber auch hochwertige Ware: Rother bezeichnet Kaschmir-Seide als "einen sehr erfolgversprechenden Artikel", besonders die sehr feinen Stücke. "Wenn man dem Kunden den Unterschied zwischen einer preiswerten und einer guten oder sogar sehr guten Qualität zeigt, ist er bereit, mehr auszugeben", bemerkt er. Aufgeschlossen gegenüber Neuem zeigt man sich beispielsweise mit einer antikisierten Qualität aus Indien, die alte persische Muster modern übersetzt. Ihren antiken Touch erhielt sie durch eine spezielle Wäsche mit Tee. "Das ist ein Versuch, der erst zwei Tage alt ist. Die Nachfrage nach auf alt gewaschenen Teppichen war vorhanden und der Erfolg des Ziegler, der ebenfalls klassische Motive aufgreift, hat uns dazu ermutigt", erklärt Rother.

"Wir verkaufen den Berber immer noch gut"

Eine gewisse Besonderheit im Sortiment stellen Berber dar - viele andere Möbelhäuser haben die hochflorigen Teppiche in den letzten Jahren ausgemustert. "Wir verkaufen den Berber immer noch gut", konstatiert Rother. Und auch hier stellen er und sein Team immer wieder fest, dass der Endverbraucher bereit ist, zu hochwertigen Qualitäten zu wechseln, wenn er darauf aufmerksam gemacht wird. Sein Fazit: "Kunden wissen ordentliche Qualitäten zu schätzen."

In der Abteilung fällt eine große Schiebeanlage auf, die Maschinenteppiche mit klassischen Dessins sowie Ziegler-Mustern enthält. "Eine Gruppe, die nicht zu verachten ist, gerade dann, wenn ein Kunde zwei Teppiche wünscht, die genau gleich sein müssen", erläutert der Abteilungsleiter. Ein wichtiges Marktsegment sind außerdem Bestellprogramme in den Bereichen Sisal und Handweb. "Eigentlich ein Randbereich, der aber sehr intensiv genutzt wird", heißt es. Die gängigsten Größen werden allerdings in Barsbüttel bevorratet, ebenso Handtuft und schnell drehende klassische Ware. "Gerade für Sonderaktionen ist es von Vorteil, wenn wir über ein eigenes Lager verfügen", sagt Rother.

Sechswöchiges Schulungsprogramm für die Mitarbeiter

Zu seinem Team gehören 13 Mitarbeiter, darunter erfahrene Kräfte aus Möbelhäusern in Bad Segeberg und Rostock. Vor der Eröffnung absolvierten alle ein sechswöchiges Schulungsprogramm. Und auch an der vierwöchigen Einräumungsphase waren alle beteiligt. "Jeder musste alles einmal anfassen, damit er später auch genau weiß, wo die Qualitäten in welcher Größe liegen", berichtet Rother. Die Schulungen werden in regelmäßigem Turnus fortgesetzt.

Kurt Krieger auf Expansionskurs

Insgesamt entstanden am neuen Standort 1.150 neue Arbeitsplätze, 650 im Verkauf und 500 im Lager. Das sind 150 mehr als ursprünglich geplant - das Haus scheint gut zu laufen. Barsbüttel ist das elfte Einrichtungshaus der Höffner-Kette, die heute insgesamt rund 4.500 Mitarbeitern beschäftigt und bislang nur in Berlin und Ostdeutschland vertreten war. Sie investierte 137 Millionen Euro für Grundstücke, Ausstellungsflächen und die Straßenanbindung. Es ist die erste Höffner-Neueröffnung seit 1998.

Die zweite folgt sogleich: Firmenchef Kurt Krieger, zu dessen Gruppe auch die Marken Kraft, Krieger, Walther und Erbe gehören, lässt bereits 2007 auf der anderen Seite Hamburgs, in Schnelsen, ein rund 40.000 Quadratmeter großes Höffner-Haus an den Start gehen. Die Planungen laufen seit Ende letzten Jahres. Es wird in unmittelbarer Konkurrenz zu Ikea in Schnelsen und zu der in Hamburg bekannten, nur wenige Kilometer entfernten Wohnmeile Halstenbek stehen, wo Möbel Schulenburg, Möbel Richter, Das Dänische Bettenlager, Domicil sowie weitere kleine Spezialhäuser angesiedelt sind. Das dürfte die ohnehin schon äußerst angespannte Wettbewerbssituation unter den Möblern im Großraum Hamburg weiter verschärfen.
aus Heimtex Orient 01/06 (Wirtschaft)