Ado als Dachmarke für das gesamte textile Wohnen

Auf dem Weg zum Komplettanbieter

Ado hat in den vergangenen zwei Jahren sein Image und seinen Auftritt völlig erneuert und modernisiert: Aus dem gutbürgerlichen Gardinenhersteller wurde ein junger, modisch orientierter Konzern, der für das gesamte textile Wohnen zuständig sein will. Nach den Möbelstoffen im vergangenen Jahr erobert Ado jetzt den Bettwäsche-Bereich. Damit ist noch lange nicht Schluss: Der Expansionskurs soll Schritt für Schritt fortgesetzt werden. Die beiden BTH-Redakteure Birgit Genz und Mona Backhaus waren in Aschendorf.

Jeden Morgen mit Träumen aufwachen." Eine lächelnde, attraktive junge Frau lädt ein in ihre moderne Loft-Wohnung. "Schöner leben " steht unter dem Ado-Label, das in Deutschland fast schon ein Synonym für die Gardine ist. "Dekostoffe, Gardinen, Möbelstoffe, Bettwäsche und mehr." Der Slogan verrät den Weg, den der größte deutsche Deko- und Gardinenhersteller in den kommenden Jahren gehen will. Mit einem neuen, jungen und frischen Gesicht will man weg vom gutbürgerlichen Image der "Gardine mit der Goldkante", mit dem Marianne Koch in Fernsehspots in den siebziger Jahren warb und damit den Grundstock für den heutigen Bekanntheitsgrad des Unternehmens legte.

Die vor gut einem Jahr gestartete Imagekampagne zielt klar darauf ab, beim Endverbraucher wieder Lust aufs Wohnen zu wecken. Die Kundenansprache richtet sich mit unterschiedlichen Kernbotschaften und Produktspektren an die drei wichtigsten Kundengruppen: Young Style für den unkonventionellen Ersteinrichter, Modern Classic für den traditionellen Ado-Stammkunden, der es wohnlich und zeitlos liebt und First Class als Hochwert-Linie für eine stilbewusste Klientel. Das Sortiment wurden konsequent diesen drei Linien zugeteilt und zusätzlich durch Neuheiten erweitert.

Deutlich verändert hat sich die inhaltliche Aussage: Ging es in der Ado-Werbung früher hauptsächlich um die Gardine als Qualitätsprodukt - Ado mit der Goldkante -, ist der Ansatz heute mehr in Richtung Lifestyle gehalten. Der Blick wird auf stimmungsvoll komponierte Bilder und TV-Spots mit farblich gestalteten Wohnwelten gerichtet, die dazu anregen sollen, es sich in den eigenen vier Wänden wieder schön zu machen. Und Ado will dabei behilflich sein. Mit diesem Konzept will man nicht nur den Bekanntheitsgrad der Marke Ado weiter erhöhen, sondern vor allem auch Sympathien bei neuen, jungen Zielgruppen wecken. Dass Ado weiterhin für Qualität und guten Service steht, ist nach Überzeugung von Andreas Wulf selbstverständlich.

Mit dem verjüngten Auftritt einher geht eine grundlegenden Neustrukturierung und Erweiterung des Ado-Produktspektrum: Nach den Möbelstoffen zur Heimtextil 2000 stellte das Familienunternehmen, das heute von den Gründersöhnen Andreas und Klaus Wulf geführt wird, dieses Jahr in Frankfurt mit einer umfangreichen Werbekampagne die neue Bettwäsche-Kollektion vor - ein weiterer Schritt hin zu einem Konzern, der künftig für den gesamten textilen Wohnbereich zuständig sein will. Andreas Wulf: "Wenn Ado den Bettwäsche-Bereich vernünftig besetzt hat, werden wir an das nächste Segment herangehen." Dafür ist ein Zeitraum von etwa zwei Jahren eingeplant. Auf dem Wege zum Komplettanbieter unter der Dachmarke Ado könne man sich als Ergänzung zur Bettwäsche gut Frottierwaren oder auch Tischwäsche vorstellen, heißt es in Aschendorf.

Für den Bereich Bettwäsche sieht man für die nächsten Jahre mit Blick auf den Umsatz "erhebliche Spielräume". Die hohe Akzeptanz der Marke im Gardinenbereich soll sich auch auf Bettwäsche übertragen. Wulf weiß: "Eigentlich ist der Markt für Bettwäsche gesättigt." Dennoch gebe es in jedem Markt Lücken. "Und auch bei Bettwäsche kommt es auf das Image an. Das ist unser Pluspunkt. Wir können vom Imagetransfer von der Gardine auf das Bett profitieren."

Verkauf über Inszenierungen

Parallel zur neuen Marketing- und Sortimentsstrategie wurde auch der Auftritt am "Point of Sale" grundlegend überarbeitet. Nach einem neu erarbeiteten Konzept werden die einzelnen Ado-Wohnwelten im Laden mit Gardinen, Bettwäsche, Betten und passenden Accessoires stimmungsvoll inszeniert. Immer unter dem Tenor: "Schöner leben". Bei der Gestaltung ist Ado gern vor Ort behilflich. Je nach der Größe des Geschäftes kann der Händler aus einem modularen Bausteinkonzept die Elemente aussuchen, die zu seiner Verkaufsfläche und seiner Kundenstruktur passen. Selbst Kleinigkeiten wie die Köpfe der Musterbügel wurden farblich aufgefrischt: Sie leuchten jetzt in Blau statt Weiß.

Heimtextiler Allrounder

Mit Aufnahme der Bettwäsche-Kollektion hat Ado einen weiteren Schritt in Richtung heimtextiler Allrounder getan, nachdem man bereits im vergangenen Jahr erfolgreich die Produktion von Möbelstoffen aufgenommen hatte. Das Angebot ist damit noch komplexer und umfangreicher geworden. Inzwischen bietet Ado rund 450 bis 500 verschiedene Muster im Bereich Deko und Gardine und knapp 300 Positionen im Bereich Möbelstoffe an.

Sämtliche Gardinen und Dekos sowie ein Teil der Möbelstoffe werden in Aschendorf hergestellt - auch das Zubehör wie Kräuselbänder und sogar fast die Hälfte der Fasergarne. Die maschinelle Ausstattung sucht ihresgleichen: Es wird gewebt und gewirkt, gestickt und gedruckt, Scherli-gearbeitet und geklöppelt, gefärbt und ausgerüstet, selbstverständlich auch konfektioniert. Allein 100 Wirk- und mehr als 200 Webmaschinen laufen in den insgesamt 8 Produktionshallen mit einer Gesamtfläche von rund 110.000 qm - und zwar dreischichtig. "Unsere Kapazitäten sind voll ausgelastet", sagt der neue Marketingvorstand Jürgen Litz nicht ohne Stolz, weiß aber auch um die Probleme im Vertrieb, die das mitbringen kann. Bis zum Sommer sollen deshalb noch 32 neue Maschinen hinzugekomme, um vor allem der starken Nachfrage aus dem Ausland nachkommen zu können.

Um seiner Vorreiter-Rolle in Sachen Umweltschutz gerecht zu werden, will Ado zur Jahresmitte von Blei- auf Stahlbänder umstellen. "Wichtig für uns war hier das Thema Entsorgung", erklärt Andreas Wulf. "Das ist bei Blei nicht so unproblematisch wie bei Stahl." Es habe einige Entwicklungszeit gedauert, bis der richtige Ersatzwerkstoff für Blei gefunden worden sei. "Mit nichtrostendem Stahl haben wir uns für hochwertigste denkbare Ersatzlösung entschieden", wird in Aschendorf unterstrichen und zugleich betont, dass sich für die Kunden keinerlei Veränderungen hinsichtlich Verarbeitung oder Faltenfall ergeben würden. Mittels einer speziellen Nähtechnik werden die neuen Beschwerungsbänder gleich in der Konfektion eingearbeitet.

Die Bettwäsche wird nach Qualitäts- und Dessinvorgaben von Ado in Lohnarbeit produziert und dann in Aschendorf kontrolliert und in die Ado-eigenen Verpackungen umsortiert.

Zur Zeit beschäftigt Ado weltweit rund 1.400 Mitarbeiter, davon 800 am nordwestdeutschen Stammwerk. Daneben werden drei weitere Fertigungsstätten unterhalten, unter anderem in den USA, dem wichtigstem Auslandsmarkt mit 15 % Umsatzanteil, Kanada und Mexiko eingeschlossen. Im Frühjahr 1999 hat in Indonesien ein Werk mit Schwerpunkt Webgardinen den Betrieb aufgenommen. Von hier aus werden alle asiatischen Märkte einschließlich Japan mit Standardware bedient. Zur Zeit ist ihre Bedeutung für Ado zwar noch gering, aber ausbaufähig.

In Polen wird konfektioniert und das Gros der Muster hergestellt. Über den osteuopäoschen Standort sucht man künftig verstärkt den Weg nach Osten. Ein eigener Außendienst soll die dortigen Märkte erschließen.

Umstrukturierung zur AG

"Steuerliche Gründe" nennt Andreas Wulf als Hintergrund für die jüngst erfolgte Umstrukturierung der Ado-Gruppe. Das Unternehmen ist in 16 Einzelgesellschaften organisiert, über denen als Dach eine Holding in Form einer AG steht, die den Gründersöhnen An-dreas und Klaus Wulf jeweils zu 50 % gehört. Beide bilden den Aufsichtsrat, sind aber trotzdem weiterhin im operativen Geschäft voll im Geschehen. Die Holding ist mit drei Vorständen besetzt: Jürgen Litz ist verantwortlich für den Bereich Marketing, Immo Becker für den kaufmännischen Bereich und Hermann Bruns für die Produktion. Die einzelnen Unternehmen bleiben unverändert bestehen und arbeiten auch wie bisher weiter. Die Brüder Wulf wissen: "Unser Erfolg im Ausland beruht zum Teil auch darauf, dass unsere Unternehmen immer frei und selbstständig arbeiten und sich auf die jeweiligen Marktgegebenheiten vor Ort einstellen konnten." Übergeordnet solle allerdings eine Linie gefahren werden, um den weltweit einheitlichen Auftritt der Marke Ado noch stärker forcieren zu können. Der Gang an die Börse sei nicht geplant, unterstreicht Andreas Wulf ausdrücklich: "Ado soll auch in Zukunft ein familiengeführtes Unternehmen bleiben."

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Ado - das Unternehmen

Der im Jahr 1954 von Hubert und Marianne Wulf gegründete Familienbetrieb Ado ist in seinem 47-jährigen Bestehen von einer kleinen Weberei zu einem Konzern mit rund 200 Millionen DM Umsatz herangewachsen. Ursprünglich angefangen hatte alles mit Gardinen. Das Sortiment wurde zunächst mit Hilfe selbstkonstruierter Maschinen immer weiter ausgebaut. Den großen Durchbruch schaffte das Unternehmen über die Einführung der Fallblechgardine und den Werbeslogan "Ado - die Gardine mit der Goldkante". Erwirtschaftetes Geld wurde sofort wieder in Maschinen investiert. An dieser Firmenpolitik hat sich auch bis heute auf dem neu eingeschlagenen Weg zum Komplettanbieter für den Heimtextilienbereich nichts geändert.

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Ado - die Produktion

Das Ado-Werk in Aschendorf gehört zu den größten und leistungsfähigsten Produktionsstandorten für Einrichtungsstoffe in Deutschland. Auf einem rund 11,5 Hektar großen Gelände befinden sich 8 Hallen mit einer Gesamtfläche von rund 110.000 qm, in denen etwa 100 Wirk- und mehr als 200 Webmaschinen stehen. Hinzu kommt eine Vielzahl an Maschinen für die Herstellung von Geflechten und besonderen Warenbildern, darunter Stick- und Klöppelmaschinen. Derzeit wird der Maschinenpark nochmals um 32 neue Webmaschinen aufgestockt - die Produktionsgrenzen sind wieder einmal erreicht.

In der Druckerei kommen die verschiedensten Techniken zum Einsatz, unter anderem Kettdruck sowie Präge- und Flockdruck. Transferdruck steht an erster Stelle, gefolgt von Direktdruck. Außerdem werden Stückfärber hergestellt. Auch Maschinen für die Fertigung von Stoffen mit besonderen Effekten wie Ausbrenner oder Scherlis stehen zur Verfügung.

Zum Werk gehören zudem die Bereiche Ausrüstung, Warenschau, Lager und Versand. Forschung, Entwicklung und Kollektionsplanung erfolgen in der Designabteilung und im Labor.

Eine Besonderheit ist die Faserspinnerei, die bis zu 50 % des eigenen Bedarfs abdeckt. Und natürlich die Produktion der Goldkante: Große Bleiblöcke werden zu feinem Fadenblei verarbeitet, das mit einem Polyestergarn und einem Goldfaden zum fertigen Bleiband verflochten wird. Ab Jahresmitte wird Ado von Blei auf hochwertigen, nicht rostenden Stahl umstellen, der nicht nur ökologischer ist, sondern auch die Pflege erleichtert.

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Ado - die Konfektion

Rund 160 Mitarbeiter arbeiten am Ado-Standort Aschendorf in der Konfektion. Mit vielen Spezial-Maschinen, darunter eine Mehrnadelmaschine mit 6 Nadeln, werden Fensterkleider im Auftrag des Einzelhandels genäht, ebenso Modelle für Präsentationssysteme. Der Zuschnitt der Stoffe erfolgt auf Tischen, die mit modernster Lasertechnik ausgestattet sind.
aus BTH Heimtex 05/01 (Wirtschaft)