USA: Einrichtungsmessen in New York und North Carolina

Von der Exklusivknüpfung bis zum Wal-Mart-Teppich

Zwei Einrichtungsmessen, zwei Schwerpunkte: exklusiv und individuell in New York, konsumig und bezahlbar in High Point, North Carolina. Dabei bekommt die Großveranstaltung in North Carolina zunehmen Konkurrenz aus dem Westen: Das neue Messegelände in Las Vegas wächst und wird für Anbieter wie Besucher immer attraktiver. Beide Messen spielen auf dem US-Markt eine tragende Rolle - für den gesamten Einrichtungssektor im Allgemeinen sowie für die abgepassten Teppiche im Speziellen.

ICFF, New York - Exklusives und Individuelles

Auf der exklusiven International Contemporary Furniture Fair (ICFF) vom 21. bis 23. Mai fand sich ein bunter Besuchermix im Jacob Javits Center ein: Architekten und Händler, Künstler und Studenten, Herstellern und Endverbraucher kamen, sahen und bestaunten die neusten Einrichtungskreationen; mit rund 23.000 Besuchern war die New Yorker Messe um beinahe 8% besser frequentiert als die Vorgänger-Veranstaltung. Fast 600 Aussteller zeigten auf ca. 14.500 qm ihre Produkte.

Das Angebot war vielfältig und reichte von abgepassten Teppichen über Dekostoffe, Tapeten, Wandbeläge und Beleuchtung bis hin zu Waschbecken und Wannen. Eines der "Highlights": eine überdimensionierte Teetasse für den ungewöhnlichen Badespaß.

Wer das Edle, Individuelle oder auch das Auffällige suchte, wurde hier fündig - auch in Sachen Teppiche. Neben den vielen amerikanischen Anbietern waren mitunter einige internationale Größen vertreten, beispielsweise Nani Marquina aus Spanien mit ihren ungewöhnlichen Rosenteppichen oder die britische Rug Company mit Designs made in the UK.

Brennesseln, Bananen und Hochlandschafe

Oft gehört, immer wieder aktuell: das Credo "Zurück zur Natur". Nach den gängigen Teppich-Kunstfasern musste man auf der ICFF lange suchen, stattdessen ging's fast überall natürlich zu. Dabei kamen nicht nur klassische Materialien wie Wolle und Seide zum Einsatz, sondern verstärkt auch ungewöhnliche Pflanzenfasern, so zum Beispiel auch die Allo-Faser, die aus einer Brennesselstaude gewonnen wird. Der Designer John Kurtz verarbeitete sie in seiner Mirage Collection für den Anbieter New Moon neben Garnen aus Wolle und Seide. Barbara Barran von Classic Rug stellte mit der Serie "The New Naturals" eine Kollektion aus natürlichen Fasern mit ganz unterschiedlichen Verarbeitungstechniken vor. Pflanzenfasern setzte auch Rosemary Hallgarten in ihren handgearbeiteten Teppichen aus Peru und Tibet ein, zusammen mit Alpaka und Kaschmir. Auf den Philippinen aus Fasern der Faserbanane (Manila) handgewebt: die neue Kollektion Abaca von Marida Meridian, erhältlich in sieben markanten Strukturen. Standardgrößen können sofort ab Lager geliefert werden - das ist ungewöhnlich für Teppiche, die auf dieser High-End-Messe vorgestellt werden.

Neben den "exotischen Fasern" war edle und ausdrucksstarke Wolle ein wichtiges Thema auf der ICFF. Die steht bei Anbieter Tibe Tano natürlich sowieso auf dem Programm: Die Tibet-Spezialisten haben diesmal reine, unbehandelte Hochlandwolle mit indischer Seide zu edlen Webteppichen verarbeitet. Auch die Designerin Stephanie Odegard war mit Teppichen aus Tibet vertreten: mit der abstrakt dessinierten Nims Collection einerseits und andererseits mit der Byzantine Collection, die in Zusammenarbeit mit dem Metropolitan Museum of Modern Art entstanden ist. Ebenfalls tibetisch: die Teppiche von Liza Phillips Design mit ihren intensiven, lebhaften Farben und zarten Designs.

Weiche Linien statt kantiger Dessins

Apropos Design: Auch das bewegt sich in dieser Saison immer weiter in Richtung Natürlichkeit. Weiche Linien lösen die bisher so aktuellen grafisch-kantigen Optiken ab. So entwickelten die Designer Vicki Simon und Art Brut aus Tintenzeichnungen von Meerestieren ungewöhnliche Teppichkompositionen mit gefilzter und mehrfädiger Wolle. Ganz ungewöhnliche Teppiche kamen dabei heraus. Blumen, Weinreben und Schmetterlinge waren auf den modernen Teppichen der Linie Joy von Emma Gardner Design zu sehen. Drei verschiedene Florhöhen und eine aufwändige Konturschur machen die Teppiche zu etwas Besonderem.

Schwerpunkt ungewöhnliche Materialien und außergewöhnliche Designs: Ganz unter diesem Motto stand auch die kleine, aber edle Auswahl der Webteppichanbieterin Claudia Mills, die ihre Glanzleder- Teppichserie Against the Grain ("Gegen den Strich") sowie moderne Flickenteppiche vorstellte. In Liora Mannés Kollektion Dimensions ist das Besondere die Dessinierungstechnik: Die zarten Blattmuster sind hier nämlich nicht etwa aufgebracht oder eingearbeitet, sondern aus dem Teppich herausgeschnitten, so dass die Designerstücke ein wenig an Spitzentischdecken erinnern. Erhältlich sind sie in unterschiedlichen Formen.

Eines suchte man auf der ICFF übrigens vergeblich: Teppichstapel. Diese "Präsentationsmethode" würde den edlen Produkten, den Sonderanfertigungen und Einzelstücken nun wirklich nicht gerecht. Immerhin ist die ICFF eine Messe für diejenigen, die Wert auf Stil und gutes Design legen. Kjell Broback, Produktmanager und Mitinhaber des schwedischen Anbieters Kasthall bringt es auf den Punkt: "Unser Erfolg liegt im Wesentlichen darin begründet, dass wir uns auf Design und Produktentwicklung konzentrieren. Wir haben das Ziel, einzigartige Teppiche für einzigartige Kunden zu schaffen." Der Anbieter arbeitet in erster Linie auf Bestellung, und das dauert natürlich seine Zeit.

IHFM, High Point - Besucherrückgang beim Messeriesen

Auf dem International Home Furnishings Market in High Point (North Carolina) vom 27. April bis 3. Mai spielten Preis und Liefergeschwindigkeit eine große Rolle. Auf dieser Messe geht es im weitesten Sinne um Massenproduktion, die Abnehmer sind Handelsketten und große Fachgeschäfte. Allerdings sind die Besucherzahlen der vielleicht größten Einrichtungsmesse der USA rückläufig: Das World Market Center in Las Vegas, stärkster High-Point-Rivale, läuft der Messe in North Carolina nämlich langsam den Rang ab - so jedenfalls erklären sich viele Aussteller diese Entwicklung.

Die Veranstaltung in Las Vegas ist zwar noch jung, gewinnt aber beständig an Bedeutung, zumal sich auch das Messegelände immer weiter vergrößert: Im September wird die dritte Bauphase eingeläutet. Genau wie High Point (Frühling und Herbst) findet auch die Las-Vegas-Messe zweimal jährlich statt (Winter und Sommer). Dabei wartet Las Vegas allerdings mit zusätzlichen Vorteilen auf: Da wären zum Beispiel die exzellent ausgestatteten Hotels, das Unterhaltungsangebot, das Nachleben sowie der Cirque de Soleil in nächster Nähe. Und natürlich ist Las Vegas für Interessenten aus dem Westen oder mittleren Westen der USA leichter zu erreichen als High Point an der Ostküste.

Keine Messe für "Laufkundschaft"

Trotz der Konkurrenz aus dem Westen und trotz der zurzeit unsicheren Wirtschaftslage zeigten sich viele Teppichanbieter wie Feizy Rugs, Kaleen und Jaunty mit dem International Home Furnishings Market überaus zufrieden. Schließlich gebe es bei High Point ohnehin nicht viel "Laufkundschaft", die meisten Geschäftsabschlüsse kämen durch fest vereinbarte Termine zustande. John Feizy von Feizy Rugs jedenfalls konnte nicht klagen: "Wir haben in der Türkei neue Knüpfstühle gekauft, um den zukünftigen Anforderungen gerecht werden zu können."

Auch die Anbieter Kaleen und Jaunty Rugs äußerten sich positiv über den Messeverlauf. "Jaunty ist in der beneidenswerten Position, nicht auf die großen Einkaufsklötze angewiesen zu sein, die mit niedrigen Margen und entsprechenden Qualitäten handeln", äußerte sich Mac McCormick, stellvertretender Marketingleiter bei Jaunty Rugs. "Wir arbeiten weiter an unserem Marketing, an neuen Optiken, Mustern und Strukturen, dazu bieten wir ungewöhnliche Formen und Größen und profitieren von der 'full circle theory' - der zufolge alles mit dem Produkt selbst beginnt und endet. Solange Farben und Muster stimmen, wird es Herstellern und Händlern auch gelingen, diese unsicherer Wirtschaftslage zu überwinden und sich ihren Anteil am Umsatzkuchen zu sichern."

Lizenzprodukte weiterhin im Kommen

Wie auch schon auf der Januar-Messe in Atlanta (International Area Rug Market) fielen jetzt in High Point die zahlreichen neuen Lizenzprodukte auf. Dabei gingen die Hersteller die unterschiedlichsten Kooperationen ein: ob mit Zeitschriften, amerikanischen Stilgurus, TV-Stars, international anerkannten Designern oder Polstermöblern.

Capel Rugs etwa tat sich mit dem Lifestyle-Magazin Country Living zusammen, das sich dem amerikanischen Landhausstil verschrieben hat. Entsprechend die Optiken der beiden Kollektionen, die dieser Kooperation entsprungen sind: Der handgearbeitete Schlingenteppich Antique Florals aus 100% reiner Schurwolle zeigt Blumendessins, die an das 19. Jahrhundert erinnern. Die zweite neuen Kollektion heißt Mosaic und umfasst geflochtene Polypropylenteppiche für drinnen und draußen - alle beidseitig benutzbar, sonnenlichtbeständig und unanfällig gegen Schimmel.

Ebenfalls neu bei Capel: ein feiner jacquardgewebter Wandteppich ("Festival of Flowers") sowie ein indischer Handtuft-Teppich. Darüber hinaus wurden ergänzt: die Lizenzserie des zeitgenössischen Malers und Künstlers Bob Timberlake, Sunbrella sowie Woven Spirits. Bei Woven Spirits handelt es sich um handgewebte Navajo-Teppiche aus 100% Wolle, die von der Textildesignerin Rachel Brown entworfen und von Navajo-Webern an senkrechten Webstühlen gefertigt werden - aus handgefärbten Garnen.

Die Lizenzreihe National Geographic von Sphinx by Oriental Weavers lädt seit Herbst 2003 zu Teppichreisen rund um die Welt ein. Die National Geographic Society ist eine weltweit tätige Nonprofit-Organisation, die sich der Forschung und Wissensvermittlung verschrieben hat und über verschiedene Medien (wie etwa die gleichnamige Zeitschrift) an die Öffentlichkeit tritt. Neuigkeiten gibt es diesmal in der South of France Kollektion, deren elegant-blumige Dessins an das Südfrankreich vergangener Epochen erinnern.

Safavieh hat einen Exklusivvertrag für abgepasste Teppiche mit Martha Stewart Living Omnimedia unterzeichnet. Der Konzern der Lifestyle-Expertin bringt Zeitschriften und Bücher heraus und ist mit eigenen Programmen im Radio und Fernsehen vertreten. "Martha und ihr Design-Team verstehen es, aus traditionellen wie zeitgenössischen Einflüssen Designklassiker zu entwickeln, mit denen die Leute einfach gern wohnen", erklärt Safavieh-Chef Arash Yaraghi. Die erste Martha-Stewart-Kollektion soll im Januar 2007 erhältlich sein. Damit startet dann die zweite große Lizenzlinie des Anbieters; im Januar dieses Jahres ist Safavieh nämlich bereits mit dem Designer Thomas O'Brien an den Markt gegangen.

Ein TV-Star und drei professionelle Designer prägen das Erscheinungsbild von Hellenic Rug Imports: Talkshow-Host Cristina Ferrare ist weiterhin im Programm, ebenso die kräftigen Designs von Bob Mackie, und die Kooperation mit dem Naturliebhabers Dick Idol setzt sich in ausdrucksstark-erdigen Mustern und Tierbordüren fort. Ganz neu dabei: die bekannte nordamerikanische Designerin Candice Olsen. In Zusammenarbeit mit ihr entstanden moderne handgetuftete Wollteppiche mit Kreis- und Rankendessins. In den letzten Jahren hat Hellenic Rug Imports sowohl seine handgearbeitete als auch die maschinengewebte Linie ausgebaut.

Steve Mazarakis, Vorstandsvorsitzender von Hellenic, spricht von einem "herausragenden Geschäftsjahr für Hellenic Rugs"; in den letzten Jahre habe man sowohl die handgearbeiteten als auch die maschinengewebten Linien ausbauen können; nun habe Hellenic dauerhaft einen Showroom in Las Vegas gebucht und erneut die bestehende Ausstellungsfläche in Atlanta vergrößert.

Shaw Living hat seine beliebte Jack Nicklaus Collection um 15 neue Optiken erweitert. Die bisherige Maschinenweb-Kollektion aus 100% Neuseelandwolle umfasst 24 Designs mit starkem Abrasch oder stark "streifiger" Grundfarbe und traditionellen persisch-inspirierten Designs. In den Neuheiten kommt die bei Shaw eingeführte Nylonfaser Evertouch zum Einsatz, die sich einerseits weich und griffig anfühlt, andererseits hart im Nehmen sein soll.

Bekannte Designs auf neuem Träger

Was auf einer Handtasche gut aussieht, wirkt (oft) auch auf dem Teppich: Frei nach diesem Motto hat Marcella Fine Rugs sich an die Designerin Vera Bradley gewandt, deren farbenfrohe blumige Muster die unterschiedlichsten Gepäckstücke zieren. Nun sind die Dessins auch auf abgepassten Teppichen zu sehen - umgesetzt in China in einer Petit-Point-Technik.

Ähnlich "branchenübergreifend" handelte Loloi Rugs: Der Anbieter holte sich Jessica McClintock an Bord, die bisher vornehmlich Entwürfe für die Bekleidungsindustrie sowie für andere Einrichtungsprodukte geliefert hat. Für Loloi entwickelte sie die Rosewood Collection: sechs traditionelle Designs in fünf Farbstellungen, umgesetzt in Handtuft und Microhook. Das Material: Wolle. "Jessica McClintocks Designs sind romantisch und traditionsverhaftet und fügen sich damit wunderbar in unser Programm ein", findet Amir Loloi. "Die Kollektion passt auch gut zu ihren anderen Einrichtungsdesigns. Von dieser Zusammenarbeit profitieren also beide Seiten."

Ein Missoni-Design erkennt man sofort. Vor drei Jahren war Concepts International erster Teppich-Lizenzpartner für die farbstarken Streifendessins; nun vertreibt Prestige Mills die Webteppiche in den USA. "Wir haben sofort zugeschlagen, als wir die Gelegenheit dazu bekamen", berichtet Charles Kalison von Prestige Mills. Das Farbspektrum umfasst - typisch Missoni - leuchtende wie tiefe Farben sowie Naturtöne; Struktur spielt eine große Rolle. Produziert wird in Italien, China, Belgien und Indien.

Surya schließlich kooperiert - nicht mit TV-Stars, Zeitschriften oder Stilikonen - sondern mit einer Polstermöbelkette: Rowe Furniture. Für die Studiorowe Shop-in-Shop-Systeme lieferte das Rowe-eigene Designteam zwölf Teppichentwürfe, die perfekt auf die Studiorowe-Möbel abgestimmt sind. Surya lässt die Stücke aus 100% Schurwolle in Indien per Hand tuften; ab September dieses Jahres sind sie in den Shop-in-Shop-Systemen erhältlich.
aus Heimtex Orient 04/06 (Wirtschaft)