Välinge Innovation: Leimlose Verriegelungssysteme

"Kunden heute Technologie von morgen anbieten"

Da der patentrechtliche Schutz für leimlose Verlegesysteme nicht von ewiger Dauer ist, arbeitet nahezu die gesamte Branche an Alternativen. Eine Sonderstellung nimmt hier Välinge Innovation ein. Im Gegensatz zu den übrigen Wettbewerbern handelt es sich nicht um einen Bodenbelaghersteller, sondern um eine "Denkfabrik" - und die hat einen enormen Ausstoß. Nach eigenen Aussagen existieren weltweit 650 Patente und Patentanmeldungen. Um die jüngsten Entwicklungen zu diskutieren und die eigene Leistungsfähigkeit darzustellen, hatte man BTH Heimtex in die schwedische Firmenzentrale eingeladen.

Bereits 1996 präsentierte Välinge mit seinem Lizenznehmer Alloc erstmals einen Laminatboden zum leimlosen Verlegen - eine Aluminiumschiene machte es möglich. Niemand wird bestreiten, dass es sich bei dem "Urtyp" aller Klicksysteme um eine Erfindung des schwedischen Unternehmens bzw. seines geschäftsführenden Gesellschafters Darko Pervan handelt. Der allgemein übliche Terminus "Klick" würde dem genialen Tüftler jedoch nicht über die Lippen kommen. "Klick" heißt in seinem Sprachgebrauch "Loc".

Als wenig später ähnliche Verriegelungssysteme durch Einfräsen direkt in das Trägermaterial aus MDF und HDF realisiert wurden, meldete mit Unilin Flooring noch eine weitere Firma ihre Ansprüche als geistiger Urheber an.

Seither tobt zwischen Välinge Innovation und Unilin Flooring ein erbitterter Kampf, der die Fachwelt in zwei Lager spaltet. Es geht um Lizenzen und somit um viele Millionen Euro. Kaum ein Monat vergeht, ohne dass nicht Välinge oder Unilin verkünden, in einem Gerichtsverfahren obsiegt zu haben. Ein eindeutiges Meinungsbild in dieser Angelegenheit ist selbst Insidern kaum möglich.

Noch in diesem Jahr weitere Forschungskapazitäten

Dagegen scheint im malerischen Viken, dem Standort der Välinge-Firmenzentrale, die Welt noch in Ordnung zu sein. Damit sich das 2002 für 10 Mio. EUR errichtete Forschungs- und Versuchszentrum harmonisch in das Ortsbild einfügt, hat man es in einem Baustil errichtet, der für Südschweden typisch ist. So mag es hier wohl schon vor 100 Jahren ausgesehen haben. Dass die technische Ausstattung modernster Prägung ist, versteht sich von selbst.

Herzstück ist eine 11 m lange Homag-Anlage, die es ermöglicht, Verlegeelemente von der Größe einer Streichholzschachtel bis hin zur 2.200 mm Langdiele zu profilieren. Angetrieben von 15 Motoren, wird ein maximaler Vorschub von 200 m/min erreicht.

Nicht nur Laminat ist hier ein Thema, auch für Mehrschicht- und Massivparkett sowie alle sonstigen Beläge, die sich mit einem plattenförmigen Träger verbinden lassen, werden Problemlösungen entwickelt. Die für F&E bereitgestellten Kapazitäten sollen noch in diesem Jahr durch einen Anbau auf 10.000 qm erweitert werden. Darüber hinaus sei geplant, die Zahl der Techniker auf 60 zu verdoppeln.

Da sich das Betätigungsfeld von Välinge ausschließlich auf die Weiterentwicklung leimloser Verlegesysteme beschränkt, sieht man sich in einer günstigeren Ausgangslage als Unilin Flooring. Anders als bei den Belgiern bestehe nicht die Gefahr, mit den Lizenznehmern in eine Wettbewerbssituation zu kommen. Allerdings: Mit der Berry-Gruppe hatte man sich schon früh einen starken Partner aus der Fußbodenindustrie ins Boot geholt. Auf der Basis von Exklusivvereinbarungen konnte der Konzern Unterlizenzen vergeben.
"Kronos" als Lizenznehmer eröffnen neue Perspektiven

Doch 2005 drehte sich der Wind für Berry Floor. Mit Kronospan, Kronotex und Kaindl als Lizenznehmer eröffneten sich für Välinge vielversprechende Perspektiven. Und der Deal hatte noch eine weitere Komponente: Alle bis dahin laufenden gegenseitigen Patenteinsprüche und -verletzungsverfahren der Beteiligten wurden im Zuge der Einigung ad acta gelegt.

Nahezu parallel hatten Unilin, Kronospan und Kronotex ihre Patentrecht-Streitigkeiten beigelegt und sich zugleich über eine ebenfalls weltweit gültige Lizenz für die Vermarktung der patentierten leimfreien Nut- und Feder-Verbindungen verständigt. Hieran wird deutlich, wie wichtig es für global agierende Unternehmen ist, sich abzusichern, zumal patentrechtliche Risiken auch bei der Vergabe von Krediten viel intensiver bewertet werden als noch vor einigen Jahren.

Die Zusammenarbeit mit den österreichischen Laminat-Giganten wurde sogar noch intensiviert: Anfang dieses Jahres haben Kronospan Technical und Kronotex Flooring Technologies jeweils 20% von Välinge übernommen. Die Familie Pervan und Investor Nordstjernan bleiben mit zusammen 60% Mehrheitseigner. "Välinge wird weiterhin unabhängig und selbstständig in der Laminat- und Parkettbranche agieren und vor allem die Lizensierung neuer Technologien vorantreiben", unterstreicht Darko Pervan. Eine "feindliche Übernahme" schließt er aus, indem er auf sein Vorkaufsrecht verweist. Und dass die Kronos aus Wettbewerbsgründen die Vergabe einer Lizenz blockieren könnten, sei ebenfalls nicht zu erwarteen. "Es wäre doch völlig unsinnig, wenn sie als Anteilsseigner so handeln würden", gibt der CEO zu bedenken.

Mit Wood Loc Maßstab für Parkett gesetzt

Die Ideenvielfalt bei Välinge ist beeindruckend. Aktuell umfasst der von den Schweden abgesteckte Claim 23 Patentfamilien auf dem Fußbodensektor mit 650 Patenten und Patentanmeldungen weltweit. Als echter Meilenstein erwies sich unter anderem Wood Loc, ein leimloses Verbindungssystem, mit dem Kährs als erster Hersteller von Mehrschichtparkett im Jahre 2000 an den Markt ging und das bis heute als richtungweisend gilt.

Die nunmehr 5. Generation (5 G) ist durch eine stirnseitig eingelassene Kunststofffeder gekennzeichnet. Damit gelingt es, die Bodenelemente mit einem Handgriff längs und quer zu verriegeln. Auch für die Zukunft verspricht Pervan kurze Innovationszyklen, "weil unsere Lizenznehmer schon heute Zugriff auf die Fußboden-Technologie von morgen haben sollen."
aus BTH Heimtex 09/06 (Wirtschaft)