Von Ulrich Baumert

Pfleiderer und Classen: Auch ohne Deal gemeinsam für Schlagzeilen gesorgt


Die offensive Brautschau des Vorstandschefs der Pfleiderer AG, Hans Overdieck, und seine Bereitschaft, für die Übernahme eines Laminatbodenherstellers einen dreistelligen Millionenbetrag locker zu machen, ließ nicht lange auf Spekulationen warten: Wer könnte zu dem Konzern passen? Als heißer Kandidat wurde Classen Industries (u.a. Marke Wiparquet) gehandelt. Der erwartete Deal blieb aus. Aber auch so kamen die beiden Unternehmen gemeinsam in die Schlagzeilen. Denn dass Classen im südbrandenburgischen Baruth beabsichtigt, ein HDF-Werk zu errichten, brachte Overdieck auf die sprichwörtliche Palme. Die Brisanz: Pfleiderer betreibt an dem Standort bereits eine Fabrik für Trägerplatten.

Seine Kritik macht Overdieck am brandenburgischen Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns fest, dem er eine "diffuse Ansiedlungspolitk" und "leichtfertigen Umgang mit Steuermitteln" vorwirft. Die 2001 für 150 Mio. EUR errichtete Fertigungsstätte ist vom Land mit 40 Mio. EUR gefördert worden. Einer der Hauptabnehmer soll Classen gewesen sein, um mit den HDF-Platten im benachbarten Werk Laminatböden zu produzieren. Bis vor einigen Monaten war Classen sogar an dem vormals zur Kunz-Gruppe gehörenden Werk beteiligt. Ein Teil der benötigten Rohstoffe lieferte vis-à-vis das Sägewerk der Klenk Holz AG - eine Vernetzung von Industriewerken mit Vorzeigecharakter.

Durch die drohende Konkurrenz vor Ort sieht die Pfleiderer AG für ihr Werk die wirtschaftliche Grundlage entzogen. Overdieck ist es schleierhaft, warum das Land Brandenburg "einen derart ruinösen Wettbewerb mit zweistelligen Millionenbeträgen fördern will". Wenn es tatsächlich darauf hinauslaufe, sehe sich Pfleiderer gezwungen, das Werk in Baruth zu schließen und in Osteuropa neu aufzubauen. Was Overdieck offensichtlich nicht berücksichtigt: Classen ist in der Liga der Kostenführer aufgestellt und steht unter anderem mit Herstellern wie den "Kronos" im Wettbewerb. Eine Chance hat man dort nur mit einer vollstufigen Produktion.
aus Parkett Magazin 04/06 (Wirtschaft)