Hagebau-Gesellschafterversammlung in Hannover

Ein Jahr vielfältiger Herausforderungen

Die Handelskooperation Hagebau konnte 2005 an das überragende Umsatzergebnis im Jubiläumsjahr 2004, das einen absoluten Rekord darstellte, anschließen. Mit 2,75 Mrd. EUR wurde der zweithöchste Umsatz in 41 Jahren und das beste Jahresergebnis überhaupt erzielt. Dabei blieb der zentral fakturierte Gruppenumsatz mit rd. 2,47 Mrd. EUR nahezu konstant. Die Entwicklung des Zentraleinkaufs gehörte zu einer stattlichen Reihe aktueller und teilweise brisanter Themen, die die ordentliche Gesellschafterversammlung der Hagebau am 30. Juni in Hannover beschäftigten.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen die Berichte des Geschäftsführers Heribert Gondert, des Geschäftsführers Baustoffe (Groß- und Einzelhandel), Michael Baumgardt, sowie des Aufsichtsratsvorsitzenden Rolf J. Wertheimer. Aus dem Fachbereich Holzhandel (Groß- und Einzelhandel), dessen Leitung noch nicht wieder besetzt ist, berichtete ebenfalls Geschäftsführer Gondert.

In allen Berichten klang neben Zufriedenheit mit dem Erreichten auch Nachdenklichkeit und Kritik an. "Wir arbeiten daran, noch besser zu werden. Wir kümmern uns intensiv um die Zukunft der Hagebau. Hier besteht Handlungsbedarf", rief Geschäftsführer Gondert zu gemeinsamen Anstrengungen auf. Dabei geht es im wesentlichen um die Umsetzung der Maßnahmen, die die Hagebau Ende 2004 in ihrer "Strategie 2010" gebündelt hat. Darüber hinaus müssten aber auch Antworten auf ganz aktuelle Herausforderungen gefunden werden.

Besonders brisant: Nachdem der größte Hagebau-Gesellschafter Bauking AG 2005 mit der Minderheitsbeteiligung des irischen CRH-Konzerns überraschte, hat jetzt - ebenso überraschend - die britische Unternehmensgruppe SIG den Hagebau-Gesellschafter Melle zu 100% übernommen. Damit stellen sich der Hagebau neue Fragen hinsichtlich einer "zukunftsorientierten Gestaltung der Gesellschafterentwicklung und hinsichtlich überlebensfähiger Strukturen", wie Aufsichtsratsvorsitzender Wertheimer formulierte.

Fusionen/Übernahmen werfen Fragen auf

Melle ist mit knapp 70 Mio. EUR Fakturierungsvolumen der fünftgrößten Hagebau-Gesellschafter. Seine 100-prozentige Übernahme durch eine britische Unternehmensgruppe stellt die Hagebau-Gesellschafter vor die Frage, ob der Gesellschafterstatus von Melle unter dieser Voraussetzung noch mit dem Selbstverständnis und dem Unternehmenszweck der Hagebau als Mittelstandsförderer vereinbar ist. Geschäftsführung und Aufsichtsrat machten deutlich, dass es vieler Überlegungen und der Mitwirkung der Gesellschafter bedürfe, um eine Lösung zu finden.

Nach einer qualifizierten Meinungsbildung werde Ende des Jahres darüber zu entscheiden sein, ob und unter welchen Bedingungen Melle weiterhin als Mitglied haltbar ist. Weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich ähnliche Fälle in Zukunft wiederholen, sei eine nicht allein auf Melle bezogene, sondern eine grundsätzliche Entscheidung erforderlich, hieß es. Sie werde zu beantworten haben, "wo die Hagebau wirtschaftlich hin will" und abwägen müssen zwischen dem Gründungs-Grundsatz "Wachsen oder Weichen" und "einer weiterhin reinrassigen Mittelstands-Kooperation", betonte Aufsichtsratsvorsitzender Rolf J. Wertheimer. Dabei dürfe es keine Tabus geben. Angesichts des anhaltenden Mitgliederschwundes gehe es darum, dennoch Marktanteile zu halten und auszubauen - ggf. auch mit Großkooperationen bzw. Konzernen in den eigenen Reihen.

Unter den Zeichen der Zeit müssen auch Hagebau-Einzelhandelsunternehmen (Hagebaumärkte) betrachtet werden, die zu klein sind oder zu wenig Dynamik entwickeln. Diese "Schlusslichter", die 2005 maßgeblich den Umsatzrückgang im Hagebau-Einzelhandel herbeiführten, sollen jetzt mit Nachdruck "durch geeignete Maßnahmen an den Durchschnitt herangeführt" werden. Dabei soll es um Modernisierungen, Flächenerweiterungen und ggf. Standortverlagerungen gehen.

Die Bereitschaft zur Anpassung ist in der Hagebau ausgeprägt, wurde betont. Das gelte auch für das wegweisende Sanierungs-, Renovierungs- und Modernisierungs-Projekt (SanReMo), das Hagebau-Baustoffhändler und IHK-Handwerker zusammenführen will. Damit sollen gewerk übergreifende Beratungen sowie Angebote ermöglicht werden. Das Handwerk hat großes Interesse signalisiert.

Ehrgeizige Ziele

Mit der vor knapp zwei Jahren verabschiedeten "Strategie 2010" will sich die Hagebau "einen spürbaren Konditionsvorsprung vor den Wettbewerbern verschaffen", mit einem Marktanteil von 20% "die Nr. 1 in der Position im Baustoffhandel zurückerobern" und gleichzeitig die "qualitative Marktführerschaft in Deutschland" übernehmen. Über den Stand der Dinge berichtete Michael Baumgardt. Im Mittelpunkt seiner Betrachtung standen die bisherige Entwicklung in den Bereichen Zentralfakturierung, Zentraleinkauf, Markenstrategie und Logistik sowie das SanReMo-Projekt.

Bei der Zentralfakturierung haben sich die Hagebau-Gesellschafter um 3,5% dem 75%-Ziel genähert, das damit aber noch nicht erreicht ist. Um weiter voranzukommen, sind im letzten Jahr 45 überwiegend regional bedeutende Lieferanten neu gelistet worden.

In den operativen Zentraleinkauf mit Mengenbündelungen zu Bestkonditionen sind inzwischen alle Fachhandelsgruppen in der Hagebau einbezogen. Der dadurch deutlich verbreiterten Basis entsprach das gesteigerte Einkaufsvolumen. In den letzten beiden Jahren legte es um über 80% zu.

Zusatzerträge erhofft sich die Hagebau von der eigenen Handelsmarke p & g ("preiswert und gut"). Die Produktpalette "mit bester Profiqualität" wird derzeit im Sortiment von 340 Fachhandelsstandorten angeboten. Der Umsatz belief sich 2005 auf insgesamt 2,1 Mio. EUR. Das Programm soll um neue Baustoffe erweitert werden.

Der Bereich Logistik stellte sich 2005 als weiterhin unbeantwortete Herausforderung dar. Baumgardt mit Nachdruck: "In der Logistik liegt erhebliches Wertschöpfungs- und Ertragspotential, aber in 15 Jahren ist es nicht gelungen, in der Zusammenarbeit zwischen Gesellschaftern, Zentrallägern und Zentrale auf eine von der Hagebau zentralgesteuerte Beschaffungslogistik umzustellen. Gegenwärtig werden, wie Baumgardt betonte, vom gesamten Einkaufsumsatz nur etwa 3% über die Hagebau-Zentralläger bezogen.

Das SanReMo-Projekt ("Sanieren, Modernisieren, Renovieren") gehört zu den interessantesten Zielsetzungen der Hagebau. Dabei werde angestrebt, IHK-Handwerker den Fachhändlern zur Seite zu stellen. Sie müssen in der Lage sein, bei Bedarf als fachlich versierte "Kundenmanager" zu überzeugen und als "Schnittstellenkoordinatoren" zwischen den Gewerken tätig zu werden. Im Herbst soll dieses Hagebau-Projekt mit 20 Gesellschaftern an 100 Standorten starten. Das Interesse sei auch auf Seiten des Handwerks groß, betonte Baumgardt und verwies auf "erste Gesprächsrunden mit bundesweit etwa 100 Handwerksbetrieben".

ZEUS zuständig für Baumärkte

Seit Anfang 2005 sind Marketing, Vertrieb und Systementwicklung für die Einzelhandelssparte in der Hagebau der Zeus (Zentrale für Einkauf und Service) übertragen worden. Damit liegt das gesamte Baumarktgeschäft (Hagebaumärkte) voll in der Zuständigkeit der Zeus. Trotz rückläufiger Umsätze wurde das Geschäftsjahr 2005 "über Plan" abgeschlossen. Weiter forciert werden sollen das Markengeschäft (,Werkmarkt) und die Importtätigkeit (A.R.E.N.A).

Die Besorgnis von Hagebau-Gesellschaftern, dass sich nach den Fusionen mit E/D/E und der EK Group "die Dinge zu Lasten von Hagebau und zu Gunsten dieser Neuerwerbungen verschieben könnten", wies Michael Baumgardt als unbegründet zurück. Die vorliegenden Ergebnisse bewiesen das Gegenteil.

Nachdrücklich appellierte Baumgardt auch hinsichtlich Zeus an die Gesellschafter, "den Erfolg, den wir erwirtschaftet haben, nicht wegen der einen oder anderen operativen Schwierigkeit infrage zu stellen". Damit reagierte er auf Unzufriedenheit z.B. über die Trennung des Einkaufs für den Großhandel (durch Hagebau) und den Einzelhandel (durch ZEUS). Dies wurde als ein grundsätzlich falscher und in der Praxis "erwiesenermaßen störanfälliger" Weg kritisiert.

Eingeräumt wurde von Michael Baumgardt, dass man sich von der Umwandlung der Zeus-angeschlossenen Unternehmen in Hagebaumärkte mehr versprochen hat. Viele Märkte seien zu klein und nicht "Hagebaumarkt fähig". Die Größen- und Niveauanpassung sei überaus kostspielig. Baumgardt sprach von zehn bis zwölf Märkten, die noch zur Umwandlung anstehen.

Jedoch kranke auch mancher Hagebaumarkt und damit die Sparte Einzelhandel insgesamt an einer "zu großen Gruppe entwicklungsschwacher Baumärkte". Baumgardt: "Die letzten 20% haben 2005 ein Umsatzminus von 10,5%, entsprechend 21 Mio. EUR hinnehmen müssen". Das drücke das Gesamtergebnis und zwinge zu Eingriffen, betonte Baumgardt.

935 Standorte in Deutschland

Die Gesellschafterentwicklung in der Hagebau gibt manchem Altgesellschafter Anlass zur Sorge. In der Gesellschafterversammlung wurde die Frage gestellt, ob die Hagebau angesichts ihres eigenen Gesellschafterschwundes allein noch "überlebensfähig" sei. Tatsächlich zählte die Hagebau vor dem Zusammengehen mit anderen Kooperationen Ende 2004 nur noch 130 Gesellschafter. Danach ging es zahlenmäßig aufwärts; derzeit gehören der Hagebau - nach elf Neuzugängen in diesem Jahr - 254 selbstständig agierende Baustoff- und Holzhändler an. Damit ist nach den Worten von Geschäftsführer Heribert Gondert "die höchste Gesellschafterzahl, die die Hagebau je hatte", erreicht. Gleiches gelte für die Zahl von 935 Standorten. Auf die Standorte in Deutschland verteilen sich 543 Baustoffhandlungen, 109 Holzhandlungen und 283 Hagebaumärkte bzw. Gartencenter.

Zufrieden stellender Umsatz und Ertrag

Der Geschäftsbericht 2005 weist die Hagebau als Kooperation aus, die insbesondere im Großhandel stark verankert ist. Der Großhandel (Baustoff- und Holzhandel) trägt 56,3% zum zentralfakturierten Umsatz bei, der Einzelhandel 32,1%. Mit Nachdruck und Erfolg vorangetrieben wird die Holzsparte. Insgesamt bringe das "sehr zufrieden stellende" Ergebnis 2005 den Gesellschaftern unterm Strich die höchste Ausschüttung in der Firmengeschichte.

Die Bilanz 2005 profitierte vor allem von einer Aufstockung der Eigenkapitalquote und Kosteneinsparungen. Zur Erhöhung des Eigenkapitals wurde die Hagebau Capital gegründet, in die Gesellschafter und Mitarbeiter von Hagebau-Unternehmen als stille Gesellschafter 5 Mio. EUR einzahlten. Dieser Betrag wurde dann von Hagebau als Kommanditistin in die Kooperation eingebracht. Einsparungen wurden u.a. dadurch erreicht, dass der gesamte Vertriebsbereich des Einzelhandels, also sämtliche Mitarbeiter sowie anteilige Kosten und Erträge, auf die Zeus übertragen wurden.

Der Gesamtumsatz 2005 in Höhe von rd. 2,47 Mrd. EUR summiert sich aus den Ergebnissen aller rechtlich selbständigen Unternehmen innerhalb der Hagebau-Gruppe. Den Löwenanteil brachte die Keimzelle, die Hagebau Kooperation, mit einem zentralregulierten Umsatz von 2,468 Mrd. EUR ein. In Deutschland zeigte er sich 2005 leicht rückläufig (minus 0,6%), in Österreich zog er (plus 1,4%) an.

Besonders hervorgehoben wurde das Umsatzergebnis der fünf rechtlich selbständigen Zentralläger der Hagebau. Sie erreichten ein Umsatzplus von 5,1% und steigerten ihren Umsatz dadurch um 14 Mio. EUR auf 285 Mio. EUR. Diese Entwicklung ist zurückzuführen auf die erhöhten Bezüge der Mitgliedsunternehmen von E/D/E und EK Service Group innerhalb der Hagebau-Gruppe. Diese beiden relativ neuen Hagebau-Zugänge bringen inzwischen etwa 6% der gesamten Zentrallagerumsätze.

Die Bedeutung der Zentralläger werde weiter zunehmen, betonte Gondert, gab allerdings auch zu bedenken, dass ihr Nutzen gesteigert werden müsse. Die Fusion der Zentralläger Weser-Ems und Süd-Ost zur HZL sei "ein gutes Beispiel, das Schule machen sollte".

Holzhandel rückt weiter vor

"Die frühere strikte Trennung der Geschäftsbereiche Baustoffhandel und Holzhandel hebt sich langsam auf", betonte Geschäftsführer Gondert hinsichtlich der positiven Entwicklung, die der Holzhandel innerhalb der Hagebau im vorigen Jahr nahm.

Am zentralfakturierten Umsatz der Hagebau (2,47 Mio. EUR) war der Holzbereich einschließlich einer Steigerung um 1,4% im letzten Jahr mit 286 Mio. EUR ( 11,6% des zentralfakturierten Umsatzes) beteiligt. Damit erlebte der Holzhandelssektor im Baustoffgeschäft (Großhandel) bzw. im Baumarktgeschäft (Einzelhandel) ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis. Der operative Einkauf brachte es auf ein Plus von 20%.

Im deutschen Holzhandel schreibt sich die Hagebau einen Marktanteil von 19% und damit die Spitzenposition zu.

Die positive Entwicklung der Holzhandelssparte setze sich in diesem Jahr fort, berichtete Geschäftsführer Gondert, der diesen Geschäftsbereich übergangsweise mitbetreut. Die Zahl der Standorte habe sich nach der erfolgreich abgeschlossenen vollständigen Integration der Holzhändler von E/D/E und EK von 217 im Vorjahr auf derzeit 222 erhöht. Davon sind 22 den beiden Vertriebssystemen "HolzProfi" und "Forum Holzmarkt" beigetreten.

Besonders erfolgreich zeigte sich die verstärkte Geschäftstätigkeit im Bereich DIY und Garten, die ausschließlich über die A.R.E.N.A. abgewickelt wird und sich 2005 stark auf Eigenimporte stützte. 2004 hatten diese ein Volumen von 6,2 Mio. EUR, 2005 waren es bereits 16 Mio. EUR.

Einzelhandel deckt Handlungsbedarf auf

Enttäuschend verlief die Umsatzentwicklung im Einzelhandel. Die Einbuße um 2,6% auf 792 Mio. EUR müsse jedoch - wie Gondert betonte - relativiert werden. Der Rekordumsatz von 814 Mio. EUR, der im Jubiläumsjahr 2004 mit seinen zahlreichen Sonderaktionen erzielt wurde, liefere einen kaum vergleichbaren Vergleichswert. Kritischere Ursachenforschung führte Michael Baumgardt auf die Spur "zu vieler entwicklungsschwacher Hagebaumärkte". Am gesamten zentralfakturierten Umsatz der Hagebau hatte der Einzelhandel 2005 einen Anteil von 32,1%. In auffälligem Gegensatz zum Umsatzrückgang stand 2005 das Ergebnis; es schloss mit 3,6 Mio. EUR und damit 18,7% über Plan ab - ein Zeichen dafür, dass gut entwickelte auf strategisch geschickt operierende Hagebaumärkte auch erfolgreich sind.

176 Standorte in Österreich und Ungarn

Hagebau hat in Österreich und Ungarn bisher bei 40 Gesellschaftern mit 176 Standorten (117 Baustoffhandlungen, 59 Baumärkte) Fuß gefasst und gilt damit als Marktführer bei den Kooperationen. Der Umsatz lag 2005 bei 354 Mio. EUR (+ 1,4%).
aus Parkett Magazin 04/06 (Wirtschaft)