Pickhardt + Siebert: Investitionen in neue Produktionstechnologie

"Vermarktung anspruchsvoller Tapeten noch stärker forcieren"

Dietmar Everding ist seit 16 Jahren in der Branche und hat so manchen Tapetentrend kommen und gehen sehen. Doch in einem ist sich der Vertriebsleiter der Pickhardt + Siebert GmbH sicher: "Nie gab es schönere Kollektionen als jetzt." Daran werde deutlich, "dass alle namhaften Branchenteilnehmer bestrebt sind, das Produkt in einem weiterhin rückläufigen Markt stärker in den Fokus der Endverbraucher zu rücken.

Was den Vertrieb der Tapete in Deutschland betrifft, hat sich die Landschaft erheblich verändert. Beispiel Großhandel: Mit den CMS- und Akzo-gestützten Unternehmen sowie den Expansionsbestrebungen auf Seiten der Malereinkaufsgenossenschaften - allen voran die Mega - dominiert zunehmend das Produktsortiment Farbe. Dass ein Tapetenhersteller nicht darauf versessen ist, in diesen Vertriebskanal hauptsächlich Halbfertigware zu liefern, die sich x-mal überstreichen lässt, so dass sich die Tapezierintervalle verlängern, versteht sich von selbst.

"Ausgewogener Mix aller Vertriebsschienen"

Everding sieht in dieser Entwicklung durchaus Chancen. "Großhändler mit dem Schwerpunkt Farbe engagieren sich in der Regel auch für den Bereich Tapete", ist seine Erfahrung. Dies wird gestützt durch die Tatsache, dass im Sortimentsbereich Tapete gute Margen zu erzielen sind. Außerdem sind die Großhändler zunehmend daran interessiert, am Markt als Vollsortimenter zu agieren.. Fakt ist jedoch auch, dass der Tapetenbedarf in Deutschland zu 40% über die Großfläche abgedeckt wird - und davor kann auch dieses Unternehmen die Augen nicht verschließen. "Wichtig ist uns ein ausgewogener Mix aller Vertriebsschienen", schildert Everding.

P+S hat sich in den vergangenen vier Jahren mit einer neuen Sortimentspolitik sehr positiv entwickelt. Dies ist insbesondere auf die Arbeit des Atelierleiters Waldemar Zerbe zurückzuführen. Um sich in der Liga der Trendsetter zu behaupten, werden jetzt die Produktionstechnologien auf den neuesten Stand gebracht. Eine Registersteuerung wird noch diesen Herbst die Fertigung in Emmerke ergänzen und eine Tiefdruckanlage mit Heißprägevorrichtung soll 2007 am Standort Gummersbach in Betrieb genommen werden. Eine weitere Investition auf dem Sektor Vliestapeten in siebenstelliger Höhe fand erst vor wenigen Monaten ihren Abschluss. "Alle diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Markterfordernissen zu entsprechen und vermehrt wertige Produkte anzubieten", erläutert der Vertriebsleiter. Nützlicher Nebeneffekt der aufwendigen Produktionsverfahren: Die technisch anspruchsvolleren Artikel lassen sich nicht so leicht kopieren.

Sichere Margen für die Handelskunden

Um ein Höchstmaß an Effizienz beim Abverkauf zu gewährleisten, sind für die Gummersbacher maßgeschneiderte Konzepte für den POS fast schon obligatorisch. Und auch sonst scheint es nicht an guten Ideen zu mangeln. Starke Resonanz beim Handel findet unter anderem die Vermarktung von Produkten, für die bundesweit ein marktgerechter Verkaufspreis definiert wird, der nicht unterschritten werden darf. Erklärtes Ziel: Mehr Margensicherheit für die Kundschaft. "Wir halten es für eine gute Sache, wenn ein regionaler Fachmarkt nach außen denselben VK darstellen kann wie ein Großflächenanbieter oder ein Filialist", erläutert Everding. Klar, dass solche Konzepte nicht in das Preisgefüge eines Discounters passen.

"Angebot um zwei weitere Papierkollektionen ergänzt"

Der Trend zur Vliestapete ist auch bei P+S offensichtlich. Aber man ist dennoch überzeugt, dass die Papiertapete ihre Berechtigung am Markt behalten wird. Das beste Beispiel ist "Tiffany", eine Papierkarte, die Blumen- und moderne Dekore mit abgestimmten Unis und Borten vereint, und sofort großen Anklang fand. "Wir verkaufen in erster Linie einen Modeartikel und da spielt für den Endverbraucher nicht unbedingt die Warengattung eine Rolle, insbesondere, wenn man über dessinierte Ware spricht", unterstricht Everding. Zwei weitere Papierkollektionen werden zurzeit eingeführt: "Caprice" ist geprägt durch florale Dessins und geometrisch angeordnete Kreise. Charakteristisch für "Idea of Art" sind abstrakt gezeichnete Blumenmotive mit Borten und Unis. Ebenfalls neu: "Profi Line", eine Kollektion für kreative Wandgestaltung auf Vlies zum Überstreichen.

Produktion wird zu 60% exportiert

Aktuell produziert P+S 15 Mio. Rollen, wovon 60% auf Exportmärkte verteilt werden. "In Deutschland haben uns viele wichtige Marktteilnehmer gelistet und sehen in uns einen zukunftsfähigen und kalkulierbaren Lieferanten", berichtet Everding. Das war bekanntlich nicht immer so. Die Frage, ob das Unternehmen nun dritter oder vierter im Ranking der erfolgreichsten deutschen Hersteller ist, bleibt unbeantwortet. Viel wichtiger sei, dass die Firma in der Lage ist, zu investieren und bei der Entwicklung neuer Produkte ganz vorn mitzumischen.

Bei R+S ist man stolz, zum vierten Mal in Folge am schwierigen deutschen Markt den Umsatz zweistellig gesteigert zu haben. Das neuerliche Plus im Inland führt wird auch auf die deutliche Qualitätsverbesserung im Außendienst zurückgeführt. Everding ist optimistisch, dass sich dieser Trend fortsetzen lässt, da der Fokus künftig auf höherwertige Produkte gerichtet wird, ohne die Konsumschiene zu vernachlässigen. Die Blattzahl soll dabei aber keineswegs erhöht werden, was sowohl für das Inlandsgeschäft als auch für West- und Osteuropa gilt. "Wir profitieren zunehmend davon, dass die Märkte zusammenwachsen und gleiche Artikel in den drei Geschäftsfeldern verkauft werden können", sagt der Vertriebsleiter.

Nicht zuletzt scheint es sich bei Pickardt + Siebert um ein durch und durch solides Unternehmen zu handeln. Nur niedrige Bankverbindlichkeiten zu haben, freut vor allem Geschäftsführer Wolfgang Schminner. Dadurch lassen sich die geplanten Anschaffungen ohne Probleme darstellen. "Dass große Investitionen in dieser Branche gut überlegt sein wollen, ist sicher unstrittig", gibt er zu bedenken. "Wer nichts tut, weil er jegliches Risiko scheut, hat keine Chance im sich stetig verändernden Markt."
aus BTH Heimtex 10/06 (Wirtschaft)