Decosit 2001 mit neuer Objekt-Messe Deco Contract

Kontraste

Bei Möbelstoffen gilt die Brüsseler Decosit weltweit als die Nr. 1. Jetzt nehmen die Belgier den expandierenden Objektbereich verstärkt ins Visier und haben mit der Deco Contract eine eigene Veranstaltung für dieses Marktsegment geschaffen. Im Hinblick auf Trends gilt übereinstimmend für das private Wohnen wie für das Objekt: Kontraste kommen - bei Dessins, Farben und Materialien. Farblicher Favorit ist die Rot-Skala.

Alljährlich Anfang September wird das Expo-Gelände in Brüssel zum Mekka der Möbelstoff-Branche. Rund 400 Aussteller aus 30 Ländern zeigen dann die neuen "Kleider" für die Polstermöbel von morgen und zogen in diesem Jahr gut 14.000 Besucher aus 100 Ländern an. Diese Internationalität - einer der Pluspunkte der Decosit - bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, Kontakte zu neuen Abnehmerländern zu knüpfen - nicht nur für die 22 deutschen Aussteller ein wichtiges Kriterium, denn beispielsweise deutsche Polster-Produzenten ließen sich in den Messehallen so gut wie gar nicht sehen.

Die Stimmung in Brüssel war besser als erwartet. Nach einem recht guten Geschäftsjahr 2000, das vielversprechend anfing, dann in der zweiten Hälfte aber deutlich nachließ, schloss sich ein schwieriges erstes Halbjahr 2001 an. Etliche Bezugs-Spezialisten stehen wegen der anhaltenden Marktschwäche des deutschen Wohnmöbelmarktes und der allgemeinen Kaufzurückhaltung mit dem Rücken zur Wand. Lagen die Hoffnungen bisher vielfach auf dem Export, ist hier die Situation inzwischen auch problematisch: die Wirtschaftsflaute im wichtigen Exportland USA und auch die rückläufige Nachfrage in den europäischen Nachbarländern, speziell in Großbritannien, bereiten vielen Anbietern große Sorgen und haben auch schon zu ersten Konsequenzen geführt: So musste die zu Faber + Becker gehörende Textilmanufaktur Aste aufgeben. Ihre hochwertige Kollektion wird von Landwehr weitergeführt.

Hoffnungen setzen viele Unternehmen auf das Objektgeschäft. Hier konnten auch in den unbefriedigenden letzten Monaten noch Umsatzzuwächse erzielt werden. Und gerade in Nischen wie der Automobilindustrie sehen manche Stoffproduzenten eine Chance für die Zukunft.

Neue Objekt-Messe Deco Contract

Der Brüsseler Messeorganisator Textirama haben sich auf diese Entwicklung eingestellt und mit einer separaten Objektmesse darauf reagiert - der Deco Contract, die in diesem Jahr offizielle Premiere feierte. Im vergangenen Jahr hatte das "Decosit Contract Village" - sozusagen als Zwischenschritt zu der neuen Messe - so viel Zuspruch bei den Besuchern gefunden, dass Textirama-Chef Patrick Geysels die Veranstaltung verselbständigte. Was aber nicht bedeutet, dass die Anbieter von Möbelstoffen für den Objektbereich nicht mehr auf der Decosit vertreten waren: Rund 100 Aussteller zeigten auch auf der Decosit objektorientierte Kollektionen.

Zum Start der neuen Deco Contract - die inhaltlich über Möbelstoffe hinaus bis in die Bereiche Boden- und Wandausstattung geht - konnten 65 Aussteller gewonnen werden, die in Halle 12 ihr Angebot an Bezugs- und Dekorationsstoffen, Bodenbelägen und Wandbekleidungen für das Objekt präsentierten. Am stärksten vertreten war Italien mit 20 Teilnehmern, die USA mit 20 und Belgien mit 15. Das magere deutsche Kontingent beschränkte sich auf drei Anbieter.

Partner beider Brüsseler Veranstaltungen war auch in diesem Jahr wieder Trevira. Der Spezialist für flammhemmende Polyesterfasern war sowohl auf der Decosit wie auch auf der Deco Contract mit einem Stand vertreten. Zentrales Thema der Präsentation waren die Trends, die Trevira jedes Jahr erarbeitet, und deren Umsetzung. Für Aufsehen sorgte der Deco Contract-Auftritt der Frankfurter: Ein 16 m hohes Mobile, an dem textile Ellipsen kreisten.

Inspiration und Information

Um Trends und Tendenzen ging es auch bei den verschiedenen Sonderschauen in Halle 9. Sehr plakativ stellte sich in diesem Jahr das Projekt "Flämische Meister" dar: die beteiligten flämischen Möbelstoffhersteller hatten das Thema optische Illusionen ausgesucht und gekonnt Vexierspiele wie von Vasarely oder Escher in Textil umgesetzt - und das auch noch in Schwarz-Weiß.

Und wohin geht der Trend bei den neuen Möbelstoffen? Die Decosit hat vier Themen ausgemacht und umgesetzt.:

- Black Book mit geometrischen Motiven wie Rauten, Kubismus-Anleihen und Art Déco-Stimmung
- Bake it Black als rustikales, ländliches Naturthema mit warmen Farben, die Geborgenheit vermitteln,
- Bright Boogie mit spielerischen Formen in frischen Primärfarben und
- Bright Breeze mit irisierenden Effekten und Strukturen aus der Natur.

Die neuen Kollektionen halten sich nicht ganz an diese Gliederung. Ganz klar feiern die 60er und 70er Jahre ein Revival. Sie kommen zurück mit modischen, oft grafischen, aber auch floralen starkfarbigen Motiven, die hauptsächlich auf Decken und Kissen unifarbene Polster aufpeppen sollen. Wobei auch der Korpus langfristig wieder mit Mustern überzogen werden soll.

Farblich spielt Rot - wie in der Bekleidung - eine ganz wichtige Rolle. Die ganze Palette an warmen und kalten, hellen und dunkelleuchtenden Schattierungen von Orange bis Violett, von Rosa über Pink und Bordeaux bis Pflaume ist gefragt. Die Klassiker Blau und Grau sind als neutrale Kombinationspartner immer ein Thema, sehr trendig ist strenges Schwarz-Weiß.

Doch werden Effekte nicht nur durch die Farbigkeit, sondern auch durch die spannungsreiche Kombination ganz unterschiedlicher Materialien erzielt: Derb und fein, glänzend und matt, changierend und stumpf, blickdicht und hochtransparent. Synthetische Garne werden mit Naturgarnen kontrastreich verarbeitet, Lurex bringt die Stoffe zum Glitzern. Kontrastreiche Dessinierungen ergeben sich durch Strukturgewebe, die von verschieden gefärbten Spezialgarnen durchwirkt sind. Insgesamt erhalten die Stoffe wieder eine textilere Optik.

Bei Leder hält der Trend zu natürlich anmutenden Anilin-Qualitäten an. In der Farbskala ist klassisches Schwarz noch immer am beliebtesten. Doch werden Naturtöne wie Creme, Sand, helles Braun oder Khaki immer öfter nachgefragt. Ganz Mutige wagen sich an modische Farben wie dunkles Bordeaux, Flieder oder Aubergine. Besonders gut sortiert ist hier die Lederfabrik Schweizer mit einem Farbspektrum von Orange bis Himbeer, Brombeer bis Wasserblau. Zusätzlich sind ab 100 Häuten Sonderfarben möglich.

Allen Preissteigerungen zum Trotz steigt die Nachfrage nach hochwertigen Leder-Qualitäten im Polstermöbelbereich weiter an. Der Preis der Rohware scheint sich zur Erleichterung der Leder-Spezialisten langsam wieder zu normalisieren. Die weltweite Verknappung von Rinderhäuten hatte zu einer Verteuerung von 50 bis 60 % geführt, von denen die Leder-Anbieter nur 20 bist 25 % an ihre Kunden weitergeben konnten.

Auch Leder-Ersatzstoffe aus High-Techfasern, die in der Optik nahe an Naturhäute herankommen, aber preiswerter, pflegeleicht und oftmals auch brandgeschützt sind, werden bei Polsterern immer beliebter. Kaum in Optik und Haptik von einem hochwertigen Echtleder-Bezugsstoff zu unterscheiden ist beispielsweise eine neue Softnappa-Qualität von Hornschuch.

Decosit künftig um einen Tag verkürzt

Für das kommende Jahr hat Textirama einen neuen Zeitplan für Decosit und Deco Contract angekündigt. Der eher ruhige Mittwoch wurde gestrichen, die Messen öffnen künftig bereits am Samstag um 13 Uhr und schließen am Dienstag um 18 Uhr. Nächster Termin ist der 7. bis 10. September 2002.
aus BTH Heimtex 10/01 (Wirtschaft)