Decosit 2006 mit Besucherzuwachs und modifiziertem Konzept

Von handwerklichen Optiken bis zu intelligenten Textilien

Mit einem überarbeiteten Konzept präsentierte sich die diesjährige Decosit: Zum ersten Mal war die objektorientierte Schwesterveranstaltung Deco Contract integriert worden, was gut angenommen wurde, da die Grenzen zwischen Wohn- und Objektmarkt zusehends verschwimmen. Und dann wurde neben vier "kommerziellen" Hallen eine neue "inspirative" eröffnet, in der das fiktive Messestädtchen Alicetown Ausblick auf Trends und Innovationen bot. Das zog auch wieder mehr Besucher an: Ihre Zahl erhöhte sich um 7% auf 12.300, wobei vor allem aus Europa und USA wieder mehr Einkäufer kamen.

Rund 350 Aussteller aus 30 Länder und 12.300 Besucher (+7%) zählte die diesjährige Decosit. Längst ist die einst auf Möbelstoffe konzentrierte Messe auch zu einem wichtigen Treffpunkt für diejenigen geworden, die im Objektgeschäft engagiert sind oder sich für intelligente Textilien interessieren. Obgleich die Messegesellschaft von einer gestiegenen Besucherfrequenz berichtet, empfanden die Teilnehmer das anders. Sie vermissten vor allem Neukunden, während die Stammkunden wie gewohnt gesichtet wurden. Aus Deutschland fehlte insbesondere die Polstermöbel-Industrie. "Der Termin in Brüssel ist zu spät, zu nah an den Hausmessen", benennt Klaus Munzert den Grund. "Die Polstermöbelindustrie hat schon vorher geordert. Und die Caravan-Industrie verlagert ihre Order immer stärker auf die Proposte im Mai."

Längst ist die Decosit über die reine Möbelstoff-Messe hinausgewachsen. Das Objektgeschäft einerseits und innovative Textilien andererseits sind wichtige Säulen geworden. Der Objektbereich wurde bislang durch die Schwesterveranstaltung Deco Contract abgedeckt, die in diesem Jahr erstmalig integriert wurde. Das kam gut an. Über Innovationen und neue technische Entwicklungen informiert die Decotec. Drei Top-Designer setzten die Themen Textilien und Wasser, Textilien und Licht sowie Textilien und Ton um, alles einzuordnen unter dem Oberbegriff intelligente Textilien. Eine Materialbank zeigte dazu Muster mit neuesten Textilien und Dekorationsmaterialien.

Bei Textilien und Licht fungieren Stoffe als reflektierende Fläche, wirken als Sonnen-, Sicht- und Strahlenschutz, sorgen für Farbveränderung oder Signalwirkungen. Selbstleuchtenden Qualitäten ändern je nach Tageszeit und Lichteinwirkung ihr Aussehen. Lichtemittierende Garne lassen Stoffe im Dunkeln stimmungsvoll leuchten. Einsatzgebiete sind Wanddekorationen, Möbel für Diskotheken, Möbel für Behinderte, Deckenabhängungen oder auch Ausstellungsräume.

Bei Textilien und Wasser dreht es sich um die absorbierenden, schnelltrocknenden, abdichtenden, beschützenden Effekte von Stoffen. Zahlreiche Hersteller bieten inzwischen sogenannte Outdoor-Kollektion für Wintergärten, Schwimmbäder und Saunen an, die diesen Kriterien gerecht werden. Aber auch Krankenhäuser und Seniorenheime setzen auf wasserabweisende Funktionstextilien.

Textilien sind auch entscheidend für den Schall und Hall, die Lautstärke in einem Raum. Sie absorbieren und dämpfen Schall, reflektieren und leiten. Das ist besonders wichtig in Büroräumen, Schlafzimmern und öffentlichen Gebäuden, aber auch in Theatern, Musiksälen und Discos.

Trends von der Decosit 2006

Farblich werden Herbst/Winter 2006 weiter von Naturtönen dominiert: dunkle warme Schattierungen wie Braun, Schoko und Schlamm, Erdfarben werden neu definiert und kombiniert mit Kiwi, Natur, Türkis, Flieder, Mauve, Beere und Pastells. Ganz neu ist Bronze. Viel zu sehen sind außerdem Beige und Stein, metallisches Grün, Moosgrün und blasse Pink- und Bleu-Nuancen. Mutig die Zusammenstellung von Rot mit Orange, Rosa, Pink oder Violett.

Glatte Unis und Mikrofasern haben ihren Höhepunkte überschritten. Stattdessen kommen Reliefoptiken und strukturierte Unis, kombiniert mit Karos, Streifen und Blumen, die nicht mehr naiv, sondern impressionistisch und elegant interpretiert werden. Weitere Themen sind Medaillons und Arabesken, Paisleys und historische spanische Motive aus dem 18. Jahrhundert sowie Damastmuster. Hochaktuell sind ferner Samte und Veloure, gern auch auch hochflorig als Mohairsvelours.

Handwerklich und natürlich anmutende Optiken sind ganz wichtig, übersetzt in Oberflächen, die an Baumrinde erinnern oder mit kleinen Blättchen im Glanz-Matt-Kontrast. Plissier- und Prägeverfahren, Schrumpf- oder elastische Garne sorgen für belebte Oberflächen. Experimentelle Garnmischungen aus Natur- und Kunstfasern erlauben raffinierte Glanzeffekte in der Oberfläche und im Grundgewebe mit einem matten Pol. Außergewöhnlich ein neues Bambus-Garn als Velours bei Pongs, sowie verfilzte Wolle.

Leder bleibt weiterhin als Bezugsmaterial stark, obwohl sich bei den Rohstoffpreisen die Spirale drastisch nach oben schraubt. Eine Verknappung der Häute auf den Weltmärkten unter anderem durch die starke Nachfrage aus China hat in den Sommermonaten geradezu zu einer Preis-explosion geführt. Synthetisches Leder ist für bestimmte Stil-Ausprägungen und Preisklassen unverzichtbar. Dabei gibt es sowohl sehr naturnahe Qualiäten wie auch bewusst avantgardistische im Metallic-Look (beides von Hornschuch). High Tech-Synthetics mit Nanoprofil-Beschichtung eignen sich auch für den Outdoor-Bereich.

Faserhersteller Trevira, führend bei schwer entflammbaren Fasern, beteiligte sich erneut als Sponsor am Hospitality Projekt der Messe und präsentierte sich mit einer Lounge und einem Hotelzimmer im Trendforum Alice Town. Der begehrte Trevira CS Award ging in diesem Jahr an das italienische Unternehmen Lodetex für seine Trevira CS-Kollektion mit natürlichen Seiden-, Leinen- und Baumwollanmutungen.

Die nächste Decosit findet vom 8. bis 11. September 2007 in Brüssel statt.
aus BTH Heimtex 11/06 (Wirtschaft)