Seminar im Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) in Troisdorf

Neue Möglichkeiten mit Calciumsulfatestrichen

Aus der Praxis der Verlegung von Calciumsulfatestrichen haben sich in der letzten Zeit zwei Fragestellungen herausgebildet, die vom Arbeitskreis "Calciumsulfatestriche" im Bundesverband Estrich und Belag e.V. (BEB) zum Anlass genommen wurden, zwei neue Hinweisblätter zu erarbeiten. Diese betreffen die beschleunigte Trocknung von Calciumsulfatestrichen und die Verwendung von höher belasteten Calciumsulfatestrichen im Gewerbebau. Zu beiden Themenbereichen veranstaltete das Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF) in Troisdorf ein gut besuchtes Seminar.

Der Seminar-Titel "Neue Möglichkeiten mit Calciumsulfatestrichen" lockte nahezu 100 Interessierte nach Troisdorf ins Institut für Baustoffprüfung und Fußbodenforschung (IBF). Im Mittelpunkt des Interesses standen die Möglichkeiten der beschleunigten Trocknung von Calciumsulfatestrichen und der Einsatz von Calciumsulfatestrichen in Bereichen mit höherer Belastung. Die große Resonanz spiegelte das Interesse an diesen Themenbereichen wider.

Unter der Leitung des Obmanns des BEB-Arbeitskreises "Calciumsulfatestriche", Adalbert Krusius (Krusius Fußböden, Budenheim), wurden Vorträge zu den beiden Themenschwerpunkten gehalten. Krusius eröffnete den ersten Themenkomplex mit der Vorstellung des Hinweisblattes "Hinweise zur beschleunigten Trocknung von Calciumsulfatestrichen". Dem Trend zu immer kürzeren Bauzeiten folgend, kann eine künstliche Trocknung die erforderliche Wartezeit zwischen Estrich- und Belagsverlegung deutlich verkürzen. Voraussetzung hierfür ist aber eine gründliche Planung der Trocknungsmaßnahmen. Das Hinweisblatt bietet hierzu die notwendige Hilfestellung - insbesondere für den Bauwerksplaner. Hierzu werden die Grundlagen der Trocknung und Hinweise zur Durchführung hervorgehoben. Auch eine geplant durchgeführte Trocknung von Estrichen erfordert eine Kontrolle des Erfolges vor der Belagsverlegung durch eine CM-Messung.

Michael Witte, Marketing Manager Anhydrit bei Lanxess, stellte die Grundlagen der Trocknung von Calciumsulfatestrichen vor und erläuterte die Grundbegriffe der relativen Luftfeuchtigkeit, der Taupunkttemperatur, des Wassertransportes im Estrich und der Gleichgewichtsfeuchte. Die Einflüsse auf den natürlichen Verlauf der Trocknung stellte er über die Darstellung des Luftwechsels in Abhängigkeit verschiedener Klimabedingungen dar. Seine Darstellungen verdeutlichten, dass auch im Sommer nicht unbedingt die optimalen klimatischen Bedingungen für eine natürliche Trocknung von Estrichen bestehen. Eine Verbesserung kann durch Trocknung, Erwärmung und Luftzirkulation herbeigeführt werden. Die zur Trocknung eingesetzten Verfahren in Form von Kondens- und Adsorptionstrocknern stellte er vor. Insbesondere verwies er darauf, dass zum Heizen keine mit Propangas betriebenen Geräte verwendet werden dürfen, da diese beim Verbrennen eine nicht unerhebliche Wassermenge freisetzen.

Natürliche Trocknung im Vergleich mit Zwangstrocknung

Heinz-Dieter Altmann, Sachverständiger aus Niedersachswerfen, vertiefte die Grundlagen der Trocknung und stellte Ergebnisse von Versuchen im Labor und einer realen Baustelle vor. Auf einer Baustelle wurden unterschiedliche Calciumsulfat-Fließestriche eingebaut. Geschossweise wurden natürliche Trocknung durch geöffnete Fenster und Zwangstrocknungsmaßnahmen beobachtet. Der Erfolg der unterschiedlichen Trocknungsmaßnahmen wurde durch regelmäßige Feuchtemessungen überprüft. Es zeigte sich, dass nach 14 Tagen die Flächen, die lediglich durch Lüften natürlich getrocknet worden sind, noch relativ hohe Feuchtegehalte aufwiesen, während die zwangsgetrockneten Flächen bereits Belegreife erreicht hatten. Bei anschließend durchgeführten Festigkeitsprüfungen wurde kein negativer Einfluss der Zwangstrocknung festgestellt. Auch wenn die Ergebnisse dieser Untersuchung nicht direkt auf andere Baustellen übertragen werden können, konnte der zeitliche, und damit auch für den Bauherren wirtschaftliche Vorteil der Zwangstrocknung nachgewiesen werden.

Den gerätetechnischen Aspekt der Zwangstrocknung beleuchtete Michael Resch von Trotec GmbH, Heinsberg, in seinem Vortrag. Er gab Hinweise zur Auswahl der erforderlichen Geräteleistung von Kondenstrocknern und Heizgeräten. Hierbei ging er auch auf die Wahl des Aufstellungsortes der Trockner, Heizgeräte und Gebläse ein. Es empfiehlt sich, die Position der Geräte im Verlauf der Trocknung zu wechseln; zudem ist es wenig sinnvoll, einen Kondenstrockner unmittelbar neben einem Heizgerät aufzustellen. Mit modernen Messgeräten kann die Trocknung überwacht und dokumentiert werden. Die künstliche Trocknung wird auch zur Beseitigung der Folgen von Wasserschäden eingesetzt. Auch hierzu stellte er verschiedene Verfahren und Geräte vor. Je nach Anforderungen können zusätzlich noch Filter zur Verminderung der Schimmelpilzbelastung oder der Belastung durch Mineralfasern bzw. auch Geräte zur Geruchsbeseitigung installiert werden.

Höher belastbare Flächen erfordern objektbezogene Planung

Den zweiten Themenkomplex "Höher belastbare Calciumsulfatestriche im Gewerbebau" eröffnete Dipl.-Phys. Oliver Erning, IBF Troisdorf, mit der Vorstellung des Hinweisblattes. Gerade im Bereich der höher belastbaren Flächen ist eine objektbezogene Planung im Einzelfall erforderlich. Einsatzgebiete, in denen Flüssigkeiten anfallen (z.B. Großküchen, Fleischereien, chemische Produktionsstätten) eignen sich nicht für Calciumsulfatestriche. Zudem muss ein dauerhafter Feuchteschutz gewährleistet sein. Ein Oberflächenschutz ist in jedem Fall erforderlich. Er ging dabei auch auf die Möglichkeiten der Bemessung von Estrichdicken schwimmender Estriche bei hohen Einzellasten und bei auftretender Fahrbeanspruchung ein. Für Estriche auf Trennschicht liegen keine Bemessungsgrundlagen vor, hier sind Erfahrungswerte anzusetzen. Der erforderliche Schutz der Oberfläche kann z.B. durch Imprägnierungen, Versiegelungen, Reaktions- oder mineralische Beschichtungen oder durch Bodenbeläge erfolgen.

Dr.-Ing. Karl-Heinz Wiegrink stellte höher belastete Estriche aus wissenschaftlicher Sicht vor. In seinem Vortrag stellte er den Einfluss innerer Spannungen (z.B. Verformungen durch Austrocknung) und äußerer Spannungen (z.B. Eigenschaften der Dämmschicht, Lasten) auf die Tragfähigkeit von Estrichen vor. Einen besonderen Augenmerk richtete er auf die dynamische Beanspruchung, wie sie z.B. beim Befahren von Estrichen entsteht. Bei Laborversuchen wurde festgestellt, dass mit zunehmender Anzahl der Lastspiele die aufnehmbare Oberlast abnahm. Ausführlich stellte er auch den Einfluss der Laststellung, z.B. am Plattenrand oder in der Feldmitte, auf die Verformung eines Estrichs vor und betrachtete dabei auch den Einfluss unterschiedlicher Dämmstoffe.

Enorme Beanspruchung durch Handhubwagen

Zum Abschluss stellten Adalbert Krusius, Andres Seifert (Knauf) und Günter Machauer (Maxit) verschiedene Bauvorhaben vor, bei den Calciumsulfatestriche in höher belasteten Bereichen eingesetzt worden sind. Oftmals sind sich Bauherren und Planer nicht im Klaren darüber, wie hoch die Beanspruchung eines Fußbodens durch einen einfachen Handhubwagen sein kann. Besonderer Wert wurde daher darauf gelegt, dass den vorgestellten Ausführungen jeweils eine detaillierte Planung voraus ging, bei der insbesondere die Art der zukünftigen Beanspruchung genau abgefragt und festgelegt worden ist. Im Detail müssen auch Übergänge zu anderen Bereichen geplant werden, wo z.B. mit Feuchtigkeit gerechnet werden muss.

Aufgrund des großen Interesses an diesen Themen wird eine Wiederholung des Seminars geplant, über die zeitnah informiert wird. Die vorgestellten Hinweisblätter werden voraussichtlich im November 2006 veröffentlicht.
aus FussbodenTechnik 05/06 (Wirtschaft)