Bundesinnungsmeister Joachim Barth gratuliert

40 Jahre Parkettlegerinnungen


In den nächsten Monaten feiern viele Innungen ihr 40-jähriges Bestehen. Verschiedentlich haben sich Kollegen kritisch zu den Jubiläumsfeiern in unserem Handwerk geäußert. Sie stellten in Frage, ob das Feiern angesichts der dramatischen Veränderungen der Handwerksordnung und ihren nachhaltig spürbaren, negativen Auswirkungen auf unsere Betriebe noch gerechtfertigt sei. Ich sage, wir haben allen Grund, unser Licht eben nicht unter den Scheffel zu stellen und stolz zu sein auf das Geschaffene. Aus eigener Kraft haben die Parkett- und Bodenleger eine eigenständige Handwerksstruktur geschaffen:

die Verbands- und Innungsgründungen nach Anerkennung als Vollhandwerk, der Aufbau der Lehrlingsausbildung bis hin zu den Meisterschulen, die Schaffung der Einrichtungen zur überbetrieblichen Lehrlingsausbildung, die Durchführung von Lehrgängen zum Abschluss "Geprüfter Bodenleger(in)" bis hin zum anerkannten Ausbildungsberuf "Bodenleger(in)", die Schaffung eines eigenständigen Lohn- und Akkordtarifvertrags und des Bundesmanteltarifvertrags, die Mitarbeit zur Schaffung der einschlägigen Normen bis hin zu den Kommentaren und den Fachbüchern, die Gründung von Bundesfachgruppen bis hin zur engen Zusammenarbeit mit tangierenden Gewerken, die Einführung des europäischen Wettbewerbs für Parkettleger bis hin zur Gründung des Fördervereins des Europäischen Parkettlegerhandwerks.

Auch schon vor der Zerschlagung der Handwerksordnung mussten wir hinnehmen, dass unzählige Trittbrettfahrer - aber damals eben illegal - sich des Verlegens von Parkett bemächtigten. Der Grund dafür lag darin, dass wir Parkett- und Bodenlegerfachbetriebe den gewaltig angestiegenen Parkettmarkt nicht mehr abdecken konnten, so wie seinerzeit die Raumausstatter die geradezu explodierende Nachfrage nach der Verlegung von Linoleum und später die textiler Bodenbeläge.

Wegen der drastischen Veränderung der Handwerksordnung sind wir immer noch geschockt und frustriert und wir fühlen uns degradiert und abgestraft. Abgestraft für eine Situation, die wir nicht herbeigeführt haben. Trotzdem: Wir sind und wir bleiben weiterhin die Fachleute.

Die verheerenden Folgen der drastischen Veränderungen der Handwerksordnung spüren nicht nur wir Betriebe, sondern auch die Bauherren und Architekten. Viele von denen haben inzwischen buchstäblich die Nase voll und suchen nach wirklichen Fachbetrieben, eben nach uns. Es ist die wichtigste Aufgabe der Innungen und des Zentralverbandes, unsere Betriebe diesen Leuten nahe zu bringen.

So paradox es sein mag, die jetzige Situation bietet jedem Fachbetrieb die größere Chance, sich wohltuend von der Masse der Billiganbieter und der Möchtegernfachleute abzusetzen. Das setzt allerdings voraus, dass der Fachbetrieb noch imstande ist, die schlechten Zeiten weiterhin finanziell zu überstehen.

Mit den von uns geschaffenen, aussagekräftigen Werbeaussagen, die ausschließlich unseren Innungsbetrieben zur Verfügung stehen und in Verbindung mit einem neuen Logo haben wir den Grundstein für eine umfassende Werbekampagne gelegt. Die Auseinandersetzung mit der Politik und mit unseren "oberen Jagdbehörden" dürfen und werden wir nicht aus den Augen verlieren. Gleichzeitig müssen wir weiterhin gemeinsam und mit der Einstellung "jetzt erst recht" offensiv mit den Problemen umgehen, die der Markt uns stellt. Schließlich ist der Markt mächtiger als die Politik.

Das alles geht eben nur gemeinsam. Angesichts der Probleme ist es derzeit nicht angebracht, die Existenz von Handwerkskammern, Kreishandwerkerschaften, Zentralfachverbänden usw. in Frage zu stellen. Wenn die nicht das tun, was notwendig ist, müssen wir diese Organisationen auf Vordermann bringen, frei nach dem erfolgreichsten Ausruf, der da lautet "Wir sind das Volk."

Ich fordere zusätzlich jeden Einzelnen und insbesondere die jungen Kollegen auf, jede passende und unpassende Gelegenheit wahrzunehmen, die das Handwerk betreffenden Probleme anzusprechen und sofortige Veränderungen einzufordern. Das Handwerk stellt solche Forderungen zu Recht. Dieses Recht hat es sich über Jahrzehnte ehrlich erarbeitet - durch Zuverlässigkeit, Bodenständigkeit, durch seine Steuerzahlungen, durch seine Ausbildungsleistungen und nicht zuletzt durch die von ihm geschaffenen Arbeitsplätze.

In diesem Zusammenhang möchte ich allen Engagierten herzlichen Dank sagen für die Mitarbeit am Aufbau unseres Handwerks. Dankbar erinnere ich an die Männer der ersten Stunde. Getrieben von der damals allgegenwärtigen Aufbruchstimmung haben Sie die Grundlagen geschaffen. Stellvertretend für viele erinnere ich an Otto Henn, Anton Mensch, Kurt Rang, Fritz Mielke, Erich Rosenbaum und Ortwin Baumann.

Sie alle hätten dieses Jubiläum sicher auch gern erlebt. Oder irre ich hier vielleicht, wegen der heutigen Situation des Handwerks?

Herzlichen Dank möchte ich auch allen Ehrenamtsträgern in unseren Innungen, den Obermeistern, Fachgruppenleitern, Lehrlingswarten und allen anderen Vorstandsmitgliedern und Geschäftsführern für die geleistete Arbeit sagen. Und herzlicher Dank gebührt schließlich noch jenen, die zum Erfolg eines jeden Betriebes und Ehrenamtsträgers wesentlich beigetragen haben. Das sind die Frauen oder Partner, die mindestens den Rücken freihalten oder aktiv mitarbeiten.

Dem ehrbaren Parkettlegerhandwerk mit seinem Betrieben und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen herzlichen Glückwunsch zum 40. und alles erdenklich Gute für die Zukunft!

Joachim Barth
aus Parkett Magazin 05/06 (Wirtschaft)